Derby Line ist eine kleine Ortschaft im Norden des US-Bundesstaates Vermont. Dort gibt es eine architektonische und politische Besonderheit, die wir uns auf unserer Tour durch Neuengland unbedingt anschauen wollten. Das Gebäude, in dem die öffentliche Bibliothek und eine kleine Oper untergebracht sind, steht nämlich genau auf der Grenze zwischen der USA und Kanada.
Das Haus wurde von privater Hand bewusst auf der Grenze erbaut, um es Staatsangehörigen beider Nationen nutzbar zu machen. Heute undenkbar, aber 1904 war das wohl noch möglich. Betreten werden darf das Gebäude nur durch den Haupteingang auf der Südseite, also auf US-amerikanischer Seite.
Doch auch von kanadischer Seite gibt es eine Möglichkeit, in das Haus zu gelangen, ohne dass man dafür durch den Zoll bzw. durch die Grenzkontrolle muss. Neben der Bibliothek in Derby Line gibt es nämlich einen Bürgersteig. Auch dieser ist logischerweise von der Grenze betroffen. Während der Öffnungszeiten der Bücherei kann man von kanadischer Seite aus auf dem Bürgersteig bis zum Eingang des Gebäudes gehen. Zurück muss man den selben Weg nutzen und man darf den Bürgersteig nicht verlassen.
Derby Line in Vermont grenzt an Stanstead in Kanada
Wer also bei seinem Spaziergang vom Grenzübergang zum Haus die Straße überquert, verstößt gegen die dortigen Grenzvorschriften. Und dass das sehr ernst genommen wird, sieht man anhand der mehrsprachigen Schilder auf der Straße und an der Tatsache, dass dieser kleine Grenzübergang außerhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek tatsächlich mit einer Kette verschlossen ist.
Umgekehrt darf man an diesem Übergang jedoch nicht von den USA nach Kanada gehen. Wer also in Vermont steht und sehen möchte, wie das Gebäude von hinten aussieht, der muss den regulären Grenzübergang inklusiver kompletter Einreiseprozedur nutzen. Davon gibt es gleich zwei in unmittelbarer Nähe. Da wäre der Übergang am nördlichen Ende der Interstate 91 im Osten von Derby Line und der deutlich kleinere Übergang direkt im Ort. Dieser liegt nur 100 Meter westlich vom Bibliotheksgebäude.
Grenzübertritt nur während der Öffnungszeiten der Bibliothek möglich
Zwischen den beiden Grenzstationen in Derby Line und Stanstead, der kanadischen Nachbarstadt, fließt an der Stelle nur der Fluss Tomifobia, Wobei die Brücke und der Fluss zwischen den beiden Grenzstationen schon zu Kanada gehört.
Das Innere des Bibliotheksgebäudes ist natürlich auch geteilt in einen kanadischen und einen US-amerikanischen Teil. Es verläuft sogar eine schwarze Linie durch den Saal. Interessant ist auch, dass die Bühne der kleinen Oper in Kanada liegt, die Zuschauer aber in den USA sitzen. Doch leider haben wir das nicht sehen können, da wir Derby Line an einem Sonntag besuchten und die Bibliothek am Wochenende geschlossen ist.
Daher mussten wir logischerweise auch den regulären Grenzübergang nutzen, um hinter das Haus zu gelangen. Beim nächsten Besuch würde ich aber auch gerne mal in das Haus hinein.
Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
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