Wandern bei Düsseldorf – Durch das Angerbachtal

Durch das Angerbachtal
Von engen Tälern und plätschernden Bächen

Pkw/Parken: Wanderparkplatz am Ende der Straße Auf der Aue, Ratingen
ÖPNV: Ab der S-Bahnhaltestelle Ratingen-Ost mit der Buslinie O15 zur Haltestelle Auf der Aue oder ab dem S-Bahnhof zu Fuß (ca. 20 Minuten)
Rundweg: Ca. 13 Kilometer/3,5–4 Stunden
Streckenprofil: Geschotterte Waldwege, für Kinderwagen und Fahrräder geeignet. An sonnigen Sommerwochenenden sehr belebt
Einkehr: Restaurant Liebevoll in der Auermühle, Auermühle 1, 40882 Ratingen, Tel. (0 21 02) 8 92 98 12, www.liebevoll.de
Am Wegesrand: Angerbach; Bogenbrücke der Autobahn; Angertalbahn; Skulpturen

Durch das wildromantische Angerbachtal führt uns ein Pfad entlang von Biotopen, kleinen Wasserläufen und Auenwiesen. Im steten Auf und Ab wandern wir unter rauschendem Blätterwerk, lassen uns von dem Zwitschern der Vögel verzaubern und genießen das idyllische Tal. Dabei bewundern wir historische Brückenbaukunst und erleben sogar, wie moderne Güterzüge gemütlich wirken können.

Ausgangspunkt unserer Wanderung ist der Parkplatz Auf der Aue. Wanderer, die am Bahnhof Ratingen Ost beginnen, halten sich links, biegen nach rechts in die Homberger Straße, folgen dann nach links der Fester Straße ungefähr 1 Kilometer und nutzen rechts die Straße Auf der Aue bis zum Wanderparkplatz auf der Aue. An den Informationstafeln am Parkplatz wandern wir links vorbei. Zunächst bleiben wir auf der schmalen Straße, die zur Auermühle hinab führt. Doch schon nach wenigen Metern zweigt ein Fußweg nach rechts ab, der uns steil abwärts in das Angerbachtal bringt.

Den Rhein und die Ruhr kennt jeder in Nordrhein-Westfalen. Die Düssel kennen immerhin noch viele, alleine deshalb, weil sie sich auch im Namen der Landeshauptstadt befindet. Beim Angerbach, oder auch der Anger, die in Wülfrath entspringt, wird es aber schon etwas schwieriger. Dabei ist dieses schmale Gewässer so bedeutungslos nicht. Einerseits trägt nicht nur der Duisburger Stadtteil Angerhausen, wo das Flüsschen in den Rhein mündet, den Angerbach in seinen Namen, sondern auch der Düsseldorfer Stadtteil Angermund. Andererseits wurde sie bei Hochwasser Ratingen, Düsseldorf und Duisburg gefährlich, sodass die knapp 38 Kilometer lange Anger sogar reguliert werden musste. Und zudem trägt die Gegend rund um den Bachlauf den Namen Angerland. Dies entspricht dem historischen Territorium des Amtes Angermund ab dem 16. Jahrhundert bis 1929, welches den Duisburger Süden, den Düsseldorfer Norden, das heutige Essen-Kettwig, Teile von Mettmann und Mülheim an der Ruhr umfasste. Für eine kurze Zeit – von 1950 bis 1974 – existierte auch ein Amt Angerland, welches Teile von Düsseldorf und Ratingen beinhaltete.

Unten im Angerbachtal angekommen, wenden wir uns nach rechts und spazieren auf einem asphaltierten Weg. Wir erreichen den von rechts kommenden Homberger Bach, der wenig später in den Angerbach münden wird, überqueren diesen und wandern nach links. Hinweisschilder weisen uns auf besonders schützenswerte Biotope hin, während wir an der rot-weißen Schranke das Ufer des Angerbachs erreichen. Zu unserer Linken erkennen wir im Dickicht des Ufers plötzlich ein regloses Pferd. Das scheinbar grasende Tier hat der Künstler Johannes Brus aus Betongestaltet.

Der in Gelsenkirchen geborene und mittlerweile in Essen lebende Künstler Johannes Brus studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf. Überwiegend ist er als Fotograf oder Bildhauer tätig und hat in verschiedenen Museen bundesweit ausgestellt. Charakteristisches Kennzeichen vieler seiner Werke ist ein eigenwilliger Humor, dabei konfrontiert er den Betrachter mit eigentlich vertrauten Objekten.

Mit zahlreichen Kurven schlängelt sich unser Wanderweg durch das enge Tal, ständig begleitet vom Rauschen des Angerbachs. Immer wieder spenden uns Bäume Schatten oder schaffen Platz, um uns einen Blick über kleine Wiesen und durch das Tal werfen zu lassen. Selbstverständlich werden wir dabei von neugierigen Meisen und Eichelhähern beäugt, die sich zwischendurch auch mal im rasanten Tiefflug präsentieren. Wir überqueren einen weiteren steilen Zufluss, der mit einem lauten Plätschern von rechts kommt und in den Angerbach fließt. Die folgende Angerbachbrücke lassen wir links liegen und folgen geradeaus dem Weg, der nun deutlich ansteigt. Dabei gelangen wir zu der – in den letzten Minuten sich bereits akustisch ankündigenden – Bogenbrücke der Autobahn.

Die Autobahn 3 ist, nach der Autobahn 7, die zweitlängste Autobahn Deutschlands und verbindet auf ihrem Weg Holland mit Österreich. Begonnen wurde der Bau 1931 in dem nahen Opladen. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges folgten weitere Teilstücke, unter anderem auch die Brücke über das Angerbachtal. Komplett durchgängig war die Autobahn jedoch erst im Jahr 1984, als in Bayern ein letztes Teilstück dem Verkehr übergeben wurde. Bei einem Blick nach oben ist zu erkennen, dass die imposante Bogenbrücke über nachträglich angebrachte Querträger verfügt, die die zusätzlich benötigten äußeren Fahrstreifen tragen. 1936wurde die Autobahn nur mit jeweils zwei Spuren errichtet.

Wir unterqueren die Bogenbrücke der Autobahn und wandern im steten Auf und Ab durch den dichten Wald bis zur ehemaligen Waldgaststätte Haus Müschenau. An dieser gehen wir vorbei, bleiben parallel zum Eisenbahngleis und wählen an einer Unterführung den schotterigen Pfad neben dem Gleis, der uns kurvig leicht bergauf durch einen herrlichen Buchenwald führt. Wir wandern einige hundert Meter, bis wir einen unbeschrankten Bahnübergang erreichen. Unter vorsichtiger Beobachtung des Bahnverkehrs überqueren wir das einzelne Gleis der Angertalbahn.

So wildromantisch das Angerbachtal auch ist: Die Gleisanlage der Angertalbahn ist noch in Betrieb. Rund um die Uhr, an allen Tagen in der Woche verkehren Züge zwischen Wülfrath und Ratingen. Abgesehen von einigen, seltenen Sonderzugfahrten handelt es sich um eine reine Güterbahnstrecke, auf der bereits seit 1903 der Wülfrather Kalk aus seinen Kalksteinbrüchen abtransportiert wird. Der Güterzug fährt zwar nur mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h, doch über 2000 Tonnen Gewicht verfügen auch bei diesem geringen Tempo über eine große Gewalt, wie im Jahr 2005 ein Traktorfahrer erleben musste. Dieser hatte bei einem der Bahnübergänge im weiteren Gleisverlauf am Blauen See in Ratingen den Zug trotz Warnpfiff überhört. Glücklicherweise kam bei der anschließenden Kollision niemand zu Schaden.

Auf der anderen Seite des Gleises gehen wir leicht bergab, überqueren nun den Angerbach an der ehemaligen Angermühle und wenden uns hinter der kleinen Brücke nach links. Dabei wandern wir entlang einer Talaue, die von einigen Kopfweiden flankiert wird. Hinweisschilder geben uns Aufschluss über die Flora und Fauna, die auf den Wiesen des Angerbachtals anzutreffen ist. In einer scharfen Kurve erscheint von links abermals ein kleiner Zufluss. Nur wenige Meter darauf gabelt sich der Weg, und wir entscheiden uns für den linken Pfad, der uns wieder hinab in das Tal führt. Entlang an dem plätschernden Angerbach, der es immerhin auf eine Breite von rund 2 Metern bringt, wandern wir weiter und genießen das Rauschen der Blätter über unseren Köpfen. Wir legen ein gutes Stück Weg zurück, bis wir einen Parkplatz erreichen. Richten wir unseren Blick nach rechts, so erkennen wir oberhalb einer Weide eine Skulptur. Sie trägt den passenden Namen Mann im Hirschgeweih und stammt vom Bildhauer Stephan Balkenhol.

Grob gehauene und bunt bemalte Holzskulpturen sind das Markenzeichen des Fritzlarer Künstlers Stephan Balkenhol. Neben zahlreichen weltweiten Ausstellungen, unter anderem in San Francisco, Osaka und London, finden sich einige seiner Werke auch im öffentlichen Raum in Deutschland, z. B. vor dem Axel-Springer-Hochhaus in Berlin oder vor dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven. Die Figur Mann im Hirsch in der Fußgängerzone von Hannover werden wir in Zukunft bei einem Spaziergang durch die niedersächsische Hauptstadt sofort Stephan Balkenhol zuordnen können.

Wir überqueren den Parkplatz und verlassen ihn nach rechts. Wir passieren das Ortseingangsschild von Ratingen-Hösel und wandern zwischen wenigen Wohnhäusern spürbar hinauf, bis wir gleich hinter den Tennisplätzen zu unserer Linken eine Pferdekoppel sehen. Dort wenden wir uns nach links und erreichen wenig später die Autobahn, die uns für ein kurzes Stück begleitet. Achtung, wir benutzen nicht die kleine Fußgängerbrücke, sondern gehen weiter in Richtung Funkmast, den wir links liegen lassen. Hinter dem Mast erreichen wir wieder den Wald, und wählen in einer S-Kurve, noch vor den Bäumen den abwärtsführenden Wanderweg. Er bringt uns unter der bereits bekannten Autobahnbrücke hindurch. Einige kleine Steigungen fördern und fordern unsere Beinmuskulatur, wenn wir kurvig durch den malerischen Mischwald wandern. Von rechts erscheint der schmale Sengelsbach, welcher die Waldidylle mit seinem leisen Plätschern noch unterstreicht. Tief durchatmend genießen wir die frische Waldluft auf dem letzten Abschnitt unter hohen Bäumen, bevor wir nach kurzer Zeit das Restaurant Liebevoll in der Auermühle erreichen und dort spontan bei einem Glas Wein die Route Revue passieren lassen. Vor dem Lokal steigen wir mit einer Serpentine aufwärts zu unserem Ausgangspunkt.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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