Von Holzheim, Grefrath und der Nato

Auch wenn wir nicht wandern würden, ginge es auf dieser Route sportlich zu. Erst locken uns Kletterseile in die Baumwipfel hinauf und dann können wir auf Skiern talwärts fahren. Wer lieber bodenständig weiter wandert, stößt mit der Raketenstation Hombroich auf Geschichte und Kultur bevor er zu guter Letzt noch den kleinen Ort Holzheim durchquert.

Pkw/Parken: Parken am Bahnhof Holzheim, Rampenstraße.
ÖPNV: Mit der Regionalbahn 38 ab Neuss Hbf. bis Holzheim.
Rundweg: Ca. 10,5 Kilometer/2–2,5 Stunden
Streckenprofil: Überwiegend auf asphaltierten Landwirtschaftswegen.
Einkehr: Hostienbäckerei im Kloster Kreitz, Am Kreitz 1, 41472 Neuss-Holzheim, Tel. (0 21 31) 87 93, www.benediktinerinnen-neuss.de; diverse Einkehrmöglichkeiten innerhalb der Skihalle Neuss und im Zentrum von Neuss-Holzheim;
Am Wegesrand: Holzheim; Kloster Kreitz, Am Kreitz 1, 41472 Neuss-Holzheim, Tel. (0 21 31) 87 93, www.benediktinerinnen-neuss.de; Skihalle Neuss, An der Skihalle 1, 41472 Neuss, Tel. (0 21 31) 1 24 40, www.allrounder.de; Kletterpark Neuss, An der Skihalle 1, 41472 Neuss, Tel. (0 21 31) 1 24 40, www.kletterpark-neuss.de; Grefrath; St. Stephanuskirche; Raketenstation Hombroich und Museum Insel Hombroich, Minkel 2, 41472 Neuss-Holzheim, Tel. (0 21 82) 8 87 40 00, www.inselhombroich.de; St. Martinuskirche

Am Holzheimer Bahnhof gehen wir zunächst zwischen dem Bahnsteig und einer kleinen Grünanlage bis zur Bahnhofstraße, womit wir uns auch schon im Zentrum von Holzheim befinden.

Die Geschichte Holzheims begann im Mai des Jahres 801 als dem Essen-Werdener Abt Liudger ein Dorf namens Holtheim verkauft wurde, welches zu Nievenheim gehörte. Wie in den meisten Ortschaften des Rhein-Kreis Neuss wechselten die Besitzer im Laufe der Jahrhunderte. Zunächst gehörte Holzheim zu Kurköln, wurde später von den Franzosen besetzt und ging dann an Preußen über. Heute ist Holzheim ein Stadtteil von Neuss, konnte sich aber bisher eine eigenständige Struktur bewahren.

Wir wenden uns nach rechts, überqueren die Bahngleise und wandern ein Stück zwischen teilweise schönen Villen geradeaus, unter anderem auch am alten Rathaus von Holzheim vorbei. Der Hauptstraße folgen wir an einer Kreuzung nach links und lassen Holzheim langsam hinter uns. Nur zu unserer Linken befinden sich noch Wohnhäuser. Zu unserer Rechten breiten sich bereits zwei Felder aus. Zwischen diesen beiden Feldern verläuft der Benediktweg, dem wir bis zu einer T-Kreuzung folgen und an der wir nach links abbiegen. In einem weiten Rechtsbogen kommen wir zunächst zu einer Schallschutzmauer einer Autobahn, doch nur wenige Meter weiter erhebt sich vor uns Kloster Kreitz.

Blickt man von der Autobahnbrücke hinab, ist der Anblick von Autobahn und Kloster schon etwas seltsam und auch die Autofahrer auf der A 46 kennen den Turm von Kloster Kreitz, der sich gleich hinter der Schallschutzwand erhebt. Die Klosterkirche wurde bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert erbaut und schon kurz darauf mit zwei Seitenflügeln erweitert. Das Klosterleben begann mit 25 Schwestern des Benediktinerordens, die aus Bonn stammten und von der Bevölkerung herzlich aufgenommen wurden. Diese war es auch, die im Mai 1943 das Kloster vor weiteren Brandschäden bewahrte, die durch einen Bombenangriff entstanden. Dieser war dennoch so zerstörerisch, dass die überlebenden Schwestern auf andere Klöster verteilt wurden, um einen Neubau zu starten. Von der Ausstattung des ersten Klosters ist heute leider nur ein geschnitzter Beichtstuhl geblieben.

Am Kloster Kreitz gehen wir zum Rechtsbogen zurück, folgen diesem aber nicht wieder bis zum Benediktweg, sondern gehen rechts zur Straße hinauf. An der Landstraße biegen wir nach rechts ab, schauen auf einer Brücke den Autos auf der A46 hinterher und erkennen von hier aus deutlich den Kontrast, wie nah das Kloster Kreitz neben der Autobahn steht.

Pfauenrad
Pfauenrad

Nach Überquerung der Autobahn halten wir uns rechts und an der folgenden Gabelung gleich links, um zu dem seltsam anmutenden Gebäude zu gehen, in dem die Skihalle Neuss untergebracht ist.

Während wir bei angenehmen 26 Grad durch die Landschaft bei Holzheim wandern, wedeln in dem seltsam anmutenden Gebäude vor uns einige Skifahrer die Piste hinab. Die Skihalle Neuss ist eine von fünf ihrer Art in Deutschland und weiteren Skihallen in der Welt. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Es kann Skisport betrieben, ohne in entsprechende Regionen fahren zu müssen. Kein Wunder also, dass die weiteren Skihallen in Orten wie Madrid, Abu Dhabi und Peking stehen, die allesamt nicht gerade für Wintersport berühmt sind. Damit das Ambiente in der Skihalle auch weitestgehend der Realität alpiner Landschaften entspricht, wird man in Sesselliften nach oben befördert, kann sich auch auf einem Rodelkurs versuchen und hat nach der Abfahrt natürlich die Möglichkeit, in einem der verschiedenen gastronomischen Einrichtungen Aprés-Ski zu betreiben.

Nach einer Pause in einer der gastronomischen Einrichtungen in der Skihalle können wir zur Linken noch hoch hinaus, wenn wir uns im benachbarten Kletterpark durch die Lüfte schwingen. Zwischen Parkplatz und Kletterpark gehen wir geradeaus weiter, treffen wenig später auf eine Landstraße und biegen nach links ab. Die Landstraße überqueren wir und gehen auf der anderen Straßenseite in die Lanzerather Straße hinein. Auf dem straßenbegleitenden Radweg durchqueren wir eine Linkskurve und erreichen auf diesem Wege Grefrath.

Der Stadtbezirk von Neuss mit dem Namen Grefrath darf natürlich nicht mit der Stadt Grefrath verwechselt werden, die nicht weit entfernt zu Viersen gehört und sich ebenfalls am Niederrhein befindet. Berühmtester Sohn des kleinen Ortes ist ein Mann namens Matthias Weber, der im Alter von 25 Jahren im Jahr 1803 in Köln enthauptet wurde. Es war die letzte öffentliche Hinrichtung in der Domstadt. Weber, der im Volksmund auch als Der Fetzer bezeichnet wurde, war einer der gefürchtetsten Räuber seiner Zeit. Er erregte nicht nur Aufsehen, weil er zwei Mal hintereinander das Neusser Rathaus ausraubte, sondern auch weil er aus einem Turm entkommen konnte, indem er einen sieben Meter tiefen Sprung wagte. Er gründete eine klassische Räuberbande, überfiel Postwagen und war sowohl im damaligen Hessen und Preußen auf der Fahndungsliste, wie man heute sagen würde. Festgenommen wurde er schließlich in Frankfurt, wo er nach Köln überführt wurde. Sein Geburtshaus im Grefrather Weiler Dirkes steht heute noch.

An einer T-Kreuzung mit einem Wegekreuz zu unserer Rechten biegen wir rechts ab. Gegenüber von Haus Nummer 14 gehen wir linker Hand auf einem schmalen Fußweg weiter und erreichen den Grefrather Friedhof, den wir geradewegs überqueren. Nach dem zweiten Tor wenden wir uns nach links und kommen nach wenigen Schritten zur St. Stephanuskirche.

Wir gehen an der Kirche vorbei bis zur Lüttenglehner Straße und biegen links ab, um schon nach wenigen Augenblicken rechts in die Trockenpützstraße einzubiegen. Auf dieser gehen wir geradeaus und verlassen Grefrath damit in südliche Richtung, unterqueren eine Landstraße und passieren zwei Felder. Auf der linken Seite sehen wir ein hell strahlendes Wegekreuz, an dem wir links auf einen Landwirtschaftsweg einbiegen. Gemütlich wandern wir zwischen den weiten Roggen- und Weizenfeldern durch eine Rechtskurve, biegen an einer T-Kreuzung rechts ab und wenden uns an den ersten Häusern des kleinen Dorfes Röckrath nach links. Auf der Röckrather Straße unterqueren wir kurz darauf eine Autobahn und biegen an der ersten Möglichkeit hinter der A46 rechts ab. Ganz automatisch gelangen wir an eine Gabelung, an der wir uns links halten und uns neugierig mit dem Areal zu unserer Rechten befassen, der Raketenstation Hombroich.

Ganz friedlich geht es heute an der Raketenstation Hombroich zu. Und der Frieden war es auch, der in den 1980er-Jahren die Menschen dazu bewegte, an dieser Stelle für selbigen zu demonstrieren. Höhepunkt war dabei das Jahr 1984 als es Sitzblockaden und Demonstrationen kam. Der Grund bestand aus den Nike- und Pershing-Raketen der NATO, die an diesem Ort gelagert und für den Ernstfall bereit gehalten wurden. 1987 unterzeichneten der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow und der US-Präsident Ronald Reagan den Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme, der unter anderem dafür sorgte, dass die Raketen in Hombroich ein Jahr darauf demontiert und abtransportiert wurden. Der Düsseldorfer Kunstmäzen Karl-Heinrich Müller erwarb daraufhin das Gelände und baute es zu einem Ort der Kunst um. Dazu gehört auch das Kunst- und Ausstellungshaus der Stiftung Langen Foundation, dass im Jahr 2004 von einem japanischen Architekten entworfen wurde.

Nach der Besichtigung gehen wir geradeaus weiter, an der Per-Kirkeby-Kapelle vorbei und kommen zu einer Kreuzung. Rund 400 Meter geradeaus sind es noch, die wir zur Besichtigung des Museums Insel Hombroich zurück legen müssten.

Lange vor dem Kauf der Raketenstation Hombroich erwarb Karl-Heinrich Müller die Insel Hombroich, die zum damaligen Zeitpunkt aus einem verwilderten Park an der Erft bestand. Sein Vorhaben bestand darin, eine dezentrale Ausstellung zu schaffen, die sich im Einklang mit der Natur befindet. In der Auenlandschaft mit seinen Kopfweiden besteht heute nicht nur ein Historischer Park, sondern auch verschiedene Ausstellungsgebäude in unterschiedlichen Architekturstilen. In Ihnen sind unter anderem Werke von Paul Cézanne, Rembrandt aber auch Kunstwerke aus dem frühen China untergebracht.

Wir biegen jedoch an der Kreuzung links ab und wandern nun ein Stück neben einer Bahntrasse entlang, die wir an der nächsten Möglichkeit nach rechts überqueren. Auf einem zweispurigen Traktorpfad wandern wir zwischen zwei Feldern zu einer Landstraße, biegen links ab und passieren auf dem schnurgeraden Weg nach Holzheim einen Bauernhof. Kurz hinter dem Ortseingang von Holzheim stoßen wir auf einen Kreisverkehr, der uns Zeichen ist, links abzubiegen und auf der Münchener Straße in einem weiten Rechtsbogen durch die Wohnviertel von Holzheim zu wandern. An einer Gabelung bleiben wir rechts und gehen auf der Roisdorfer Straße weiter bis zu einer T-Kreuzung. Wir drehen uns nach links, gehen um eine Rechtskurve und stehen plötzlich vor der St. Martinuskirche von Holzheim.

Vor der Kirche biegen wir links ab, gehen auf der Hauptstraße geradeaus weiter, die in die Bahnhofstraße mündet und erreichen nach einem kurzen Spaziergang durch das Holzheimer Zentrum den Bahnhof der Ortschaft, unseren Ausgangspunkt.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


Die Weltenbummler – ältester deutschsprachiger Reiseblog (seit 2000)

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kleine Rechenaufgabe Die Zeit für die Eingabe ist abgelaufen. Bitte aktivieren Sie das Captcha erneut.