Samstag, 8. Oktober 2016
Der Tag begrüßte uns mit launischem Wetter. Tief hängende Wolken zogen über Roswell hinweg und ein schwarzer Rabe saß bei uns auf dem Autodach. Es war irgendwie eine seltsame Stimmung, doch wir ließen uns unsere gute Laune nicht nehmen. Nachdem wir unser tägliches Ritual, das Verstauen der vier Koffer und der zwei Rucksäcke in unserem Ford Expedition, erledigten, fuhren wir die kurze Strecke in das Stadtzentrum.
Eigentlich war das keine große Entfernung und normalerweise würden wir solche Strecken laufen, aber hier waren wir nun einmal in Amerika und da läuft alles anders. Oder anders gesagt, da läuft man solche Strecken nicht. Nach wenigen Minuten parkten wir unseren Wagen wieder ein und wir begaben uns auf die Suche nach den Außerirdischen. Das erste, was wir sahen, waren kleine grüne Fußspuren auf dem Asphalt. Diese führten uns zu einem ziemlich heruntergekommen Souvenirladen, vor dem eine typische Alienfigur weithin sichtbar ist.
Aliens in Roswell
Damit kamen wir ein wenig von der Hauptstraße ab, konnten ein paar Blicke in die Seitenstraßen werfen und waren uns wieder sicher, dass wir hier nicht leben wollen würden. Es war alles alt, heruntergekommen, ungepflegt und einfach nur hässlich. Zurück zu Hauptstraße erblickten wir das Ufo-Museum, dem wir aber auf jeden Fall einen Besuch abstatten wollten.
Das Ufo-Museum war nicht wirklich groß und zeigte Zeitungsausschnitte über den Vorfall von Roswell, Filmplakate zum Thema Außerirdische und ein paar Alienfiguren, die alle paar Minuten unter Blinklicht und seltsamen Tönen in Nebel getaucht wurden. Es war ganz nett, hier in Roswell mal in einem Ufo-Museum gestanden zu haben, doch als herausragend kann man es nicht bezeichnen.
Auch der Rest der Stadt hatte ganz offensichtlich seine besten Zeiten hinter sich – wenn es sie überhaupt gab. Roswell war die konsequente Fortführung von Truth or Consequences bzw. von New Mexico überhaupt. Da war nichts, was irgendwie dazu verführte, länger bleiben zu wollen. Und das war eigentlich enttäuschend. Denn wir nahmen an, wir würden den ganzen Samstag in Roswell verbringen und hatten geglaubt, das Thema Außerirdische würde man hier besser vermarkten. Aber abgesehen von dem eher zweitklassigen Museum, ein paar wenigen sterbenden Andenkenläden und einer Tourismusinformation, die aus zwei Ständern mit Flyern bestand, war die Stadt genauso unbedeutend wir viele andere US-amerikanische Städte auch.
Vor dem Museumseingang kamen wir durch Pingu noch mit einer amerikanischen Familie ins Gespräch, bei der die Mutter stolz war, ein paar Worte auf Deutsch reden zu können. Ihre Eltern waren deutsche Auswanderer.
Danach stiegen wir ins Auto, tankten noch an einer Tankstelle, an der auch Aliens willkommen sind und verließen die trostlose Stadt auf dem Highway 380 in östliche Richtung. Von nun an würden wir den aufregenden Südwesten der USA mit einer tollen Landschaftskulisse verlassen und einige Tage im Auto sitzen, bis es wieder einigermaßen spannend sein würde.
Durch das monotone New Mexico fuhren wir in Richtung Texas, sahen bereits rechts und links immer öfter kleine Ölbohranlagen, was der langweiligen Landschaft nicht gerade dazu verhalf, attraktiv zu wirken. Ich hatte selten so einen langweiligen Samstagnachmittag und wir passierten so Ortschaften wie Tatum, wo bereits dicke Sträucher aus den wenig vorhandenen Gehwegen wuchsen. Auch hier war alles ziemlich ungepflegt. Wir hatten schon Städte und Dörfer im armen Südosteuropa erlebt, die angenehmer wirkten.
Hier hatte die Größe der USA einen entscheidenden Nachteil. Denn man ist stundenlang auf einer geraden, langweiligen Straße unterwegs, um dann eine Ortschaft zu erreichen, in der die Einwohner so gut wie nie aus ihrer Stadt herauskommen und vermutlich weder Grund noch Perspektive dafür haben. Hinzu kommt noch das planmäßig gebaute einer typischen amerikanischen Stadt. Alle Straßen sind rechtwinklig angelegt, was extrem langweilig ist. Es gibt eben keine gewachsene Siedlungsstruktur wie in Europa und es gibt eben auch über viele, viele Kilometer hinweg keine Änderung der Landschaftsform.
Nein, eine Fahrt durch Amerika kann an den falschen Stellen einfach nur langweilig und trostlos wirken. New Mexico gehörte, abgesehen vom White Sands National Monument, zweifelsfrei dazu.
Hinter Tatum versuchte ein Farmer nochmal ein wenig Humor in die Landschaft zu bringen und stellte am Straßenrand ein paar metallene Außerirdische mit ihrem Ufo auf. Die standen aber schon so lange dort, dass man erkennen konnte, Ufos rosten auch.
Wenig später erreichten wir die Grenze zu Texas, wo wir natürlich wieder ein Foto vom Willkommensschild machten. Gleich dahinter folgte ein Schild mit dem Hinweis auf die Änderung der Zeitzone. Wir sind ja nun schon einmal quer durch die USA gefahren, aber das einzige Zeitzonenschild, das uns aufgefallen ist, hatten wir wegen mangelnder Anhaltemöglichkeit verpasst. Na ja, aber so hatten wir hier wenigstens mal eines gesehen und befanden uns nun in der Central Time Zone.
Hinter der ersten texanischen Ortschaft, Plains, erblickten wir die ersten Baumwollplantagen unseres Lebens. Sie waren nicht besonders groß, sondern hatten die Größe eines ganz normalen Ackers bei uns in Deutschland. Doch sie fielen natürlich durch die weiße Wolle auf, die in kleinen Büscheln an den Pflanzen hing. Wir hielten am Straßenrand an, stapften durch eine Art Wiese und schauten uns die Baumwolle selbstverständlich näher. Es war sehr interessant zu sehen und wir freuten uns schon darauf, später noch mehr Baumwollfelder sehen zu können. Doch wir konnten froh sein, an diesem einen Feld angehalten zu haben, es sollte nämlich das einzige auf der Reise gewesen sein. Mehr Baumwolle kam nicht mehr.
Ziemlich unangenehm war eine Art Klette, die auf der Wiese verbreitet war und die wir zuerst nicht sahen. Erst als wir zum Auto zurückkehrten und einsteigen wollten, merkten wir, dass uns an den Knöcheln und teilweise sogar an den Unterschenkeln etwas weh tat. Diese Kletten waren unheimlich spitz und sehr unangenehm. Wir hatten jeder Dutzende an der Hose und den Schuhen. Es dauerte einige Zeit, bis wir uns davon befreien konnten. Jede einzelne Klette mussten wir vorsichtig abziehen. War man nicht vorsichtig genug, hatte man sich das verdammte Ding in den Finger gepikst.
Hinter Lubbock wurde die Landschaft Texas‘ wieder leicht hügelig und es gefiel uns langsam auch wieder. Zwar waren die Orte zuvor auch wieder etwas trostlos, doch je weiter man nach Osten fuhr umso weniger heruntergekommen wirkten die Häuser und die Umgebung.
Wir übernachteten in Wichita Falls und wie schon am Tag zuvor in einem Hotel der Kette Candlewood Suites. Die Zimmer unterschieden sich kaum und es war schon recht angenehm, wieder in so einem Hotel einzukehren. Wir fuhren noch schnell zu einem Supermarkt, um ein paar Tiefkühlwaren zu kaufen, die wir dann in unserer Mikrowelle aufwärmen konnten.
Sonntag, 9. Oktober 2016
Wichita Falls liegt sehr nahe der Grenze zu Oklahoma, weshalb wir über die Interstate 44 schnell noch ein kurzes Stück dorthin fuhren und ein Foto vom Willkommensschild machten. Wenn wir schon kein Foto von Michigan hatten, wo wir ganz knapp dran vorbeischrammten, dann sollte es wenigstens Oklahoma werden.
Der eigentliche Grund, warum wir Wichita Falls als Übernachtungsort auswählten, war aber eigentlich ein anderer. Nach dem Erfolg mit dem polnischen Geschäft in San Francisco, wo wir wirklich leckeres zu essen einkaufen konnten, wollten wir das in ähnlicher Form gerne wiederholen. Wir fanden heraus, dass es in Texas einige deutsche Geschäfte gibt und sogar ganze Ortschaften, die von deutschen Auswanderern gegründet wurden. Und so entdeckten wir im Netz einige Adressen von deutschen Bäckereien, die wir gerne angesteuert hätten. Die Zeit dazu hätten wir nämlich. Nur hat es sich nun so ergeben, dass wir ausgerechnet an einem Wochenende in Wichita Falls ankamen. Und das passte einfach nicht, denn die Geschäfte hatten geschlossen.
Bis zum Montag warten wollten wir ganz sicher nicht, denn so viel Zeit hatten wir auch wieder nicht und außerdem war uns das auch nicht so wichtig, dass wir nun die Zeit in Wichita Falls oder Umgebung verbringen wollten. Zu sehen gab es nicht wirklich etwas.
Deutsche Geschäfte in Texas
Daher fuhren wir ostwärts nach Muenster in Texas und hielten dort am Fischers Meat Market an. Das erste, was wir dort sahen, war eine bunt bemalte Hauswand, auf der die Fassaden typischer deutscher Fachwerkhäuser gepinselt waren. Sie waren wieder mit Metzger, Kolonialwaren und Spielwarengeschäft beschriftet. Wir waren also eindeutig richtig und guter Hoffnung, hier mal wieder ein paar gute, deutsche Produkte einkaufen zu können.
In einem Gebäude, das zumindest optisch wie ein Fachwerkhaus gestaltet war, gab es dann einen großen Supermarkt, der wirklich sehr gut besucht war. Obwohl wir Sonntag hatten, kamen sehr viele Kunden zusammen und man könnte meinen, der Fischers Meat Market wäre der einzige Laden in der weiteren Umgebung.
In der Tat fanden wir auch deutsche Produkte, allerdings zu Preisen jenseits von Gut und Böse. Sechs Dollar für ein paar Schnitten Brot waren uns definitiv zu teuer und der Strudel, der einem als typisch deutsch verkauft wurde kostete rund 15 Dollar. Außerdem lag er in der Kühlung und war also nicht frisch oder warm. Nein, das war nichts für uns. Da wir keinen Alkohol trinken, konnten wir uns auch nicht für das viele deutsche Bier erwärmen. Wir verließen den deutschen Supermarkt, ohne etwas eingekauft zu haben und wir hatten dabei das Gefühl, dass wir die einzigen gewesen wären, die hier nichts einkauften.
Wir verließen Muenster, fuhren auf dem Highway als wir plötzlich vor uns ein Tier über die Straße rennen sahen. Es war zwar sehr schnell, doch es hielt für einen Moment am Straßenrand inne, um dann im Gebüsch zu verschwinden. Und so konnten wir deutlich erkennen, dass wir gerade einen Roadrunner sahen. Obwohl wir kein Foto davon machen konnten, freuten wir uns, doch noch so einen Rennkuckuck gesehen zu haben, der sich am White Sands National Monument in New Mexico nicht zeigen wollte.
Als wir in Gainesville auf die Interstate 35 wechselten, sahen wir ein Werbeschild für ein weiteres deutsches Geschäft, dem wir gerne noch eine Chance geben wollten. Doch eigentlich war es nur ein Laden, der vom Fischers Market in Muenster beliefert wurde. Das einzige, was selber hergestellt wurde, waren die typischen „German Brownies“ und die Würstchen im Teigmantel, die man wahlweise auch mit Jalapeno würzen konnte. Wir fragten uns, wo bei Brownies und Jalapeno das typisch deutsche war und ließen auch diese Sachen liegen.
Auf der Interstate fuhren wir weiter nach Süden und erreichten alsbald Dallas. Hier waren wir froh, dass wir Sonntag hatten und die Straßen wenig belebt waren. Aber andererseits haben die amerikanischen Städte, über die ich so viel lästere, in ihrer Art auch etwas Gutes. Denn die Stadtzentren sind auf diese Weise sehr gut und vor allen Dingen einfach erreichbar. Ziemlich schnell fanden wir einen Großparkplatz an einer Hochstraße, der uns jedoch etwas zwielichtig vorkam.
Attentat auf Kennedy
Ich ging von dort einen Block weiter und fand einen anderen Parkplatz, der nicht nur näher an unserem Ziel lag und das gleiche kostete, sondern auch deutlich belebter war. Also stellten wir schnell das Auto um und gingen die letzten paar Meter zu Fuß. Wir überquerten ein Straßenbahngleis, was für uns Europäer eigentlich normal ist, angesichts der Lage in Amerika trotzdem ungewöhnlich erschien und waren kurz darauf an der Elm Street.
Die Dealey Plaza ist weltberühmt als der Ort, an dem John F. Kennedy erschossen wurde. Man kannte die Kulisse und den Ausblick und die Straße, auf der das Cabrio mit dem erschossenen Präsidenten plötzlich Gas gab und unter einer Unterführung verschwand. All das hatte man bereits in Dokumentationen, auf Bildern und in Spielfilmen gesehen.
Und nun standen wir an diesem Ort und hatten den Eindruck, das Attentat sei erst gestern gewesen. So viele Touristen, die sich die Dealey Plaza anschauten, die alles fotografierten, und die – unserer Meinung nach ein wenig pietätlos – auf der weißen Markierung auf der Straße Selfies machten. Der Mord ist zwar schon viele Jahrzehnte her, doch trotzdem wurde hier ein Mensch erschossen. Das man an dem Ort laut lachend Selfies macht, wird dem Ort ganz sicher nicht gerecht.
Wir schauten uns natürlich um, lasen die Informationstafeln, die es hier gab, guckten über den berühmten Bretterzaun, der mittlerweile schon ein paar Mal restauriert wurde und blickten natürlich auch hoch zu dem Fenster des Gebäudes, in dem Lee Harvey Oswald geschossen hat oder haben soll. Die Spekulationen überlasse ich anderen.
Oberhalb der Grünanlage sprach mich ein stämmiger leicht ungepflegter Mann an, der mit einer wahnsinnig lauten Stimme über Verschwörungstheorien sinnierte und dem ich einfach nicht entfliehen konnte. Erst als ich ihm für seine Ausführlichkeiten ein kleines Trinkgeld gab, war es mir möglich, mich einigermaßen höflich von ihm zu verabschieden und zu entfernen. Allerdings machte er zum Ausdruck, dass ihm das Trinkgeld zu wenig sei. Gut, beim nächsten Mal gibt es dann eben gar nichts mehr.
Zwei Blocks weiter spazierten wir noch zum Kennedy Memorial Plaza, das allerdings kaum besucht war und irgendwie auch nicht ansprechend wirkte. Es war natürlich schwierig, zwei Blocks neben dem eigentlichen Ort ein Denkmal zur Erinnerung aufzustellen, dass irgendwie nichts aussagte und eben auch noch an falscher Stelle gebaut wurde.
Auf dem Rückweg gingen wir noch in eine Art Tourismusinformation, bei der er sich aber mehr um einen Andenkenladen handelte und verzichteten auf den Besuch im Sixth Floor Museum, das sich mit dem Attentat befasst und in dem berühmten Schulbuchlagerhaus untergebracht ist. Die Geschichte zum Mord an Kennedy war uns sehr bekannt, sodass wir uns hier Zeit und Geld sparen wollten.
Auf der Interstate 20 verließen wir Dallas und fuhren ostwärts durch das immer schöner werdende Texas. Die Landschaft wurde deutlich grüner und wir hatten offensichtlich die trostlose Landschaft nun endgültig hinter uns gelassen. An der Grenze zu Louisiana hielten wir natürlich an, um ein weiteres Willkommensschild zu fotografieren, warfen einen Blick auf den anschließenden sehr gepflegten Rastplatz mit dem Besucherzentrum.
Die Nacht verbrachten wir im Sleep Inn & Suites I-20 in Shreveport. Das Einchecken verlief hier allerdings nicht ganz einfach, was definitiv daran lag, dass die Mitarbeiterin an der Rezeption zu dusselig war. Als sie uns um unsere Personalien bat, gaben wir ihr unter anderem die Kreditkarte und den Ausweis. Außerdem wollte sie unsere Telefonnummer wissen. All das gaben wir ihr klar und deutlich. Die Telefonnummer schrieb ich ihr sogar noch auf, weil sie ein paar simple Zahlen nicht verstand. Doch der Brüller war, als sie uns fragte, ob wir aus Ohio kämen. Wir guckten uns verdutzt an und verstanden nicht, warum wir aus Ohio stammen sollten. Sie erklärte, dass unsere Postleitzahl auf Ohio schließen lassen würde. Diese Frau hatte einen deutschen Personalausweis in der Hand und fragt uns ernsthaft, ob wir aus Ohio kämen. Und so verlief die gesamte Eincheck-Prozedur, was einfach nur lästig und zeitraubend war.
Für gewöhnlich machen wir ja abends noch gerne einen Spaziergang, wenn wir irgendwo übernachten. In Amerika war das nur selten der Fall, weil es hier keine Möglichkeiten zu einem Spaziergang gab. Doch in Shreveport wagten wir ein paar Schritte. Gleich auf der anderen Seite der Zufahrtsstraße gab es nämlich Walmart, wo wir einkaufen gehen konnten und einen Old Country Store. Letzterer gefiel uns eigentlich ganz gut. Es war so ein Kramladen mit angeschlossenem Diner, wo es ganz viel Weihnachtskrempel und sonstige Einrichtungsgegenstände zu kaufen gab. Das war nett, sich hier ein wenig die Füße vertreten zu können, denn ein Fußmarsch zu Walmart konnte man natürlich nicht ernsthaft als Spaziergang bezeichnen.
Montag, 10. Oktober 2016
Auf der Interstate 49 fuhren wir südwärts durch Louisiana, einem Bundesstaat, dem wir nichts Schlechtes nachsagen konnten. Es gefiel uns ganz gut, abgesehen von den Temperaturen, die wieder deutlich wärmer wurden und mit einer höheren Luftfeuchtigkeit einhergingen.
An einem Rastplatz zwischen Alexandria und Opelousas machten wir mal eine Pause und waren schier beeindruckt von der Größe dieses Rastplatzes. Es handelte sich um eine riesige Wiese mit Fußwegen zu einzelnen Picknickplätzen, die so weit von der Interstate entfernt war, dass man diese weder sah noch hörte. Die Krönung war aber dann noch ein Hinweisschild am Rande des Rastplatzes, das vor Alligatoren warnte. Hm, so etwas hatten wir noch nicht. Weiter als bis zum Schild gingen wir dann natürlich auch nicht, aber es machte schon Vorfreude auf Florida und den Everglades Nationalpark, wo wir endlich wieder Tiere zu Gesicht bekommen würden, die wir in Europa nicht haben.
Aber auch das Gebäude des Rastplatzes ist eine Erwähnung wert. Es war nicht nur sehr sauber und groß, sondern beherbergte auch einen Sicherheitsdienst. Beachtlich.
Im weiteren Verlauf der Fahrt wechselten wir auf die Interstate 10, auf der wir ein riesiges Sumpfgebiet durchquerten. Wir passierten es auf einer Art Hochbrücke, die über viele Kilometer auf Stelzen gebaut wurde und hatten immer wieder den Eindruck, wir würden rechts neben der Straße Alligatoren und Krokodile sehen. Doch vermutlich waren es dicke Holzstämme.
In Baton Rouge überquerten wir noch den Mississippi River und wunderten uns über eine Ausfahrt namens Essen Lane, was mit unserer Heimatstadt eigentlich nichts zu tun haben dürfte. Doch als kurz darauf noch eine Siegen Lane folgte, waren wir uns da nicht mehr ganz so sicher. Aber siehe da, in der Wikipedia haben wir nachher gelesen, dass die beiden Straßen sehr wohl nach den beiden deutschen Städten benannt wurden. Grund hierfür waren deutsche Auswanderer im späten 18. Jahrhundert.
Wenig Gefallen an New Orleans
Ursprünglich hatten wir eigentlich gar nicht vorgehabte, nach New Orleans zu fahren. So sehr interessierte uns die Stadt nicht. Doch wir hatten nun noch ein wenig Zeit und beschlossen daher, zumindest einen kurzen Abstecher zu der Stadt zu machen. Wir fuhren am Mercedes-Benz Superdome vorbei und achteten auf die Beschilderung zu den Parkplätzen in der Stadt. Das hatte New Orleans auf jeden Fall schon mal gut drauf.
Allerdings wirkten die Straßen abseits der Interstate 10 ziemlich heruntergekommen und nein, das hatte nichts mit dem Hurricane Katrina zu tun. Den Parkplatz, der sich gleich neben einem alten Bahnhofsgebäude befand, hatten wir schnell erreicht. Er erlaubt gleichzeitig das Übernachten mit dem Wohnmobil in New Orleans. Doch für die 50 Dollar, die man für die Nacht ausgeben muss, würde ich wohl lieber woanders schlafen wollen.
Wir parkten den Wagen ziemlich weit vorne, wo er hoffentlich nicht so schnell aufgebrochen würde und gingen zum Bahnhofsgebäude, in dem heute die Tourismusinformation untergebracht ist. Diese war eigentlich ganz nett und machte einen schönen Eindruck, doch das Umfeld sagte uns weniger zu.
Auf dem direkten Weg gingen wir zum French Quarter, dem eigentlich Highlight von New Orleans. Es handelt sich um das touristische Viertel, von dem wir uns einiges versprochen hatten. Doch es enttäuschte uns auf ganzer Linie. Optisch waren die Häuser genauso, wie man es von Bildern und aus Filmen kennt. Doch das Umfeld fanden wir irgendwie abstoßend. Es hatte in den kleinen Straßen übel gestunken und es lag überall Dreck und Unrat herum. Wir waren ja nun schon einiges gewohnt, ob das nun in Ortschaften in Südamerika oder Hutongs in Peking waren, aber dafür, dass es sich hier eigentlich um ein Vorzeigeviertel für Touristen handeln sollte, war das doch ziemlich enttäuschend.
Vielleicht lag es aber auch an der Art des Viertels, denn das French Quarter ist natürlich auch eine Art Vergnügungsviertel mit einer hohen Anzahl gastronomischer Betriebe. Darunter waren dann natürlich auch einige Spelunken, aus denen seltsam anmutende Personen herausschwankten. Gleich nebenan gab es dann wieder ein Lokal, in dem Touristen ausgelassen feierten, die das Rentenalter schon lange erreicht hatten. Das war grundsätzlich ja auch okay, doch ich hätte wenig Lust, an einem so stinkenden und dreckigen Ort zu feiern.
Wir gingen bis zum Jackson Square gleich gegenüber der St. Louis-Kathedrale und sahen dort dann noch die Gegensätze dieser Stadt. Während am Eingang des Parks eine Hochzeit zelebriert wurde und die Gäste natürlich fein gekleidet waren, lagen keine zehn Schritte davon entfernt obdachlose Menschen unter den ausladenden Blättern der Bäume im Schatten. Wie man hier eine Hochzeit feiern konnte, während direkt daneben Menschen kein Heim hatten und vielleicht sogar hungerten, war uns unverständlich. Diese ganze Szenerie wirkte bizarr und wie aus einem schlechten Film.
Zu guter Letzt hatten wir allerdings auch den Eindruck, dass wir total unter Beobachtung stehen würden und wir versuchten unsere Kameras ein wenig zu verdecken. Je länger wir durch das French Quarter gingen, umso mehr kam es uns vor, als würden wir durch ein verarmtes Viertel in einem völlig verarmten Land laufen. Wir fühlten uns irgendwann überhaupt nicht mehr wohl und beschlossen, den Rückweg anzutreten. Dieses Gefühl hatten wir noch nicht einmal damals, als wir durch ein Straßenviertel in Trinidad und Tobago spazierten, vor dem das Auswärtige Amt warnte. Dort begegneten wir freundlichen und lachenden Menschen, doch hier kam es uns vor, als würden finster dreinblickende Menschen nur auf dämliche Touristen warten.
Es gefiel uns einfach nicht und ich weiß, dass ich mit diesen Zeilen wieder den Unmut einiger Leser auf mich ziehen werde. Das passiert ja immer wieder, wenn ich mich dazu äußere, dass mir etwas nicht gefiel. Aber es waren eben unsere Eindrücke, die ich hier widergebe. Nach dem Vorfall in der Subway von New York mit dem mutmaßlichen Drogenjunkie hatten wir hier das zweite und letzte Erlebnis, bei dem wir einen Ort in den USA einfach nur schnell verlassen wollten und uns nicht wohl fühlten.
Einen Blick warfen wir noch über die Mauer auf den Friedhof neben dem Parkplatz, stiegen dann aber in unser Auto und waren nicht traurig darüber, die Stadt wieder zu verlassen. Während Moni sich Sorgen darüber machte, dass wir von Florida genauso enttäuscht werden würden, erreichten wir auf der Interstate 10 bereits die Grenze zu Mississippi, wo wir natürlich wieder anhielten, um ein weiteres Willkommensschild zu machen.
Das folgende Welcome-Center hatte leider schon zu, aber es war ja auch mittlerweile spät geworden. Dort wechselten wir auf den Highway 90, auf dem wir einige Zeit später eine schöne Fahrt direkt entlang der Küste genießen konnten. Die Straßen und Ortschaften waren leer und ruhig. Genauso wirkten auch die Häuser, die offensichtlich nur Ferienhäuser waren. Es war halt Nebensaison, obwohl der Himmel blau, der Golf von Mexiko schön und die Temperaturen angenehm waren. Uns gefiel es und es war dann doch noch ein angenehmer Abend, der uns mehr ansprach als das kurz zuvor erlebte French Quarter in New Orleans.
Das Holiday Inn in Biloxi wurde unser Aufenthaltsort für eine Nacht und überraschte uns sogar mit einem Zimmer, in dem wir den Blick auf den Golf von Mexiko genießen konnten. Wir hatten allerdings noch nichts gegessen und einen Supermarkt fanden wir in der Nähe nicht. Doch es gab einige Restaurants und Burgerbuden, die wir zu Fuß erreichen konnten. So machten wir am Abend nicht nur noch einen Strandspaziergang, sondern schlenderten auch zu einer Sportsbar am Strand, wo wir mal wieder lecker gegessen haben.
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