Wandern bei Düsseldorf – Durch den Zonser Grind

Einmal um den Zonser Grind
Wo Hochwasser jedes Jahr aufs Neue Leben entstehen lässt

Pkw/Parken: Parken auf dem Parkstreifen in der Oberstraße, Dormagen-Stürzelberg
ÖPNV: Ab der S-Bahnlinie Nievenheim-Bahnhof mit den Buslinien 886/887 oder dem WE2 bis zur Haltestelle Unterstraße
Rundweg: Ca. 10,5 Kilometer/2,5–3 Stunden
Streckenprofil: Überwiegend asphaltierte Wege, für ein kurzes Stück auch schmale Trampelpfade im Naturschutzgebiet
Einkehr: Gaststätte Zur Rheinfähre, Herrenweg 39, 41541 Dormagen-Zons, Tel. (0 21 33) 4 23 49; Fährhaus Pitt-Jupp, Grind 6, 41541 Dormagen, Tel. (0 21 33) 22 01 22, www.fährhaus-pitt-jupp.de; Gasthof Vater Rhein, Oberstraße 4, 41541 Dormagen-Stürzelberg, Tel. (0 21 33) 7 19 30, www.gasthof-vaterrhein.de
Am Wegesrand: Stürzelberg; Naturschutzgebiet Zonser Grind; Rheinfähre; Treidelwegdenkmal

Die Pappeln zittern sanft im Wind, das Wasser des Rheins plätschert gegen die Uferböschung, die Camper pflegen liebevoll ihr grünes Kleinod und die Gänse schnattern aufgeregt auf den Wiesen. Ein malerisches Bild voller Idylle und Ruhe, und wir sind mittendrin auf unserer Wanderung an den Gestaden des Rheins. Auf schmalen Pfaden wandeln wir durch ein Stück Natur, welches sich jedes Jahr neu erschafft.

An der Haltestelle Unterstraße bzw. am Parkstreifen an der Oberstraße, welche sich gegenüber liegen, beginnen wir unsere Wanderung. Wir gehen links an der Kirche vorbei, um die Ortschaft Stürzelberg zu verlassen.

Mit Stürzelberg befinden wir uns zwischen Düsseldorf und Köln. Genauer gesagt, gehört Stürzelberg zu Dormagen, welches im Süden bereits an die Stadt Köln grenzt. Dormagen wiederum gehört jedoch zum Rhein-Kreis-Neuss, dem neben Neuss und weiteren Ortschaften auch Meerbusch angehört. Die Geschichte Stürzelbergs ist recht schnell erzählt, da die kleine Ortschaft eher als unauffällig bezeichnet werden kann. Lediglich in der Mitte des 19. Jahrhunderts keimte bei den Stürzelbergern kurzzeitig der Wunsch, eine eigene Gemeinde zu werden – jedoch vergeblich, sie blieben bei der Bürgermeisterei Zons. Heute ist Stürzelberg neben Zons ein beliebter Ausgangspunkt, um das Zonser Grind zu besuchen und zu erwandern.

Neben der aus Ziegelsteinen errichteten Hochwasserschutzanlage gehen wir zunächst der Oberstraße entlang. Zwar ist die Durchfahrt an den Wochenenden für Pkw und Motorrädern verboten, doch müssen wir immer wieder mit Verkehrsteilnehmern rechnen, die sich nicht an diese Regelung halten. Wir passieren ein Wegekreuz, bleiben aber immer parallel zum Deich. Bei einem kurzen Gang auf die Krone bietet er uns einen wunderbaren Ausblick auf das Naturschutzgebiet Zonser Grind, der Rhein ist an dieser Stelle nur zu erahnen.

Die Rheinschlinge zwischen Stürzelberg und Zons umfasst das Naturschutzgebiet Zonser Grind. Auf der rechten Seite des Stromes liegt der Düsseldorfer Süden mit Urdenbach und dem Schloss Benrath. Durch die Rheinschlinge verringert sich natürlich die Fließgeschwindigkeit des Flusses deutlich, was dazu führt, dass sich an den Ufern flache Sand- bzw. Kiesablagerungen gebildet haben. Nach der Schneeschmelze oder langen Regenperioden kann das Wasser nur langsam abfließen und der Zonser Grind ist daher oft überflutet. Das bedeutet aber nicht, dass das Naturschutzgebiet zum nutzlosen Brachland verkommt. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten haben sich diesen periodischen Überflutungen angepasst und gehören zu den besonders schützenswerten Artengruppen. Zudem existiert neben einer Salbei- und einer Streuobstwiese auch bewirtschaftetes Ackerland. Die weite Fläche wird immer wieder von Kopfweiden und Pappelreihen unterbrochen, die charakteristisch sind für den Grind und dem hier lebenden Steinkauz eine ideale Heimstätte bieten.

Wir bleiben noch ein gutes Stück auf dem schmalen Sträßchen neben dem Deich und lassen die Häuser von Stürzelberg hinter uns. Wir passieren zwei Bauernhöfe, während wir in der Ferne den Kirchturm von Zons fest im Blick haben. Wenn wir das Ortseingangsschild von Zons erreichen, verlassen wir die Straße und wandern halblinks hinab, an einer kleinen Kapelle vorbei. Wir treffen nur wenig später auf den Gasthof Zur Rheinfähre und können zum ersten Mal einen Blick auf Vater Rhein werfen. Er fließt nun direkt vor uns, und die Hochwassermarkierung an der Wand der Gaststätte führt uns deutlich vor Augen, dass der Deich notwendig ist, obwohl er augenscheinlich so weit vom Rhein entfernt ist. Vor dem Restaurant befindet sich der Anleger der Rheinfähre Zons-Urdenbach.

Direkt in Düsseldorf oder Köln mag das anders wirken, aber der Rhein verfügt auf seiner gesamten Länge über verhältnismäßig wenig Brücken. Besonders im Bereich des Mittelrheins, bekannt auch durch die Loreley, ist ein Brückenbau einerseits zu aufwendig, andererseits auch wegen der Auszeichnung als Weltkulturerbe nicht erwünscht. Die wenigen Rheinbrücken können zudem meist von Fußgängern oder Radfahrern nicht genutzt werden. So kommt es, dass auf dem Strom nicht weniger als 50 Fähren ihren Dienst verrichten. Eine dieser Fährmöglichkeiten ist die Verbindung zwischen Zons und Düsseldorf-Urdenbach bei Rheinkilometer 718. Bis ins 20. Jahrhundert existierten in der Region noch weitere Fähren: Die einzige ab Stürzelberg wurde 1965 eingestellt, als der letzte Fährmann starb. Diejenigen zwischen dem Grind und Urdenbach sowie dem Grind und Düsseldorf-Benrath überquerten den Rhein noch regelmäßig bis 1988.

Vor dem Fähranleger wenden wir uns nach links, umrunden also den Biergarten und bleiben fortan auf dem Uferweg flussabwärts. Sehr schön lässt sich an den Frachtschiffen der Einfluss der Strömung beobachten: Die uns Entgegenkommenden haben es wesentlich schwerer als die mit uns fahren. Es dauert auch nicht lange, bis wir einem für die Rheinschifffahrt wichtigen Schild mit Angabe des Rheinkilometers 719 begegnen.

Der unbefestigte Weg führt uns weiter nordwärts, und wir können besonders nach einer Hochwasserperiode an den in den Bäumen hängenden Pflanzenresten gut erkennen, wie weit das Wasser ansteigen kann. Durch das ruhige Naturschutzgebiet wandern wir weiter am Rheinufer entlang. Dass der leise plätschernde Rhein auch anders kann, davon wissen besonders die Dauercamper des Campingplatz Fährhaus Pitt-Jupp, den wir nach einigen Hundert Metern erreichen, zu berichten. Der Platz mit 120 Stellflächen ist nur in der Zeit von April bis Oktober in Betrieb. In der übrigen Zeit müssen die Wohnwagen entfernt werden, da sie sonst von Hochwasser bedroht werden können. Wer also in den Wintermonaten durch das Zonser Grind unterwegs ist, wird auf einen verwaisten Campingplatz treffen oder gar schwimmen müssen. In Ufernähe bleibend, erreichen wir die Gaststätte Fährhaus Pitt-Jupp, welche uns mit ihrem Biergarten am Ufer des Rheins zu einer erfrischenden Pause einlädt. Wir bleiben zwar auf dem schmalen Asphaltweg, entfernen uns jedoch ein Stück vom Rhein, da der Uferbereich nun vom Niederrheinisch-Bergischen-Gemeinschafts-Wasserwerk genutzt wird. So genießen wir die Ruhe des Naturschutzgebietes und wandern bis zu einer kleinen Kreuzung. An dieser halten wir uns links, verlassen aber den Asphaltweg sofort wieder, um halbrechts auf einem schmalen Trampelpfad geradeaus weiter zu wandern. Er bringt uns geradewegs zur Hochwasserschutzanlage, an der wir über eine Treppe direkt zum Treideldenkmal gegenüber dem Restaurant Vater Rhein hinaufsteigen.

Treidelwege findet man an vielen Flüssen und Kanälen. Angelegt und genutzt wurden sie für den Transport der Schiffe, als sie sich noch nicht aus eigener Kraft fortbewegen konnten. Flussabwärts ließ man sich mit der Strömung treiben oder nutzte zusätzlich noch den Wind. Doch um einen Fluss gegen die Strömung befahren zu können, benötigte man Hilfe vom Ufer aus. In der Regel wurden Zugtiere wie Ochsen oder Pferde genutzt, doch in nicht wenigen Fällen wurde auch mit Menschenkraft getreidelt. Um ein Pferd, das 10-15 Tonnen Last zog, zu ersetzen, brauchte es 10 Personen. Bei schwereren Lasten konnte es durchaus vorkommen, dass ein Schiff von 200 Mann gezogen wurde. In einem Teil Habsburgs wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts das Treideln sogar als Ersatz für die abgeschaffte Todesstrafe verhängt. Rund Zweidrittel der so Bestraften starben, da das Treideln und die schlechten Bedingungen für die Häftlinge sehr hart waren. Das Treideln am Rhein ist seit dem 8. Jahrhundert bekannt, es ist jedoch davon auszugehen, dass bereits die Römer diese Art des Transportes kannten und anwendeten.

Auf der Oberstraße geht es wieder in Richtung Stürzelberger Kirche, von wo aus es nur noch wenige Meter bis zum Ausgangspunkt sind.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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