Die Opfer der Titanic auf dem Friedhof in Halifax

Vor über zehn Jahren schrieb ich bereits einen Blog-Beitrag, den ich „auf den Spuren der Titanic“ titelte. Darin ging es um die Gedenkstätten im südenglischen Southampton und um das überragende Titanic-Museum in Belfast, Nordirland. Einige Jahre später reisten wir mit dem Oceanliner Queen Mary 2 selbst von Southampton nach New York.

Die Queen Mary 2 ist kein klassisches Kreuzfahrtschiff, sondern der aktuell letzte aktive Transatlantikliner. So kommt es nicht von ungefähr, dass man auch auf diesem Schiff immer wieder auf das Thema Titanic stößt. Mittlerweile haben wir den Atlantik schon einige Male in beide Richtungen mit der Queen Mary 2 überquert und freuen uns jedes Mal schon auf das nächste Mal.

Bei zwei der USA-Reisen begaben wir uns auch zum Hudson River, wo die Überlebenden der Titanic einst von Bord der sie rettenden Carpathia gingen. Von dem einstigen Pier 54 ist heute nicht mehr viel übrig. Im Wasser selbst wurde die sehr schöne Grünanlage Little Island installiert und am Ufer erhebt sich noch der Torbogen, auf dem einst Cunard bzw. Cunardline gestanden haben muss. Man zwar noch einige Lettern erkennen, aber der Schriftzug ist nicht mehr lesbar, auch weil der Schriftzug im Laufe der Jahre geändert wurde. Ankommen sollte die Titanic an Pier 59, an dem aber nichts an die Titanic erinnert.

Abgesehen von einer Atlantiküberquerung mit dem Ocean Liner und den Erinnerungen an die Titanic in New York will ich mit diesem Beitrag aber einen Blick nach Halifax werfen. Dort, in Kanada, gibt es am Hafen das Maritime Museum. Es behandelt so ziemlich alles, was den Atlantik betrifft und so gibt es also auch einen Bereich über die Cunard Gesellschaft und einen über die Titanic.

Der Cunard-Bereich gehört alleine schon deshalb zu Halifax, weil der Gründer der Reederei, Samuel Cunard, als Halifax stammt. Die Titanic-Ausstellung ist in ihrer Größe bei Weitem nicht mit dem Museum in Belfast vergleichbar. Kein Wunder, hier ist es eben nur der Teil eines maritimen Museums. Aber trotzdem sehr sehenswert und interessant. Wer sich aber für die Titanic interessiert und sich in Halifax aufhält, wird in der Regel aber auch noch zu einem ganz anderen Ort in der Stadt fahren.

Der Fairview Lawn Friedhof im gleichnamigen Ortsteil beherbergt nämlich 121 Gräber von Opfern der Titanic, die geborgen werden konnten. Weitere Gräber gibt es auf dem katholischen Mount Olivet Friedhof sowie auf dem jüdischen Baron de Hirsch Friedhof. Die Grabstätten auf dem Fairview Friedhof erreicht man am besten über den Südeingang an der Chisholm Avenue. Dort hält man sich halblinks und schon hat man nach gut 100 Metern die drei Grabreihen für die Titanic-Opfer erreicht. Übersehen kann man sie nicht, denn ein Schild und eine Infotafeln weisen auch nochmal extra daraufhin.

Es ist auch nicht auszuschließen, dass dort schon andere Friedhofsbesucher unterwegs sind, denn es gibt sogar geführte Touren zu den Gräbern. Die drei Grabreihen laufen aufeinander zu und es es scheint, als würden sie den Bug eines Schiffes bilden. Doch das ist eher zufällig und begründet sich durch den leicht hügeligen Verlauf des Bodens.

Eigentlich handelt es sich sogar um vier Grabreihen, doch eine der Reihen endet bereits nach fünf Gräbern. Die Grabsteine sind fast alle ziemlich identisch. Die auf der Oberfläche etwas abgeschrägten Quader sind graviert mit dem Namen, dem Wort „Died“ sowie dem Datum des 15. April 1912. In der unteren Zeile steht außerdem eine Ziffernfolge. Dabei handelt es sich um die Nummer, die von den bergenden Menschen am Unglücksort chronologisch vergeben wurde.

Und dann gibt es wiederum Grabsteine, die etwas aus dieser einheitlichen Rolle rausfallen. Da wären die wenigen Steine, die deutlich größer sind und eine längere Inschrift tragen. Sie wurden oft von den wohlhabenden Angehörigen aufgestellt und geben ein wenig mehr Aufschluss über den Verunglückten. Andererseits gibt es Grabsteine, auf denen der Name der bestatteten Person nicht eingraviert ist. Hierbei handelt es sich um Verstorbene, die nicht identifiziert werden können. Wie nah diese beiden Arten von Grabsteinen zusammenliegen können, zeigt das Grab von Arthur Gorden McCrae. Er war Australier auf dem Weg nach Kanada und liegt unter dem größten Grabstein an der Gedenkstätte begraben. Dieses besteht aus einem mannshohen Kreuz mit umfangreicher Inschrift. Gleich links daneben befindet sich das Grab eines unbekannten Titanic-Opfers mit der Nummer 134.

An anderer Stelle wurde einst ein relativ großer Grabstein aufgestellt, der an ein unbekanntes Kind erinnerte. Im Jahr 2007, also fast ein Jahrhundert nach dem Untergang der Titanic, konnte anhand von DNA-Tests festgestellt werden, dass es sich um das eineinhalb Jahre alte Kind Sidney Leslie Goodwin handelte. An diesem Grab wurde später eine weitere Tafel mit seinem Namen angebracht. Heute liegen hier oft noch Blumen und Spielzeug.

Blumen findet man zuweilen aber auch am Grab eines gewissen J. Dawson. So lautet zumindest die Inschrift. Einen regelrechten Hype auf dieses Grab gab es Ende der 1990er-Jahre durch die berühmteste und erfolgreiche Titanic-Verfilmung von James Cameron. Hauptdarsteller war Leonardo DiCaprio, der einen Jack Dawson spielte. Viele Besucher kamen zum Fairfield Lawn Friedhof, um eben dieses Grab sehen zu können. Doch es gab natürlich keinen Jack Dawson an Bord der Titanic. Das Grab gehört zu einem Joe Dawson.

Wer also auf den Spuren der Titanic unterwegs sein möchte, kommt an einen Besuch dieses Friedhofs nicht vorbei.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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