Der Tonto Trail im Grand Canyon

Tonto Trail im Grand Canyon

Der Tonto Trail ist vermutlich der am wenigsten begangene Wanderweg im Grand Canyon. Dabei ist er total schön und spannend, aber im Vergleich zum Bright Angel Trail oder dem North Kaibab Trail und dem Gegenstück, dem South Kaibab Trail, ist es doch deutlich aufwändiger, auf dem Tonto Trail unterwegs zu sein.

Auf dem Tonto Trail unterwegs
Auf dem Tonto Trail unterwegs

Das hat mehrere Gründe. Zum einen dürfte das daran liegen, dass der Tonto Trail ein Fernwanderweg ist. So könnte man ihn mit seinen 153 Kilometern bzw. 95 Meilen durchaus bezeichnen. Zum anderen liegt es wohl an seiner Beschaffenheit. Denn er bietet nur sehr wenig Schatten, was im heißen Grand Canyon nochmal um einiges beschwerlicher ist und die Höhenmeter wollen wir auch nicht vergessen.

Wanderung auf dem Tonto Trail
Wanderung auf dem Tonto Trail

Wir selber haben nur siebeneinhalb Kilometer bzw. viereinhalb Meilen auf dem Tonto Trail verbracht und zwar auf dem klassischen Abschnitt zwischen dem South Kaibab Trail und dem Bright Angel Trail am Havasupai Garden, dem ehemaligen Indian Garden. Dieses Teilstück gilt als der einfachste Abschnitt des Tonto Trails und der am meisten begangene. Nun, als wir den Weg wanderten, trafen wir unterwegs gerade einmal auf eine einzige weitere Person. Wenn das also als viel begangen zählt, dann dürfte auf den anderen Kilometern pure Einsamkeit herrschen und zwar für sehr lange Zeit.

Ankunft am Havasupai Garden
Ankunft am Havasupai Garden, der früher Indian Garden hieß

Lage des Tonto Trails

Beim Tonto Trail ist es notwendig, zunächst einmal noch den Zuweg zu absolvieren, denn sowohl im Osten als auch im Westen, wo der Wanderweg beginnt bzw. endet, steht man direkt am Colorado River. Also mitten im Grand Canyon und da muss man erst einmal hinab. An beiden Enden ist man also erstmal am Flussufer unterwegs, aber der zentrale Teil des Tonto Trails verläuft auf dem sogenannten Tonto-Plateau. Dieses Plateau ist relativ flach und befindet sich ungefähr auf der halben Höhe zwischen dem Colorado River und der Kante des Grand Canyon. Hier ist man also deutlich oberhalb des Flusses und dennoch weit unten im Grand Canyon unterwegs.

Michael Moll im Grand Canyon
Michael Moll im Grand Canyon

Das gilt insbesondere für den Abschnitt zwischen dem South Kaibab Trail und dem Bright Angel Trail. Beide Wanderwege führen auf der Südseite des Grand Canyons zum Fluss hinab und treffen sich dort an der Phantom Ranch am Nordufer. Von dort aus geht dann der North Kaibab Trail zur nördlichen Kante wieder hinauf. Das ist auch die Strecke, die wir machten, als wir den Grand Canyon zum ersten Mal durchquerten.

Tonto Trail

Da der Tonto Trail ausschließlich auf der südlichen Seite des Canyons verläuft, kreuzt er sowohl den South Kaibab Trail als auch weiter westlich den Bright Angel Trail. Genau diesen Abschnitt sind wir bei unserer zweiten Grand Canyon-Tour gegangen. Wir ließen also unseren Wagen auf dem Parkplatz am Besucherzentrum stehen und gingen zunächst auf dem Rim Trail in Richtung Osten. Dabei konnten wir wunderbar den Sonnenaufgang beobachten. Wir wussten allerdings noch nicht, dass dies der heißeste Tag des Jahres werden würde.

Kreuzung am The Tipoff

Nach rund zweieinhalb Meilen, also satten vier Kilometern auf dem gut begehbaren und komplett flachen Asphaltweg hat man dann endlich den Einstieg in den South Kaibab Trail erreicht. Von nun an geht es bergab und zwar fast sieben Kilometer bis man den Rastplatz The Tipoff erreicht. Hier macht man nicht die erste Pause des Tages, aber eine der wichtigsten. Denn hier gibt es eine Schutzhütte, die aus gelöcherten Metallwänden besteht. Erstaunlicherweise ist es in dieser Schutzhütte sehr kühl, obwohl sie in der prallen Sonne steht. Vermutlich hängt das mit den Wänden zusammen, die ein wenig an ein Netz erinnern. Nur, dass dieses Netz eben aus Metall besteht. Wärme ableitend? Ich weiß es nicht. Aber ich kann nur empfehlen, diesen Pausenplatz ausgiebig zu nutzen.

Denn The Tipoff ist gleichzeitig der Kreuzungspunkt zwischen South Kaibab Trail und Tonto Trail. Wer weiter hinab zum Colorado River möchte, bleibt auf dem South Kaibab Trail. Aber wer nun endlich den Tonto Trail kennenlernen will, und sei es nur so ein kurzes Stück, der biegt jetzt nach Westen ab. Nur ein kleines Holzschild weist auf den schmalen Trail hin, den man eigentlich nur hintereinander wandern kann. Dennoch ist er gut erkennbar zwischen dem Bewuchs im Grand Canyon. Auch wenn es heißt, der Tonto Trail sei vor allen Dingen auf diesem Teilstück sehr flach, sollte man sich nicht täuschen. Auch hier geht es immer auf und ab, wenn auch nicht gleich große Berge oder Hügel überquert werden müssen.

Kleine grüne Oase mit Wasser
Kleine grüne Oase mit Wasser

Doch wenn man, so wie wir bei 115° Fahrenheit bzw. 46° Celsius fast komplett ohne Schatten unterwegs und man im Hinterkopf hat, dass man später noch den Bright Angel Trail wieder hinauf muss, dann ist selbst ein einziger Höhenmeter unter Umständen schon anstrengend.

Kein Schatten auf dem Wanderweg

Doch was bedeutet „fast ohne Schatten“? Das kann ich gut erklären. Auf dem gesamten Abschnitt zwischen dem South Kaibab Trail und dem Havasupai Garden am Bright Angel Trail gibt es ganze zwei Mal kurz Schatten. Einmal handelt es sich um einen Felsvorsprung, unter dem man sich sogar gut hinsetzen oder legen kann. Ein anderes Mal quert ein kleiner Bach den Tonto Trail. Und da wo Wasser ist, wächst meistens auch etwas. Das heißt, den Bach muss man durch sehr hohes Gras hindurch überqueren und es gab dort sogar einen Baum. Sehr viel Schatten ist das nicht. Da ist es unter dem Felsvorsprung schon etwas schattiger.

Bis zum Havasupai Garden sind es von The Tipoff fast exakt sieben Kilometer. Bis dahin muss man also ganz ohne Schatten auskommen. Für mich war es an einer Stelle fast schon zu viel Sonne und ich hatte versucht, zumindest meinen Kopf in den kleinen Schatten eines Felsens zu legen, die immer wieder am Wegesrand zu finden sind. Aber das ist beinahe wirkungslos und auch nicht gerade bequem, denn die Felsen sind gerade einmal kniehoch. Da kann man sich ausmalen, wie klein der Sonnenschutz ist und dass man sich dafür direkt auf den Weg legen muss. Sah blöd aus, war aber zwischendurch pure Verzweiflung.

Im Indian Garden kann man Wasser auffüllen

Im Havasupai Garden kann man Wasser auffüllen

Der Tonto Trail ist also ziemlich herausfordernd und darf nicht unterschätzt werden. Erst recht, wenn man vorher noch zum Trail hinab gehen und später wieder aus dem Canyon heraus muss. Als wir am Havasupai Garden ankamen, haben wir erstmal Schutz vor der Sonne gesucht und auf Rat einer Rangerin haben wir uns einfach in den kleinen Bach gelegt, der diese kleine Oase durchquert. Nach zwei Stunden Pause im kühlen Wasser konnten wir dann den Aufstieg auf den Bright Angel Trail in Angriff nehmen. Auf dem gesamten Tonto Trail gibt es übrigens mehrere Übernachtungsplätze, für die man vorher ein Permit besorgen muss. Es gibt aber nur eine Stelle, an der man Wasser auftanken kann, das nicht vorher gefiltert oder abgekocht werden muss – und zwar am Havasupai Garden.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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