Wandern an der Düssel – Hinein in das Neandertal

Hinein in das Neandertal
Auf ruhigen Pfaden ausgestorbenen Tieren begegnen

Pkw/Parken: Parkplatz am S-Bahnhof Hochdahl-Millrath, Höhenweg
ÖPNV: Mit den S-Bahnlinien 8 oder 68 oder den Regionalexpresslinien 4 oder 13 bis zum Bahnhof Hochdahl-Millrath
Rundweg: Ca. 7,5 Kilometer/3 Stunden
Streckenprofil: Landwirtschaftliche Nutzwege und wurzelige Waldwege
Einkehr: Hotelrestaurant Becher, Talstraße 310, 40822 Mettmann, Tel. (0 21 04) 7 55 54; Museumscafé im Neanderthal-Museum, Talstraße 300, 40822 Mettmann, Tel. (0 21 04) 97 97 15 (Mo geschl.); Neanderthal Kiosk gegenüber dem Neanderthal-Museum, Talstraße 300, 40822 Mettmann, Tel. (01 51) 43 22 56 99
Am Wegesrand: Auwald; Winkelsmühle; Flößwehr; Wildgehege Neandertal; Neanderthal-Museum, Talstraße 300, 40822 Mettmann, Tel. (0 21 04) 97 97 15 (Mo geschl.)

Auf dieser Wanderung treffen wir nicht nur auf singende Amseln, wiehernde Pferde und scheue Eichhörnchen in einem wunderschönen Naturschutzgebiet, sondern stehen vor ausgewachsenen Wisenten und starken Ochsen. Wir begleiten die Düssel ein langes Stück auf ihrem weiten Weg nach Westen und betrachten später ihr grün leuchtendes Tal von einer Anhöhe aus, wenn wir uns mit langsamen Schritten gemütlich unserem Ausgangspunkt zuwenden.

Wenn wir den Bahnhof verlassen und uns dem Parkplatz zuwenden, biegen wir nach rechts ab und folgen dem gepflasterten Weg an der Bushaltestelle vorbei. Er mündet in einen schotterigen Pfad, der zunächst parallel zu den Gleisen verläuft. Junge Buchen und Eichen säumen unseren Weg und bieten eine Heimstatt für Blaumeisen und Kleiber, die uns von den Ästen herab beim Wandern beobachten. Auf der rechten Seite erscheint ein Durchgang unter dem Bahndamm, an dem wir uns jedoch nach links wenden. Zu unserer Rechten kicken auf einer Wiese einige Kinder ihren Ball in ein Metalltor und eifern ihren Fußballvorbildern nach.

Wir wandern unter frenetischem Jubel, der natürlich nicht uns, sondern dem Torschützen gilt, weiter und an einem Wanderparkplatz vorbei. Der asphaltierte Hohlweg führt leicht hinab und alte, stämmige Eichen würden uns eine Menge darüber erzählen können, wer hier in früheren Zeiten wanderte und was vor Ort geschah. Diese Aufgabe übernimmt eine Informationstafel mit Hinweisen zum Naturschutzgebiet Neandertal. An einer Gabelung halten wir uns halbrechts, spazieren neben einem Feld entlang und verlieren weiter an Höhe bis wir an einer T-Kreuzung auskommen und uns die Düssel begrüßt. Wir wenden uns nach links und folgen dem Flusslauf für wenige Meter bis zu einer Brücke. Dort informiert uns eine Hinweistafel über die Flora und Fauna im Auenwald des Düsseltals.

Hasel und Holunder  teilen sich den Auwald mit Erlen, Eschen und Weiden. Die Mönchsgrasmücke, nur der Name erinnert an stechende Moskitos, sitzt im Unterholz und singt mit Drossel und Amseln um die Wette. Nattern und Eidechsen wuseln fast unbemerkt um uns herum. Feldmäuse graben sich kleine Höhlen, aus denen sie vorsichtig hervor lugen. Und der Erle macht es nichts aus, mit den Wurzeln im Wasser zu stehen – Willkommen im Auwald. Auwälder findet man in der Regel nur an Fließgewässern, wie hier an der Düssel, und werden in regelmäßigen Abständen vom Wasser überflutet. Damit unterscheiden sie sich vom typischen Bruchwald, der sich permanent auf nassen bzw. sumpfigen Waldboden Boden befindet.

An der Brücke reichen wir der Düssel zur Begrüßung die Hand und erfühlen die Temperatur des Wassers. Anschließend entscheiden wir uns für den linken Weg vor der Brücke und wandern an der rot-weißen Schranke vorbei. Im leichten Auf und Ab spazieren wir an einem Weiher vorbei und schauen an einem überdachten Picknickplatz in malerischer Lage was für Proviant wir in unserem Rucksack mit uns führen und von welchen Leckereien wir uns nun trennen wollen. Nach dieser kleinen Stärkung nähern wir uns dem hübschen Fachwerkhaus, welches uns schon während unserer Pause neugierig machte und bei dem es sich um die Winkelsmühle handelt.

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, genauso wie es der Komponist Ernst Anschütz in seinem Kinderlied beschrieb, dreht sich das Rad der Winkelsmühle im Düsseltal. 1531 wurde das Mühlengebäude zum ersten Mal erwähnt, als der damalige Herzog das Recht zum Mahlen erteilte. Sowohl im Dreißigjährigen Krieg als auch im Jahr 1971 brannte das Mühlengebäude fast vollständig aus, wurde aber in beiden Fällen umgehend wieder aufgebaut und restauriert. Gemahlen wird zwar heute nicht mehr, doch das Wasserrad dreht sich nicht grundlos. Heute erzeugt es durch den Antrieb der Düssel Strom, welcher von den Bewohnern der Mühle genutzt wird. 

Hinter dem Haus sehen wir nicht nur das große Wasserrad der Winkelsmühle, sondern hören es auch kräftig rauschen. Dem nun gut gemischten Wasser der Düssel folgen wir auf einem Schotterweg, der leicht ansteigend, der uns durch einen herrlichen Laubwald führt. An einer Gabelung entscheiden wir uns für den linken Weg und wandern unter den weit ausladenden Ästen alter Eichen und Buchen am Waldrand entlang. Nach einer Linkskurve um ein Feld herum, auf dem junge Hasen aufgeregt vor uns weg rennen, treffen wir auf ein weiteres Fachwerkhaus. Vor diesem wenden wir uns nach links und folgen den Wanderwegsymbolen A 1, A 5, einer Raute und einem X, bei dem es sich zugleich um den Neandertalweg handelt.

Dieser beginnt am Duisburger Zoo, verläuft durch das namensgebende Tal und endet nach 98 Kilometern im Süden von Bergisch Gladbach. Er ist eine der Hauptwanderstrecken des Sauerländischen Gebirgsvereins.

Auf dem Neandertalweg gehen wir an der ersten Möglichkeit nach rechts und wandern auf dem leicht hügeligen Pfad an einem Weiher vorbei, der von unserer Düssel mit Wasser gespeist wird. Dort, wo man heute bis zum Ufer hinab gehen kann und Kinder ihre Füße ins Wasser halten, stand in früheren Zeiten ein Flößwehr.

Dass sich im Wasser von Bächen zahlreiche Nährstoffe befinden, wussten die Bauern schon vor langer Zeit. Daher baute man Wehre, um das Bachwasser auf ihre Felder und Wiesen umzuleiten. Dabei sprach man vom Flößen und die Wehre nannte man daher auch Flößwehre. Das Flößwehr an der Düssel ist zum Teil noch erhalten und stammt aus dem 19. Jahrhundert. Gräben und Rinnen verteilten das Wasser, sobald die vier Durchlässe von Menschenhand geöffnet wurden. Was sich hier so leicht liest, war eine harte Arbeit. Es mussten Bewässerungszeiten eingehalten werden, damit den Mühlen der Düssel das Wasser nicht ausging und nach jeder Ernte mussten die Gräben wieder neu angelegt oder repariert werden, da diese durch die Zugtiere und Wagen beschädigt wurden. Heute wird diese Form der Düngung durch das Aufkommen von Kunstdünger nicht mehr durchgeführt.

An dem einstigen Flößwehr vorbei, lauschen wir dem Tirilieren der Vögel, beobachten Eichhörnchen, die sich an Baumstämmen klammernd gegenseitig verfolgen und erleben, wie kleine Waldmäuse raschelnd in ihren Höhlen Unterschlupf finden, wenn wir uns nähern. Auch Informationstafeln am Wegesrand erläutern uns das Geschehen im Buchenwald und in der Düssel und erklären uns, dass wir mit etwas Glück den farbenprächtigen Eisvogel sehen können. An einer Kreuzung, an der wir halblinks weiter gehen, überraschen uns plötzlich Hinweise auf Wisente, Auerochsen und Tarpane. Und tatsächlich, nur wenige Meter später, nach einem kleinen Gefälle haben wir zu unserer Linken das Wildgehege Neandertal.

Der stolze Wisent schüttelt seine Mähne, welches an der Vorderbrust herabhängt, Heckrinder als Zuchtversuche im Ersatz für die ausgestorbenen Auerochsen stehen unter den Bäumen des Düsseltals und schauen zu uns herüber und Wildpferde, die große Ähnlichkeit mit den ebenfalls ausgestorbenen Tarpanen haben, grasen auf einer Wiese – wir sind im Wildgehege des Neandertals angekommen. Dicht bewaldete Hänge, leuchtend grüne Wiesen und die plätschernde Düssel sind die Kulissen für das seit 1935 bestehende Wildgehege. In seinen Anfängen präsentierte es Damwild und sogar Elche, heute sind es die erwähnten Wisente, Heckrinder und Wildpferde. Die beiden letztgenannten Tierarten sind sogenannte Rückzüchtungen, die sehr nah an das Erbgut der ausgestorbenen Auerochsen und Tarpane herankommen.  Die Kosten für das Gehege werden zwar vom Kreis Mettmann und der Stadt Düsseldorf getragen, doch es besteht die Möglichkeit, die Patenschaft für ein Jungtier zu übernehmen, welches dann auch einen Namen durch den Förderer erhalten darf.

Während die Auerochsen grasend von vorsichtigen Graureihern beäugt werden und die Tarpane mit ihren Jungen über das Feld ziehen, zieht es uns weiter am weitläufigen Gehege entlang. An seinem Ende kehrt die Düssel wieder zu uns und begleitet uns neben kurvigen Pfaden durch den dichten Wald. Doch mit der Düssel sind wir nicht alleine. Mit immer mehr Spaziergängern teilen wir uns den Weg, der zudem von Skulpturen zum Thema Urgeschichte und sogenannten Menschenspuren gesäumt wird. Damit ist zu spüren, dass wir uns langsam der Hauptattraktion im Neandertal nähern. Die Wege verästeln sich, das Stimmengewirr wird lauter und das Aroma frisch zubereiteter Speisen macht uns Appetit. Doch zunächst bleiben wir am Düsselufer und verlassen diese erst, wenn von rechts der fast gleich breite Mettmanner Bach erscheint und sein Wasser in unseren Fluss entlässt.

Wir erreichen eine Landstraße und sehen vor uns das futuristisch anmutende Neanderthal-Museum. Nach einer Zeitreise durch das Museum und einer gemütlichen Pause im Hotelrestaurant Becher oder bei einem Kaffee im Museumscafé oder gar einer rustikalen Currywurst am Neanderthal-Kiosk grüßen wir die 1928 gestaltete Neanderthaler-Skulptur und machen uns auf den Rückweg. Am Parkplatz des Museums gehen wir auf der anderen Flussseite wieder in den Wald hinein und folgen der Beschilderung zur Steinzeitwerkstatt. Durch eine weite Linkskurve treffen wir auf weitere Skulpturen, die sich mit prähistorischen Themen befassen und entscheiden uns an einer Gabelung vor der Steinzeitwerkstatt für den Weg, der nach rechts und leicht bergauf führt. Ein wenig wird unsere Wadenmuskulatur gefordert, wenn wir einige Höhenmeter hinter uns bringen, doch dafür genießen wir die Ruhe des Waldes, nur unterbrochen vom Zwitschern der Meisen, dem Singen der Drosseln und Rauschen der Blätter.

Erneut gelangen wir zu einer Weggabelung und erneut nutzen wir den rechten, geschotterten Weg, der uns an gepflegten Gärten und gelb leuchtenden Ginsterbüschen bis zu einer Straße führt. Dort wenden wir uns nach links, nutzen aber schon nach wenigen Metern den landwirtschaftlichen Weg, der uns links zu einer Gleisanlage bringt. Dem Weg folgen wir immer geradeaus, nutzen aber zwischendurch eine der vielen Sitzbänke zu einer letzten Rast und genießen dabei die herrlichen Ausblicke über das Neandertal bis Mettmann. Auf den letzten Metern lauschen wir noch ein Mal dem Gesang der Vögel, bis wir unseren Ausgangspunkt, den Bahnhof Hochdahl-Millrath erreichen.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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