Manche Reisen nehmen einen seltsamen Verlauf. Bei dieser Reise fand der seltsame Verlauf jedoch während unserer diesjährigen Wohnmobiltour zum Nordkap statt. Denn als wir am Nordkap ankamen, sahen wir dort ein Schiff der Holland America Line und wurden ein wenig neugierig. Nicht nur das, denn als wir am berühmten Nordkap-Globus standen, schauten wir auf das Meer hinab und dachten beim Vorbeifahren des Schiffs, dass es auch ganz angenehm wäre, nun an Bord zu sein. Als wir uns später ins Wohnmobil zurückzogen, blätterten wir durch die Seite von Holland America Line und baten um einen Rückruf der Gesellschaft, weil wir vor der Buchung noch eine Frage hatten. Der Rückruf kam am ersten Werktag, als wir gerade kurz vor der Eismeerstraße in Nordostnorwegen unterwegs waren. Zack – und während des Telefonats am Rande einer norwegischen Landstraße buchten wir also eine Schiffsreise mit der MS Rotterdam.

Der Grund für die Buchung war aber auch, dass diese Reise in Rotterdam starten würde und wir annahmen, dass wir die kurze Anfahrt mit dem Auto zurücklegen könnten. Wir vertrauten darauf, dass wir unseren Wagen für die Zeit der Schiffsreise dort am Hafen sicher abstellen könnten. Im Jahr zuvor funktionierte das nämlich in Southampton wunderbar, als wir mit der Disney Dream ein paar Tage unterwegs waren. Doch später sollte sich herausstellen, dass es nicht so einfach ist, am Cruise Terminal Rotterdam den Wagen für einige Tage zu parken. Es gibt zwar Möglichkeiten, aber denen vertrauten wir nicht wirklich, weil sie frei zugänglich und nicht überwacht waren. Worauf wir natürlich keine Lust gehabt hätten, wäre eine eingeschlagene Scheibe oder schlimmeres, wenn wir nach einer entspannten Schiffsreise mit dem Auto nach Hause wollten.

Also entschieden wir uns dann doch lieber für die Bahnfahrt nach Rotterdam. Das bedeutete allerdings, dass wir auch eine Hotelübernachtung in Rotterdam benötigten. Denn morgens in Nordkirchen abfahren und noch am selben Tag pünktlich in Rotterdam ankommen, ist fast unmöglich. Und mit der Deutschen Bahn wäre das pure Magie. Also buchten wir ein Zugticket für den Tag der Deutschen Einheit mit Umstieg in Münster, Rheine und Hilversum. Das Ganze mit Flexticket und sogar noch eine Regionalbahn früher als notwendig, weil die RB50 zwischen Dortmund und Münster absolut unzuverlässig ist.
Wettersorgen und Ankunft in Rotterdam
Das wiederum brachte uns einen längeren Aufenthalt in Rheine ein, den wir damit verbrachten, mitsamt der beiden Koffer gemütlich durch die menschenleere Innenstadt zu spazieren. Es war ja Feiertag und kaum jemand war unterwegs. So begaben wir uns zu Fuß über die Ems hinweg bis zur St. Antonius-Basilika und warfen dort einen Blick in die Kirche. Insbesondere Moni hat einen großen Bezug zum heiligen Antonius von Padua und so passte der Besuch sehr gut. Der Rest der Anreise verlief ebenfalls völlig problemfrei und so kamen wir am Nachmittag am Bahnhof von Rotterdam an.

Das Wetter war bis dahin relativ gnädig zu uns, denn es war ein schwerer Sturm angekündigt. Doch wir blieben bis dahin halbwegs trocken. Allerdings machte uns die Wettervorhersage ein wenig Sorge, da der Sturm genau auf unserer Route über die Nordsee ziehen würde. Aber wir vertrauten darauf, dass der Kapitän und die Besatzung wissen würden, was zu tun sei. Wir gingen zunächst zu unserer Unterkunft, dem zentral gelegenen Ibis-Hotel in der Straße Wijnhaven. In dem Hotel hatten wir schon sieben Jahre zuvor genächtigt, als wir mit der Queen Elizabeth nach Island reisten. Bei der Planung für die diesjährige Reise hatten wir auch andere Hotels in die Auswahl genommen, doch eigentlich konnten wir uns nicht daran erinnern, dass wir schlechte Erfahrungen mit dem Ibis-Hotel gemacht hätten.




Und so war es auch dieses Mal. Es lief im Hotel alles wunderbar glatt. Der Check-In dauerte keine drei Minuten und schon bekamen wir unsere Zimmerkarten und konnten unsere Koffer dort deponieren. Da es noch nicht wirklich spät war, zogen wir natürlich nochmal los und spazierten durch Rotterdam. Die Stadt ist uns natürlich bestens bekannt. Nicht nur durch den erwähnten Aufenthalt vor unserer Islandreise, sondern auch durch den von uns verfassten Reiseführer über die Niederlande. Außerdem waren wir erst Anfang des Jahres vor Ort, als wir mit der Queen Victoria einen Landgang in Rotterdam hatten.
Ein wenig schlemmen in der Markthalle von Rotterdam
Unser erster Weg führte uns zur berühmten Markthalle. Nicht nur, weil sie immer interessant ist, anzuschauen, sondern auch schlicht, um etwas zu essen. Das Luxusproblem bei der Markthalle ist jedoch, dass es schwer fällt, bei der großen und vielfältigen Auswahl, eine Entscheidung zu treffen. So nahmen wir uns jeder als eine Art Vorspeise eine kleine Empanada und entschieden uns schließlich für gebackene Thunfisch-Toastbrote, die uns echt satt machten. Eigentlich schade, denn wir hätten gerne noch die anderen Leckereien probiert. Aber irgendwann muss ja mal gut sein. Wir kauften noch schnell Getränke bei Albert Heijn, leckere portugiesische Pastel de Nata für später und brachten das alles ins Hotelzimmer. Danach war es immer noch früh genug, um ein wenig durch die Geschäfte zu schlendern. Dabei kam mir ganz spontan in den Sinn, mir neue Schuhe zu kaufen.

Ausgerechnet jetzt musste mir einfallen, dass meine alten Schuhe nicht mehr ganz das Gelbe vom Ei sind. Aber gut, besser jetzt als am nächsten Tag an Bord des Schiffes. Also schnell das Schuhwerk gewechselt, noch ein bisschen in den anderen Geschäften gestöbert und dann im mittlerweile strömenden Regen schnell ins halbwegs gemütliche Hotelzimmer zurück.



Der nächste Morgen sah interessanterweise erfreulicher aus. Es war zwar noch stark windig, aber es regnete nicht. Zum Glück, denn wir wollten natürlich unsere Koffer nicht plätschnass sehen. Sogar der Himmel zeigte sich stellenweise mit blauer Farbe – sehr angenehm. Der Check-Out ging noch schneller als der Check-In und so hatten wir das Hotel positiv in Erinnerung. Knappe zwei Kilometer Fußweg sind es vom Hotel bis zum Cruise Terminal, also keine halbe Stunde Spaziergang und zuvor gelangt man sowieso noch zur Erasmusbrücke, die einen prächtigen Blick auf das Schiff ermöglicht.
Wir gehen an Bord
Hier sahen wir die MS Rotterdam also nun zum ersten Mal und sie machte einen guten Eindruck. Dieser Eindruck setzte sich durchgehend fort, um das mal vorweg zu nehmen. Wir schlenderten entspannt zum Eingang des Terminals und gaben dort unseren großen Koffer ab. Dieser Vorgang wirkte schon mal professionell organisiert und gleich im Anschluss konnten wir in das Gebäude hinein. Ein erster Check-In ging auch sehr flott, genauso wie die obligatorische Sicherheitsschleuse. Im nächsten Bereich wurde für die spätere Gesichtserkennung ein Foto von uns gemacht und dann sollten wir uns in den Wartebereich setzen. Meine Güte, wir saßen keine zehn Minuten als unsere Nummer aufgerufen wurde und wir bereits an Bord gehen durften. Das ging flott.

Zum ersten Mal betraten wir also nun ein Schiff der Holland America Line und wussten gar nicht so recht, was uns erwartete. Wir hatten uns dieses Mal nämlich bewusst nicht auf die Reise vorbereitet. Wir wollten uns einfach mal überraschen lassen – so wie damals, als wir mit Cunard und der Queen Mary 2 zum ersten Mal überhaupt auf solch eine Schiffsreise gingen. Auch damals waren wir recht ahnungslos, doch es sollte sich nach zahlreichen Transatlantikfahrten und weiteren Schiffsreisen herausstellen, dass wir deutlich erfahrener wurden. Daher tat es ganz gut, einfach mal völlig unbedarft an die Sache heranzugehen.
Wir kannten Holland America Line nur vom Namen her. Wir sahen zwar mal ein Schiff in Alaska und wir kannten auch das Denkmal für die Auswanderer, die einst mit Holland America Line nach Amerika übersiedelten, doch ansonsten hätten wir bei jedem Quiz über HAL verloren. Wir wussten noch nicht einmal, dass die MS Rotterdam das Flaggschiff der Flotte sei oder gar wie viele Schiffe bei HAL fahren. Aber das alles sollte sich im Laufe der nächsten Tage ändern. Zunächst freuten wir uns auf die drei kommenden Häfen in Norwegen und den Landgang in Schottland. Das war nämlich der Plan: Rotterdam – Seetag – Haugesund (Norwegen) – Eidfjord (Norwegen) – Bergen (Norwegen) – Kirkwall (Schottland) – Seetag – Rotterdam.
Erstmal umschauen, was es auf dem Schiff so alles gibt
Nachdem wir an Bord waren, schauten wir uns nur kurz um und suchten als Erstes unsere Innenkabine 7119 auf. Diese wählten wir damals bei der Buchung in Norwegen bewusst aus, weil über und unter der Kabine keine öffentlichen Bereiche waren. Das versprach Ruhe. Doch als wir die Kabine betraten, fiel uns sofort auf, dass die Kabine gar nicht so ruhig war, wie wir es eigentlich annahmen. Deutlich waren die Maschinen des Schiffs zu hören, doch irgendwie kümmerten wir uns zunächst nicht weiter darum. Denn wie das halt so ist, schaut man sich erstmal in der Kabine um. Und die war gut. Sie war modern eingerichtet und enttäuschte uns überhaupt nicht. Es war für uns soweit erstmal total in Ordnung. Und da wir natürlich ein wenig aufgeregt waren und uns unterhielten bzw. Schränke und Schubladen auf- und zumachten, verdrängten wir die Geräuschkulisse.

Außerdem verließen wir die Kabine auch recht schnell wieder. Denn wir wollten natürlich noch die anderen Bereiche des Schiffs kennenlernen und zudem mussten wir noch unsere Kabinenkarte an der entsprechenden Musterstation abscannen lassen. Damit sind wir unseren Pflichten nachgekommen, um zu wissen, wo unsere Sammelstation für den Fall eines Notfalls ist. Wie das halt so üblich ist, suchten wir natürlich auch das Buffetrestaurant auf. Einerseits will man ja wissen, was einen so erwartet und andererseits wollten wir auch eine Kleinigkeit essen.

Der erste Blick fiel auf die Getränkestationen. Moni war schon mal glücklich, denn es gab heißes Wasser und Teebeutel. Das passte schon mal. Ich hingegen war zunächst nicht ganz so glücklich. Denn von Cunard war ich es gewohnt, dass es auch Säfte an den Selbstbedienungstankstellen gibt. Das fiel hier leider aus. Wir erkannten aber schnell, dass es Säfte gab und zwar wurden diese von den Crew-Mitgliedern an die Tische gebracht. Hm, da wusste ich noch nicht, was ich davon halten sollte, wenn ich jedes Mal meinen geliebten Cranberrysaft bestellen musste. Im Laufe der Reise lief das aber halbwegs gut. Es klappte nicht immer, aber meistens. Ich stellte aber auch fest, dass beim Frühstück an einem der Buffetstände gefüllte Saftgläser (Orange, Cranberry und noch irgendwas) bereitgestellt wurden. Interessanterweise gab es Cranberrysaft aber nur am Vormittag. Ab Mittag erhielt man Limonade, wenn man etwas Kaltes mit Geschmack trinken wollte. Immerhin, auch nicht die schlechteste Wahl. Damit konnte ich mit der Auswahl an gekühlten Getränken gut leben. Alkoholhaltige Getränke und Softdrinks fallen bei uns ja ohnehin aus, hätte man aber natürlich auch bestellen können.
Die erste Planänderung – wir bleiben über Nacht im Hafen
Während wir im Laufe des Nachmittags das Schiff erkundeten und uns auch recht schnell heimisch fühlten, ertönte irgendwann eine Durchsage des Kapitäns. Er stellte sich vor, begrüßte die Passagiere und erläuterte schließlich, dass die stürmische Wetterlage eine Anpassung der Reiseroute erfordern würde. Es wurde beschlossen, dass wir am heutigen Tag den Hafen nicht verlassen würden. Erst am nächsten Morgen würden wir in Rotterdam ablegen, was aber auch bedeutet, dass wir auf den ersten Hafen, Haugesund in Norwegen, verzichten müssten. Das war einerseits ein wenig schade, weil wir uns ausgerechnet auf diesen norwegischen Hafen am meisten gefreut hatten. Aber andererseits waren wir froh, bei dem Wetter im sicheren Hafen zu bleiben. Denn der Sturm war mittlerweile wirklich kein Vergnügen mehr und wir konnten nur erahnen, wie es wohl weit draußen auf der Nordsee sein müsste.

So konnten wir also erstmal ganz entspannt durchatmen und uns auf eine ruhige Nacht freuen. Bis es soweit war, hatten wir aber noch eine Abendshow mit einem britischen Comedian vor uns und natürlich noch das Abendessen im Dining Room. Auf letzteres waren wir sehr gespannt. Weniger wegen der Speisen, weil wir ohnehin annahmen, dass diese vorzüglich sein würden. Sondern vielmehr wegen des Ablaufs. Von Cunard kannten wir feste Tischzeiten und einen festen Tisch mit den selben Personen um uns herum. Auf der Disney Dream erlebten wir das Abendessen völlig ungewöhnlich, denn an den drei Abenden rotierten wir mitsamt den Kellnern von Restaurant zu Restaurant. Das war auch sehr interessant, denn so kamen wir in den Genuss dreier verschiedener Restaurants, die allesamt komplett anderes gestaltet waren. Aber die Kellner blieben eben immer dieselben.

Hier auf der MS Rotterdam hatten wir keine feste Tischzeit oder gar einen festen Tisch. Das lag wohl daran, dass wir relativ spät gebucht hatten. Zumindest hatten wir das so verstanden. Das hieß, wir hatten eine offene Tischwahl zwischen 17 und 21 Uhr. In diesem Zeitraum würden wir irgendeinen Tisch bekommen, wenn wir einfach am Dining Room erscheinen und etwas frei wäre. Wir waren anfangs ein wenig skeptisch, wie das funktionieren würde, konnten uns aber schnell an den Ablauf gewöhnen. Wichtig war uns einfach nur, dass wir einen Tisch für zwei Personen hatten. Wir wollten einfach nicht jeden Abend neue Menschen kennenlernen und mit ihnen über Arbeit, Leben und das Schiff plaudern. Das kann mal okay sein, aber bitte nicht bei jedem Abendessen.
Dinner auf der Rotterdam
So gingen wir also am ersten Abend zum Dining Room, nannten unsere Kabinennummer und den Wunsch, einen Table for two bekommen zu wollen. Das überaus freundliche Personal erwiderte, dass gerade nichts frei sei, aber wir würden einen Pager erhalten, der sich meldet, sobald wir einen Tisch bekommen könnten. Wir stutzen ein wenig, denn solche Pager kennen wir eigentlich nur von Lokalen wie dem Wattkieker in Harlesiel oder ähnlichen Restaurants. Das ist nicht schlimm, aber irgendwie wirkte das auf uns beim ersten Mal etwas ungewöhnlich, will sagen unpassend.

Mit dem Gerät in der Hand zogen wir uns zurück, suchten uns einen Sitzplatz und warteten geduldig. Vielleicht waren gerade einmal 15 Minuten vergangen, als der Pager vibrierte und blinkte – das ging ja eigentlich recht flott. Wir befürchteten schon, dass wir deutlich länger warten müssten. Zur Belohnung für das Warten bekamen wir dann einen wunderschön gelegenen Tisch, den wir zufälligerweise beim Erkunden des Restaurants am Nachmittag schon sahen und uns wünschten. Was für ein Glück. An den anderen Abenden bekamen wir diesen Tisch zwar nicht mehr, aber wir konnten gut mit den anderen Tischen leben und gewöhnten uns auch an die Pager-Geschichte. Den Pager integrierten wir nämlich im Laufe der Reise in unsere Abendroutine. Damit will ich sagen, dass wir den Pager holten, damit zum Abendquiz im BB King’s gingen und am Quiz teilnahmen, um danach essen gehen zu können.

Meistens passte dieser zeitliche Ablauf an den folgenden Abenden sehr gut. Und wenn nicht, dann bekamen wir eben sofort einen Tisch oder verpassten halt einen Teil des Quizzes. Es war eben anders als das, was wir sonst gewohnt waren, aber es war auch völlig in Ordnung. Wir hatten also keinen Grund zu klagen. Bis zu dem Zeitpunkt, als wir am ersten Abend nach der Show des Comedians in unsere Kabine gingen und schlafen wollten.
An Schlaf ist nicht zu denken – die Kabine ist zu laut
Der Geräuschpegel war immer noch recht hoch und wir wunderten uns ein wenig. Wir versuchten auch, es uns schön zu reden, indem es ein gleichbleibender Lärm war. Also kein Klopfen, Scheppern, Krachen, sondern ein lautes monotones Motoren- bzw. Maschinengeräusch. Wir konnten uns nur nicht erklären, wo es herkam, denn in anderen Bereichen des Schiffs hatten wir das nicht gehört bzw. wahrgenommen. Man konnte in der Kabine sogar Vibrationen spüren, die anderswo nicht merken waren. Dabei waren wir doch auf Deck 7 und der Maschinenraum ist ganz unten – wir verstanden es nicht.

Als wir im Bett lagen, schalteten wir natürlich noch ein wenig durch den Fernseher, stellten dabei aber fest, dass wir diesen etwas lauter machen mussten, um etwas zu verstehen. Und als wir ihn dann ausmachten, das Licht ausschalteten und schlafen wollten, funktionierte das definitiv nicht. Wir drehten uns von einer Seite auf die andere, waren unruhig und konnten definitiv nicht einschlafen. Wären wir auf hoher See gewesen, dann hätten wir wahrscheinlich angenommen, wir wären zu empfindlich und müssten uns erstmal wieder an die Schiffsgeräusche gewöhnen. Doch wir waren im Hafen. Das Schiff fuhr doch gar nicht! Was war da los? Wir versuchten uns in Erinnerung zu bringen, wie es auf den anderen Schiffen war und gingen unsere vielen anderen Fahrten durch. Ich erinnerte mich zum Beispiel, dass es auf der Jungfernfahrt auf der Queen Anne absolut still in der Nacht war.

Und dabei handelte es sich damals auch um eine Innenkabine, weit hinten am Heck des Schiffs. Unsere Lieblingskabine 13023 auf der Queen Mary 2 ist ebenfalls eine Innenkabine und sehr ruhig (wenn die Klimaanlage nicht gerade übermäßig arbeitet). Auch auf den anderen Reisen und Schiffen hatten wir dieses Problem nicht. Es war mittlerweile kurz vor ein Uhr in der Nacht, als ich beschloss, nach unten zum Guest Service an der Rezeption zu gehen. Ich wusste zwar noch nicht, was das bringen sollte, aber irgendwas musste ich tun.
Spontaner Wechsel der Kabine mitten in der Nacht
Kaum hatte ich die Kabine verlassen, bekam ich das Gefühl, dass es deutlich ruhiger war. Man hörte auf dem Gang noch ein leises Brummen, aber es war nicht vergleichbar mit dem Lärmpegel in der Kabine. Und je weiter ich mich entfernte und zum Treppenhaus ging, umso ruhiger wurde das Schiff. Spätestens am Fahrstuhl war alles angenehm leise und gedämpft. Da hatte man schon ein schlechtes Gewissen, selber Lärm zu verursachen. Ich stieg aus dem Fahrstuhl aus und ein Pärchen kam mir entgegen, dass überrascht und lachend sagte, es sei ja noch jemand anderes an Bord wach. Ja, das war ich. Und gefühlt waren alle anderen Reisenden und fast alle Crew-Mitglieder schlafen. Die Rotterdam wirkte wie ausgestorben. Es war so schön ruhig an Bord. Nur eben nicht in unserer Kabine.

Am Schalter traf ich auf Maurice, dem ich das Problem erklärte. Er war sehr freundlich, wie übrigens alle Mitarbeiter von Holland America Line, und fragte, ob jetzt jemand kommen solle, um sich das anzuhören oder ob gleich morgen früh auch reichen würde. Da ich nicht wollte, dass jemand geweckt würde, war ich mit neun Uhr am nächsten Morgen einverstanden und zog wieder von dannen. Ich erklärte Moni, dass jemand am nächsten Morgen kommen würde und wir versuchten erneut, Schlaf zu finden. Doch es wollte einfach nicht funktionieren. Diese Kabine ist einfach zu laut. Um halb 2 stiegen wir beide aus dem Bett und Moni sagte, sie komme dieses Mal mit – einfach, um bei Maurice zu untermauern, dass wir mit dieser Kabine ein echtes Problem haben.

Wieder unten angekommen, machte Maurice uns ein Angebot: Er könne uns für den Rest der Nacht eine andere Kabine geben. Seine Worte waren, dass der Passagier nicht da sei und erst morgen kommen würde. Bis dahin könnten wir dort schlafen. Dieses Angebot nahmen wir natürlich gerne an, wunderten uns aber zugleich über den Inhalt seiner Aussage. Wer sollte denn am nächsten Morgen noch an Bord kommen? Wir wären doch jetzt eigentlich schon auf hoher See und morgen früh sind wir es sowieso. Aber das war uns egal und wir spazierten hinter Maurice her. Zunächst gingen wir zu unserer alten Kabine und er lauschte mal, wie laut es war.
Balkonkabine statt Innenkabine
Er gab zwar nicht zu, dass es laut sei, aber er erklärte uns, dass hinter der Wand, wo das Kopfteil der Betten angrenzt, der Schornstein des Schiffs verlief. Und ja, das wäre lauter als in anderen Kabinen. Aha, das war natürlich eine interessante Aussage. Der Schornstein verläuft natürlich einmal komplett vertikal durch das Schiff und besteht aus einem großen Hohlraum bzw. aus vielen großen Hohlräumen und Rohren, die allesamt ihren Anfang im Maschinenraum haben. Das erklärte so einiges.

Maurice nahm uns mit zu Deck 6 und zeigte uns die Kabine 6053. Süß war, dass er vorher noch anklopfte, einem potenziellen Gast aber nur zwei Sekunden Reaktionszeit gab, bevor er die Tür öffnete. Gut, er wusste, dass die Kabine leer war, aber wenn nicht, dann hätte derjenige sich nachts um viertel vor 2 aber gehörig erschrocken. Wir betraten also die völlig unberührte Kabine 6053 und Maurice wollte wissen, ob diese hier ruhiger sei. Ja, das war sie, allerdings nicht sehr viel. Denn hier lief die Klimaanlage mit vollem Gebläse. Das fanden wir aber erst später heraus. Dennoch war diese Kabine leiser. Maurice drückte uns die Kabinenkarte in die Hand, wünschte uns eine gute Nacht und erklärte, dass am nächsten Morgen sicher eine Lösung für uns gefunden würde.

Wir sausten schnell in die 7119, holten unseren Kram für die Nacht und erfreuten uns an der deutlich größeren Kabine. Aber sie war nicht nur größer, sondern besaß auch noch einen Balkon. Maurice hat uns von einer Innenkabine zu einer Balkonkabine gebracht. Noch nicht einmal nur eine Außenkabine, was ja als Kategorie dazwischen anzusiedeln wäre. Aber im Grunde war es uns auch egal, weil wir ja nur knappe vier bis fünf Stunden hier verbringen würden. Nachdem wir feststellten, dass die Klimanlage voll pustete und wir sie ausmachten, war diese Kabine wirklich fast absolut still. Ja, so konnten wir einschlafen. Wir gedachten noch der Mrs. Allen, für die das Begrüßungsschreiben auf dem Tisch lag und die offenbar diese Kabine buchte, aber nicht erschien und legten uns ins Bett.
Wir verlassen Rotterdam und erreichen die stürmische Nordsee
Mit dem Gedanken, wie viel wie bereit wären, zu bezahlen, um dieses Kabine für den Rest der Reise behalten zu dürfen, schlummerten wir schließlich ein. Als wir am nächsten Morgen wach wurden, konnten wir nicht glauben, dieses nächtliche Erlebnis gehabt zu haben. Es fühlte sich seltsam an. Beinahe so, als hätten wir in der Nacht eine fremde Kabine, in der wir absolut nichts zu suchen hatten, geentert. Unser gesamtes Gepäck war ja in der anderen Kabine und wenn man dann in der Nacht über ein ausgestorben wirkendes Schiff geht, um ohne Gepäck eine ganz andere Kabine zu belegen, dann wirkt das kurios – und in einer gewissen Art auch etwas aufregend.

Etwas wehmütig verließen wir die Kabine, gingen zu 7119 zurück und machten uns dort für den Tag fertig. Unser erster Weg führte aber nicht zum Frühstück, sondern zum Guest Service, um zu fragen, wie wir dieses nächtliche Problem lösen könnten. Die Mitarbeiter baten uns dort um etwas Geduld, so bis ca. 14 Uhr, weil das Hotelmanagement im Laufe des Vormittags darüber beraten würde. Na ja, welche Wahl hatten wir schon? Also gingen wir erstmal zum Frühstück ins Lido Buffetrestaurant und schauten dabei zu, wie die Landschaft an uns vorbeizog. Denn mittlerweile hatten wir abgelegt und Kurs auf die Nordsee genommen. Windig war es immer noch und zwar nicht zu knapp. Aber wir konnten ja schlecht noch eine weitere Nacht in Rotterdam verbringen.

Nach dem Frühstück begaben wir uns nach draußen, weil wir noch ein wenig frische Luft schnappen und auf dem Promenadendeck ein paar Runden drehen wollten. Der Wind war wirklich heftig und als wir den langen Steindeich bei Hoek van Holland passierten, mussten wir dann doch ein wenig schlucken. Die Wellen waren enorm und vor uns konnten wir ein Frachtschiff sehen, das ziemlich zu kämpfen hatte. Zugegeben, es war etwas kleiner als die Rotterdam, doch so klein war es nun auch nicht. Das Schiff tanzte auf dem Wasser und wir sahen den Aufbau der Brücke weit nach oben steigen, um anschließend ebenso weit wieder nach unten zu fallen. Wir bedauerten die Besatzung dort an Bord, die gerade kein vergnügliches Erlebnis hatte und eigentlich noch gar nicht weit von der Küste entfernt war. Das weite, offene Meer käme ja erst noch.
Wir bekommen ein Upgrade auf eine Balkonkabine – welch Freude
Unsere Entscheidung, am Morgen nach draußen zu gehen, war genau richtig. Denn kurz nachdem wir auf hoher See waren und wieder in das Innere des Schiffs gingen, kam die Durchsage, dass aus Sicherheitsgründen sämtliche Außenbereiche gesperrt seien und man sich nicht draußen aufhalten dürfe. Ein Rundgang auf dem Promenadendeck war also später nicht mehr möglich. Gut, dass wir die Chance noch hatten. Während das Schiff schaukelnd nach Norden fuhr, nahmen wir als Zuschauer bei einer Vorführung teil und konnten sehen, wie die Crewmitglieder die Blumen an Bord in Form brachten. Es war interessant zu sehen, mit welchen kleinen, aber feinen Tricks gearbeitet wird, um die Blumengestecke zu gestalten. Nicht schlecht.
Gegen Mittag begaben wir uns zur Kabine und sahen schon, dass wir Post hatten. Eine freundliche Postkarte steckte im „Briefkasten“ und man teilte uns mit, dass man versucht habe, uns zu erreichen. Auch das Telefon in der Kabine blinkte. Ja, man wollte uns sprechen. Jetzt war der Moment der Wahrheit gekommen. Was würde uns erwarten und wie würde unsere nächste Nacht aussehen?

Wir stellten uns an der Rezeption vor und ziemlich schnell erklärte man uns freundlich, dass wir die Kabine 6053 behalten könnten, wenn wir wollten. Äh bitte, was? Das freute uns natürlich, aber wir fragten zunächst, wie hoch der Aufpreis sei. Nein, nein, entgegnete man uns, das Upgrade sei frei. Wir waren einerseits absolut froh, dass wir nicht mehr in der Kabine 7119 nächtigen mussten, und andererseits freuten wir uns natürlich maßlos, dass wir diese deutlich größere Balkonkabine einfach so behalten durften. Es war für uns unfassbar und irgendwie ein bisschen wie ein kleiner Hauptgewinn. Denn als die neuen Kabinenkarten für uns fertiggestellt wurden, sah ich eine Haftnotiz auf dem Schreibtisch. Auf diesem stand „7119 move to 6053“. Damit waren eindeutig wir gemeint. Darunter standen aber noch zwei ähnlich laitenden Zeilen: „7xxx move to 7119“ und „xxxx move to 7xxx“. Anders gesagt: Jemand anderes war ebenfalls mit seiner Kabine unzufrieden und bekam unsere. Und wieder jemand anderes bekam die Kabine von denen, die unsere erhielten.
Schon mal Sjoelen gespielt?
Es hätte also auch so ausgehen können, dass wir eine dieser beiden anderen Kabinen erhielten und die Balkonkabine an eines der anderen Reisenden gegangen wäre. Wir hatten unsagbares Glück und waren sehr dankbar für diese Entscheidung. Man fragte uns noch mehrmals, ob wir Hilfe beim Umziehen bräuchten. Es würde dann jemand kommen. Aber das brauchten wir beim besten Willen nicht. Wir waren einfach nur froh und glücklich. Schnell gingen wir in die alte Kabine, packten unseren Kram zusammen und zogen mit den Koffern von Deck 7 zu Deck 6. Keine Ahnung, was die Leute dachten, die uns dabei gesehen haben. Immerhin waren wir auf hoher See, wir konnten ja wohl kaum gerade eben mit den Koffern angereist sein. Zum Abschluss des Umzugs brachten wir die alte Kabinenkarte, die wir in der Nacht erhielten, zurück und gaben Bescheid, dass 7119 nun frei sei. An der Rezeption wunderte man sich, wie schnell wir waren, aber für uns war das keine große Sache, mal eben flott umzuziehen. Erst recht nicht bei diesem tollen Angebot.

Den Rest des Tages verbrachten wir unter Deck. Raus durften wir ja nicht. Wie wir später von anderen Gästen erfuhren, waren einige an dem Tag seekrank. Wir hatten das Problem nicht, obwohl sich das Schiff doch deutlich bewegt und das eben nicht nur vorwärts. Am Nachmittag nahmen wir am Afternoon Tea teil, der in niederländischer Form zelebriert wurde. Es war echt nett, aber doch eben ganz anders als bei Cunard mit dem britischen Afternoon Tea. Vielleicht war das auch der Grund, warum wir ziemlich problemlos einen Tisch bekamen, was beim Nachmittagstee bei Cunard nicht zwangsläufig der Fall ist. Das Gebäck schmeckte auch ein klein wenig anders, aber lecker. Doch es gab keine musikalische Begleitung und das Gebäck wurde auch nicht klassisch gereicht, sondern stand bereits auf dem Tisch. Wie gesagt, anders.



Außerdem lernten wir das Sjoelen kennen. Das Brettspiel kennt man wohl auch unter dem Namen Jakkolo. Eigentlich sollte ein Turnier stattfinden, gab es aber nicht. Dafür wurde uns aber erklärt, wie es funktioniert und es machte uns sofort Spaß. Ein, zwei oder drei Runden zu spielen war nun unsere tägliche Tradition, wenn die Sjoelen-Tische frei waren und wir gerade zufällig vorbeikamen und Zeit hatten. Am Abend besuchten wir das Theater, World Stage genannt, wo der Magier Mel Mellers auftritt. Der war auch okay, aber irgendwie seltsam. Da wussten wir nicht, ob das zum Programm gehörte oder ob er wirklich so ist, wie er sich gab. Aber auch hier spürten wir noch deutlich die Schiffsbewegungen und da das Theater ganz vorne am Bug liegt, rummste es während der Vorstellung auch schon mal.
Seetag auf der Nordsee
Der Montag nach der zweiten Nacht war nun auch Seetag. Eigentlich hätten wir an dem Tag ja in Haugesund sein sollen, doch nun waren wir auf dem Weg nach Eidfjord. Das geplante Shuffleboard-Turnier fiel leider aus, weil das Deck viel zu nass und rutschig war. Dafür konnten wir aber auf der World Stage an einer Präsentation teilhaben, die die Geschichte von Holland America Line erzählte. Der Entertainment-Direktor Nick hat sie wunderbar, modern, humorvoll und anschaulich präsentiert. Das hat uns wirklich sehr, sehr gut gefallen und brachte uns Holland America Line deutlich näher. Über die Geschichte wussten wir ja nicht so viel und es war spannend zu erfahren, wie sich HAL entwickelte. Uns war bis dahin nicht bewusst, dass Holland America Line auch ein sehr traditionsreiches Unternehmen ist.

Das erinnerte uns sehr an unsere erste Reise auf der Queen Mary 2, als wir ebenfalls an Präsentationen teilnahmen, mit denen die Tradition und Geschichte von Cunard erläutert wurden. Dadurch kamen wir dem Thema Transatlantikreise mit dem Schiff deutlich näher. Toll, dass es das auch bei HAL gibt. Dazu übrigens auch sehr eindrucksvoll erläutert. Es gefiel uns sehr gut.

An diesem Tag konnten wir auch endlich wieder auf die Außendecks. Das Wetter war zwar nicht schön, aber die See deutlich ruhiger und es war eine angenehme Fahrt kurz vor der Südküste Norwegens. So genossen wir das Basketballturnier, ohne selber daran teilzunehmen und drehten selber unsere Runden an Deck. Außerdem spielten wir natürlich Shuffleboard für uns, ohne Turnier halt, und nutzten die Sportgeräte im Außenbereich.
Ankunft mit der Rotterdam in Eidfjord
Natürlich ließen wir uns auch die angebotenen Trivias nicht entgehen. Leider gab es diese nur am Nachmittag und am Abend. Ein Trivia-Angebot am Vormittag hätte uns wohl auch noch gut gefallen. Hin und wieder kehrten wir auch in unsere Kabine zurück. Da wollten wir uns nämlich für kurze Zeit an unserem Upgrade erfreuen, was die Reise definitiv abrundete. Am Abend gab es nach dem Dinner eine Tanzshow im World Stage und wir merkten, dass wir einen regelmäßigen Tagesablauf hatten – zumindest am Abend: Essen, Show, Flanieren zu den anderen Musikacts an Bord und noch einen kurzen Happen am Latenight-Snack. Es wurde also wieder einmal jeden Tag spät. So kennen wir unsere Schiffsreisen. Doch anders als auf der Queen Mary 2 bzw. auf den Atlantiküberquerungen standen wir hier nicht sonderlich früh auf, sondern erst zwischen 8 und halb 9. Für unsere Verhältnisse war das schon recht spät.

Erwähnenswert an diesem Abend war außerdem noch die Begegnung mit einem der Mitarbeiter aus dem Hotelmanagement. Wir trafen uns vor dem Dining Room, als wir gerade den Pager abholten und er uns freundlich ansprach, ob das Essen geschmeckt habe. Wir zeigten ihm den Pager und sagten lachend, das würden wir später noch erfahren. Moni sah an seinem Namensschild (er hieß übrigens Ruben), dass man mit ihm auch Deutsch sprechen könnte, was wir dann direkt taten.

Er erklärte, er sei der einzige an Bord, mit dem man Deutsch sprechen kann, stamme aber selber nicht aus Deutschland, sondern aus der Niederlande. Da er uns am Tag zuvor an der Rezeption gesehen hatte, fragte er, ob wir mit unserer neuen Kabine zufrieden seien und wir waren völlig baff. Dass er sich so gut an uns erinnern konnte, sprach definitiv für ihn und für den exzellenten Service, den wir nun schon mehrfach spürten. Wir bejahten natürlich und gaben deutlich zu verstehen, dass wir sehr dankbar seien.

Ankunft in Eidfjord
Moni hatte noch das Erlebnis, dass sie an diesem Abend zur Kirche bzw. in den Gottesdienst gegangen ist. Dieser war allerdings gar nicht gehostet, sehr ungewöhnlich. Kurzerhand nahmen die Teilnehmer das Heft selbst in die Hand. Amerikanische Passagiere nutzten das Internet und stellten einen Laptop auf, um einen Online-Gottesdienst zu übertragen. Clever. Am späten Abend hatten wir selber schon wieder Internet, denn wir waren der norwegischen Küste mittlerweile so nah, dass wir wieder auf unsere Handys zugreifen konnten. Auch die Lichter einer Stadt konnten wir von unserem Balkon aus gut erkennen.


Am nächsten Morgen erwachten wir mit einem Blick auf die norwegische Ortschaft Eidfjord. Das Schiff hatte bereits angelegt und wir konnten den Blick auf den Ort genießen. Das Wetter war nun nicht wirklich gut und begrüßte uns mit Regen. Schade, aber es war noch halbwegs in Ordnung. Hätte schlimmer sein können.


Zwei Tage zuvor nahmen wir in der World Stage an einer Vorführung teil, bei der den Zuschauern Tipps für die Landgänge erzählt wurden. Eigentlich brauchten wir das nicht, weil wir vor allen Dingen die norwegischen Ortschaften ja gut kennen. Aber wir dachten, es könne nicht schaden, vielleicht doch noch einen Geheimtipp zu bekommen. Außerdem gab es ja morgens kein Trivia und so hatten wir Zeit, daran teilzunehmen. Und siehe da, Nick sprach von kurzen Wanderwegen in Eidfjord, die wir noch nicht kannten.
Schöne Wanderung in Eidfjord
Das wollten wir uns nicht entgehen lassen und uns einfach mal bewegen. Wir schnappten uns den Regenschirm, der auf Kabine bereit stand und von Holland America Line angeboten wurde. Sehr nett, nur leider stellten wir gleich nach dem Verlassen des Schiffs fest, dass der Schirm kaputt war. Also schnell wieder an Bord und zum Gästeservice. Wir dachten, dort würden auch ein paar Schirme ausliegen und wir könnten unseren einfach tauschen. Dem war aber nicht so, wir mussten ein wenig warten, bis unser Kabinensteward uns einen brachte. Das wussten wir nicht und es war uns unangenehm, dass der Steward (Nissan hieß er) über die Decks geschickt wurde.






Nun ja, aber dafür hatten wir einen funktionierenden Schirm und zogen los. Eidfjord ist schnell durchquert und so ging unsere Wanderung leicht bergauf zu einem Aussichtspunkt. Auf eine Art drollig waren die orangefarbenen Regenschirme von Holland America Line, die man überall „wandern“ sehen konnte. Ein ziemlich gutes Erkennungssymbol. Wir folgten dem Wanderweg zum Eidfjordvatnet und spazierten dort am Flussufer gemütlich zurück nach Eidfjord. Dort hatten wir noch genug Zeit, ein wenig shoppen zu gehen und am Fjordufer entlang zu spazieren, um das Schiff auch mal aus anderer Perspektive betrachten zu können.






Wir sind zwar ein wenig nass geworden, aber das war völlig okay. Am frühen Nachmittag waren wieder an Bord und sicherten uns einen Platz auf dem Außendeck am Bug. Dieses ist nämlich nur zu besonderen Anlässen geöffnet, so zum Beispiel bei einer Fahrt durch einen Fjord. Und diese würde ja über mehrere Stunden verlaufen, wenn wir Eidfjord verlassen. Außerdem würden wir ja hier auch noch die beeindruckende Hardangerbrücke unterqueren. Entertainment-Direktor Nick kündigte vorab ab an, dass es spannend wäre zu sehen, wie knapp der Schornstein unter der Brücke hindurch passen würde. So etwas kennen wir ja von der Queen Mary 2, wenn sie nach tagelanger Atlantiküberquerung unter der Verrazzano-Narrow-Bridge in den Hafen von New York einfährt.
Fahrt durch den Fjord
Gerade deswegen kamen uns aber während der langsamen Fahrt durch den Fjord Bedenken, ob wir vorne am Bug eigentlich gut stehen würden. Denn auch wenn man langsam fährt, ist der Augenblick der Unterquerung nur kurz und schnell hinter einem. Gleiches gilt für die Brücke. Vorne am Bug würden wir sie zwar gut sehen, doch sobald wir unter ihr sind, würde das Bauwerk hinter dem hinterem Aufbau des Schiffes verschwinden. Die knappe Durchfahrt des Schornsteins würden wir daher gar nicht sehen können. Also entschieden wir uns kurzerhand, den Standort zu verlassen und hetzten schnell nach oben auf das Sportdeck. Gerade eben kamen wir dort an und entdeckten dabei tatsächlich noch ein weiteres Deck, das wir bis dato noch gar nicht besuchten. Es war ganz oben und bot besten Blick auf den Schornstein und das Schiff, wie es unter der Hardangerbrücke hindurch fahren würde.






Den Abend verbrachten wir wieder mit einem Trivia im BB King’s, einem Comedian auf der World Stage und einem Abendessen im Dining Room. Und auch am nächsten Tag hatten wir wieder einen Landgang. Das Wetter war geringfügig besser, als wir nach dem Frühstück das Schiff verließen und durch Bergen spazierten. Die Stadt kennen wir natürlich zu Genüge. Wir hatten sie schon mit dem Wohnmobil bereist, aber erlebten hier mit der Queen Elizabeth ebenfalls einen Landgang, als wir auf dem Weg nach Island waren. Außerdem hatte ich erst wenige Monate zuvor einen Reiseführer über Südnorwegen veröffentlicht, in dem natürlich auch Bergen ausführlich behandelt wird. Daher war uns nichts unbekannt und wir genossen einfach mal den Stadtrundgang ohne beruflichen Hintergrund.




Da wir ausreichend Zeit hatten, beschlossen wir, den Hausberg Fløyen zu Fuß zu erklimmen und nicht mit der Bahn hinauf zu fahren. Es war eine angenehme Wanderung, die uns allerdings leicht ins Schwitzen brachte. Das wiederum kann zudem auch an den Temperaturen liegen. Denn kalt war es keineswegs und sogar die Wolken verschwanden teilweise. Dabei wird gerade Bergen nachgesagt, dass es dort ständig regnen würde. Wir können das von unseren Aufenthalten nicht bestätigen. So spazierten wir am höchsten Baum Norwegens vorbei in die Höhe, genossen von oben einen Blick auf die Stadt und machten uns dann wieder an den Abstieg.
Bergwanderung in Bergen
Dabei begegneten uns viele Deutsche, was schon fast ungewöhnlich war. Denn an Bord der Rotterdam waren gerade einmal 24 deutsche Passagiere. Hier in Bergen war ein Vielfaches an Deutschen unterwegs. Kein Wunder, an einem anderen Pier lag die Vasco da Gama von Nicko Cruises und brachte jede Menge Landsleute nach Bergen. Eine Familie kam uns bei dem Abstieg entgegen und wir hörten, wie der Familienvater unsere Rotterdam in der Ferne entdeckte und kommentierte, da sei noch ein Schiff. Die Ehefrau mutmaßte daraufhin, dass sei bestimmt eine „Mein Schiff“. Keine Ahnung, wie sie darauf gekommen sein könnte. Sie hatte das Schiff ja noch gar nicht gesehen. Das wiederum wirkte auf mich so, als kenne diese Dame eben nur deutsche Gesellschaften. Und natürlich müsse ein anderes Schiff daher dann ein deutsches Schiff sein. Ich hatte keine Lust auf Aufklärungsarbeit. Sollen sie doch bei Marinetraffic schauen und feststellen, dass es mehr gibt als Nicko Cruises, Aida und Mein Schiff.




Auch durch das Hanseviertel Bryggen schlenderten wir natürlich wieder, bevor wir wieder zurück an Bord gingen. Dort nahmen wir am Nachmittag an einem Trivia mit dem Thema Geografie teil. So etwas kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Außerdem war das Schiff schon schön in Orange geschmückt. Denn an diesem Tag würde die Orange Party stattfinden. Wie wir erst jetzt erfuhren, ist die Orange Party auf jeder Kreuzfahrt mit Holland America Line fester Bestandteil. Das Lido Buffettrestaurant ist orange geschmückt und im Dining Room gibt es ein Dutch Dinner. Leider ging es Moni an diesem Abend nicht gut und sie musste sich frühzeitig in die Kabine zurückziehen. Das bedeutete, sie verpasste nicht nur das Abendessen, sondern auch die Orange Party am Abend.

Und hier hat man sich wirklich was einfallen lassen. Im BB King’s wurden die Offiziere in eine Art Wettkampf eingebunden und mussten an einem Musikquiz teilnehmen. Dabei stand das Quiz jedoch nicht so sehr im Vordergrund, sondern der Spaß an der Musik und an den Darbietungen der Crew-Mitglieder. Es hat richtig Laune gemacht, dabei zuzuschauen. Darüber hinaus waren viele Passagiere in Orange gekleidet. Ja, das war so eine Sache, die wir nicht wussten, weil wir uns vorab bewusst nicht auf diese Reise vorbereitet hatten. Das war aber nicht schlimm. Für das nächste Mal wissen wir, dass wir etwas orangefarbenes mit in den Koffer packen sollten.



Es war ein vergnüglicher Abend mit viel Stimmung und leckerem Essen. Bei letzterem wurde ich allerdings auch ein wenig überrascht, weil das vermeintlich kleine Stück Hühnchenbrust sich als komplettes halbes Hähnchen entpuppte. Mit Vorspeise und Dessert war das dann doch ein wenig zu viel für mich.
Doch noch nach Haugesund – der zweite Sturm ist im Anmarsch
An diesem Tag erhielten wir außerdem die Mitteilung, dass wir leider nicht nach Schottland fahren würden. Genau über den Orkney-Inseln, unserem nächsten Ziel, braute sich das nächste Sturmtief zusammen. Die Fahrt würde also wenig komfortabel sein und außerdem könnte das Schiff Probleme bekommen, überhaupt anzulegen. Das heißt, Schottland fiel aus, doch dafür würde man nun einen anderen norwegischen Hafen ansteuern – Haugesund. Wie schön. Der Hafen, der wegen des ersten Sturms ausfiel, konnte nun zwischen Sturm 1 und Sturm 2 dann doch noch angefahren werden. Auch wenn wir natürlich gerne Schottland gehabt hätten, freuten wir uns, dass es nun doch mit Haugesund klappte.

So kam es also zum dritten Landgang in Folge und wir blickten am nächsten Morgen von unserer Kabine auf das kleine Kreuzfahrtterminal von Haugesund. Diesen Landgang nutzten wir nicht nur, um die kleine Innenstadt zu besuchen, sondern auch, um auf dem Küstenweg nach Norden zu wandern. Wieder einmal schlechtes Wetter begleitete uns, hielt uns aber nicht davon ab, das Nationaldenkmal Haraldshaugen zu besuchen. Gerade als wir dort zu Fuß und halbwegs trocken ankamen, wurde auch der Parkplatz von einem Shuttlebus erreicht und zahlreiche weitere Passagier stiegen aus. Wir nutzten schnell noch die Chance, um das Denkmal für uns alleine zu haben, was auch gut klappte. Dummerweise kam aber genau in dem Moment ein starker Schauer mit heftigen Winden um die Ecke. Die anderen Passagiere waren daher schnell wieder verschwunden und wir versuchten, hinter unserem Regenschirm ein wenig Schutz zu bekommen. Es ging gerade eben noch so.







Mit dem Nationaldenkmal Haraldshaugen war aber noch nicht Schluss. Das Wetter wurde wieder trockener und wir wanderten weiter an der Küste entlang bis zum Kvalsvik Skulpturenpark, den ich mir gerne anschauen wollte. Hierbei handelt es sich um eine kleine Bucht, in der vier Reiterskulpturen im Wasser aufgestellt wurden, wobei die Pferdeköpfe eine Ölförderpumpe ähnelten. Als wir dort ankamen, wurde ihnen jedoch vom norwegischen Zoll ein wenig die Show gestohlen. Mitarbeiter des Zolls hielten dort nämlich eine Übung ab (zumindest nahmen wir an, dass es sich um eine Übung handelte) und einige von ihnen tauchten spärlich bekleidet, also ohne Neoprenanzug durch das eiskalte Wasser in dieser kleinen Nordseebucht. Beachtlich.
Spaziergang an der Küste von Haugesund
Wir folgten dem schönen Küstenweg wieder zurück, warfen natürlich auch einen Blick auf den Campingplatz am Haraldshaugen und besuchten noch die Statue von Marylin Monroe im Stadtzentrum von Haugesund. Diese wurde einst dort aufgestellt, weil man annahm, ihr Vater käme aus Haugesund. Dem ist wohl nicht so, aber die Statue lässt man heute dennoch stehen. Warum auch nicht? Nachdem wir also Marylin begrüßten und in einem Supermarkt Getränke kauften, die man in Norwegen wohl zu Weihnachten genießt (und wir für Weihnachten aufbewahren wollten), gingen wir zum letzten Mal an Bord.






Den Magier Mel Mellers gab es am Abend zum zweiten Mal und schon brach nach der Nacht unser letzter Reisetag auf See an.



Die Rotterdam fuhr quer über die Nordsee von Norwegen in die Niederlande und wir wurden Zeugen, wie voll die Nordsee eigentlich ist. Neben den zahlreichen Schiffen, von denen man überall irgendwo welche sah, gab es auch zahlreiche Ölbohrplattformen und in Küstennähe auch die üblichen Windkraftparks.

Am späten Abend gab es dann noch eine Überraschung zur Freude aller Naschkatzen. Die Stewards trugen Tabletts durch die öffentlichen Räume, auf denen Schokolade wie Canapés oder Fingerfood verteilt wurde. Und was für eine Schokolade. Sehr lecker und absolut klasse.


Am letzten Vormittag gab es im World Stage wieder ein herausragendes Programm. Unter dem Motto A City on the Sea wurde das Leben und der Alltag an Bord illustriert. Mit einer tollen Vorführung erinnerte man daran, wie es eigentlich auf einem Kreuzfahrtschiff hinter den Kulissen abläuft. Auch diese Vorführung war wieder sehr gut gemacht und gipfelte darin, dass am Ende Dutzende von Crew-Mitglieder auf der Bühne standen und mit einem großen Applaus bejubelt wurden.
Über 60 Torten im Lido-Buffetrestaurant
Nach dem Mittagessen kam es zu einer zweiten Veranstaltung in dem Saal. Denn der Kapitän stellte sich fast eine Stunde lang den vielen Fragen der Passagiere. Auch das war interessant und ermöglichte einige spannende Einblicke. Er erklärte den Zuschauern außerdem auch, wie der Verlauf der Reise ablief und mit Wetterkarten, warum wir zunächst in Rotterdam blieben, Haugesund zunächst ausfallen ließen und dann später doch ansteuerten. Auch hier waren wir vollends begeistert von der Veranstaltung.

Zwischen dem einen Event im World Stage und dem anderen, kam es im Lido zu einem weiteren Wow-Effekt. Denn dort wurden satte 60 verschiedene Torten aufgestellt. Die Bandbreite war enorm und die Küchenmitarbeitende haben sich einiges einfallen lassen. Ich denke, die Bilder sprechen dazu eine deutliche Sprache. Eine Torte bestand beispielsweise aus mindestens 50 gestapelten Pancakes mit irgendwas drauf. Andere Torten waren klassischer, aber nicht weniger umfangreich. Ein jeder Passagier, der in das Lido kam und die Auslagen mit den Torten entdeckte, konnte nicht glauben, was da zu sehen war. „Oh my god“ und ungläubiges Lachen war beinahe im Minutentakt zu hören. Kein Wunder natürlich, dass sich an den Torten lange Schlangen bildeten, weil jeder mal probieren wollte.





Doch das war noch nicht alles. Am Abend gab es noch
Damit näherte sich die Reise aber dann leider auch schon dem Ende. Für uns stand nicht erst seit diesem letzten, fantastischen Seetag fest, dass wir Holland America Line auf jeden Fall wieder einen Besuch abstatten werden. Die Flotte besteht aktuell (2025) aus elf Passagierschiffen. Da ist also eine Menge Potenzial, um eine weitere Reise zu unternehmen. Wir freuen uns auf jeden Fall schon drauf.
Fazit – eine wunderbare Reise
Der letzte Morgen begann mit einem frühen Aufstehen und einem kurzen Frühstück. Danach schnappten wir uns unsere Koffer und begaben uns zur Gangway. Nun ging alles recht flott. Wir wurden von einigen Crew-Mitgliedern verabschiedet und schon waren wir wieder draußen im Rotterdam Cruise Terminal, wo wir eine Woche zuvor eincheckten. Die ganze Reise lief absolut problemlos, einwandfrei und für das Wetter kann ja keiner was.

Wir spazierten gemütlich zum Bahnhof, wo wir erfuhren, dass wir mit dem Flex-Ticket tatsächlich auch einen Zug früher nehmen durften. Das war schön zu hören, da wir das Schiff schon wirklich sehr früh verließen und wir bei der Buchung einen Zug auswählten, mit dem wir genug zeitlichen Puffer hätten. Mit diesem Puffer hätten wir nun sehr lange warten müssen. Also konnten wir früher fahren und stiegen in Utrecht in einen ICE. Natürlich hatten wir jetzt keine Sitzplatzreservierung mehr, aber der Zugbegleiter sah uns im Gang stehen und meinte, wir sollen uns doch einfach in den Bereich der Bahn.Bonus-Kunden setzen. So gesehen hatten wir also damit wieder ein kleines Upgrade. Sehr nett. Der ICE hatte natürlich etwas Verspätung, aber das war nicht schlimm. Der Anschluss-ICE in Duisburg war auch nicht pünktlich. Also passte das wieder.

Nur die Regionalbahn in Münster, die uns nach Nordkirchen bringen würde, kam ohne Anmeldung über eine halbe Stunde später. Nun ja, man kennt so was und das würde unsere tollen Eindrücke von einer wunderbaren Reise nicht schmälern.

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 120 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
Die Weltenbummler – ältester deutschsprachiger Reiseblog (seit 2000)


