Mit dem Wohnmobil ins Baltikum – Extratour Kaliningrad

Extraroute – Rund um Kaliningrad
Entfernung: ca. 470 km, ohne Abstecher.
Strecke: Straße A195 bis Kaliningrad (Калинингpад) – A229/E28/E77 über Černjahovsk (Черняховск) bis Gusev (Гусев) – Straße 198 bis Sovetsk (Советск) – Straße A216/E77 und A229/E28/E77 bis Kaliningrad (Калинингpад) – Straße 193 bis Primorsk (Приморск) – Straße 192 über Svetlogorsk (Светлогорск) bis Želenogradsk (Зеленоградск) – Straße P515 über die Kurische Nehrung bis Litauen.
Reisedauer: Mindestens zwei Tage.
Höhepunkte: Königsberger Dom**, Königin-Luise-Brücke in Sovetsk*

Eine Reise durch das Kaliningrader Gebiet ist mit einer durch das restliche Baltikum kaum zu vergleichen. Deshalb ist diese Route als Extra-Route gekennzeichnet und ist möglicherweise nicht für Jeden etwas. Russland ist abenteuerlicher, Russland ist komplizierter und – Russland ist teurer.

Wer sich für eine Wohnmobilreise durch das russische Gebiet rund um Kaliningrad entscheidet, hat im Verhältnis zu dieser kleinen Region unverhältnismäßig hohe Ausgaben zu erwarten. Angefangen bei den Kosten für die Visabeschaffung (rund 60 Euro je Person) bis hin zu den Übernachtungskosten. Und diese sind das eigentliche Problem. In der gesamten Oblast (russische Bezeichung für einen Verwaltungsbezirk, entfernt vergleichbar mit einem deutschen Bundesland), befindet nur ein Campingplatz. Für diesen wiederum wird jedoch im alljährlichen Rhythmus schon seit mehreren Jahren die Schließung vorhergesagt. Dennoch, wenn es diesen Campingplatz nicht mehr geben wird, dann bleibt nur die Übernachtung in einem Hotel, da das freie Campieren verboten ist. Auf diesen Umstand wird man bereits bei der Einreise an der Grenze hingewiesen. Es gibt zwar einige Stellen, die zu einem freien Stehen mit dem Wohnmobil locken, doch aus zweierlei Gründen wird davon abgeraten. Zum einen ist die Armut recht hoch und ein westliches Wohnmobil übt gewisse Reize auf kriminelle Energien aus und zum anderen ist die Polizei-Präsenz in Russland so hoch, dass man damit rechnen muss, bei dieser verbotenen Art der Übernachtung erwischt zu werden. Abschließend ist die Ausreise aus Russland über die vorgeschlagene Route ebenfalls kostspieliger, jedoch trotzdem empfehlenswerter. Wer nicht über die Kurische Nehrung nach Litauen weiter reist, der hat keine weiteren Kosten zu erwarten. Doch bei einer Fahrt über die Kurische Nehrung sind hohe Gebühren für den Nationalpark zu entrichten.

Deutsche Spuren sind im Kaliningrader Gebiet kaum noch auszumachen. So existieren zwar noch vereinzelt deutsche Schriftzüge an manchen Gedenksteinen, doch wer hier einst als Ostpreuße wohnte, wird heute kaum noch etwas wiedererkennen. Von der einstigen Altstadt Königsbergs, wie Kaliningrad in früheren Zeiten hieß, ist heute kaum noch etwas zu sehen. Und dass sich mal am Ufer der Pregel ein herrschaftliches Schloss befand ist heute fast unvorstellbar, auch wenn man an der richtigen Stelle steht. Selbst einheimische Taxifahrer fragen erstaunt, ob das tatsächlich Kaliningrad sein soll, wenn man ihnen einen Königsberger Stadtplan von 1937 zeigt.

Bei der Kaliningrader Oblast handelt es sich um das ehemalige nördliche Ostpreußen. Wie mit dem Lineal gezogen, verläuft die Grenze zwischen Russland und Polen geradewegs von Ost nach West. Südlich dieser Grenzlinie befindet sich der polnische Teil Ostpreußens, der an die Masurische Seenplatte angrenzt und wo heute kaum noch deutsche Spuren zu finden sind, von der Wolfsschanze, dem ehemaligen Führerhauptquartier, abgesehen. Nördlich der Grenze beginnt die russische Oblast Kaliningrad, früher auch Königsberg genannt. Die größte Stadt in der Exklave ist Kaliningrad, gefolgt vom weiter östlich gelegenen Černjahovsk, dem damaligen Insterburg. Im Westen der Oblast befindet sich die Bernstein- oder auch Samlandküste. Sie ragt wie eine Halbinsel in die Ostsee hinein und breitet sich zu beiden Seiten aus. Im Süden liegt das Frische Haff, das sich Russland mit Polen teilt, im Norden dagegen liegt das Kurische Haff, welches mit Litauen eine Grenze bildet. In das Kurische Haff fließt die Memel bzw. der heutige Fluss Nemunas. Sobald dieser von Osten kommende Fluss russisches Territorium berührt, wird er bis zur Mündung zum Grenzfluss. Weiter südlich bilden die beiden ebenfalls im Osten entspringenden Flüsse Inster und Pissa den Fluss Pregel, der durch die Stadt Kaliningrad fließt.

Soweit zur Geographie, die Historie jedoch ist weitaus schwieriger und umfassender zu beschreiben. Man muss sich zuerst mit der Frage beschäftigen, wann denn die Geschichte Kaliningrads überhaupt beginnt. Nach russischer Denkart erst im Jahr 1946, zumindest will es so das landeskundliche Museum. Doch was ist mit den älteren Bauwerken und der Geschichte, die vorher auf dem Gebiet stattfand, von Personen wie Kant und E.T.A. Hoffmann ganz zu schweigen. Eine genaue Beschreibung der Geschichte Kaliningrads bzw. Königsbergs würde ein eigenes Buch füllen und hat es auch schon mehrfach getan.

Begonnen hat alles im 13. Jahrhundert, als in der Nähe der Bernsteinküste eine Burg namens Königsberg errichtet wurde. Kurze Zeit darauf entstand schon der Name der Region. Preußen stammt von den Prussen ab, die den Aufstand probten, während die Burg befestigt werden sollte. Nach zahlreichen Machtwechseln, bedingt auch die Schlacht von Tannenberg im Jahr 1410 und den Thorner Frieden wurde im Jahr 1544 die Königsberger Universität gegründet. Sie ist damit älter als die von Moskau.

In der Folgezeit gab es immer wieder Auseinandersetzungen rund um die Stadt und der Region. Nicht nur Litauen und Polen versuchten in Sachen Preußen bzw. Königsberg mitzureden, auch von der anderen Seite der Ostsee kamen Machthaber und kämpften um die Vorherrschaft. Der schwedische König Gustav II. Adolf forderte von Königsberg eine Neutralitätserklärung und besetzte die Stadt daraufhin nicht. Als Preußen am Anfang des 18. Jahrhunderts zu einem Königreich wurde, begann die Blüte der Stadt. Doppelt so viele Einwohner wie Berlin und königliche Residenzstadt machten Königsberg berühmt. Wirtschaftlich ging es der Stadt niemals besser als um die Wende zum 20. Jahrhundert. Gebaut wurde die Börse, der Seekanal zwischen Pillau (heute Baltijsk) und Königsberg sowie das Eisenbahnnetz, das zügig ausgebaut wurde. Es folgten die Kunsthalle, das Telegrafenamt, die Eisenbahndirektion und viele weitere wichtige Institutionen und Gebäude.

Nach einigen Zerstörungen im Ersten Weltkrieg und dem anschließenden Wiederaufbau kam leider noch der Zweite Weltkrieg. Lange Zeit hatte Königsberg nicht viel vom Krieg mitbekommen, außer das zahlreiche Waffen und Kriegsgüter hier umgeschlagen wurden. Im Jahre 1944 bombardierten die Engländer Königsberg und vernichteten fast die halbe Stadt. Den Rest übernahmen die Russen, als sie im April 1945 in die Stadt einmarschierten. Wer nicht schon vorher geflohen war, war dem Hass des Kriegsgegners ausgesetzt und wurde vergewaltigt, hingerichtet oder auf den Todesmarsch geschickt. Am Ende des Krieges gab es dann wirklich nichts mehr. Königsberg war dem Erdboden gleichgemacht worden.

Das Gebiet rund um Königsberg wurde als besondere Verwaltungseinheit der Russischen Sowjetrepublik zugeschlagen. Diese gaben der Stadt im Juli 1946 eine neue Bezeichnung. Namensgeber war der damalige Oberste Sowjet, Michail Kalinin. Damit nichts mehr an die deutsche Vergangenheit erinnert, wurden zuerst einmal alle Deutschen ausgewiesen. Als nächstes gab man jeder noch bestehenden Ortschaft einen neuen Namen, sowohl im russischen Teil der Sowjetunion als auch in der litauischen Sowjetrepublik. Anschließend kamen die Neusiedler, entweder aus der Ukraine oder Kasachstan oder aus vielen anderen Regionen der Sowjetunion. Sie wurden angesiedelt in einer Region, die ihnen fremd war und mit der sie überhaupt nichts zu tun hatten, ob nun russisch oder gar deutsch. In nur einem Jahr kam rund eine Viertelmillion Menschen nach Kaliningrad.

Nachdem man die gröbsten Kriegsschäden beseitigte und langsam ein Wiederaufbau erkennbar war, beschloss man den Abriss des Königsberger Schlosses. Dieses wurde im Dezember 1965 gesprengt und abgetragen. Wenige Jahre später beschloss man ein Neubauprogramm und plante ganze Stadtteile neu. Hierfür mussten die letzten wenigen Häuser aus deutscher Zeit weichen. Die wenigen Hinweise auf deutsche Spuren gingen mit diesem Bauprogramm verloren. Die Stadt Königsberg existierte jetzt tatsächlich nicht mehr, eine neue Stadt wurde geschaffen. Die Oblast Kaliningrad galt als die isolierteste Region der Sowjetunion. Jahrzehntelang wusste außerhalb der Sowjetunion keiner was dort geschieht. Selbst innerhalb war dies nicht immer bekannt. Als schließlich mit der Perestroika und dem Glasnost ein Umdenken erfolgte, beschloss man die Öffnung Kaliningrads für westliche Besucher zum 1. Januar 1991. Die deutschen Reisenden, die daraufhin ihre alte Heimat oder die Heimat ihrer Eltern besichtigen wollten, waren enttäuscht. Sie suchten vergeblich das ihnen vertraute Gesicht der Stadt Königsberg sowie das Schloss und fanden einen Dom in desolatem Zustand vor. Im August 2008 hat man im neu erbauten Einkaufszentrum „Europa-Center“ jedoch für zwei Wochen eine Modellausgabe der Königsberger Innenstadt ausgestellt, so wie Kaliningrad einst ausgesehen hat.

In den 1990er Jahren hat man den Dom wieder restauriert, doch was sonst geblieben ist, hat mit der deutschen Kultur und Vergangenheit nichts gemein. Doch viele Russen, erstaunlicherweise sehr viele junge Russen, sind heute bemüht, deutsche Spuren zu suchen und zu bewahren. Aber letztendlich ist Kaliningrad heute eine ehemals sowjetische Stadt mit großen kyrillischen Buchstaben als Ortseingangsschild, einer breiten Lenin-Straße sowie bunter Neon-Werbung für weltbekannte Importartikel zwischen Plattenbauten.

Nachdem die USA, Polen und Tschechien im Jahr 2008 ihre Pläne, eine Raketenabwehrstation in den beiden Ländern zu stationieren, unterzeichnet haben, hat der russische Präsident Dmitri Medwedjew angekündigt, dass im Kaliningrader Gebiet, nahe zur polnischen Grenze ebenfalls eine Raketenabwehreinrichtung installiert werde. Interessanterweise wurde diese Maßnahme genau an dem Tag angekündigt, als Barack Obama zum neuen Präsidenten der USA gewählt wurde. Das benachbarte Litauen reagiert besorgt auf diese Pläne und befürchtet, dass das Baltikum, ähnlich wie der Kaukasus zu einer Interessenszone Russlands wird.

Doch es wird nicht nur militärisch aufgerüstet. Für die Jahre 2009 bis 2019 wurde angekündigt, dass das komplette Straßennetz in der Kaliningrader Oblast aus westeuropäisches Niveau gebracht wird. Seit dem Frühjahr 2008 wird bereits an der neuen Verbindung zwischen dem Flughafen Kaliningrad und Želenogradsk gearbeitet. Auch eine Küstenautobahn ist in Planung, die dann aller Vorraussicht nach, mautpflichtig werden soll.

Doch eine Reise durch das Kaliningrader Oblast hat dennoch seinen Reiz. Neben den äußerst günstigen Kraftstoffpreisen hat man hier noch die Möglichkeit, Lenin-Statuen an offiziellen Plätzen zu sehen, einen starken Kontrast zwischen Arm und Reich zu erleben und Vorurteile gegenüber den „bösen Russen“ abzubauen. Man wird es nicht schaffen, ohne Polizeikontrolle durch das Land zu kommen. Diese Route ist in zwei Abschnitte unterteilt, die man auf zwei Tage aufteilen sollte. Als Übernachtungsort empfiehlt sich das Hotel Baltika, das am östlichen Rand der Stadt Kaliningrad liegt. Von dort aus kann man die Region in zwei Tagesetappen bequem erkunden.

Route: Um überhaupt nach Russland einzureisen, empfiehlt sich der Grenzübergang beim polnischen Bezledy. Auf russischer Seite erscheint auf der rechten Seite ein Denkmal in deutscher Sprache sowie kurz darauf ein Findling, an dem der Ortseingang von Bagrationovsk (Preussisch Eylau) auch in Deutsch angebracht wurde. Fahren Sie auf der A194 in nördliche Richtung nach Kaliningrad. In der Stadt überqueren Sie den Fluss Pregel und halten sich rechts bzw. ostwärts an die Beschilderung nach Černjahovsk/Insterburg (Черняховск). Nach einer stationären Polizeikontrolle befindet sich auf der linken Seite das Hotel Baltik. Fahren Sie hinter der Polizeikontrolle auf der vierspurigen Straße links und wenden Sie an der nächsten Haltestelle. Anschließend fahren Sie zurück bis zu der kleinen Tankstelle und biegen dort nicht zu den Zapfsäulen ab, sondern auf die kleine Straße mit den Schlaglöchern, die zum Hotel führt. ●

ČERNJAHOVSK (INSTERBURG) UND SOVETSK (TILSIT) – ÖSTLICHER TEIL DER OBLAST KALININGRAD

Route: Wenn Sie am Hotel starten und nach Insterburg möchten, bleibt es Ihnen nicht erspart, zweimal durch die nahe gelegene Polizeikontrolle zu fahren, die sich am Anfang der Autobahn befindet. Fahren Sie also erst wieder zur Tankstelle zurück, passieren Sie die erste Kontrolle in Richtung Kaliningrad und wenden Sie anschließend an der nächsten Möglichkeit. Dann geht es abermals an der Polizei vorbei und bleiben nun geradewegs auf der Schnellstraße. Anfangs führt sie vierspurig durch das weite Brachland hindurch. Hinter der Überquerung des breiten Flusses Dejma geht es durch Wald. Wenn sich dieser lichtet fahren Sie auf einer zweispurigen Landstraße bis nach Insterburg. ●

In Insterburg/Černjahovsk (Черняховск) fallen einem sofort die alten Gebäude auf, die zum Teil noch aus der Zeit vor dem Krieg stammen. Auf dem Weg in das Stadtinnere gelangt man automatisch zum Leninplatz, auf der linken Seite begrüßt selbiger in Bronze den Besucher. Dieser öde und leere Platz war einst das Zentrum bzw. der alte Marktplatz von Insterburg. Heute ist es nur noch eine T-Kreuzung mit besagtem Lenin-Denkmal. Von dem Schloss, das sich in unmittelbarer Nähe befand, ist heute nicht mehr viel zu sehen. Nach rechts, bzw. nach Süden, der Blickrichtung Lenins folgend gelangt man automatisch zum Bahnhof, der jedoch wenig spektakulär ist und sich heute immer noch mit Hammer und Sichel präsentiert.

Route: In Černjahovsk bleiben Sie auf der E28 und folgen der Beschilderung nach Moskau. Nach rund 20 km haben Sie Gusev erreicht. ●

Der Fluss Pissa, der sich bei Insterburg mit der Inster zum Fluss Pregel vereinigt, teilt die Stadt Gumbinnen/Gusev (Гусев) in zwei Hälften. Zu sehen gibt es in Gusev nicht viel, die markanteste Sehenswürdigkeit ist ein Elch. Diese Bronzefigur wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges in den Zoo von Kaliningrad gebracht. Erst im Jahr 1991 durfte der Elch zurückkehren. Stand er einst auf dem Magazinplatz, so befindet sich die Figur heute neben dem Theater Mir auf der Pobedystraße. Der Magazinplatz ist mittlerweile mit einer anderen Büste besetzt. Dort sieht man den russischen Offizier Gusev, nach dem die Stadt Gumbinnen heute benannt wurde.

Route: Fahren Sie in Gusev nordwärts aus der Stadt hinaus und folgen Sie auf der schmalen Landstraße der Beschilderung nach Sovetsk, das Sie nach rund 60 km erreichen. ●

Sovetsk (Советск) oder auch Tilsit, wie es früher genannt wurde, ist eine Grenzstadt zu Litauen und liegt direkt am Nemunas bzw. an der Memel. Dort befindet sich die beeindruckende Königin-Luise-Brücke, die den Fluss überspannt und als das markanteste und schönste Bauwerk der Stadt gilt. Beim Rückzug der Deutschen im Zweiten Weltkrieg sprengten diese das Brückenbauwerk, doch das Portal aus Sandstein blieb stehen und macht diese Brücke zu einer kleinen Sehenswürdigkeit. Als die Stadt noch Tilsit hieß, war die Brücke eine der letzten Grenzübergänge Deutschlands. Heute ist ein Übertreten dieser Brücke nur noch möglich, wenn man Russland verlassen möchte. Für ein erneutes Einreisen wird dementsprechend ein neues Visum benötigt. Am Ende des Brückenkopfes befinden sich heute zahlreiche hässliche Plattenbauten. Früher stand hier die Deutsche Kirche, die das Stadtbild prägte. Doch die Überreste des Gotteshauses wurden in den 1970er Jahren endgültig abgerissen. Dieses Schicksal musste sie jedoch mit den anderen Kirchen in der Stadt teilen, so ist auch von der Litauischen Kirche in der Drushbystraße nichts mehr zu sehen.

Route: Wenn Sie in Sovetsk nicht die Grenze nach Litauen überqueren möchten, so fahren Sie auf der E 77 / 216 südwärts nach Kaliningrad. Nach fast 70 km treffen Sie wieder auf die Querverbindung zwischen Kaliningrad und Černjahovsk. ●

STADT KALININGRAD (KÖNIGSBERG) UND DIE OSTSEEKÜSTE – WESTLICHER TEIL DER OBLAST KALININGRAD

Wer mit dem Fahrzeug nach Königsberg/Kaliningrad (Калинингpад) fährt, wird lange suchen müssen, bis er einen bewachten Parkplatz findet. Diese sind in der Stadt bei weitem noch nicht so bekannt wie in anderen Staaten. Wer auf Nummer Sicher gehen will, was sicherlich auch zu empfehlen ist, der sollte seinen Wagen am Hotel stehen lassen und mit dem Taxi zum gewünschten Ort fahren. Alternativ bieten sich einige Parkplätze direkt hinter dem Dom auf der Oktjabrskaja-Straße (Октябрская) an.

Ein richtiges Zentrum hat Kaliningrad nicht. Es gibt lediglich den Zentralplatz, wo sich früher das Schloss befand und heute das merkwürdig anmutende Rätehaus befindet. Der Fluss Pregel fließt von Ost nach West durch die Stadt und teilt sie in einen nördlichen und südlichen Teil. Im südlichen Bereich befindet sich zwischen dem Brandenburger und dem Friedländer Tor der Hauptbahnhof. Diese Tore wurden im neogotischen Stil Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet und gehören zu der letzten Stadtbefestigung, die überhaupt noch in Europa gebaut wurde. Nördlich des Brandenburger Tores steht noch das Friedrichsburger Tor direkt am Ufer der Pregel.

Weiter flussaufwärts sieht man ein schönes Gebäude, das schon älter zu sein scheint. Es ist eines der wenigen von den Russen restaurierten Gebäude, die Börse. Direkt gegenüber der Börse befindet sich die kleine Kneiphof-Insel (heute Kant-Insel) mit dem Wahrzeichen der Stadt, dem Königsberger Dom. Zu früheren Zeiten war dieses kleine Eiland dicht bebaut, heute sieht man nur noch den Dom und die daran angrenzende Grabstätte von Immanuel Kant. Am südwestlichen Ende des Gebäudes gibt es einen kleinen Gedenkstein für Julius Rupp mit der deutschen Inschrift: „Wer nach der Wahrheit, die er kennt, nicht lebt, ist der gefährlichste Feind der Wahrheit selbst.“

Der Baubeginn des Domes fand im Jahr 1333 statt, fertig gestellt wurde er schließlich 18 Jahre später. Das 96 m lange Gebäude stand während der Sowjetzeit viele Jahre lang als Ruine mitten in der Stadt. Erst 1992 hat der Wiederaufbau durch das staatliche Bauunternehmen „Kafedralny Sobor“ begonnen. Heute glänzt der Dom wieder mit seinem 57 m hohen Südturm.

Heute sind in dem Dom mehrere Ausstellungen untergebracht. So kann man die Geschichte des Kneiphofes, wie Königsberg im Mittelalter genannt wurde, sehen. Darüber hinaus ist die Historie des Domes sowie eine Kant-Ausstellung zu sehen, Gruppenführungen Königsberger Dom: täglich 10, 11, 12, 14, 15 und 16.00 Uhr. Nördlich des Domes befindet sich auf der anderen Seite der Nowaja Pregel (Neuer Pregel) das Rätehaus. An derselben Stelle wurde 1965 das Königsberger Schloss gesprengt. Hinter dem Rätehaus beginnt in nördliche Richtung der Schlossteich. Das Gewässer reicht fast bis zum Roßgärter Tor, einem weiteren Tor der einstigen Stadtbefestigung. Dort am Tor erhebt sich zugleich der Dohna-Turm. In diesem ist eines der weltgrößten Bernsteinmuseen untergebracht. 6.000 Exponate, teilweise mit seltenen Insekteneinschlüssen, Objekte aus dem Bernsteintagebau von Palmnicken und kunsthandwerkliches aus dem baltischen Gold werden dort gezeigt, geöffnet Di – So 10 – 19.00 Uhr.

Der Dohna-Turm befindet sich auf der östlichen Seite des Oberteiches, der zu einem kleinen Naherholungsgebiet zählt. Auf der anderen Uferseite befindet sich der Wrangelturm. Dieses unter Denkmalschutz stehende Bauwerk ist ein massives Bollwerk, den die sowjetische Armee als Lagerraum nutzte. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Haus der Technik, auf dem noch heute eine deutsche Inschrift angebracht ist. Gehen Sie auf der Ul. Tschernjachowskowo (улица Черняховского) nach Westen, so gelangen Sie zum Platz Pobedy (Площадь Победы). Dort sehen Sie am südlichen Ende das Stadthaus und gegenüber des Nordbahnhofes die Technische Hochschule. Dieser Platz, einst Hansaplatz, heute Platz des Sieges, ist das eigentliche Zentrum der Stadt, zumindest spielt sich hier das gesellschaftliche Leben ab. Im Südosten des Platzes verläuft der Leninski Prospekt (Ленинский Проспект) zum Zentralplatz mit dem Rätehaus. Das Stadthaus beherbergt heute die Verwaltung der Oblast Kaliningrad und den Sitz des Bürgermeisters.

Überqueren wir die Gleise und lassen die Technische Hochschule rechts liegen, so sehen wir auf der linken Seite in einer kleinen Grünanlage in der Kurve das Schiller-Denkmal. Nach dem Straßenknick des Mira-Prospekts (Проспект Мира) steht hinter einigen Bäumen, etwas versteckt, das Schauspielhaus. Das Schiller-Denkmal stammt aus dem Jahr 1910 und steht heute nicht mehr ganz an derselben Stelle. Zudem wurde von den Russen die Inschrift auch in Kyrillisch eingemeißelt.

Schräg gegenüber dem Schauspielhaus sieht man das kleine Stadion Baltika und kurz darauf erscheint auf der rechten Seite der Tiergarten. Der Wiederaufbau wurde durch den Bürgermeister Wiktor Denissow veranlasst. Er war auch dafür verantwortlich, dass die Kunstgalerie errichtet wurde und die weiter im Westen gelegene Luisenkirche erhalten blieb. Der Befehl lautete nämlich ganz anders. Ebenso ließ er den Schlossteich sanieren und verschönerte dadurch die Stadt, die zu dem Zeitpunkt schon ziemlich herunter gekommen war. Als Dankeschön musste er Mitte der 1980er Jahre seinen Stuhl als Stadtoberhaupt räumen.

Die Straße geht es wieder zurück und über den Platz Pobedy zum Leninski Prospekt. Wenn Sie dieser breiten Straße Richtung Rätehaus folgen, so erreichen Sie kurz vorher auf der linken Seite das Kant-Denkmal direkt am Universitätsgebäude. Vor dem Bauwerk befindet sich der unterirdische Befehlsstand von General Otto Lasch, dem Verteidiger von Königsberg. In dem Militärbunker ist heute ein Museum eingerichtet und zeigt an Hand von Fotos und Dokumenten den Kampf um Königsberg in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, geöffnet Di – Fr 10 – 17.00 Uhr.

Praktische Hinweise – Kaliningrad
Hotel Dohna, General Vasilevsky Platz 2 (площадь маршала Василевского), Tel.: 0112-35 16 50, E-Mail: dona(at)kaliningrad.ru. 24 saubere und gut ausgestatte Zimmer mit SAT-TV, Mini-Bar, Klimaanlage und Telefon. Im Erdgeschoss gibt es das Restaurant „Dolce Vita“ mit mediterraner Küche bis 24 Uhr. Die Rezeption spricht Deutsch. Das Hotel liegt in unmittelbarer Nähe des Dohna-Turmes und des Oberteiches.
Hotel Moscow, Prospekt Mira 19 (Мира Проспект), Tel.: 0112-35 23 33, in unmittelbarer Nähe des Tiergartens mit 171 Zimmern. Das Hotel bietet eine Sauna sowie ein Restaurant.
Hotel Kaliningrad, Leninski Prospekt 81 (Ленинский Проспект), Tel.: 0112-53 60 21, Web: www.hotel.kaliningrad.ru. Das größte Hotel in der Stadt befindet sich direkt am Zentralplatz. Wer von Süden kommt, fährt automatisch drauf zu. Die 235 Zimmer bieten Telefon und Fernsehen. Im Hotel gibt es ein Internetcafé, ein Restaurant und eine Bar.
Camping am Hotel Baltika, Moskowskij Prospekt 202, Tel.: 0112-45 55 30, Fax: 0112-45 55 43. Wie bereits im Text erwähnt, erwägt das Hotel jedes Jahr aufs Neue den Campingplatz hinter dem Haus zu schließen. Dabei handelt es sich aber lediglich nur um eine kleine Wiese mit Stromanschluss am Seeufer des Mühlenteiches. Daher lohnt es sich dort hin zu fahren und nach einer Übernachtungsmöglichkeit im Auto zu fragen. Das Hotel ist ganzjährig geöffnet und ist erreichbar über die Schnellstraße nach Insterburg.

Route: Nördlich des Domes verläuft die breite Hauptstraße (Moskovskij Prospekt) durchdie Stadt und bringt Sie in westliche Richtung. Am Kreisverkehr halten Sie sich links und fahren auf der waldreichen Straße 193 Richtung Primorsk. Dort müssen Sie jedoch rechts über die Gleise abbiegen und nordwärts auf der A192 fahren. ●

Pillau bzw. Baltijsk (Балтийск) ist eine reine Militärstadt, d.h. die Stadt hat nicht nur eine größere Kaserne, sondern ist die größte Marinebasis nach St. Petersburg. So ist es nicht verwunderlich, dass die Stadt ein Sperrgebiet ist und nur mit einer ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung besucht werden darf. Kurz vor Baltijsk trifft man auf eine Straßensperre, die freundlich darauf aufmerksam macht, dass eine Weiterfahrt hier nicht möglich ist. Selbst Verwandte der dort lebenden Einwohner bedürfen dieser Erlaubnis, die in Kaliningrad ausgestellt wird. Da das gesamte Leben in der Stadt vom Militär geprägt ist, lohnt es nicht, sich um die Genehmigung zu bemühen. Das einzige Museum in Baltijsk beschäftigt sich mit dem Thema Militär, wie sollte es auch anders sein. Die Festung, ein markantes Gebäude von Baltijsk, ist zu einer Kaserne umfunktioniert worden und im Hafen liegen natürlich Kriegsschiffe.

Route: Sie bleiben auf der Straße A192, die auf direktem Weg nach Svetlogorsk führt. Auf dem Weg dorthin haben Sie die Möglichkeit nach links einen kleinen aber nicht lohnenswerten Abstecher nach Jantarnyj/Palmnicken zu machen. ●

In einigen älteren Reiseführern steht geschrieben, dass Palmnicken/Jantarnyj (Янтарный) nicht betreten werden darf, da es sich einerseits um Grenzgebiet bzw. um einen Küstenstreifen handelt andererseits aber auch, weil hier Bernstein in großen Mengen abgebaut wird. Dies gehört der Vergangenheit an. Jantarnyj kann wieder besucht werden und man darf auch mittlerweile den Strand betreten. Dieser ist teilweise bis zu 100 m breit und lockt mit feinem Sand, Tourismus ist hier allerdings fast unbekannt. Den Bernsteintagebau, der einzige seiner Art auf der Welt, kann von der Steilküste aus sehen.

Rauschen, wie das heutige Svetlogorsk (Светлогорск) einst hieß, war ein erholsamer Badeort. Bereits im 13. Jahrhundert wurde die Ortschaft erwähnt. Der Aufschwung kam jedoch erst in der Wende zum 20. Jahrhundert als die Samlandbahn gebaut wurde. Unterteilt ist Svetlogorsk in zwei kleinere Ortschaften, einerseits in Svetlogorsk I (Rauschen-Ort) und in Svetlogorsk II (Rauschen-Düne). Letzteres befindet sich etwas weiter oberhalb und ist der eigentliche Kurort. So kommen Menschen zum Kuren und Entspannen nach Svetlogorsk II. Wohnhäuser gibt es lediglich in Svetlogorsk I.

Das kuppelartige Gebäude mit dem Turm ist das Warmbad. Im Turm befindet sich das Wasser und eine Aussichtsplattform in 25 m Höhe.

Route: Von Svetlogorsk geht es wieder weiter in das Landesinnere. Folgen Sie nicht der Beschilderung nach Pionerskiy. Dabei handelt es sich um eine Sackgasse, sondern halten Sie sich in Richtung Želenogradsk. ●

An der so genannten Samlandküste war vor dem Zweiten Weltkrieg die Ortschaft Cranz (heute Želenogradsk, Зеленоградск) der bedeutendste und mondänste Kurort. Doch der Krieg, und nicht nur der, hat Spuren hinterlassen. Hinter dem schmalen Strand befindet sich heute nur noch eine breite Betonpromenade und dahinter sind zum Teil verfallene Häuser zu sehen, die eher abstoßend wirken und kein Gefühl von Badeurlaub aufkommen lassen. Von Cranz aus hat man beste Möglichkeiten die Kurische Nehrung zu erreichen. Diese ist, wie in Route 1 beschrieben, aufgeteilt in einen litauischen und einen russischen Teil. Der russische ist zwar urtümlicher, jedoch touristisch kaum erschlossen. Bei einer Fahrt über die gesamte Nehrung merkt man den Unterschied sehr deutlich, obwohl es sich um die gleiche Flora handelt. Auch der russische Teil der Nehrung ist kostenpflichtig.

Route: Von Želenogradsk aus haben Sie die Möglichkeit wieder südwärts nach Kaliningrad zu fahren, oder Richtung Norden, um durch bewaldetes Gebiet auf der Kurischen Nehrung auszukommen. Doch es dauert nicht lange, bis die Schranke der Nationalparkverwaltung erscheint. Von russischer Seite aus kostet die Fahrt in den Nationalpark 1.400 Rubel für ein Wohnmobil mit zwei Personen. ●

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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