Von Wuppertal nach Gruiten
Nicht nur Häschen in der Grube
Pkw/Parken: Auf der linken Seite vor dem Tunnel der Düsseldorfer Straße/B7
ÖPNV-Anreise: Mit dem Schnellbus 68 von Mettmann Jubiläumsplatz oder Wuppertal-Elberfeld bis Haltestelle Holthauser Weg, alternativ Buslinie 745 ab Mettmann Jubiläumsplatz oder Wuppertal-Vohwinkel/Schwebebahn bis Haltestelle Holthauser Weg.
ÖPNV-Abreise: ÖPNV: Mit der Buslinie 742 bis zum S-Bahnhof Gruiten
Strecke: Ca. 6,5 Kilometer/2 Stunden
Streckenprofil: Überwiegend wurzelige Waldwege, nur stellenweise Hartbelag
Einkehr: Gaststätte Wiedenhof, Pastor-Völmel-Straße, 42781 Haan-Gruiten
Am Wegesrand: Wuppertaler Ortsteile Hahnenfurth und Schöller; Pfarrkirche Schöller; Rittergut Schöller; Düsseler Mühle; Grube 7
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels stammt aus meinem Reiseführer über Wanderungen entlang der Düssel, der schon lange nicht mehr im Handel erhältlich ist. Die meisten Informationen werden daher veraltet sein und dieser Artikel kann nur als grobe Richtschnur dienen.
Unser Weg verläuft durch das malerische Düsseltal, welches von einer alten Kirchen und einem rustikalen Rittergut geschmückt ist. Doch auch abseits der Düssel lernen wir einen interessanten und sehenswerten Naturraum kennen. Ehemalige Kalksteinbrüche wurden renaturiert und präsentieren sich nicht nur in den schönsten Grüntönen, sondern sind Heimat für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.
Mit dem Gang durch einen kurzen Tunnel beginnen wir unsere Wanderung an der Haltestelle. In der Röhre hallen unsere Schritte nach, doch schon nach wenigen Augenblicken blinzeln wir wieder der Sonne entgegen und wandern neben der Straße durch eine Rechtskurve. Links steht ein stolzer Pinguin im Badeanzug und berichtet von seinem Aufenthalt bei der Pinguinale 2006 im Wuppertaler Zoo, während direkt daneben eine alte, ausrangierte Lokomotive gern wieder volle Fahrt aufnehmen möchte. Sie gehören zum hiesigen Gelände der Kalkwerke, das betreten werden darf. An seinem Ende befindet sich ein Natursteinbruch, der nicht nur verschiedene steinerne Boden- und Wandbeläge zum Kauf anbietet, sondern vor seinem Ladenlokal auch hübsche, kunstvoll verzierte Dekorationen aus hartem Gestein präsentiert.
Wir aber gehen an der Bundesstraße entlang und erfahren dank des Ortseingangsschilds, dass wir uns im Wuppertaler Ortsteil Hahnenfurth befinden.
Die Düssel ist für den Namen des Wuppertaler Ortsteils Hahnenfurth verantwortlich, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Aber mit der Endung Furt war ein Übergang über das kleine Flüsschen gemeint. Erstmalig tauchte Furth im 18. Jahrhundert in einem Kartenwerk des Kartographen Erich Philipp Ploennies auf. Damals waren an der Stelle des heutigen Wuppertaler Vororts nur vereinzelte Höfe eingetragen. Daraus entstand die kleine Siedlung Hahnenfurth, welche mittlerweile zusammen mit Dornap, Schöller, Wieden und der Düsseler Höhe das Wohnquartier Schöller-Dornap bildet. Dieses wiederum ist eines von neun Quartieren des ländlich gelegenen Wuppertaler Stadtbezirkes Vohwinkel. Geprägt werden Hahnenfurth und Umgebung von den örtlichen Kalksteinwerken.
An einer Ampelkreuzung wenden wir uns nach links, noch vor dem Firmengelände in die kleine Anliegerstraße. Fichten und Buchen stehen schon Spalier und erwarten uns, wenn wir in einer leichten Rechtskurve plötzlich das Rauschen eines Bachs vernehmen, welcher auf der linken Seite erscheint, nur um unter unseren Füßen die Straße zu unterqueren. Was wir nicht sehen können: Nur wenige Meter von hier auf der rechten Seite, mündet der Bach in die Düssel, womit wir uns wieder im Düsseltal befinden. Links neben der Asphaltstraße befindet sich auf einer kleinen Anhöhe ein schmaler Pfad, den wir nutzen. Dabei genießen wir das Rauschen der Blätter, die über unseren Köpfen vom Wind gestreichelt werden und blicken nicht nur auf die schmale, wenig befahrene Straße hinab, sondern erkennen nun die auf der anderen Seite fließende Düssel. Während sich der Fluss auf der rechten Seite neben der Straße entlang schlängelt, wandern wir ein kurzes Stück auf der linken und verlassen an einem malerischen Fachwerkhaus unseren erhöhten Blick, indem wir eine Treppe hinabsteigen.
Grün leuchtende Hecken zu unserer Rechten versperren kurzzeitig den Blick auf das Wasser, während sich links ein kleiner Wiesenhang erhebt, auf dem wir mit etwas Glück ein paar Feldhasen erspähen. Hinter einem Haus weitet sich unsere Aussicht und wir können unseren Blick über ein Feld streifen lassen, welches von der Düssel mit seinen uferbestanden Bäumen gerahmt ist. Auf dem Wuppertaler Wanderweg erreichen wir einen Friedhof, passieren die Freiwillige Feuerwehr und wandern die kurvige Straße leicht bergauf. Hinter einem geklinkerten Wohnhaus grüßt plötzlich die Spitze eines Kirchturms und lässt uns neugierig machen. Daher gehen wir vor dem benachbarten Fachwerkhaus nach rechts und nutzen einen schmalen Pfad über einen historischen Friedhof hinweg zur Pfarrkirche Schöller.
Die kleine Pfarrkirche Schöller, hier im ländlichen, weitab vom Zentrum Wuppertals gelegen und unscheinbar wirkend, ist das älteste Gotteshaus auf Wuppertaler Stadtgebiet. Allerdings muss natürlich berücksichtigt werden, dass Schöller erst 1975 zu Wuppertal eingemeindet wurde. Die Gemeindemitglieder von Schöller hören das nicht so gern, wenn sie als Wuppertaler bezeichnet werden. Entstanden ist die Kirche zunächst als kleine Kapelle des benachbarten Ritterguts, genaue Angaben über den Zeitraum der Errichtung stehen aber nicht fest. Lediglich für den Bau des Turms kann man das 12. Jahrhundert festhalten. Erbaut wurde die Kirche, wie könnte man es in Schöller auch anders erwarten, mit Kalkbruchstein.
Eine Sitzbank, gestiftet vom ehemaligen Bundespräsidenten und Wuppertaler Bürger Johannes Rau, lädt uns zu einer kleinen Pause ein, um die Ruhe auf dem Kirchhof zu genießen. Zurück zur Straße wenden wir uns nach rechts, gehen abermals ein kurzes Stück bergauf und wenden uns an der ersten Möglichkeit nach rechts. Einen Wanderparkplatz passierend erkennen wir vor uns schon das nächste interessante Gebäude, welches sich mit seinem Bergfried als Rittergut Schöller entpuppt.
Die bereits besichtigte Pfarrkirche Schöller war, wie schon erwähnt, Teil des Ritterguts Schöller. Dieser ehemalige Adelssitz bestand aus einer Niederungsburg des späten 12. Jahrhunderts und war bis zum Jahr 1708 im Besitz des Adelsgeschlechts. Durch den Tod von Mechthild Maria Margaretha von und zu Schöller vererbte sie das Rittergut an ihren Gatten, den Grafen Johann Friedrich Schaesberg, in dessen Familie sich das Gut noch heute befindet. Reste der Burgmauer und der Bergfried sind denkmalgeschützt und aus Kalksteinbruch errichtet. Zusammen mit der benachbarten Kirche prägt das Gut den Ort Schöller und ist ein beliebtes Fotomotiv.
An dem mächtigen Bergfried wenden wir uns nach links, lassen das Rittergut hinter uns und spüren auf dem schmalen Weg nun den Schotter unter unseren Füßen. Während rot-braune Eichhörnchen an den Rinden der Eichen hinaufkraxeln und sich stachelige Igel schnell im Unterholz verstecken, wandern wir auf einer Serpentine durch einen kleinen Wald hinab. Unten angekommen überqueren wir das plätschernde Wasser der Düssel, die mittlerweile deutlich an Breite zugelegt hat. Hinter einem Zaun auf der rechten Seite schauen wir das Wasser eines Weihers, den sich Haubentaucher und Enten teilen. An einer T-Kreuzung, an der unser Weg endet, wenden wir uns nach links und spazieren neben einem efeuberankten Holzgeländer auf einem Feldweg. Dieser teilt sich an einer Gabelung, wo wir uns abermals für den linken Pfad, der seinem Namen gerecht wird, entscheiden. Kopfweiden begrüßen uns in den grünen Auen der Düssel, ein plätschernder Bach wird an einem kleinen, verfallenden Wehr von uns überquert und Sitzbänke laden uns ein, in diesem herrlich duftenden Wald bei einer kleinen Rast zu entspannen.
Auf einem ausgetretenen Pfad geht es kurvig leicht hinab bis zum Ufer der mittlerweile 3 Meter breiten Düssel. Am Ufer des zahmen Flusses können wir ihr die Hand reichen und unsere von der Sonne erwärmte Haut mit Wasser benetzen, bevor wir den Fluss auf einer Holzbrücke überqueren. Unser schotteriger Weg führt nun etwas steiler nach oben, lässt uns sogar einige Stufen erklimmen und verläuft weiter durch den friedlichen Wald in dem sich die Baumkronen der Buchen weit über uns verästeln und uns Schutz vor der Sonne geben. Wir genießen unsere Tour direkt am Ufer der Düssel auf einem schmalen Waldweg und lauschen dem Klopfen der Spechte, die sich irgendwo im Wald verstecken und dennoch laut auf sich aufmerksam machen. Stets bergauf wandernd ignorieren wir den von rechts erscheinenden Weg und wenden uns auch an einer Gabelung bei einem Haus nach rechts. Zwischen Ginsterbüschen hindurch erblicken wir auf der rechten Seite die Düsseler Mühle.
Das hübsche Fachwerkhaus der Düsseler Mühle, auf einem hohen Bruchsteinsockel stehend, stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist eine von ursprünglich 23 Mühlen, deren Räder durch das Wasser der Düssel ratternd angetrieben wurde. Wenn es heute rattert und knattert, dann liegt es möglicherweise an einer Hexe, die als Geist in der Mühle spukt. Man machte sie dafür verantwortlich, wenn der Fluss zu wenig Wasser führte und das Rad nicht antreiben konnte und verbrannte sie daher. Noch immer sagt man ihr nach, dass sie Pech bringt und Schuld daran habe, dass die Düsseler Mühle sehr oft ihren Besitzer wechselt.
Den Kirschbaum im Garten der Mühle, bewacht von neugierig schauenden Widdern, wird hinter uns gelassen, wenn wir uns auf den Weg zu einer weiteren Gabelung machen. Wir drehen uns nach links, passieren ein altes Betonfundament für einen ehemaligen Kran, der das einzige Indiz darauf ist, dass hier in der heute grünen Landschaft einstmals Industrie tätig war. Gleich dahinter entscheiden wir uns an einer unübersichtlichen Kreuzung für den linken Abzweig, der mit dem Wanderwegsymbol A 1 ausgeschildert ist. Zarte und junge Bäume säumen unseren Weg, auf dem wir uns einem herrlichen Aussichtspunkt nähern und dort bei einer Pause auf den Sitzbänken in das tiefe Loch der Grube 7 hineinblicken.
Ein Rattern und Knattern ertönt, wenn der Massenkalk vom Boden der Grube 7 nach Haan-Gruiten transportiert wird. Lautes Hämmern und Motorengeräusche werden vom Knallen kleinerer Detonationen unterbrochen, wenn einige Abschnitte in den steilen Felswänden abgesprengt werden. Felsbrocken fallen krachend auf den Boden und wirbeln dichten Staub auf. Kurz gesagt, es ist nicht der ideale Ort, um farbenfrohe Schmetterlinge, zwitschernde Vögel und verschiedene Heuschreckenarten in ihren Lebensraum zu beobachten. Aber Moment, das oben beschriebene Szenario ist ein Blick in die Vergangenheit, in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Drehen wir das Rad der Zeit doch einfach vor und fangen an, die Aussicht auf Grube 7 zu genießen. Ein tiefes Loch breitet sich vor uns aus, umgeben von steilen Felswänden. Dort, wo der Staub aufwirbelte, wachsen heute Buchen und Birken. An der Stelle des Förderbandes huscht jetzt ein Feuersalamander über den Boden. Das Rattern, Knattern und Hämmern wurde mittlerweile vom Zirpen der Grillen und dem Tirilieren zahlreicher Singvögel verdrängt. 1964 waren noch 250 Arbeiter damit beschäftigt, 720.000 Tonnen Gestein abzubauen, 2 Jahre später wurde der Betrieb eingestellt und die Grube geflutet. Durch eine Änderung im Grundwasserkonzept hat man das Wasser versickern lassen und die Grube sich selbst überlassen. Heute wachsen Sonnenröschen, Hirschzunge und Distel völlig ungestört, während sie von Libellen, Kreuzkrötzen und dem Gartenrotschwanz besucht werden.
Unser weiterer Weg am oberen Rand der Grube ist zwar eingezäunt, doch können wir uns so sicher sein, dass singende Bachstelzen, schlafende Fledermäuse und quakende Kreuzkröten nicht ge- sowie Moose und Flechten nicht zerstört werden. Mit dem Verlassen der Grube verläuft unser Weg serpentinenartig noch ein weiteres kurzes Stück aufwärts. Rechter Hand erscheint eine Treppe mit Stufen aus Holzbohlen, die uns an den Rand eines weiten Feldes bringt. Wir wandern nach rechts am Feldrand entlang und beachten die informativen Hinweisschilder der Grundschule Gruiten, die uns über die am Wegesrand wachsenden Hundsrosen und Weißdorn aufklären. An hohen Hecken und verschlungenen Baumstämmen vorbei genießen wir immer wieder mal die kurzen Abstecher nach rechts, um auf die Grube 7 hinab zu blicken bis wir schließlich an zwei Absperrpfosten vorbei auf einen asphaltierten Weg treffen. Hier verlassen wir den ehemaligen Steinbruch und wenden uns nach links. Dabei freuen wir uns, wieder die Düssel zu sehen, überqueren diese und werden bereits von den ersten Häusern Gruitens begrüßt. Wir kreuzen die Landstraße und begeben uns durch die Straße An der Düssel in den malerischen Kern dieses romantischen Örtchens. Schon nach wenigen Augenblicken haben wir an der Haltestelle unser Etappenziel erreicht.
Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
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