2010 – (2) Mit der Transsib nach Peking

Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn

Abfahrt aus Moskau

Wir richteten uns häuslich ein, ließen uns vom Schaffner (Provodnik) nochmal alle Einrichtungen erklären, so zum Beispiel, dass ein roter Punkt in der Digitalanzeige im Flur bedeutete, dass die Klotür verschlossen sei. Sehr praktisch, so muss man nicht erst den ganzen Waggon entlang laufen, sondern braucht nur kurz den Kopf aus dem Abteil zu halten.

Nachdem der Zug Moskau verlassen hatte, probierte ich auch eben diese Örtlichkeit aus. Erst war mir nicht ganz klar, wo man auf dem Klo abzieht. Es gab einfach keinen Knopf den man hätte drücken können. Mein darauf folgender Gedanke, dass man vielleicht irgendwo treten müsste, war dann ein Treffer. Trat man auf einen kleinen Metallbügel unterhalb der Toilette, so öffnete sich der Abfluss und das erscheinende Wasser spülte alles auf das darunter vorbeizischende Gleisbett. Das wäre geklärt, aber wie wäscht man seine Hände?

An den Drehknöpfen konnte man nichts bewegen. Ich tastete alles ab und fand schließlich die Lösung. Sie bestand auf einem Metallpin, der sich im Wasserhahn befand. Diesen musste man leicht anheben, damit Wasser fließt. Ähnlich wie bei einer Trinkflasche an Hamsterkäfigen. Allerdings war dadurch ein ständiges Festhalten des Pins notwendig. Ließ man ihn los, kam kein Wasser mehr, was das Händewaschen erschwerte.

Nachdem wir noch unsere Landkarte sowie eine kleine chinesische und russische Flagge an die Abteilwand klebten, machten wir uns bettfertig und versuchten zu schlafen.

Nach zwei unruhigen Nächten im Zug zwischen Dortmund und Moskau und einer ausgiebigen Stadtbesichtigung, bei der wir zahlreiche Kilometer zu Fuß zurücklegten, war die erste Nacht in der Transsib von tiefem Schlaf geprägt. Gut erholt wachten wir am Samstagmorgen auf und mussten als Erstes die Uhr um eine Stunde vorstellen. Zwar richten sich die Abfahrtszeiten in ganz Russland nach der Moskauer Zeit, aber wir wollen bei so vielen zu durchquerenden Zeitzonen natürlich auch wissen, wann die Sonne untergeht und wie spät es vor Ort ist. So begannen wir mit drei Zeiten zu rechnen: der lokalen Zeit, der Moskauer Zeit und natürlich auch der deutschen Zeit, damit wir wussten, wie spät es in der Heimat ist. Alleine schon deshalb, falls wir jemanden anrufen möchten und ihn dann nicht versehentlich aus dem Bett werfen.

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Unser erster Halt, den wir bewusst mitbekamen war in Kirov. Damit befanden wir uns schon beinahe 1.000 Kilometer östlich von Moskau, hatten jedoch erst ein Neuntel der Gesamtstrecke hinter uns. Vorsichtig verließen wir den Zug und bestaunten den Bahnsteig. Zahlreiche Russen verkauften Plüschfiguren und Kinderspielzeug an die Fahrgäste. Weit entfernten wir uns nicht von unserem Waggon, wir wussten ja auch anderen Berichten und Reiseführern, dass der Zug langsam anfährt, ohne dies anzukündigen.

Der Provodnik, in eleganter Uniform, behielt seine Fahrgäste aber auch im Auge, damit diese nicht zu weit umherlaufen und möglicherweise den Zug verpassen.

In unserem Waggon befanden sich neun Abteile, jeweils mit zwei Betten. Ein Abteil wurde vom Schaffner belegt. Abteil 2 blieb frei. Nummer 3 gehörte uns und daneben befand sich ein junges Pärchen aus Moskau. Wie sich später herausstellte, war dieses geschäftlich auf dem Weg nach Peking. Er sprach sehr gut Englisch und konnte auch chinesisch lesen. Sie waren sehr vorsichtig und trauten anscheinend niemandem. Denn während sie ebenfalls an jedem Haltepunkt den Zug verließ, blieb er am Abteil und schien es zu bewachen.

Abteil Nummer 5 wurde kurzzeitig zwischen Novosibirsk und Krasnojarsk von einem Mann belegt. Ab Irkutsk stand es einem jungen Trekkingpärchen zur Verfügung. Das sechste Abteil war wiederum leer, während in Abteil 7 eine Mutter mit ihrem ca. 12jährigen Sohn nächtigte. Erst später stellten wir fest, dass sie zu einem Provodnik eines anderen Waggons gehörte.

Das vorletzte Abteil wurde durch einen Mechaniker der Transsib belegt und der Wohnbereich direkt vor der Toilette blieb leer. Nach der Abfahrt in Kirov machten wir uns daran, den russischen Speisewagen genauer unter die Lupe zu nehmen. Dort lief ein lauter Videofilm und die Besatzung bemerkte unseren Zutritt überhaupt nicht. Wir schauten uns ein wenig um und gingen wieder zu unserem Abteil im benachbarten Waggon zurück. Zum Essen war es eh noch zu früh, aber später wollten wir die Speisekarte mal ausprobieren.

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11 Kommentare zu „2010 – (2) Mit der Transsib nach Peking“

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  6. Hallo.

    Ich habe den Bericht zwwar erst jetzt (2015), aber doch mit genuss gelesen.

    Ich habe mit meiner Freundin auch eine Zugfahrt über Moskau bis nach Peking gemacht, allerdings über eine ganz andere Strecke, die unterhalb der Mongolei entlang führte. Das war Mitte der 90er Jahre.

    Wir haben uns auch viel länger Zeit genommen für die Strecke und haben zwischendurch in den Städten auch immer mal nen paar Tage Aufenthalt gewählt, um die Gegend und Kultur kennenzulernen.
    Die hatte zur Folge, dass wir auf weder die deutsche Zeit ständig im Kopf hatten und auch nicht (typisch deutsch, sorry) stunden vorher an den Bahnsteigen waren.
    Ich kann daher das junge Paar ganz gut verstehn, die erst kurz vorher an den Zügen waren. Man geht bei diesen Reisen dann viel mehr in Kultur und Zeit des jeweiligen Landes auf, was ich als super schön in Erinnerung habe.

    Viel Freude und Spass auf weiteren Touren

    1. Hallo,

      mit „unterhalb der Mongolei“ ist also Kasachstan und dann direkt China gemeint? Auch eine schöne Strecke, die wir uns für die Zukunft auch schon überlegt haben. Mal schauen, vielleicht klappt das ja mal.
      Wir hätten uns auch gerne mehr Zeit für andere Städte genommen. Aber wir hatten ja nur vier Wochen für die komplette Reise nach Peking und zurück. Wir haben den Schwerpunkt auf Peking gelegt und da war die Transsibirische Eisenbahn eben „nur“ ein Transportmittel für uns. Was die frühere Anwesenheit am Bahnhof betrifft, ist das nicht unbedingt typisch deutsch. Meine Lebensgefährtin ist nämlich keine gebürtige Deutsche und geht dennoch lieber auf Nummer Sicher. Immerhin geht es hier auch um viel Geld, was der ganze Spaß kostet und zuhause wartet halt auch pünktlich der Arbeitgeber, der nur wenig Verständnis zeigt, wenn man irgendwo in Peking seinen Zug zur Arbeit verpasst hat. Und so gesehen erlebt man auf Bahnsteigen auch sehr viel Kultur des jeweiligen Landes, das haben wir daher ebenso schön in Erinnerung.
      Viele Grüße
      Michael

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