2005 – Mit einem Wohnmobil auf den Balkan


 

 

Abzocke in Bosnien

Mittwoch, 11. Mai:
Weil ich Anfang des Jahres einen Fernsehbericht über den Wiederaufbau der im Bosnienkrieg zerstörten Brücke in Mostar gesehen habe, wollte ich mir gerne diese Brücke und die Stadt Mostar anschauen. Also fuhr ins Landesinnere und passierte die Grenze zu Bosnien-Herzegowina. Auffällig auf bosnischer Seite waren die vielen kroatischen Flaggen, die über der Straße hangen. Also war dies der kroatische Teil Bosniens, aha. Ich werde dies alles wohl nie ganz verstehen, aber na ja. In Mostar angekommen, war die Brücke auch schon ausgeschildert. Ich bog rechts ab und ein junger Mann sprang mir plötzlich entgegen. In sehr gutem Deutsch fragte er, ob ich einen Parkplatz benötige. Er wies mir einen zu und bot seine Hilfe an, die Stadt zu zeigen. Allerdings bin ich nur davon ausgegangen, dass er mich zu dieser Brücke bringt. Aber nein, er wollte die gesamte Altstadt zeigen. So überquerten wir also diese Brücke, die im Krieg in den 1990er Jahren traurige Berühmtheit erlangte und liefen an Souvenirständen vorbei. Ich muss zugeben, es war informativ, was dieser Mann zeigte und nicht uninteressant. Aber nachdem ich das älteste Haus Mostars (das türkische Haus) kennen lernte und die Minarettspitze einer Moschee erklommen habe, wollte ich doch gerne alleine durch die Stadt laufen. Allerdings wollte er nun mittlerweile bezahlt werden. Tja, und das war der Fehler. Ich hätte ihn vorher fragen sollen. Wer wissen möchte, wie viel ich bezahlt habe für diese einstündige Führung, der soll mir bitte eine Mail schicken. Wer nicht fragt und nach Mostar fährt, der sollte besser von vornherein ablehnen oder einen Preis vorher ausmachen! Ich habe mich sehr über meine Dummheit geärgert. Aber gut, Fehler macht jeder mal.

Wie auch immer, interessant war es dennoch. Er erklärte zum Beispiel die Bedeutung der Todesanzeigen an den Hauswänden, die man auch schon in Bulgarien sehen konnten. Eine Anzeige in grün und mit Halbmond weist auf einen Verstorbenen Moslem hin. Eine schwarze Anzeige steht für einen Christen während eine Anzeige in kyrillisch für serbisch-orthodoxe Tote steht. Er selbst gab aber zu, dass seine Todesanzeige mal in blau sein wird. Sein Vater ist Moslem und seine Mutter Christin. Also wieder eine ganz neue Konstellation. Als ich beiläufig erwähnte, dass das ja alles viel zu kompliziert sei, erntete ich ein abfälliges: „Das ist aber Religion“. Ich dachte mir nur, dass dies der Grund ist, warum es hier ständig kracht und diese Region hier immer noch nicht stabil ist. Im Gesamten habe ich festgestellt, dass der Balkan der Übergang vom Christentum zum Islam ist und daher viel Zündstoff bietet. Aus meiner Sicht, völliger Quatsch, denn wenn man etwas toleranter wäre….aber was soll ich sagen? Ich habe die abgesperrten Minenfelder gesehen, die geteilte Stadt Mostar, zahlreiche Militärfahrzeuge der Deutschen, der Spanier und einiger anderer und ich habe nachmittags die Ruinen und Bombenkrater im Norden Kroatiens gesehen. Ich kann es einfach nicht verstehen, warum man sich hier bekämpfen muss.

In Kroatien ging es dann nördlich von Split bis zu den Plitwitzer Seen, die auf jeden Fall einen Besuch wert sind. Auf dem Weg dorthin fuhr ich durch eine wunderschöne Landschaft, die zum Teil auch an Skandinavien erinnerte. Wer Kroatien von Nord nach Süd durchqueren möchte, sollte das lieber nahe der bosnischen Grenze tun. Die Straßen sind gut und leer. Im Gegensatz zur Küstenstraße. Doch leider ist das freie Stehen in der Gegend nicht nur verboten, sondern zudem auch wegen der Minengefahr gefährlich. Das betrübt ein bisschen…

Donnerstag, 12. Mai:
Ich schaute mir die Plitwitzer Seen an und machte einen langen Spaziergang dort. Es war richtig schön, an dem klaren Wasser entlang zu laufen. Abends machte ich mich nun schließlich auf den Weg nach Hause. Richtung Zagreb und von dort weiter nach Slowenien und Österreich. In Österreich hatte ich noch keine Vignette. Man wollte mich zwar auf die Autobahn schicken, damit ich an der nächsten Ausfahrt abfahren kann, doch der Zollbeamte meinte, das wäre nicht gut. Er telefonierte mit seinen Kollegen und kündigte an, dass ein Wohnmobil ohne Vignette unterwegs sei und ich aber eine Vignette kaufen möchte. Das Problem war mal wieder das fehlende Kleingeld. An der Vignettenstation konnte man leider nicht mit Karte bezahlen. Die Grenzbeamten und ich einigten uns aber darauf, dass ich über die Autobahn zurück nach Slowenien gehe und dort eine Vignette kaufe. Sehr nett waren sie und sehr bemüht, gar keine Frage.

Was mich nur ärgert, ist die Tatsache, dass ich trotz Vignette noch zweimal die Mautgebühr für zwei Tunnel zahlen musste.

Abends kam ich in Passau an und übernachtete auf einem Rastplatz.

Freitag, 13. Mai:
RüWohnmobil Montenegrockfahrt. Von Passau bis nach Essen ohne besondere Vorkommnisse. In exakt vier Wochen legte ich 7.000 km zurück und reiste durch 12 Staaten. Es war eine sehr interessante und aufschlussreiche Fahrt mit einigen kleinen Abenteuern. Doch eines steht fest, die Fahrt hat dazu beigetragen, einige Vorurteile abzubauen.

Viele Menschen auf dem Balkan sind arm, sehr arm.

Aber mindestens genau so viele Menschen auf dem Balkan sind nett, sehr nett!

 

Kleine Statistik:

Bereiste Staaten:
12

Gefahrene Kilometer:
7.000

Mautgebühren:
ca. 90 Euro

Sonstige Gebühren:
Albanien 10 Euro für die Einreise; Albanien, Bulgarien, Montenegro: 5 Euro pro Desinfektionsbad (kommt man von Albanien nach Mazedonien, muss man dort auch durch ein Bad fahren)

Höchste befahrene Stelle:
1.900 m (Bulgarien)

Höchste Übernachtung:
1.600 m (Mazedonien)

Teuerste Übernachtung:
16 Euro (Campingplatz Plitwitz)

Günstigste Übernachtung:
16 x kostenlos, aber Campingplatz 5 Euro in Rila.

Am schönsten empfundenes Land:
Mazedonien.

Günstigstes Internetcafe:
umgerechnet 50 Cent für eine halbe Stunde in Bulgarien.

Teuerstes Internetcafe:
2 Euro/Stunde in Griechenland.

Polizeikontrollen, die einen anhielten:
6

Polizeikontrollen, die man gesehen hat:
Unzählige!

Reparaturkosten:
5 Euro für Reifenreparatur, 65 Euro für Ein- und Ausbau Kardanwelle inklusive Ersatzteile.

 

Am Ende des gleichen Jahres fuhr ich übrigens noch ein weiteres Mal mit dem Wohnmobil nach Rumänien und recherchierte dort für diesen Reiseführer Rumänien.

1 Kommentar zu „2005 – Mit einem Wohnmobil auf den Balkan“

  1. Pingback: Triglav-Nationalpark in Slowenien | Die Weltenbummler

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