Eifelsteig – Etappe 2 von Roetgen nach Monschau

  • Anspruch: leicht
  • Länge: ca. 17 km
  • Dauer: ca. 4,5 Std.
  • Höhenmeter: ca. 350
  • Wanderzeit: ganzjährig
  • Kurzinfo: An dieser Etappe scheiden sich die Geister. Das Hohe Venn ist grundsätzlich wunderschön, doch verläuft der ausgeschilderte Eifelsteig hier gnadenlos geradeaus durch einen der eher unspektakulären Abschnitte des Venns. Wer es sich zutraut, kann auch zwischen dem Reinartzhof und dem Steling auf abseits gelegenen Pfaden durch die Moorlandschaft wandern. Als Tipp wäre hier die etwas südlichere Route entlang des Brackvenns zur Kaiser Karls Bettstatt zu empfehlen. Am Ende der Etappe wartet dann ein Stadtspaziergang durch Monschau.

Hier geht es zur Eifelsteig – Etappe 1 von Kornelimünster nach Roetgen

Wegbeschreibung:

An dem kleinen Informationshäuschen starten wir in die zweite Etappe des Eifelsteigs und wenden uns in den nahe gelegenen Postweg. Auf diesem passieren wir die Roetgen-Therme und biegen gleich dahinter nach rechts in die Wintergrünstraße ein. Kurz darauf unterqueren wir die Vennbahntrasse, was zu der seltsamen Konstellation führt, dass wir zwar in Deutschland stehen, über unseren Köpfen jedoch belgisches Staatsgebiet verläuft. Ein Kuriosum, das in dieser oder ähnlicher Form nicht so oft auf der Welt anzutreffen ist. Gleich hinter der Brücke biegen wir links ab und folgen wenige Meter dem Grenzverlauf bis sich unser Wanderweg von der Vennbahntrasse entfernt. Umgeben von hohen Bäumen überqueren wir wenig später die Weser.

Wo Werra und Fulda sich küssen, da entsteht die 121 Kilometer lange Weser – allerdings im niedersächsischen Hann.Münden, um nach der Durchquerung Bremens in die Nordsee zu münden. Dass es einen zweiten Fluss mit dem Namen gibt, der es immerhin auf eine Länge von 69 Kilometern bringt, ist deutlich weniger bekannt. Aber das ist auch kein Wunder, denn die hiesige Weser verläuft gerade mal zwei Kilometer auf deutschen Boden. Ihr Ursprung ist hier im Hohen Venn, also im deutschsprachigen Teil Belgiens, wo ein kleines Holzschild auf das Quellgebiet aufmerksam macht. Schon sehr früh überquert sie die Grenze zu einer kurzen Stippvisite nach Deutschland, um dann bei Roetgen nach Belgien zurückzukehren. Bei Eupen wird der Fluss zur Wesertalsperre gestaut, einem der wichtigsten Trinkwasserreservoirs der Region. Anschließend durchquert die Weser den französischsprachigen Teil der Wallonie und mündet im belgischen Lüttich in die Ourthe, kurz bevor diese in die Maas mündet. Auf belgischen Karten wird in der Regel der französischsprachige Name der Weser benutzt: Vesdre.

Mit der Weser verlassen wir zudem vorläufig den Naturpark Hohes Venn-Eifel (Nordeifel), auch wenn sich landschaftlich zunächst nicht viel für uns ändert.

Der Naturpark Hohes Venn-Eifel ist  natürlich nicht mit dem später zu erreichenden Nationalpark Eifel zu verwechseln, schließt diesen aber mit ein. Er ist einer der ältesten und zugleich einer der größten Naturparke in Deutschland. Er wurde 1960 als Naturpark festgelegt und umfasst eine Größe von 2.700 qm. Damit ist er zwar ähnlich groß wie der Naturpark Teutoburger Wald oder der Bayerische Wald, allerdings liegt rund ein Drittel des Parks auf belgischer Seite. Doch damit wird er unter den über 100 Naturparks in Deutschland einmalig, denn kein anderer Naturpark erstreckt sich gleich über zwei Bundesländer (Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen) und einem weiteren Staat. Er besteht aus sechs Gebieten, die da wären die Hocheifel, die Kalkeifel, das Ourtal, das Vennvorland, die Rureifel und natürlich als Highlight das Hohe Venn. Neben den Regionen und zahlreichen kleinen Ortschaften, die den Charakter des Naturparks ausmachen, beherbergt er zudem noch 14 Stauseen, die zahlreiche Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten offenbaren.

Zunächst gehen wir geradeaus zu einem quer verlaufenden Wirtschaftsweg, biegen an diesem nach links ab und gehen gleich an der ersten Möglichkeit nach rechts. An Feldern vorbei treffen wir nach einiger Zeit auf die Mühlenstraße, biegen erneut links ab und folgen ihr bis zu den Wohnhäusern, die wir bereits seit längerer Zeit im Blickfeld haben. Sie gehören zum Roetgener Ortsteil Schwerzfeld und sind uns ein Zeichen erneut nach rechts abzubiegen. Vor der Hausnummer 87 verlassen wir die Straße und tauchen in einen Wald ein. Die Besonderheit an Schwerzfeld liegt darin, dass der Ortsteil eine Sackgasse und auf drei Seiten von belgischem Boden umgeben ist. Und so kommt es, dass wir hier zum ersten Mal auf dem Eifelsteig belgischen Boden betreten – wenn man die Vennbahntrasse außer Acht lässt. Anscheinend kann sich der Eifelsteig jedoch noch nicht so richtig entscheiden, ob er auf deutschen oder belgischen Boden verlaufen soll und so wechseln wir noch einige Mal die Grenze, bleiben jedoch einige Zeit am Waldrand.

Ein wenig weckt dieser Grenzverlauf den Eindruck, dass Belgien zu unserer Rechten dicht bewaldet ist, während sich links die landwirtschaftlich genutzten Felder Deutschlands befinden. Erst an einem kleinen Feuchtbiotop kehren wir Deutschland vorläufig ganz den Rücken und biegen nach rechts in den Wald ein.

Geradeaus passieren wir einen Abzweig, gelangen zu einer T-Kreuzung und wenden uns an dieser nach links. Durch eine Rechtskurve erreichen wir eine Kreuzung, die wir überqueren und wo wir gleich darauf noch über eine Brücke den Steinbach passieren. Ein kleiner Picknickplatz lädt uns zu einer Pause ein. Wer will, kann an der Kreuzung kurz nach links abbiegen und gelangt nach wenigen Metern zu einem Trinkwasserspeicher des Weser-Umflutkanals. Dieser Umflutkanal wurde in den 1960er-Jahren geschaffen, um das Wasser der Weser abzuleiten, durch den kleineren Steinbach fließen zu lassen und später wieder der Weser zuzuführen. Damit fließt also ein großer Teil des Weser-Wassers nicht durch das deutsche Roetgen, sondern verbleibt durch diese Maßnahme auf belgischem Staatsgebiet, wo es hier an der Kreuzung noch einen kleinen Trinkwasserspeicher bildet. Es gab aber in der Vergangenheit bereits Überlegungen, den rund zweieinhalb Kilometer langen Kanal wieder aufzufüllen, um den Naturschutz zu bewahren.

Wir bleiben dem Eifelsteig jedoch treu und wandern weiter geradeaus, bis uns nach einiger Zeit ein nach halblinks führender Weg an einem Wegekreuz vorbei geleitet. Es wurde im Jahr 1918 von der Familie Braun gestiftet und trägt die folgende Inschrift:
„Wanderer sei eingedenk der Abgeschiedenen die in dieser Einsamkeit gelebt. Mein Jesus Barmherzigkeit süsses Herz Maria sei meine Rettung. Ehre Ihrem Andenken. Friede Ihrer Asche.“

Wenig später treffen wir auf das Areal des ehemaligen Reinartzhofes, wo es einen weiteren Gedenkstein zu lesen gibt und Hinweistafeln über den Hof informieren.

Schon vor 700 bis 900 Jahren war der Reinartzhof ein wichtiger Kreuzungspunkt für Verbindungen zwischen Aachen, Ameln und Monschau. Wer hier in dieser Abgeschiedenheit lebte, wollte vermutlich seine Ruhe haben – und hatte sie dennoch nicht. Denn in der Regel lebte man hier als sogenannter Rufer, die verirrten Pilgern und Wanderern akustisch den Weg wiesen. Und trotz aller Einsamkeit waren auch hier politische Großereignisse zu spüren. So wurde der Hof zum Beispiel während des Dreißigjährigen Krieges komplett zerstört, anschließend aber wieder aufgebaut. Dieser fiel dann einem Feuer im 19. Jahrhundert zum Opfer. Das bis heute endgültige Aus vom Reinartzhof kam Mitte des 20. Jahrhunderts, als aus Gründen des Trinkwasserschutzes die letzten Bewohner den Hof verlassen mussten. Die Häuser des Hofs wurden bis auf die wenigen Grundmauern zerstört.

Hinter den Überresten des Reinhartzhofs wenden wir uns nach links und wandern auf dem schnurgeraden Weg durch den Wald. Noch sieht der Weg recht unscheinbar aus, doch das ändert sich schon bald, wenn sich der Wald lichtet und sich vor uns ein Teil des Hohen Venns ausbreitet.

Das Hohe Venn ist zweifellos der Höhepunkt im Naturpark Hohes Venn-Eifel. Es befindet sich zum größten Teil auf belgischer Seite und beherbergt gleichzeitig den höchsten Punkt des Landes. Die Bezeichnung Venn (franz. Vagnes) leitet sich vom niederländischen Veen ab und steht für Moor. Und dass sich das Hohe Venn mit zahlreichen Mooren präsentiert, wird einem schnell klar, wenn man die bis zu 700 Meter hohe Hochfläche betritt. Das Venn liegt im nördlichen Bereich der Ardennen und geht vom belgischen Tiefland aus direkt in die Höhe, womit es den starken Westwinden ausgesetzt ist. Das wiederum macht das Hohe Venn zu einer rauen und in der näheren Region einzigarten Landschaft, die sich sogar dann noch als verschneite Winterlandschaft präsentiert, wenn man zwischen Aachen und Köln bei deutlich milderen Temperaturen spazieren gehen kann. Durch die Moore und die Witterung trifft man selbstverständlich auch auf eine ganz bestimmte Flora und Fauna, die den Wasserreichtum im Boden schätzt. So leben Luchse und Biber zwischen Wollgras, Moosbeere und Sonnentau. Gleichzeitig ist das Hohe Venn aber auch besonders schützenswert und daher in vier Schutzzonen aufgeteilt, die deutlich mit Schildern abgegrenzt sind. In Zone A darf sich jeder frei bewegen, in Zone B sind beispielsweise Hunde nicht zugelassen und Wege dürfen nicht verlassen werden. Zone C kann nur im Rahmen von Führungen mit anerkannten Naturführern betreten werden und Zone D ist komplett der Natur überlassen, in der niemand etwas zu suchen hat. Dennoch gibt es keinen Anlass zur Sorge, dass man eingeschränkt wird. Das Hohe Venn ist groß genug, um zahlreiche Wandermöglichkeiten zu bieten. Die meisten Wanderwege führen über Stock und Stein oder auf Forstwegen durch die Wälder rund um die Moore. Doch ein wesentlicher Teil der Wege führt auf Holzstegen durch die Moorlandschaft, die selbstverständlich nicht berührt, geschweige denn betreten werden sollte. Den wenigsten Niederschlag hat das Hohe Venn für gewöhnlich im Frühjahr und so ist es kein Wunder, dass es im April 2011 zu einem schweren Brand kam, der rund 10 Quadratkilometer Fläche in unmittelbarer Nähe zum Baraque Michel zerstörte. Nicht nur die Landschaft wurde stark zerstört, sondern auch die Holzstege, die erst im Laufe der folgenden Jahre ersetzt wurde.

Auf dem sogenannten Pilgerweg wandern wir geradeaus auf dem asphaltierten Weg. Zu unserer Rechten breitet sich das Allgemeine Venn aus, während zu unser Linken das Imgenbroicher Venn zu sehen ist. Die nahe gelegene und bereits zu Monschau gehörende Ortschaft Imgenbroich ist natürlich der Namensgeber für diesen Bereich des Hohen Venns. Gelegentlich wird es aber auch als Steinley-Venn bezeichnet. In diesem entspringt die bereits erwähnte Weser. Beinahe jede Moorfläche im Hohen Venn trägt einen Eigennamen. Und wo wir gerade bei Namen sind: Die Wortendung Broich steht für Bruch bzw. Moor, womit Imgenbroich seine geografische Lage schon mit dem Namen erläutert. Besonders beeindruckend sind die Palsen, die man allerdings nicht immer deutlich erkennt. Man muss manchmal schon etwas genauer hinschauen, um Palsen zu erkennen und man sollte vorher auch wissen, was man da eigentlich erkennen möchte.

Bei Palsen, in der Einzahl Palsa, handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um Bodenvertiefungen, die im Laufe einer langen Periode entstanden sind. Sie treten fast nur in Mooren auf und entstanden durch die Ansammlung von Eiskristallen in der letzten Kaltzeit. Diese bildeten durch den Permafrostboden linsenförmige Eisflächen, die wiederum von einer Erdschicht bzw. Moorschicht überlagert waren und sich zunächst als kleine Hügel zeigen. Durch die Erwärmung tauen die obersten Schichten dieser Eislinse auf, was dazu führt, dass die Erdschicht langsam nach außen rutscht. Das beschleunigt wiederum das weitere Schmelzen der Eislinse, sodass später nur noch eine kreis- oder ovalförmige Mulde verbleibt, die mit Wasser gefüllt und von einem kleinen Erdwall umgeben ist. Mit der Zeit verlandet die Mulde und wird Teil des Moores, das Palsa. Da bei der Entstehung von Palsen Permafrostboden vonnöten ist, findet man diese heute überwiegend im nördlichen Raum, also in Alaska, Sibirien und Island.

Während der Wanderung durch das Venn passieren wir das Arnoldskreuz und kurz darauf das Bilfingerkreuz. Sie sind nur zwei von vielen Vennkreuzen, die eine spannende Geschichte zu erzählen haben.

Bei einer Wanderung durch das Hohe Venn kommt man nicht um das Thema Vennkreuze umhin. Sie gehören mit ihren tragischen Geschichten genauso zu den Mooren wie die Feuchtigkeit und die Holzstege. So befindet sich in direkter Nachbarschaft zur noch jungen Rur zum Beispiel das Russenkreuz. Es erinnert an ein Gefangenenlager aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem sowjetische Soldaten festgehalten wurden. Mit dem ebenfalls nicht weit vom Russenkreuz entfernten Lothringer Kreuz wird an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus erinnert. Ein weiteres Kreuz gedenkt der amerikanischen Bomberpiloten, die während des Zweiten Weltkrieges über dem Hohen Venn abgestürzt sind. Das bekannteste und zugleich auch auf eine tragische Art wohl romantischste Kreuz dürfte das Kreuz der Verlobten sein. Ein junges, verliebtes Paar machte sich im eisigen Januar des Jahres 1871 auf den Weg von Jalhay nach Xhoffraix, wo sie die notwendigen Dokumente für ihre anstehende Hochzeit einholen wollten. Die Strecke ist rund 20 Kilometer lang und Wanderwege bzw. wärmende Kleidung, wie wir sie heute kennen, sind nicht vorhanden. Früh wird es dunkel, es ist bitterkalt und der hohe Schnee zehrt an den Kräften. Die Braut, Maria-Josepha Solheid, bricht irgendwann vor Erschöpfung zusammen und ihr ebenfalls entkräfteter Bräutigam Franois Reiff nimmt unter Tränen an, dass seine Verlobte gestorben sei. Er versucht, den Rückweg anzutreten, kommt aber in Jalhay nie an, während Maria erwacht und mit letzten Kräften versucht, weiter zu ziehen. Weniger als zwei Kilometer vom Baraque Michel, die bekannteste Herberge im Venn, bricht sie erneut zusammen und stirbt. Erst zwei Monate später werden nach der Schneeschmelze ihre toten Körper gefunden, die rund zwei Kilometer entfernt voneinander lagen. Acuh das Arnoldskreuz und das Bilfingerkreuz erinnern an verstorbene Personen. Arnold Müllenmeister war der sogenannte Burgvogt von Conzen, der Mitte des 18. Jahrhunderts an dieser Stelle unerwartet verstarb, während das Bilfingerkreuz an einen deutschen Jagdflieger erinnert, der im Sommer 1944 mit seinem Flugzeug in das Moor stürzte.

Die weitläufige Moorlandschaft lassen wir zwar an der Stelinghütte hinter uns, haben aber hier einen idealen Unterstand für eine Wanderpause gefunden und können auf das Venn zurückblicken. Eine kleine Tafel informiert uns, dass wir hier mittlerweile auf einer Höhe von exakt 600 Metern befinden.

Anschließend bleiben wir weiter geradeaus, folgen dem sanft aufwärts führenden Weg und stoßen auf den Stelingsberg mit insgesamt 658 Metern Höhe.

Damit haben wir den höchsten Punkt auf unserer Wanderung in Belgien erreicht, der jedoch nicht der höchste Punkt Belgiens ist. Dieser befindet sich jedoch auch im Hohen Venn und ist mit seinen 694 Metern der Baita Hügel am Signal de Botrange, 12 Kilometer weiter südwestlich gelegen. Wer die Zeit aufbringen kann, sollte zwischen den Eifelsteig-Etappen unbedingt einen Ausflug dorthin einlegen. Nicht weit vom Signal de Botrange entfernt befindet sich ein Naturparkzentrum mit zahlreichen Informationen zur Landschaft und den dortigen Wandermöglichkeiten. Nur einen Katzensprung entfernt befindet sich zum Beispiel Mont Rigi, der einen Rundwanderweg auf Holzstegen durch das Venn bereithält. [2024: Dieser Holzsteg ist schon seit langer Zeit nicht mehr existent]. Dieser kann als interessante Einsteigerrunde für Vennwanderungen genutzt werden und ist auch schnell von der legendären Baraque Michel aus erreichbar. Auch Signal de Botrange bietet zahlreiche Ausblicke und nicht ganz ohne Stolz erfährt man in der dortigen kleinen Tourismusinformation, dass man sich dort im höchstgelegenen Büro Belgiens befände. Ohnehin erfährt man, dass Belgien viel an diesem höchsten Punkt gelegen ist. Denn die fehlenden sechs Meter zur 700-Meter-Marke wurden durch einen künstlich aufgeschütteten Hügel mit einer Treppe, benannt nach dem einstigen Generalleutnant Herman Baita, erreicht. Noch ein wenig höher hinaus ragt der Sendeturm aus dem Jahr 1934. Neueste Planungen sehen sogar vor, einen 50 Meter hohen Turm zu errichten, der dann einen Blick bis zum Kölner Dom ermöglichen würde.

Gleichzeitig lassen wir Belgien damit schon wieder hinter uns, wie wir an den kleinen Grenzsteinen am Wegesrand erkennen können. Wir biegen rechts ab und erkennen schon bald eine kleine eingezäunte Wetterstation, gleich gegenüber einer Sitzbank mit Wegekreuz. An der Wetterstation gehen wir vorbei, durch eine Linkskurve hindurch und passieren den Grenzstein mit der Nummer 729. Das Landschaftsbild ist nun wieder ähnlich wie bei Schwerzfeld. Linker Hand sehen wir wieder deutsche Landwirtschaft, während sich zu unserer Rechten die Bäume Belgiens erheben.

Dem kurvigen Grenzverlauf folgen wir einige Zeit, bis wir hinter dem Grenzstein 723 rechts einen Blick auf Kaiser-Karls Bettstatt werfen können. Kaiser-Karls-Bettstatt ist erst einmal ein Quarzitblock, rund fünf Meter lang und zwei Meter breit. Zusammen mit einem kleineren, benachbarten Stein sind diese beiden Findlinge die wohl ältesten Naturelemente der Region. Sie stammen vermutlich aus dem Zeitalter des Kambriums und dürften um die 600 Millionen Jahre alt sein. Möglicherweise wurden sie bereits vor der Zeitenwende als Kult- oder Opferstätte genutzt. Ein erstes Mal erwähnt wurden sie jedoch tatsächlich im 13. Jahrhundert als Grenzstein. Doch seinen kaiserlichen Namen erhielt er auf Grund einer Sage. So soll Karl der Große einen Jagdausflug unternommen haben und sich im Venn verirrt haben. Als Schlafplatz für eine Nacht soll er sich eben diesen alten Findling ausgesucht haben, der in seiner Form tatsächlich auch als Liege herhalten könnte und so zu seinem Namen kam.

Hinter dem sagenhaften Schlafplatz des Kaisers entfernen wir uns langsam wieder von der Grenze, wandern auf dem Eifelsteig und gelangen zu einem Abzweig, wo wir uns an einem Baumtelefon versuchen und einen kleinen Aussichtsturm erklimmen können. Wir biegen hinter dem Baumtelefon zwar links ab, doch es lohnt sich auch noch ein kleiner Abstecher nach rechts. Nach nur einhundert Metern folgt ein Holzsteg, der rechts in ein weiteres, kleines Moor hineinführt und einen schönen Einblick in die Vennlandschaft mit ihren Palsen ermöglicht.

Zurück zum Aussichtsturm folgen wir dem Eifelsteig und gelangen zu den ersten Häusern von Mützenich. Auch die Namensgebung von Mützenich wird gerne mit Kaiser Karl dem Großen in Verbindung gebracht. Als er nämlich auf dem Findling an der belgischen Grenze zur Ruhe legte, haben ihm seine Diener einen Hut gereicht, um ihn vor der Kälte zu schützen. Doch Kaiser Karl soll mit einer abwehrenden Handbewegung gesagt haben: Mütze nich‘, womit der kleine Ort seinen Namen erhielt – so die gerne erzählte Legende. Keine Legende, sondern eine Tatsache ist, dass man sich beim Aufenthalt in Mützenich zwar in Deutschland befindet, aber man jedes Mal eine Grenze überqueren möchte, um einen anderen Teil Deutschlands besuchen zu wollen. Mützenich ist eine von mehreren Exklaven, die durch die Vennbahntrasse entstanden. Traurige Berühmtheit erhielt der Ort in der Nachkriegszeit bis in die 1950er-Jahre aus Gründen, die heute nur noch Staunen hervorbringen. Der Krieg war gerade erst zu Ende, als sich eine neue Front bildete, die sogenannte Kaffeefront. Zahlreiche Bürger zog es über die damals noch gesicherte Grenze nach Belgien, um dort in großen Massen günstig Kaffee einzukaufen und nach Deutschland zu schmuggeln, wo eine extrem hohe Kaffeesteuer das Getränk fast unbezahlbar machte. Die Kaffeebohnen wurden in allen möglichen Gegenständen, vom Krankenwagen bis zur Beinprothese in ganz großem Stil geschmuggelt. Der Zoll schaffte sich, einmalig in der deutschen Geschichte, sogar zwei Porsche-Pkw an, um die schnelleren Fahrzeuge der Schmuggler einholen zu können. Vor den Reifen installierte man Stahlbürsten, um sogenannte Krähenfüße auf der Straße zu beseitigen. Diese wurden von den Schmugglern auf den Straßen ausgelegt, damit die Reifen ihrer Verfolger zerstört werden. Im Sprachgebrauch erhielten die Zollfahrzeuge daher den Namen Besenporsche. So anekdotenreich die Zeit damals zwar war, in der die Beteiligten meistens im selben Ort lebten oder sogar miteinander verwandt waren, so gefährlich war sie aber auch und es kann schon von einem Kleinkrieg zwischen Zoll und Schmugglern gesprochen werden. So gab es nämlich, heute unfassbar, einen Schießbefehl, der zu mehreren Toten und vielen Verletzten führte. Außerdem wurden zahlreiche Schmuggler angeklagt, alleine 45 stammten aus Mützenich. Das waren so viele für den kleinen Ort, dass selbst der örtliche Fußballverein absteigen musste, weil ein Großteil der Spieler im Gefängnis saß – wegen zu teurem Kaffee.

Wir biegen links in die Straße Im Brand ab, wenden uns schon bald nach rechts in die Reinertzgasse und folgen dieser bis zur Straße Im Zäunchen. Während wir durch Mützenich wandern, sehen wir auf der linken Seite die Dorfkirche St. Bartholomäus, die Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde, bleiben aber geradeaus. An einem Abzweig folgen wir dem Weg nach links in die Straße In den Benden, die wenig später in den Weg mit dem morbiden Namen Leichengasse übergeht. Beim Verlassen von Mützenich stoßen wir auf den schmalen Fluss Kleiner Laufenbach, folgen diesem nach rechts und wandern bergab bis wir abermals die Vennbahntrasse erreichen. Damit verlassen wir die Exklave, betreten wieder einmal belgischen Boden und überqueren den heutigen Radweg. Ein letztes Mal auf dem gesamten Eifelsteig befanden wir uns damit im Ausland und folgen nun fortan auf deutschem Boden weiterhin dem kleinen Bach. An einem Schulgelände vorbei gelangen wir zu einer Bundesstraße und spüren bereits, dass wir uns dem Etappenziel, nämlich der Ortschaft Monschau nähern.

Wir überqueren die Bundesstraße, achten weiterhin auf die Ausschilderung und erreichen über die Straße Unterer Kalk den Eselsturm, das Schlossgelände und letztendlich die idyllische Altstadt von Monschau.

Weiter geht es mit der Eifelsteig – Etappe 3 von Monschau nach Einruhr

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


Die Weltenbummler – ältester deutschsprachiger Reiseblog (seit 2000)

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