Wo einst Stahl produziert wurde und die Arbeiter hart „malochten“ umrunden wir einen See, der wie Phoenix aus der Asche stieg. Eine breite Uferpromenade lockt uns zu einer ehemaligen Abraumhalde, von der aus wir einen wunderbaren Blick über den See genießen können. Im weiteren Verlauf treffen wir auf die Burg Hörde, an der wir abschließend einen kleinen Rundgang durch Hörde beginnen.
Pkw/Parken: Parkplatz an der Hörder Bahnhofstraße.
ÖPNV: Mit den Regionalbahnen 53 oder 50 ab Dortmund Hbf. bis Dortmund-Hörde.
Rundweg: Ca. 6,0 Kilometer/1,5 Stunden
Streckenprofil: Spazierwege rund um den neu gestalteten See und Straßenbelag.
Einkehr: Diverse Einkehrmöglichkeiten in Dortmund-Hörde und am Ufer des Phoenixsees
Am Wegesrand: Stiftskirche St. Klara; Phoenixsee; Thomaskonverter; Hörder Bach und Hörder Burg; Hoetgerpark
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels stammt aus meinem nicht mehr erhältlichen Reiseführer über Wanderungen in und um Dortmund. Die meisten Informationen werden daher veraltet sein und dieser Artikel kann nur als grobe Richtschnur dienen.
In Dortmund-Hörde verlassen wir den Bahnhof und überqueren zunächst die breite Hörder Bahnhofstraße. Hierfür fahren wir mit dem Fahrstuhl auf der rechten Seite hinauf auf die Brücke und verlassen die Brücke schon nach wenigen Metern wieder nach rechts, um durch eine kleine Grünanlage bis zur Hörder Stiftskirche St. Clara zu gelangen.
Am Standort der heutigen Stiftskirche St. Clara befand sich zuvor die Klosterkirche des Klosters Carenberg. Diese wurde jedoch zu klein, als Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr katholische Arbeiter des nahe gelegenen Eisenwerks zur Messe kamen. Daher wurde die Klosterkirche abgerissen und schon nach zwei Jahren Bauzeit konnte das neue Gotteshaus im Jahr 1865 geweiht werden. Das heutige Aussehen stammt jedoch vom umfangreichen Wiederaufbau nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Heute prägt die Kirche das Ortsbild des Dortmunder Stadtteils Hörde.
Dortmund-Hörde kann als Ruhrgebiet in Miniatur bezeichnet werden, denn der Strukturwandel vom Industriestandort bis hin zu einem Stadtviertel mit einem hohen Freizeitwert kann kaum besser dargestellt werden. Eineinhalb Jahrhunderte prägte das Stahl- und Eisenwerk Hermannshütte den Ort Hörde, der erst im Jahr 1928 nach Dortmund eingemeindet wurde. 2001 wurde der Betrieb komplett eingestellt und die Anlage des Stahlwerks demontiert und nach China verkauft. Was dann mit dem Gelände geschah, sehen wir, wenn wir ein kurzes Stück weiter gehen.
An der Kirche gehen wir rechts vorbei bis zur Straße, überqueren diese an der rechter Hand gelegenen Ampelkreuzung und gehen auf der anderen Straßenseite links die Treppen hinab in die Sackgasse der Clarissenstraße. Dieser folgen wir nun bis zum Ende, biegen rechts ab und sehen bereits das schimmernde Wasser des noch jungen Phoenixsees.
Das ruhige Wasser des Phoenixsees schimmert und glänzt im Licht der Sonne und es ist kaum vorstellbar, dass hier noch vor wenigen Jahren Schwerindustrie angesiedelt war. Die Hermannshütte, gebaut in der Mitte des 19. Jahrhunderts, war Teil des Hörder Bergwerks- und Hüttenvereins, der an diesem Standort noch vor dem Zweiten Weltkrieg bis zu sieben Hochöfen gleichzeitig in Betrieb hatte. In den Jahrzehnten nach dem Krieg wurde das Montanwerk von der Hoesch AG übernommen und die Anzahl der Hochöfen als Folge des Niedergangs der Stahlindustrie immer weiter gesenkt, bis im Jahr 2001 schließlich das endgültige Aus kam. Bis dahin prägte das Werk nicht nur den Stadtteil Hörde, sondern war auch in anderen Teilen Dortmunds deutlich zu sehen. Verantwortlich hierfür war die sogenannte Hörder Fackel, ein 98 Meter hoher Schornstein, in dem Konvertergas verbrannt wurde. Diese Verbrennung führte zeitweise zu einer meterhohen Flamme, die den Nachthimmel Dortmunds rot erleuchten ließ. 2004 wurde der Schornstein gesprengt und von nun an konnte mit der Planung des Phoenixsees begonnen werden. Bis auf wenige Gebäude verschwanden sämtliche industriellen Anlagen und man schuf an der Stelle der einstigen Schwerindustrie einen See mit einer erstaunlich guten Wasserqualität, in der keine erhöhten Werte an Schadstoffen gemessen werden konnten. Gleichzeitig wurde das Flussbett der Emscher renaturiert, die rund einhundert Jahre durch eine Betonröhre unter der Hermannshütte fließen musste.
Wir wenden uns nach links und sofort darauf wiederum nach rechts, um geradeaus auf den sogenannten Thomaskonverter zuzugehen, der sich auf der kleinen Kulturinsel befindet.
Die Thomasbirne, auch Tomaskonverter genannt, war bis 1964 im Thomaswerk der Hermannshütte im Einsatz und ist sieben Meter hoch und wiegt stolze 64 Tonnen. Beim sogenannten Tomasverfahren, benannt nach dem britischen Metallurgen Sidney Thomas, wird durch Bodendüsen im Konverter Luft in das Roheisen geblasen. Das Verfahren wurde bis in die 1970er-Jahre gehandhabt, doch der dadurch entstandene sogenannte Thomasstahl hat diverse Nachteile. So kann nur schlecht geschweißt werden und wird im Laufe der Zeit spröde, weshalb man Stahl nun mit einem anderen Verfahren herstellt. Zahlreiche Hochspannungsmasten und Eisenbahnschienen, die aus Thomasstahl bestehen, mussten in den letzten Jahren aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden.
Bei einer kurzen Pause auf der Insel ist es mittlerweile nur noch schwer vorstellbar, wie das Areal des Sees noch vor wenigen Jahren ausgesehen hat. Wir verlassen die Insel und wenden uns nach links, um am Ufer des Phoenixsees zu flanieren. Immer wieder laden uns Sitzbänke und Kunstobjekte zum Verweilen ein und wir wandern an einem kleinen Bootsanleger vorbei. Zwei große orangefarbene Halbschalen tragen den Namen Flüsterbrücke und animieren zu Unterhaltungen in Zimmerlautstärke, obwohl man sich über 50 Meter entfernt befindet. Den See haben wir bereits hinter uns gelassen und werden nun vom Bachbett der kleinen Emscher begleitet, wenn wir eine Brücke einer Schnellstraße unterqueren.
Wenige Meter dahinter überqueren wir die Emscher nach links und gehen anschließend geradeaus weiter bis zur Meinbergstraße. Wir biegen links ab, unterqueren die Schnellstraße erneut und erklimmen die ehemalige und mittlerweile begrünte Abraumhalde, die uns bereits seit längerer Zeit ins Auge gestochen ist. Von der Aussichtsplattform genießen wir nun den Rundumblick auf den See und schauen auch auf die Skyline von Dortmund, die sich hinter der prächtig herausgeputzten Burg Hörde erhebt.
Über weite Stufen gehen wir wieder hinab zum Ufer und halten uns rechts, um am Nordufer des Phoenixsees bzw. auch an der Emscher entlang zu wandern. An der zweiten Brücke über die Emscher gehen wir nach links, an einem Spielplatz vorbei und halblinks am Hörder Bach entlang, um die mittlerweile stolze Hörder Burg zu erreichen.
Zwar war Hörde die letzten eineinhalb Jahrhunderte von der Stahlindustrie geprägt, doch begann die Geschichte deutlich früher. Schon im 12. Jahrhundert existierte die Hörder Burg an der Stelle, wo der Hörder Bach in die Emscher mündete. Sie wurde zwar im Dreißigjährigen Krieg beinahe vollständig zerstört, aber auf ihren Grundmauern wieder errichtet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Burg erweitert, da sie mittlerweile auch als Verwaltungsgebäude für die benachbarte Hermannshütte genutzt wurde. Nach der Stilllegung des Stahlwerks wurde die Burg umfangreich restauriert und strahlt heute neben dem neu entstandenen Phoenixsee in neuem Glanz.
Um die Burg gehen wir einmal herum in die Hörder Burgstraße und lassen den See endgültig hinter uns. Auf der breiten Hauptverkehrsstraße wenden wir uns nach rechts und biegen nach kurzer Zeit links in die Straße Seekante ein. Hier erreichen wir nach Überquerung eines Eisenbahngleises den Hoetgerpark, der von der Emscher durchzogen wird und ebenfalls eine neu gestaltete Erholungsfläche darstellt.
Der ehemalige Hoetgerpark war selbstverständlich auch viele Jahre von der Stahlindustrie geprägt. Sowohl Hörder Bach als auch die Emscher verbrachten ihr Dasein an dieser Stelle unterirdisch und durften das Tageslicht erst wieder sehen, als das Stahlwerk demontiert wurde und der Phoenixsee entstand. Im Frühjahr 2012 wurde der Ort feierlich als neue Emscheraue eingeweiht und ein Fuß- und Radweg dem Publikumsverkehr freigegeben.
Der Straße folgen wir in einem weiten Linksbogen und nähern uns dem wuseligen Treiben des Hörder Zentrums. Schon bald überqueren wir die Hermannstraße und stehen vor unserem Ausgangspunkt, dem Bahnhof von Dortmund-Hörde.
Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
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