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Aufbruch
1. Tag:
Samstag, 28.04.2001
von Essen nach Bonn
km: 61,4
Gesamt: 61 km
Durchschnitt: 12,2 km/h
Gefahrene Zeit: 5:00 h
Als wir unsere Räder aus den Garagen holen, das erste Foto schießen, treffen wir einen Garagennachbarn, der sich sofort anbot ein, Foto zu machen; am Borbecker Bahnhof erzählt uns ein etwas nerviger Typ seine uralte Sportgeschichte, hilft aber mit den Fahrkarten und im Zug werden wir gefragt:”Seid ihr nicht die, aus der Zeitung?” Jau, das sind wir. Und das waren unsere ersten Eindrücke. Wir haben noch keinen Tritt in die Pedale gemacht und standen schon mit etlichen Leuten im Gespräch. Aber mittlerweile waren wir das ja auch gewohnt. Kurz vor unserer Abreise in den letzten Tagen hatten wir ja doch noch eine ganze Menge Stress. Die Presse gab sich bei uns die Klinke in die Hand. Am lustigsten war aber der WDR, der für zwei Minuten Bildaustriabmaterial zwei Tage unserer Reisevorbereitungen “klaute”. Aber Spaß hat es gemacht. Und nun saßen wir im Zug nach Leverkusen-Langenfeld. Der Grund hierfür war ganz einfach: Wir wollten zum einen nicht mit den ungewohnten Packtaschen im Moloch Ruhrgebiet starten sondern direkt am Rhein und dann kam noch etwas Psychologie ins Spiel. Wir wären wohl am ersten Tag nicht weiter als 50 oder 60 Kilometer gekommen. D.h. wir wären abends dort gewesen, wo wir in letzter Zeit recht häufig mit dem Auto in einer knappen halben Stunde waren. Nun, der Radweg in Leverkusen endet mitten in einer Baustelle nachdem wir über Schotter und riesigen Felsbrocken radeln mussten. Haben wir halt den Bauzaun am Bayer-Werk “durchtrennt”. Und Bianca hätte es fast vom Rad gerissen, als ein rot-weißes Flatterband straff über den Weg gespannt war und sie es nicht sehen konnte. Das war unser erste Tag. Beinahe-Unfälle, schlechtes Wetter und das Zelt steht kurz vor Bonn direkt am Rhein auf einer Halbinsel mitten in Matsch und Brennesseln.
2. Tag:
Sonntag, 29.04.2001
von Bonn nach Andernach
Km: 58,2
Gesamt: 119 km
Durchschnitt: 13,0 km/h
Gefahrene Zeit: 4:28 h
In Bonn läuft die Radstrecke schön am Rhein entlang. Größtenteils ist es heute trocken. Wir hatten in Königswinter heute unser erstes Handy-Interview mit Radio Essen. Und anschließend kam der große Durst. Vor der Tour haben wir alle möglichen Reiseberichteberghausb gelesen:”Radfahren in der Wüste”, “Radfahren in Sibirien”. Immer wird vor Wassermangel gewarnt. Und jetzt hier mitten in der Zivilisation haben wir Durst und keine Möglichkeit weit und breit. Bis wir nach einer halben Ewigkeit endlich eine kleine Tankstelle finden. DAS passiert uns nicht mehr! Haben heute per Fähre die Rheinseite gewechselt und stellen die Zelt unter Obstbumen auf. Dürfte eigentlich nicht gesehen werden. Morgens ist Bianca direkt beim Losfahren ein Stück Draht in den Speichen hängen geblieben. Wir dachten schon, das wäre unser erster Speichenbruch. Zum Glück ist nichts passiert.
3.Tag:
Montag, 30.04.2001
von Andernach nach St. Goar
Km: 70,4
Gesamt: 190 km
Durchschnitt: 13,8 km/h
Gefahrene Zeit: 5:06 h
Die ganze Nacht hat es geregnet und gewittert. Das was sich als abgestochenes Schwein heute Nacht anhörte erwies sich als Falke. Es klang aber ziemlich unheimlich. Kamen tagsüber zügig voran, kaum Gegenwind. Vor Koblenz wurden die Räder unfreiwillig sauber, da der Radweg 10 cm unter Wasser steht. Sonne, warme Luft…Merkwürdiges Wetter. Und unser erster Sonnenbrand. Auf den Armen und im Gesicht hat es uns erwischt. Unser erstes Higlight erscheint: das Deutsche Eck in Koblenz, dass allerdings ziemlich gut von Touristen besucht wird, doch es eignet sich aber für eine schöne Pause. Auf unserem ersten Campingplatz der Tour in St. Goar lädt uns ein holländisches Ehepaar (ca. 70 Jahre) zum Tee ein (schwarzer Tee!). Sie sind unterwegs von Rotterdam nach Korsika und machen dort sechs Wochen Ferien. Wir hBild1baben abends gerechnet, denn zu dem Zeitpunkt werden wir nämlich noch lange unterwegs sein. Ist ein komisches Gefühl. Biancas linkes Knie schmerzt sehr. Sie hat es gekühlt. Unser Zelt stand genau unter einer Laterne, die abends natürlich leuchtete…Beim nächsten Mal müssen wir auf so was achten.
Mit dem Rad am Rhein entlang
4. Tag:
Dienstag, 01.05. 2001
von St. Goar bis Mainz
Km: 72,8
Gesamt: 263 km
Durchschnitt: 13,7 km/h
Gefahrene Zeit: 5:16 h
Es ist der 1. Mai – ein Feiertag! Allen Menschen fiel heute ein, dass sie noch ein Fahrrad im Keller stehen haben. Und alle mussten auch gleich bei dem schönen Wetter am Rhein entlang fahren. Uns gehen diese Menschen ziemlich auf den Zeiger. Die ersten 20 km ließen sich gut fahren. Aber dann: Bingen ist sehr fahrradunfreundlich, irgendwie gibt es dort ganz vieleBild8b Radwege, die alle irgendwo enden und weiterführen. Wir stehen plötzlich in irgendeiner Unterführung mit einer Gruppe Feiertagsausflügler, die alle nicht wissen, wohin. An einem Biergarten haben wir eine dreiviertel Stunde vergebens auf unsere Pizza gewartet. Da sich überhaupt keine Möglichkeit zum Wildcampen ergab, zelten wir schon wieder auf einem Campingplatz (Mainz/Laubenheim). Die Autobahn ist direkt nebenan.Und die Einflugschneise für den Frankfurter Flughafen genau über uns.
5. Tag:
Mittwoch, 02.05.2001
Von Mainz bis Mannheim
Km: 81,4
Gesamt: 344 km
Durchschnitt: 13,4
Gefahrene Zeit: 6:02 h
Heißes Wetter. Gemischter Wegbelag (Matsch, Wiese, Asphalt). Konnten auf Landstraße 33 km/h erreichen (Stolz!). Und wir erhielten die bisher witzigste Wegbeschreibung eines Amerikaners in Pfälzer Dialekt. Klang verdammt lustig. Kurz vor Mannheim hat uns ein älterer Herr mehrere Kilometer begleitet und die Umgebung erklärt (BASF-Werk) und uns zu einer FährüberfahrBild10bt über den Altrhein eingeladen. Sehr nett, danke. Im Übrigen ist es sehr interessant, was man alles lernt. Altrhein – haben wir vorher nie gehört. Und auf einmal stehen wir mitten auf einer kleinen Fähre, die mit einer Kette von Ufer zu Ufer gezogen wird. Endlich mal ein richtiger Campingplatz! Wieder direkt am Rhein, und dort bieten uns Camper ihren Tisch und die Stühle an. Also nett sind die Leute eigentlich alle. Bis auf den einen Spinner, der uns in Mannheim in irgendeinem Park auf seinem Rad entgegenkam und uns anblaffte, wir sollen rechts fahren. Klar, und das in einem Park, wo alle kreuz und quer durcheinander laufen. Aber das ist wohl typisch deutsch. Ob wir im Ausland auch so blöde angemacht werden? Haben sehr selten den Rhein gesehen. Doch dafür waren wir im Internetcafe in Worms und haben unseren ersten Eintrag gemacht.
6. Tag
Donnerstag, 03.05.2001
von Mannheim bis Rülzheim (ca. 20 km vor Karlsruhe)
Km: 79,2
Gesamt: 423
Durchschnitt: 12,4
gefahrene Zeit: 6:20
Heute war ein schlechter TBild13bag. Bewölkt und starker Gegenwind, kamen kaum vorwärts. Haben den Rhein nur zweimal gesehen. Sind zur Insel Rott gefahren und haben da die Rheinseite gewechselt, von Baden in die Pfalz. Auf dem Weg zur Fähre war der Radweg überflutet. Ich stand bis zu den Waden im Wasser. Ich habe unterwegs fast einen Salamander überfahren. Gecampt haben wir in Rülzheim, mussten allerdings ca. 8 km zurück fahren. Aber dafür Schwimmbad im Preis inbegriffen, das tat richtig gut.
7. Tag
Freitag, 04.05.2001
von Rülzheim bis Söllingen
Km: 85
Gesamt: 508
Durchschnitt: 15,5
gefahrene Zeit: 5:28
Sind von Rülzheim zurück zur Fähre (das sind sogar 10 km) und mussten feststellen, dass der Radweg auch auf dieser Seite unter Wasser steht, also mussten wir wieder ein Stück zurück. Abermals in Richtung Campingplatz. Bis auf eine 2 km lange Baustelle, auf der wir teilweise nur schieben konnten ging es einigermaßen. Es war zwar bewölkt aber dafür trocken, manchmal sogar sonnig. Und um 13.50 Uhr erreichten wir die französische Grenze. Sieht aber auch nicht anders aus als bei uns. Haben uns endlich mal ein Pommes gegönnt. Hatten schon seit vier Tagen Hunger drauf. Haben uns insgesamt zweimal verfahren. Der Rheinhauptdeich auf französischer Seite ist schön befestigt und gut befahrbar. Die sanitären Anlagen auf dem Campingplatz sind sehr sauber und schön (Radiomusik dudelt, warm, hygienisch – Note 1!)
8. Tag
Samstag, 05.05.2001
von Söllingen bis Kehl
Km: 38,4
Gesamt: 547
Durchschnitt: 16,5
gefahrene Zeit: 2:19
Heute sind wir entlang der B36 gefahren. Hatten glücklicherweise Rückenwind. Es ist Bild14bvöllig zugezogen und regnet immer wieder. Waren schon um 12.00 Uhr auf dem Campingplatz. Sind dann einkaufen und haben bei McDonald’s den Regen abgewartet. Ruhen uns heute direkt mal aus. Unterwegs radelten wir über die Kinzig. Wäsche waschen und trocknen kostet auf dem Platz jeweils 2,- DM. Sehr lobenswert. Wollten eigentlich nach Straßburg reinfahren, aber leider macht das Wetter nicht richtig mit und so lassen wir das.
Pizza zum Campingplatz liefern lassen
9. Tag
Sonntag, 06.05.2001
von Kehl bis Hochstetten (Breisach)
Km: 87,2
Gesamt: 634
Durchschnitt: 16,1
gefahrene Zeit: 5:23
Nachdem wir gestern den Campingplatzbesitzer höflich nach einer Karte für die Umgebung gefragt haben, kam nur zur Antwort :“Ihr bleibt ja nur eine Nacht, das lohnt sich nicht, das versteht Ihr doch, oder?“ Nein, verstehen wir nicht. Wir sind deshalb 14 km total umsonst gefahren, wollten auf der französischen Seite radeln, landeten aber in einer Sackgasse. Also mussten wir wieder zurück, bis wir vor „unserem“ Campingplatz standen, da wir irgendwie nicht anders aus Kehl rauskamen. DANKE. Es war zudem den ganzen Tag bewölkt. Wir sind die ganze Zeit auf Landstraßen gefahren. Sind abends in Breisach zur Pizzeria gefahren, haben bestellt und uns das Essen bis zum Zelt liefern lassen. Lecker! Aber es war den ganzen Tag kühl (10 Grad). Hoffentlich haben wir morgen kein Eis an der Nase. Radio Essen hat angerufen. Von den angegebenen Kilometern sind wir zehn ohne Gepäck durch Breisach geradelt.
10. Tag
Montag, 07.05.2001
von Hochstetten bis Huningue (F) bei Basel (CH)
Km: 65,8
Gesamt: 709 km mit Gepäck / 722 km ohne Gepäck
Durchschnitt: 12,3
gefahrene Zeit: 5:19
Hatten heute nur 12 km Landstraße mit vielen LKW´s, ansonsten 15 km Schotter (schön für MTB´s) und den Rest „Asche“ neben dem ursprünglichen Rhein und der A5. Eine grauenvolle Strecke. man hat den Eindruck, da war seit dem 1. Weltkrieg kein Mensch mehr. Campen in Frankreich. Waren mit dem Fahrrad in Basel. Hat sich aber nicht so direkt gelohnt. Im Gegenteil, dort hatten wir einen traurigen Höhepunkt. Denn als wir eine Mutter mit ihrem 12jährigen Sohn nach dem Weg fragten, stellte sich heraus, dass sie sturzbetrunken ist und versuchte lallend den Weg zu erklären. Das war dem kleinen Jungen sichtlich peinlich. War wahrscheinlich nicht das erste Mal. Wurden heute morgen auf französischer Seite von einemCamping am Seeb Hund bedroht. Sein Herrchen saß auf einem Pferd und guckte nur blöd. Sicherheitshalber habe ich auf den nächsten zehn Kilometern das Pfefferspray in der Hand gehalten. Sind ab Chalampé wieder auf deutscher Rheinseite gefahren. Sehr ruhige Wegstrecke. Es war aber irgendwie heute ein anstrengender Tag…
11. Tag
Dienstag, 08.05.2001
von Huningue bis Waldshut
Km: 80,0
Gesamt: 802
Durchschnitt: 12,9
gefahrene Zeit: 6:04
Es war wieder den ganzen Tag bewölkt aber trocken. Na gut, am späten Nachmittag kam doch tatsächlich die Sonne raus. Es hat lange gedauert, bis wir durch Weil am Rhein gefahren sind. Ein netter Polizist half uns weiter und wunderte sich, warum wir Richtung Bodensee fahren, wenn wir nach Portugal wollen. Ist doch von hier aus die falsche Richtung. Natürlich haben wir das gestern abend in Basel gesuchte Internetcafe nicht gefunden, sind aber heute morgen an einem vorbeigekommen. So langsam merkt man, das wir uns den Alpen nähern, es wird ziemlich hügelig, so dass wir auch teilweise schieben mussten. Zelten direkt am Rhein, fast mit Blick auf ein Atomkraftwerk in der Schweiz. Waren schon nach 30 km total geschafft,czhuetteb wissen allerdings auch nicht, wie wir den Rest geschafft haben. Heute haben wir uns im Baumarkt auch endlich mal einen Hammer gekauft!
12. Tag
Mittwoch, 09.05.2001
von Waldshut bis Stein am Rhein (CH)
Km: 64,1
Gesamt: 866
Durchschnitt: 13,3
gefahrene Zeit: 4:49
Komisches Wetter, morgens dichte Bewölkung, am späten Nachmittag war der Himmel blau und die Sonne schien sehr heiß. Anfangs viel Gegenwind. Der gesamte Weg ist ein einziges Auf und Ab. Haben unzählige Male die deutsch-schweizerische Grenze passiert, sogar mitten im Wald. Kauften uns ein Karte für die Schweiz und machten einen Dorfbummel endlich mal ohne Fahrräder. Standen allerdings 10 Minuten in einem Internetcafe, ohne dass wir bedient wurden. Also sind wir wieder gegangen. Auf dem Campingplatz gibt es viele große Ameisen, ich mag sie nicht. Wir haben wohl Deutschland nun für längere Zeit verlassen.
13. Tag
Donnerstag, 10.05.2001
von Stein am Rhein bis Altenrhein
Km: 76,7
Gesamt: 943
Durchschnitt: 15,7
gefahrene Zeit: 4:51
Am Altenrhein. Es war den ganzen Tag sonnig und warm bis heiß. Kamen aber sehr gut voran. Der Weg führte uns am Bodensee immer zwischen Gleisen und Bauernfeldern vorbei. Zwischendurch kam mal ein Dorf oder eine kleine Stadt. Die Schweiz ist ziemlich teuer, was Lebensmittel angeht. Am Bodensee haben wir ein Radlerpärchen unterwegs getroffen, dass nicht grüßte. Dann halt nicht. Abends stehen sie auf dem Campingplatz zwei Plätze neben uns. Grüßen immer noch nicht. Dafür unterhielten wir uns sehr nett mit einem anderen Radler. Er hat uns ein paar Tipps für die Alpen gegeben (kannten wir aber eigentlich schon). Können nun schon von hier aus die schneebedeckten Berge sehen.
Mit dem Fahrrad über die Alpen
14.Tag
Freitag, 11.05.2001
von Altenrhein bis Chur
Km: 97,1
Gesamt: 1040
Durchschnitt: 16,9
gefahrene Zeit: 5:43
Super Wetter, angenehme Strecke zum Fahren. Direkt am Alpenrhein entlang. Kaum was los und die Gegend ist um uns herum schön bergig. Doch wir bleiben relativ eben. Heute haben wir den 1000sten Kilometer Deutsches Eck Koblenzbgeschafft ! Haben mal unsere Finanzen durchgerechnet. Die Campingplätze reißen ein ganz schönes Loch in den Geldbeutel. Bin deswegen ziemlich deprimiert. Haben damit gerechnet, öfter wild zelten zu können. Ich hoffe aber, wir kriegen das noch in den Griff.
15. Tag
Samstag, 12.05.2001
von Chur bis Thusis
Km: 32,3
Gesamt: 1072
Durchschnitt: 13,9
gefahrene Zeit: 2:19
Nach einer anstrengenden Bergauf-Tour haben wir kurzfristig beschlossen, die Ortschaft Splügen erst morgen zu erreichen. Sind mittlerweile auf knapp 700 Meter Höhe. Waren also ausgiebig einkaufen und campierten auf einem Campingplatz mitten in einem Wald. Da konnten wir zum erstenmal unsere Hängematten ausprobieren. Total gemütlich! Zum Abendessen hatten wir Besudkgrenzebch von einem Eichhörnchen. Bianca hat die Ketten an den Rädern sauber gemacht, während ich in der Hängematte lag (Eigentlich tat ich das den ganzen Tag.). Und heiß war es heute.
16. Tag
Sonntag, 13.05.2001
von Thusis bis Splügen
Km: 28,5
Gesamt: 1101
Durchschnitt: 9,3
gefahrene Zeit: 3:03
Das Eichhörnchen von gestern brachte heute zum Frühstück noch seinen Bruder mit. Anschließend machten wir uns auf den Weg und überwindeten 750 Höhenmeter. Und zwar von 700 Meter in Thusis auf 1.450 m in Splügen. Es war ziemlich anstrengend. Sind durch zwei Schluchten und zwei beleuchtete Tunnels sowie durch einen „Geistertunnel“ gefahren. Den haben wir so genannt, weil er ziemlich unheimlich war (Bergab im Höllentempo durch einen unbeleuchteten in den Berg geschlagenen naturbelassenen Tunnel- hat wahnsinnig Spaß gemacht!) Die ersten Serpentinen haben wir nun auch hinter uns gebracht. Campieren unmittelbar zur Auffahrt zum Splügenpass. Zum Glück ist er noch bis Mittwoch für Autos gesperrt. Auf dem Campingplatz sind viele Italiener, die aber wohl nur das Wochenende hier waren und jetzt wieder nach Hause fahren.
17. Tag
Montag, 14.05.2001
von Splügen bis Piuro (I) (3 km östlich v. Chiavenna)
Km: 44,9
Gesamt: 1146
Durchschnitt: 12,6
gefahrene Zeit: 3:34
An der Berghütte in über 2.000 m HöheWir sind heute über den Splügenpass „gefahren“. Naja, eigentlich mehr geschoben. Haben eine kleine Lawine mitbekommen (akustisch). Wurden unterwegs von Bauarbeitern und der Kantonspolizei daran erinnert, dass der Pass noch gesperrt sei und wir eigentlich gar nicht hier sein dürften. Aber es konnte keiner so genau sagen, ob die italienische Seite des Berges bereits geräumt ist. Wir sind trotzdem weiter bergauf. Wolken, Nebel, Nieselregen und weiße hohe Wände neben uns (ca. 6 – 8 m hoch). Und noch mehr Wolken, Nebel, Nieselregen (Sichtweite unter 10 m). Es war ziemlich unheimlich. Oben angekommen auf 2.113 Meter Höhe standen tatsächlich drei italienische Zöllner und schauten etwas verdutzt, sagten aber nichts. Kurz darauf kam eine Schranke und versperrte uns den Weg, doch dahinter war Italien! Und die Strecke war frei! Ab jetzt geht es bergab, aber leider noch nicht so schnell, weil man ja nichts sieht und man ständig durch die Kurven bremsen muss. Ich musste zwischendurch anhalten um meine gefrorenen Finger wiedefeldwegoderbr auf zu tauen. Es war eine eisige Kälte. Die letzte Rettung war ein Geisterdorf in 1.900 m Höhe, das plötzlich im Nebel auftaucht. Immer noch meterhohe Schneewände, aber in einem einzigen Haus brennt tatsächlich Licht und es steht ein Auto vor der Tür. Wir hören Tellergeklapper und wollen rein. Doch ich ziehe an der Tür und es passiert nichts. Nach kurzem Rufen erscheint jemand und meint, die Tür sei doch auf. Wir mussten drücken! Fast erfroren, weil da ein gewisser Herr zu dusselig ist, die Tür zu öffnen!! Und schon standen wir mitten in einer Gaststätte und konnten uns mit Kakao aufwärmen. Anschließend sind wir knapp 25 km nur bergab bis nach Chiavenna (300 m üNN). Das hat wirklich verdammt Spaß gemacht! Doch erwartet uns dort schlechtes Wetter, ein Wasserfall am Campingplatz (schön) und sechs Kilometer Wanderung durch den Ort, weil Montags fast alle Geschäfte geschlossen haben. Durch die bewaldeten Berge und der hohen Luftfeuchte hat man den Eindruck man sei im Regenwald.
18. Tag
Dienstag, 15.05.2001-09-18
von Piuro bis Abbadia Lariana (Lecco)
Km: 67,3
Gesamt: 1213
Durchschnitt: 18,3
gefahrene Zeit: 3:40
So wie es gestern schon aussah, nämlich tropisch, so scheint es wirklich zu sein. Es regnet den ganzen Tag. Wir sind nass bis auf die Haut, trotz Regenzeugs. Das ist Italien? Haben zum ersten Mal einen Campingplatz ohne Waschmaschine oder Trockner, noch nicht mal einen Trockenraum. Dafür aber Plumpsklos. Zum Glück aber auch eine normale Kloschüssel. Der Comer See ist eigentlich ganz nett, man konnte bloß nicht allzu viel sehen (tiefhängende Wolken und der andauernde Regen). Waren auch mal wieder im Internet. Der Campingplatzbetreiber hat vergessen eine Person zu berechnen. Das freut uns, weil er dafür tatsächlich die Fahrräder mitberechnet. Trotz Diskussion, dass diese im Zelt stehen, keinen Platz wegnehmen und wir sie rein theoretisch doch zum Zelt tragen könnten. Aber Italiener sind stur. Basta.
19.Tag
Mittwoch, 16.05.2001
von Lecco bis Genua
Km: 32,7 (Zugkilometer ca. 200)
Gesamt: 1246
Durchschnitt: 11,5
gefahrene Zeit: 2:50
Wir sind heute morgen einfach nicht aus Lecco mit dem Rad herausgekommen. Jeder Weg führte uns auf Straßen, auf denen Fahrräder verboten sind. Sind teilweise schon auf autobahnähnlichen Straßen in der Regenrinne gefahren, weil es partout nicht anders ging. Nach reichlicher Überlegung beschlossen wir, mit dem Zug nach Genua zu fahren. Wir mussten allerdings in Mailand umsteigen. Nach einer Stunde Wartezeit hielt der Zug nach Mailand tatsächlich nur 20 Sekunden. Es war ein Ding der Unmöglichkeit einzusteigen, da wir erst zum richtigen Abteil mussten. Wußte ja keiner, wo das ist. Und dann noch rein? Ich wollte mein Rad gerade anheben und reinhieven, als sich die Türen schlossen. Zum Glück war er noch nicht drin und ich noch draußen. Naja, nach meinem Wutanfall half uns ein Bahnmitarbeiter und setzte uns in einen anderen Zug nach Mailand. Dort allerdings war der andere Zug nach Genua nicht aufzufinden. Man schickte uns zu Gleis neunzehn (an dem der Aufzug natürlich defekt war), doch da kam laaaange Zeit gar nichts. Nach meinem zweiten Wutanfall konnte uns endlich einer erklären, was da schief gelaufen ist: Mailand hat mehrere Bahnhöfe und wir stehen am falschen! Auf die Frage, wie wir zum richtigen Bahnhof kommen, empfahl man uns die Metro. Dort angekommen (Immerhin, die Rolltreppen funktionierten, aber mit den Rädern auch nicfeldwegschwedenbht ganz einfach) wollten wir gerade durch die Schleuse für Radfahrer, als uns ein Mann in Uniform aufhielt und auf italienisch erklären wollte, dass wir hier nicht durchkämen. Nach meinem Wutanfall die dritte, verstand der Beamte auf einmal ziemlich gut deutsch und meinte, dass er die soeben gehörten Schimpfworte besser nicht hören wolle. Ansonsten würde er die Polizia holen. Zum Glück tat er es nicht, trotz meiner Aufforderung er solle doch, damit endlich mal einer weiterhelfen kann. Man muss dazu sagen, zu dem Zeitpunkt waren wir schon zwei Stunden mit dem Zug unterwegs, zwei Stunden in Mailand und hatten noch zwei Stunden Zugfahrt vor uns und es wurde immer später. Wir hatten keine große Lust, mitten in der Nacht in Genua anzukommen. Der Beamte nahm uns mit zu den (natürlich italienischen) Bestimmungen der Mailänder Metro und bat uns diese durchzulesen. Compendre? Ja, es war Rush-Hour und Fahrräder dürfen zu diesem Zeitraum nicht in die Metro. Aber immerhin konnte er uns sagen, wie wir zu dem anderen Bahnhof kommen. Wir sollen einfach rauf auf die Straße und bräuchten bloß 1,5 km mit dem Rad zu fahren! Eineinhalb Kilometer! Und das konnte uns keiner sagen??? Dafür stehen wir zwei Stunden am Bahnhof und warten auf den Zug und fragen ständig wo er bleibt? Für 1,5 km! Und diese waren auch noch mit einem Radweg geführt! Im übrigen der einzige, den wir in Italien gesehen haben. Tja, mit letzter Kraft erreichten wir Genua um 21.30 Uhr und begannen mit der Suche nach einem Campingplatz. Diesen fanden wir nach einer guten halben Stunde. Eine schöne alte Villa, mit riesigem Garten. Wirklich schön, und wir waren am Mittelmeer. Wir haben es geschafft.
Zahnschmerzen auf einer Radreise
20. Tag
Donnerstag, 17.05.2001
von Genua bis Locano
Km: 77,2
Gesamt: 1323
Durchschnitt: 17,3
gefahrene Zeit: 4:27
Ich hatte heute Nacht Zahnschmerzen. Heute morgen unterhielten wir uns mit einem Spanier auf dem Campingplatz über unser Vorhaben. Er meint, an der Südküste Spaniens würden wir allerdings arge Probleme bekommen, da dort teilweise über hundert Kilometer nur Autobahn entlangführe. Er stamme aus Alicante und fährt dort selber manchmal Rad und das sei alles gar nicht so einfach, dort den richtigen Weg zu finden. Wir sind heute den ganzen Tag auf der SupefrankreichbrStrada 1 (Via Aurelia) gefahren. Straße ohne Ende. Und wie die Autos fahren, Wahnsinn. Hoffentlich hat das bald ein Ende. Haben das Meer zwar gesehen, können aber kaum ans Wasser. Schönen Strand gibt es erst recht nicht. Bis jetzt hat uns beiden gar nichts an Italien gefallen. Der erste angefahrene Campingplatz hatte einen zu harten Boden. Selbst die ortsansässigen Camper hatten keine Chance unsere oder ihre Heringe reinzubekommen. Also mussten wir wieder weiter. Der Platz befand sich ja auch “nur” in 100 Meter Höhe im Landesinneren…Der jetzige geht noch, aber Preise sind das hier. Und das für ein bisschen Wiese, etwas Wasser und spartanische Verhältnisse. Ich habe am heutigen Abend vom Tod meiner Großmutter erfahren. Sie wird bereits morgen früh beerdigt. Auch so etwas kann auf so einer Tour passieren. So traurig das ist, aber selbst wenn wir wollten, würden wir nicht mehr rechtzeitig nach Hause kommen.
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