Donnerstag, 8. September
Unsere Reise verlief mittlerweile auf der Route 66 bis zu diesem Abstecher nach Las Vegas. Mit etwas Wehmut verließen wir das Hotel wieder. Und das lag nicht wirklich an Las Vegas, sondern an dem Hotelzimmer. Es ist nun unser dritter Aufenthalt in der Stadt und man muss schon sagen, dass wir in Las Vegas immer die größten und besten Zimmer hatten – dazu in einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Woanders zahlt man mitunter mehr für weniger Zimmer. Egal, an diesem Tag sollte die Reise nach Los Angeles gehen, genauer gesagt nach Anaheim. Wir wollten mal wieder ins Disneyland.
Nachdem wir die Stadt verließen und noch schnell den Tank vollmachten, hielten wir entlang der Interstate 15 noch an den Seven Magic Mountains. Dabei handelt es sich um eine Kunstaktion bzw. um eine Skulptur bestehend aus mehrere großen Felsblöcken, die zu sieben Türmen aufeinandergestapelt sind. Jeder einzelne Felsblock wurde bemalt und strahlt in greller Farbe. Sieht besonders vor blauem Himmel schon ganz nett aus.
Und da war es dann wieder. Dieses typische amerikanische. Sieben bunte Felstürme mitten in der Wüste, nahe der Autobahn. Sonst nichts. Das passt irgendwie zu dem verrückten Spleen der Amerikaner. Alles bunt, groß und aufmerksamkeitserhaschend. Aber eben auf eine liebenswerte Art und Weise. Die Seven Magic Mountains hätten auch gut und gerne zur Route 66 gepasst.
Da waren wir seit Kingman nicht mehr und leider war auch gefühlt die Route 66 für uns fast schon zu Ende. Wir hätten natürlich auch weiter südlich durch die Mojave-Wüste fahren können. Aber die kannten wir ebenso schon und wir wussten, dass da nicht mehr viel kommen würde. Bei Barstow, wo wir auch schon mal sechs Jahre vorher übernachtet hatten, trafen wir nochmal auf die Route 66 und besuchten auch hier einiges, was im Zeichen der Mother Road stand. Viel war das aber leider nicht mehr.
Hinter Barstow ist es auch keine allzu lange Fahrt mehr, bis man ein kleines Gebirge durchquert und man sich im Ballungsraum von Los Angeles wieder findet. Von San Bernadino bis Santa Monica oder in unserem Fall bis Anaheim hat man gar nicht mehr so eine große Lust, sich auf Spurensuche der Route 66 zu begeben. Es ist einfach voll, laut und viel Verkehr. Wir waren vielmehr froh, dass wir unser Hotel erreichten und einchecken konnten. Denn das war gar nicht so sicher. Schon Tage zuvor hatten wir das gebucht und erhielten zwischendurch die Nachricht, dass ein Zimmer mit zwei Betten nicht verfügbar sei. Auf unseren Hinweis, dass wir auch ein Zimmer mit einem Bett nehmen würden, bekamen wir zunächst keine Antwort. Erst auf nochmalige Nachfrage hieß es, dass die Buchung sicher sei und wir ein Zimmer mit einem Bett bekämen. Was soll man sagen? Nach dem Check-In öffneten wir die Zimmertür und sahen zwei Betten. Keine Ahnung, was die für ein Durcheinander bei der Buchung hatten.
Ein anderes Durcheinander mussten wir zwei Blocks weiter im Disneyland klären. Denn auch hier läuft es seit Corona nicht mehr ohne Reservierung. Ein spontaner Besuch des Freizeitparks fällt also aus. Das wussten wir vorher und wollten daher schon rechtzeitig vorher die Tickets online buchen. Doch das wollte ums Verrecken nicht funktionieren. Irgendwie stimmten meine Kreditkartendaten nicht mit denen überein, die im Disney-Account hinterlegt waren. Also hatten wir schon in etliche Tage vorher den Telefonsupport kontaktiert. Englischsprachige Telefonate mag ich ja so gar nicht. Aber es funktionierte. Der junge Mann am anderen Ende der Leitung war extrem geduldig und hat alles für uns geregelt. Das Gespräch dauerte eine Dreiviertelstunde, doch am Ende war alles genauso wie es sein sollte. Wir bedankten uns sehr und stellten uns vor, wie so ein Gespräch in einer deutschen Telefonhotline ausgesehen hätte.
Doch an diesem Abend hatten wir nun unsere Reservierung für den nächsten Tag, an dem wir dann die Eintrittskarten mit der Reservierungsnummer erhalten sollten. Das bestätigte man uns auch im Disney Village, wohin wir gingen, um den Abend zu verbringen. Ein großer, leckerer Shake musste nämlich sein. Wir hatten drei Jahre zuvor an selber Stelle ebenfalls einen Shake genossen und waren ganz begeistert von Größe, Umfang und Geschmack. Wir munkelten schon damals, uns nicht vorstellen zu können, dass so eine Art Shake mit so viel Drumherum in der EU erlaubt wäre.
Außerdem gingen wir in den Souvenirshop und ließen jede Menge dort zurück. Über Kleidung, Andenken und Puzzle kauften wir gefühlt den halben Laden leer. Das hatte aber auch Gründe. Denn normalerweise brachte ich mir nach jedem Besuch in einem Disneyland ein Puzzle mit. Doch im Jahr zuvor war mir das im Disneyland Paris nicht vergönnt. Gerade an unserem letzten Abend des dortigen Aufenthaltes, als wir das Puzzle kaufen wollten, musste das Geschäft auf Grund einer Bombendrohung schließen. Daraus lernten wir, dass wir beim nächsten Mal, also jetzt, die Chance sofort ergreifen würden.
Außerdem habe ich seit Corona, meinem Unfall und dem Überfall auf die Ukraine verstärkt das Gefühl, nichts mehr auslassen zu wollen. Das Leben ist viel zu kurz, um in solchen Belangen Verzicht zu üben. Tragischerweise gab es hier im Disneyland Anaheim eine ziemlich große Auswahl an verschiedenen Puzzle-Motiven. Also habe ich direkt mal fast alle mitgenommen. Uns war ohnehin schon klar, dass wir auf der Reise noch irgendwann einen zusätzlichen Koffer kaufen müssten.
Freitag, 9. September
Dieser Freitag stand ganz im Zeichen des Disneyland-Besuchs. Seit unserer Ankunft in den USA war dies zugleich der erste Tag, an dem wir mal nicht mit dem Auto fahren würden. Das tat natürlich auch mal gut. Unser Hotel lag nah genug, um die wenigen Straßen zum Disneyland zu gehen. Im Gegensatz zu unserem früheren Aufenthalt entschieden wir uns dieses Mal jedoch dafür, nur einen der beiden Parks zu besuchen. Und zwar ging es in den ganz klassischen, ältesten Disneypark.
Leider wollte das Wetter nicht so wie wir es wollten. Dicke Wolken bedeckten den Himmel, genauso wie schon beim letzten Mal. Wir wunderten uns nicht. Jedes Mal, wenn wir an der kalifornischen Küste unterwegs sind, ist das Wetter so gar nicht sunshine. Ich erinnere mich noch gut, dass ich mal auf der Golden Gate Bridge gefroren hatte.
Dieses Mal war es aber nicht nur bedeckt, sondern dieses Mal wollte es auch noch regnen. Es dauerte zwar bis zum Mittag, aber dann kam von oben Wasser. So viel, dass Moni sich einen Poncho kaufte und wir uns hin und wieder unterstellen mussten. Leider hatte das auch Auswirkungen auf die Attraktionen, die im Freien stattfanden. Eine Lichtershow wurde genauso abgesagt wie das abendliche Feuerwerk. Es regnete einfach zu lange und zu stark. Na klar, wir sind ja auch nur in Kalifornien, wo es doch fast immer Sonne geben soll. Nun ja, ich habe da mittlerweile nach mehreren Schlechtwettertagen eine andere Meinung zu.
Trotzdem ließen wir uns die Laune nicht verderben und genossen den Aufenthalt im Disneyland. Dieses Mal gab es sogar Fotos mit Micky und Donald – just wenige Augenblicke, bevor die Fotosession wegen Regen abgebrochen wurde. Zumindest dabei hatten wir Glück, dass wir noch dran gekommen waren.
Aber auch dieser Tag am glücklichsten Ort der Welt fand am Abend sein Ende. Natürlich mal wieder schade, aber sicher nicht der letzte Besuch in einem Disneypark.
Samstag, 10. September
Zeitgleich mit unserem Aufenthalt im Disyneyland fand auch der Kongress des Disney-Fanclubs D23 statt, bei dem ich Mitglied bin. Aber das hatte ich bis dahin gar nicht auf dem Schirm gehabt und mich auch nicht weiter darum gekümmert. Ich habe es schlicht verpennt, fand das aber nicht so schlimm, weil wir unter diesen Umständen dann unbedingt an dem Wochenende in Anaheim hätten sein müssen. So waren wir auf der Reise ungezwungener und halt einfach nur zufällig am selben Wochenende vor Ort. Trotzdem fuhren wir absichtlich am Kongresscenter vorbei, um wenigstens einen kleinen Blick auf die Veranstaltung werfen zu können.
Viel konnte man natürlich nicht sehen, aber der Aufwand, der schon vor den Messehallen betrieben wurde, war beachtlich. Bevor wir nun vom Disneyland in Anaheim zum Ende der Route 66 nach Santa Monica fuhren, legten wir noch zwei kurze Abstecher ein. Genauer gesagt wollten wir uns zwei Kirchen in Anaheim anschauen. Da wäre zum einen die Christ Cathedral, die ganz ungewöhnlich erbaut wurde und mit ihrer Glasfassade wie ein riesiger Kristall wirkte. Reingehen konnten wir leider nicht, weil gerade eine thailändische Hochzeit zelebriert wurde. Jemand, der den Eingang beaufsichtigte, gab uns aber nicht nur Infos in Papierform zur Kirche, sondern auch einen Tipp, welchen Seiteneingang wir nehmen sollten, um wenigstens einen kleinen Blick von innen erhaschen zu können. Sehr nett.
Die zweite Kirche war architektonisch weitaus unbedeutender. Wir besuchten sie, weil es sich um die Kirche des hl. Antonius aus Padua handelte und weil Moni bei der Messe auf der Queen Mary 2 einen Hinweis vom Priester bekam. Er gab nämlich an, dass dies eigentlich seine Heimatkirche sei, in der er für gewöhnlich Messen hält. Sei sei fast in der Nachbarschaft vom Disneyland. Das stimmte zwar so nicht direkt, da lagen doch schon einige Kilometer zwischen. Doch wenn man in der Ferne auf dem Nordatlantik unterwegs ist, dann ist das von soweit weg natürlich gleich um die Ecke.
Von dort aus fuhren wir aber schließlich zum Pier am Strand von Santa Monica. Für uns war das nichts neues und eigentlich hätten wir uns das auch sparen können. Denn wir waren schon mal am Ende der Route 66 und hatten dort jede Menge Bilder gemacht. Aber wir fanden, dass wir die diesjährige Reise auf der Mother Road auch standesgemäß beenden sollten und fuhren dann zum Ende der Route 66, auch wenn wir im Großraum Los Angeles eigentlich gar nichts mehr von ihr gesehen haben.
Und es lohnte sich. Denn nachdem wir den Wagen auf dem uns bekannten Parkplatz direkt am Strand abstellten und zum Pier gingen, entdeckten wir etwas, was wir noch nicht gesehen hatte. Oder anders gesagt: Ein Touristenpärchen bat uns, Fotos von sich vor dem End-of-the-Trail-Schild zu machen. Dabei erkannten wir, dass diese Touristen ein Zertifikat in der Hand hielten. Eine Auszeichnung, dass sie die Route 66 von Anfang bis Ende befahren haben. So etwas wünschten wir uns zum Abschluss natürlich auch. Immerhin sammeln wir ja einfach so aus Spaß solche touristischen Reise-Zertifikate.
Der Herr gab uns den Hinweis, wo man das Zertifikat bekommt und wenige Augenblicke standen wir vor eben dieser kleinen Holzhütte auf dem Pier. Hier mussten wir allerdings jetzt ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, obwohl das Zertifikat nicht kostenfrei erhältlich ist. Aber wir hatten keine Reisestempel oder sonstige Dinge, mit denen wir beweisen konnten, dass wir die Tour wirklich gefahren sind. Nur unsere Kamera hatten wir in der Hand, mit der wir zumindest einige Bilder zeigen konnten. Und unseren Erfahrungsschatz mit Wissen, dass man eigentlich nur haben kann, wenn man die Route 66 befahren hat oder sich sehr intensiv mit ihr befasst hat. Kurzum, wir konnten glaubhaft versichern, die Strecke befahren zu haben und erhielten ebenso dieses Zertifikat.
Das war für uns ein schöner rundum gelungener Abschluss unseres Roadtrips auf der Route 66. Gleichwohl wechselten wir hier direkt auf die nächste legendäre Straße, nämlich auf den Highway 1, der an der kalifornischen Küste verläuft. Doch nur für ein kurzes Stück fuhren wir die Straße entlang, weil wir ursprünglich mehr ins Landesinnere wollten und noch den einen oder anderen Nationalpark besuchen wollten. Daraus wurde aber nichts, wie wir später feststellen mussten. Doch an diesem Tag reisten wir noch bis Fresno. Auf dem Weg dorthin, machte uns am Abend noch ein Schild neugierig und wir verließen die Straße, um die kleine Ortschaft Kingsburg kennenzulernen.
Kingsburg entstand nämlich durch schwedische Einwanderer und entlang der gesamten Main Street war alles auf Schwedisch gehalten. Die berühmten Dalapferde standen an jeder Ecke, schwedische Schriftzüge markierten die Häuser und eine Dame war ganz begeistert, dass wir deswegen ihre kleine Heimatstadt besuchen würden. Helle Aufregung gab es zudem, als wir ihr erklärten, dass wir erst wenige Wochen zuvor in Schweden gewesen seien. Ach ja, die Amerikaner und ihre niedlichen kurzen Gespräche mit fremden Menschen. Wir freuten uns, einfach auch mal so ein schwedisches Dorf in den USA gesehen zu haben. Der letzte Tag unserer Route 66-Reise endete damit also am Abend in Fresno, schon weit weg von der Mother Road.
Von nun an würden wir mehr oder weniger die Küste hochfahren und später ab Washington einen erneuten Roadtrip quer durchs Land machen, um New York zu erreichen.
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