2010 – (2) Mit der Transsib nach Peking

Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn

Unterwegs in Asien

Bei unserem nächsten Halt in einer Stadt namens Balesino in der Republik Udmurtien probierten wir zum ersten Mal Leckereien, die die russischen Frauen, die wir liebevoll Babuschkas nannten, feilboten. Wir kamen in den Genuss von Teigwaren, die wir in dieser Form an keinem anderen Bahnhof mehr erhielten. Es war sehr lecker, aber aus Vorsicht kauften wir einfach zu wenig.

Den Übergang von Europa nach Asien bemerkten wir nicht, da dieser in der Nacht stattfand. Somit verpassten wir auch Jekaterinburg und wachten erst kurz vor unserem nächsten Stopp, in Tjumen, auf. Vom Uralgebirge hatte ich, um ehrlich zu sein, etwas mehr als nur ein paar kleine Hügel erwartet. So hohe Berge gab es dort gar nicht. Es war eher mit dem Bergischen Land oder dem Thüringer Wald vergleichbar.

Der russische Speisewagen sollte später unser nächstes Ziel sein, diesmal auch mit der Absicht, dort etwas zu essen. Wir entschieden uns für Borschtsch und Soljanka. Beide Suppen waren sehr fettig, wenn auch gut schmeckend. Der Grund für die Abwesenheit anderer Gäste dürfte der relativ hohe Preis sei, der bei rund 15 Euro für die beiden doch recht kleinen Gerichte plus jeweils ein Getränk lag.

In den nächsten Tagen überquerten wir zahlreiche Flüsse, passierten Städte wie Omsk, Barabinsk und Novosibirsk. Bei jedem längeren Aufenthalt sprangen wir natürlich raus um uns die Beine zu vertreten, außer natürlich in der Nacht. Herausgefunden, woher der Schaffner weiß, dass und wann wir exakt abfahren, haben wir nicht. Wir vertrösteten uns damit, dass er es eben weiß und rechtzeitig Bescheid gibt, damit wir nicht ohne Zug an irgendeinem russischen Bahnhof stehen.

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Wir verbrachten die Zeit in der Transsib mit lesen, kniffeln, fotografieren und rechnen. Ja, rechnen. Nicht, weil wir so viel Spaß daran hätten, sondern um unsere nächsten Haltepunkte zu ermitteln. Natürlich, der Abfahrtsplan ist minutiös nach Moskauer Zeit aufgeteilt. Aber was nützt es, wenn wir wissen, dass der Zug um 21.00 Uhr Moskauer Zeit anhalten wird, wir aber zu diesem Zeitpunkt schlafen werden, wir bereits fünf Zeitzonen weiter im Osten sind? Also rechneten wir uns abends immer die Ankunftszeiten für den nächsten Tag aus. Ein Beispiel: In Deutschland ist es 20.42 Uhr. Dann ist es in Moskau 22.42 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt soll dann der Zug in Novosibirsk (Moskau +3h) einlaufen. Dortige Ortszeit wäre demnach 1.42 Uhr in der nächsten Nacht. Da wir Novosibirsk also verpassen werden, gehen wir davon aus, dass wir erst in Mariinsk wieder aussteigen werden. Nach Moskauer Zeit um 4.25 Uhr. Mariinsk liegt aber nicht mehr in derselben Zeitzone wie Novosibirsk, sondern wiederum eine weitere Stunde voraus. Also ist es dort 8.25 Uhr (Moskau +4). Wie spät ist es dann eigentlich in Deutschland? Ach ja, 2.25 Uhr.

Das führte natürlich dazu, dass wir ab der dritten Nacht nicht mehr wirklich gut schlafen konnten. Einerseits durch die Zeitverschiebung, andererseits hatten die Tage ja keine 24 Stunden mehr. An irgendeinem Abend legten wir uns gegen Mitternacht Ortszeit ins Bett und beschlossen nach zwei langen Stunden des Rumwälzens wieder eine Runde zu kniffeln. Das Dumme dabei war, dass wir tagsüber müden waren und gerne schlafen wollten, aber uns die Müdigkeit lieber bis in die Abendstunden aufbewahren wollten um in einen geregelten Tag-Schlafrhythmus zu gelangen.

Mit diesen Eindrücken verging die Reise ruhig und problemlos durch die sibirische Tiefebene bis ich damit begann, dieses Reisetagebuch zu schreiben. Mittlerweile ist der Zug schon in China angelangt. Es sind nur noch 1.000 Kilometer bis Peking. Die Sache mit der Zeitverschiebung uferte sogar noch ein wenig aus. Auf russischer Seite fährt die Transmandschurische Eisenbahn bis zur Zeitzone MEZ+8 bzw. Moskauer Zeit +6. Ab der chinesischen Grenze wird die Uhr aber plötzlich wieder um 2 Stunden zurückgestellt und es ist plötzlich nur noch MEZ+6. Nach Moskauer Zeit rechnet man dann gar nicht mehr, sondern nur noch nach Pekinger Zeit, die aber überall in China gleich ist.

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11 Kommentare zu „2010 – (2) Mit der Transsib nach Peking“

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  6. Hallo.

    Ich habe den Bericht zwwar erst jetzt (2015), aber doch mit genuss gelesen.

    Ich habe mit meiner Freundin auch eine Zugfahrt über Moskau bis nach Peking gemacht, allerdings über eine ganz andere Strecke, die unterhalb der Mongolei entlang führte. Das war Mitte der 90er Jahre.

    Wir haben uns auch viel länger Zeit genommen für die Strecke und haben zwischendurch in den Städten auch immer mal nen paar Tage Aufenthalt gewählt, um die Gegend und Kultur kennenzulernen.
    Die hatte zur Folge, dass wir auf weder die deutsche Zeit ständig im Kopf hatten und auch nicht (typisch deutsch, sorry) stunden vorher an den Bahnsteigen waren.
    Ich kann daher das junge Paar ganz gut verstehn, die erst kurz vorher an den Zügen waren. Man geht bei diesen Reisen dann viel mehr in Kultur und Zeit des jeweiligen Landes auf, was ich als super schön in Erinnerung habe.

    Viel Freude und Spass auf weiteren Touren

    1. Hallo,

      mit „unterhalb der Mongolei“ ist also Kasachstan und dann direkt China gemeint? Auch eine schöne Strecke, die wir uns für die Zukunft auch schon überlegt haben. Mal schauen, vielleicht klappt das ja mal.
      Wir hätten uns auch gerne mehr Zeit für andere Städte genommen. Aber wir hatten ja nur vier Wochen für die komplette Reise nach Peking und zurück. Wir haben den Schwerpunkt auf Peking gelegt und da war die Transsibirische Eisenbahn eben „nur“ ein Transportmittel für uns. Was die frühere Anwesenheit am Bahnhof betrifft, ist das nicht unbedingt typisch deutsch. Meine Lebensgefährtin ist nämlich keine gebürtige Deutsche und geht dennoch lieber auf Nummer Sicher. Immerhin geht es hier auch um viel Geld, was der ganze Spaß kostet und zuhause wartet halt auch pünktlich der Arbeitgeber, der nur wenig Verständnis zeigt, wenn man irgendwo in Peking seinen Zug zur Arbeit verpasst hat. Und so gesehen erlebt man auf Bahnsteigen auch sehr viel Kultur des jeweiligen Landes, das haben wir daher ebenso schön in Erinnerung.
      Viele Grüße
      Michael

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