Wandern rund um Bonn – Hinauf auf den Venusberg

Einmal auf den Venusberg
Unter grünem Blätterwerk frische Waldluft genießen

Pkw/Parken: Wanderparkplatz im Haager Weg, kurz hinter der Jugendherberge
ÖPNV: Ab Bonn Hbf. mit der Buslinie 600 bis Jugendherberge
Rundweg: Ca. 6 Kilometer/2,5 Stunden
Streckenprofil: Überwiegend Waldwege, teils asphaltiert mit sanftem Gefälle und anschließend ebenso sanfter Steigung
Einkehr: Waldhäuschen-Café, Kiefernweg 26, 53127 Bonn, Tel. (02 28) 28 11 62, www.waldhaeuschen.de; Restaurant Basilico, An der Casselsruhe 1, 53127 Bonn, Tel. (02 28) 28 80
Am Wegesrand: Auferstehungskirche; Venusberg; Universitätsklinikum; Cassels Ruhe; Kaiser-Wilhelm-Denkmal

Ein Plateau, hoch oben über der Stadt, kann nur eines bedeuten: Weite Fernblicke gilt es bei der Wanderung über den Venusberg zu genießen. Abgelöst wird der Blick ins Rheintal von Baumwipfeln, die Heimstätte für Eichelhäher, Drosseln und Kleiber sind und deren Stimmen uns auf dem Weg über das Plateau begleiten. Federnden Schrittes wandern wir dabei mühelos im leichten Auf und Ab und vollenden diese abwechslungsreiche Runde mit einem Blick auf interessante Kirchenarchitektur auf dem Hochplateau.

Wanderer, die mit dem Pkw anreisen, gehen ab dem Wanderparkplatz ein kurzes Stück die Straße hinauf, lassen die Jugendherberge hinter sich und haben an der Haltestelle die kreisrunde Auferstehungskirche, unseren Ausgangspunkt, direkt im Blickfeld.

Die runde Auferstehungskirche in Bonn wurde 1957 errichtet und steht unter Denkmalschutz. Ihr architektonisches Vorbild war ein Essener Gotteshaus, das zufälligerweise ebenfalls den Namen Auferstehungskirche trägt – sie gilt nicht nur als herausragend, sondern ist eine der ältesten Rundkirchen Deutschlands. Archäologische Ausgrabungen belegen, dass es in einzelnen Teilen Europas bereits im frühen Mittelalter runde Sakralbauten gegeben haben muss. Doch wie wir heute wissen, hat sich diese Form der Kirchenarchitektur in Deutschland nicht durchgesetzt. Besonders im skandinavischen Raum trifft man aber öfter auf Kirchen mit einem runden Grundriss.

Wir gehen auf einem schmalen Schotterweg rechts an der Kirche vorbei in den Wald hinein. Wir wandern unter den raschelnden Bäumen am Waldrand entlang, passieren einen Weg von links und treffen auf eine Gabelung, an der wir uns für den linken Weg entscheiden. Der rechte Weg würde uns nach einiger Zeit zum Wildgehege Kottenforst bringen.

Der linke Weg führt uns schon nach kurzer Zeit aus dem Wald heraus, und wir wandern auf der Don-Bosco-Straße zwischen den Wohnanlagen des Stadtviertels Venusberg weiter.

Walter Scheel, Ludwig Erhard, Willy Brandt und Heinrich Lübke waren nicht nur alle hochrangige Politiker, sondern sie lebten auch alle im Stadtteil Venusberg. Die erhöhte Lage von Venusberg macht ihn zu einem beliebten Wohnviertel von Bonn. Doch die Endung Berg wäre wohl besser durch die Bezeichnung Hochplateau zu ersetzen. Auch der erste Teil des Namens kann Verwirrung stiften, denn vergeblich sucht man nach einer Sternwarte oder einem anderen Hinweis zur Venus. Die Bezeichnung Venus leitet sich von Venn ab, dem niederdeutschen Ausdruck für ein sumpfiges Gebiet, und das war der Venusberg vor langer Zeit in der Tat: ein Hochmoorplateau. Heute ist hiervon jedoch nichts mehr zu sehen. Ein Großteil des Plateaus ist bebaut. Ein bewaldeter Grüngürtel erhöht seine Wohnqualität, und im Süden schließt sich der Kottenforst an und lädt zu ausgiebigen Wanderungen in den dichten Wäldern ein.

Wir aber haben am Ende der kleinen Don-Bosco-Straße die Möglichkeit, im Waldhäuschen-Café in die Rolle des Beobachters zu schlüpfen und dem Leben im Wohnviertel Venusberg bei einem gekühlten Getränk zuzuschauen. Auf der anderen Straßenseite erkennen wir die die Heiliggeistkirche. Dann wenden wir uns nach rechts und spazieren durch den Kiefernweg bis zu einer weiteren T-Kreuzung, an der wir links abbiegen. Ein vorheriger Blick nach rechts auf die Zufahrt des Universitätsklinikums Bonn verrät uns jedoch schon, was für Gebäude uns im Laufe der weiteren Wanderung begleiten werden.

1783 begann die Geschichte des Universitätsklinikums mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für Chirurgie, allerdings noch unten in Bonn. Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Klinik auf das Gelände der ehemaligen Flugabwehr verlegt. Man baute die bisherige Kaserne um und erweiterte diese mit mehreren Klinikgebäuden. Die Verwaltung des Klinikums ist auch heute noch im alten Gebäudeabschnitte, einem markanten Turm, der den Soldaten zur Beobachtung des Luftraumes diente, untergebracht. Zahlreiche moderne Gebäude, die verschiedene Kliniken und Institute beherbergen, ergänzen heute das Areal. In Zahlen sind das mehr als 30 Klinken mit fast 700 Ärzten und über 1.000 Pflegekräften, die bis zu 39.000 Patienten betreuen können. So ist es nicht verwunderlich, dass der Venusberg in der Bonner Bevölkerung oft nur als „die Unikliniken“ bezeichnet wird. In dem Universitätsklinikum werden jedoch nicht nur Erkrankte versorgt, es wird auch gelehrt und geforscht.

Wir wandern an Klinikgebäuden entlang, bis wir in einer Linkskurve die Robert-Koch-Straße überqueren und auf einen Pfad treffen, der uns geradeaus in den Wald hinein führt. Schon nach 20 Metern stehen wir vor Gabelung mit drei Wegen. Der rechte, steil bergab führende rechte Weg würde uns in die Bonner Innenstadt bringen, der linke Weg verläuft in der Nähe der Straße, so wählen wir also die goldene Mitte und wandern tiefer in den schattigen Wald hinein. Unbeirrt von der nächsten, schnell folgenden Kreuzung bleiben wir geradeaus und erreichen nach wenigen Metern den Aussichtspunkt Cassels Ruhe.

Die Cassels Ruhe bietet eine herrliche Aussicht. Es ist anzunehmen, dass auch Johann Heinrich Cassel, der 30 Jahre lang Bürgermeister von Poppelsdorf war, von hier aus das Panorama genoss. Denn ihm zu Ehren stellte man hier eine Bank auf, die fortan als Ruhe- und Aussichtspunkt genutzt werden sollte. Der Bank folgte eine Gaststätte, der Gaststätte folgte ein Aussichtsturm und dem Aussichtsturm folgte ein Hotel. Heute befindet sich an der Cassels Ruhe eine mittlerweile neue Sitzbank neben einem Gedenkstein und ein Hotel der Dorint-Kette. Zwischen den im Wind tanzenden Pappeln hindurch blicken wir auf die Häuser der Stadt Bonn, erahnen den Flusslauf des Rheins und erkennen einzelne Gipfel des Siebengebirges.

Nach der herrlichen Aussicht haben wir die Gelegenheit, im benachbarten Hotelrestaurant Basilico eine Stärkung zu uns zu nehmen, bevor wir unsere Wanderung auf dem breiten Waldweg fortsetzen. Wir lauschen den zahlreichen Vogelarten, wenn Eichelhäher mit ihrem markanten Ruf durch die Baumwipfel huschen und Spechte laut klopfen. Die links und rechts abzweigenden Pfade ignorierend, folgen wir dem Weg, bis sich zu unserer Linken das mächtige Kaiser-Wilhelm-Denkmal erhebt.

Inmitten von basaltartigen Säulen streckt sich das Kaiser-Wilhelm-Denkmal nach oben, während die Gravur einer einem Altar gleichende Platte verrät, dass dieser Hain dem früheren Kaiser gewidmet wurde. 1897 geschah dies aus Anlass zu seinem 100. Geburtstag. Zum damaligen Zeitpunkt war die Fläche jedoch noch nicht so dicht bewaldet wie heute und trug noch den Namen Kaiser-Wilhelm-Park.

Vor dem Denkmal wenden wir uns nach rechts und folgen dem nun sehr breiten Waldweg leicht bergab. Wenige Meter darauf teilt er sich in zwei kleinere Wege, von denen wir uns für den linken entscheiden. An einem Unterstand, leider ohne Sitzmöglichkeit, schreiten wir vorbei, bis wir auf eine genau vor uns stehende Parkbank treffen. Hier wenden wir uns nach rechts, folgen dem steil abwärts führenden Weg wenige Meter und schwenken nach rechts. Der Wald wird heller, und wir saugen seine frische Waldluft tief in unsere Lungen ein. Nach rund 300 Metern führt uns eine serpentinenähnliche Kurve nach links und weiter hinab. Und dann müssen wir vorläufig vom Wald Abschied nehmen, wenn wir linker Hand die Rückseite des St. Marienkrankenhauses sehen. Wir treffen auf die Robert-Koch-Straße, wenden uns nach links und biegen an der ersten Ampelkreuzung erneut nach links. Dabei folgen wir dem steil hinauf führenden Pflasterweg zum Besucherparkplatz und lassen uns von der Beschilderung zur Ambulanz leiten. Der Weg mündet an seinem Ende in einen Schotterweg, auf dem wir ein kurzes Stück im Wald gehen, um dann wieder auf die mittlerweile etwas erhöhte Robert-Koch-Straße zu treffen. Die Straße verbindet das St. Marienkrankenhaus mit dem Universitätsklinikum und ehrt mit ihrem Namen den Entdecker des Tuberkuloseerregers, der damit die Bakteriologie begründete.

Wir schwenken nach links in Straße und folgen ihr ein kurzes Stück und biegen nach wenigen Metern nach rechts in den Nachtigallenweg. Stetig bergauf führt er uns an Koppeln vorbei, von denen trabende Pferde herüber schauen, und wieder in den Wald hinein. Wir erblicken an einer Lichtung zu unserer Linken den Rundfunksender Bonn-Venusberg. Dieser 180 Meter hohe Turm strahlt zahlreiche Radio- und Fernsehprogramme aus und ist auf Grund seiner Höhe eine weit sichtbare Landmarke für den Venusberg. Zu unserer Rechten lassen wir den Blick über die Weiden streifen und genießen die frische Landluft, welche uns vergessen lässt, dass wir uns eigentlich auf städtischem Boden befinden. Wir bleiben auf dem tadellos asphaltierten Weg, können aber auch auf dem parallel verlaufenden Pfad auf weichem Waldboden wandern, der später wieder in den Asphaltweg münden wird.

Kurz darauf treffen wir auf die Die Kleine Waldau, ein Veranstaltungshaus der gleichnamigen Waldgaststätte in der Nähe des Wildgeheges Kottenforst. Noch wenige Augenblicke können wir dem Gesang der Vögel lauschen, welcher von den efeuberankten Baumstämmen zu uns herunterschallt, bis wir den Haager Weg queren und unsere Wanderung an der Auferstehungskirche, unserem Ausgangspunkt, beenden.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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