Von Grevenbroich auf die Halde

Auf dieser Wanderung mangelt es an Nichts. Wir beginnen mit einem Marsch am ruhigen waldreichen Ufer der Erft, besichtigen später einen historisch wertvollen Jüdischen Friedhof und erklimmen die Vollrather Höhe, welche auf unserer Wanderung eine ständige Landmarke ist. An einem Tiergehege vorbei gelangen wir zurück in das Zentrum von Grevenbroich, wo wir noch einen Blick auf das Treiben rund um das Schloss werfen können.

Pkw/Parken: Parkplatz am Bahnhof Grevenbroich in der Straße Bahnhofsvorplatz
ÖPNV: Mit der Regionalbahn 38 ab Neuss Hbf. oder mit dem Regionalexpress 8 ab Rheydt Hauptbahnhof bis Grevenbroich Bahnhof.
Rundweg: Ca. 19,5 Kilometer/4–4,5 Stunden
Streckenprofil: Schotterpfade am Erftufer und Landwirtschaftswege
Einkehr: Gasthaus Altes Schloss, Schloßstr. 13, 41515 Grevenbroich, Tel. (0 21 81) 21 36 33 (Mo geschl.); diverse Einkehrmöglichkeiten im Zentrum von Grevenbroich
Am Wegesrand: Erft; Mühle Kottmann; Wevelinghoven; Jüdischer Friedhof Wevelinghoven; Barrenstein; St. Matthäus in Allrath; Vollrather Höhe; Tiergehege Grevenbroich, Am Sodbach, 41515 Grevenbroich, Tel. (0 21 81) 6 48 87), kostenfrei; Altes Schloss Grevenbroich

Den Grevenbroicher Bahnhof lassen wir hinter uns  und gehen halbrechts in die Bahnstraße, um nach kurzer Zeit hinter einem Kriegerdenkmal am Siegesplatz zu einem Kreisverkehr zu gelangen. Am Kreisverkehr wenden wir uns nach links und gehen bis zu einer Brücke, die sich über die Erft spannt.

107 Kilometer lang fließt die Erft von ihrer Quelle bei Nettesheim, wo sie noch als Kuhbach bezeichnet wird, bis zu ihrer Mündung in den Rhein am Neusser Stadtteil Grimlinghausen. Dabei berührt sie so malerische Städte wie Bad Münstereifel und Euskirchen bevor sie hier bei Grevenbroich auf den Rhein-Kreis Neuss trifft. Die Erft hat die Besonderheit ein sehr warmes Gewässer zu sein. Allerdings ist dies nicht natürlich Ursprungs, sondern wird durch die Warmwassereinleitung durch die Braunkohleindustrie verursacht. Das führte dazu, dass in der Vergangenheit ausgesetzte Aquarienfische wie Piranhas, Guppys und auch Rotwangenschildkröten gefunden wurden. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts wird die Erft jedoch durch den Erftverband deutlich umgestaltet und nicht nur kleiner werden, sondern streckenweise auch ein neues Bett erhalten.

Wir wollen jedoch noch nicht über die Erft hinweg, sondern biegen vor der Brücke links auf einen schmalen Weg ein, auf dem wir nun einige Zeit den kleinen Fluss begleiten wollen. Während das Wasser sanft unter einer hölzernen Brücke hindurch fließt, verlassen wir Grevenbroich und tauchen in das bewaldete Erftufer ein. Eine Schutzhütte bietet uns Gelegenheit zu einer kleinen Erholungspause bevor wir weiter am Ufer entlang wandern und sämtliche Abzweige nach links ignorieren. Auf dem geschwungenen Weg genießen wir die Wanderung durch die ruhige Idylle, unterqueren eine Straßenbrücke und erreichen nach kurzer Zeit eine Staustufe, wo wir am anderen Flussufer die Mühle Kottmann erkennen.

Kleiner Teich
Kleiner Teich

Wir wandern noch ein kleines Stück weiter bis zu einer Querstraße, biegen nach rechts ab und überqueren die Erft nicht nur an einer Slalomstrecke für Kanuten, sondern lassen sie für einige Zeit hinter uns. An der Kottmannschen Mühle wandern wir vorbei und haben damit Wevelinghoven erreicht.

Die Geschichte von Wevelinghoven beginnt spätestens im ausgehenden 11. Jahrhundert, doch gab es die Ansiedlung vermutlich bereits deutlich früher. Hohe Bedeutung hat hierbei die Burg Wevelinghoven, die die Stammburg der Herren von Wevelinghoven war und sich am linken Ufer der Erft befand. Sie war jedoch eine der ersten Burganlagen, die im Truchsessischen Krieg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zerstört wurde. Heute gilt das Gelände der Burg als Bodendenkmal. Seit 1975 gehört Wevelinghoven zu Grevenbroich und hat damit seine Eigenständigkeit verloren, auf die man in Teilen der Bevölkerung noch heute stolz wäre. Zu den Sehenswürdigkeiten im Ort gehören neben den Kirchen das Alte Pastorat und das leuchtend weiße Rathaus aus dem Jahr 1909.

Auf der Brückenstraße wandern wir geradeaus, überqueren die Oberstraße und bleiben in dem ruhigen Wohnviertel bis wir links die Straße Am Böhnerfeld sehen. Wir biegen in sie hinein, sehen auf der rechten Seite schon die ersten Felder und passieren einen Kinderspielplatz bevor wir wenig später durch die Birkenstraße wandern. Nach weniger als 500 Meter sehen wir links vor uns einen Friedhof, der uns Zeichen ist, rechts auf die Zehntstraße abzubiegen. Auf dem straßenbegleitenden Rad- und Fußweg verlassen wir Wevelinghoven überqueren eine Straßenbrücke und haben zu unserer Rechten einen Jüdischen Friedhof.

39 Grabsteine oder wenigstens Grabsteinfragmente befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof an der Zehntstraße. Der jüngste und letzte Grabstein wurde 1923 aufgestellt. Er wurde im Jahr 1868 angelegt und gilt als Nachfolger eines älteren jüdischen Friedhofs, der von den Nationalsozialisten komplett zerstört wurde. Er befand sich rund 400 Meter entfernt hinter dem Haus Nummer 3 in der Oberstraße. Von diesem ist heute nichts mehr zu sehen und er ist mit einem Parkplatz überbaut worden.

Wir gehen noch ein gutes Stück weiter und biegen an der ersten Möglichkeit rechts auf einen asphaltierten Landwirtschaftsweg ein. Diesem folgen wir schnurgerade zwischen den Feldern und wenden uns an der nächsten Gelegenheit nach links. Längere Zeit bleiben wir auf einem Traktorpfad und machen zu unserer Rechten bereits die Vollrather Höhe aus, die wir im weiteren Verlauf unserer Wanderung noch erklimmen werden. An der letzten Möglichkeit vor einer quer verlaufenden Hochspannungsleitung biegen wir rechts ab und wandern auf dem Weg geradeaus bis zu einer Landstraße. An der Straße gehen wir nach links, passieren einen kleinen Friedhof und erreichen kurz darauf die ersten Häuser des Dorfes Barrenstein.

Das Dorf Barrenstein gehört schon seit 1931 zur Stadt Grevenbroich, war aber auch bereits zuvor schon Teil des damaligen Amtes Grevenbroich. Etwas über 800 Einwohner leben in der kleinen Ortschaft rund um die katholische Kirche St. Nikolaus. Diese wurde Ende des 15. Jahrhunderts im spätgotischen Stil erbaut und erhielt Mitte des 19. Jahrhunderts einen größeren Anbau. In den 1970er-Jahren wurde sie nicht nur umfassend restauriert, sondern erhielt mit dem Kirchenneubau nebenan einen weiteren sakralen Nachbarn.

 Auf der linken Seite sehen wir die kurios anmutende St. Nikolauskirche mit der angrenzenden Kapelle und biegen kurz darauf rechts auf die Muchhausener Straße ab. Auf dem Rad- und Fußweg neben der Straße verlassen wir nicht nur Barrenstein, sondern wandern abermals an Weizen und Roggen entlang und unterqueren eine Bahnlinie, um kurz darauf in den kleinen Ort Allrath zu gelangen. Auch hier bleiben wir zunächst geradeaus, überqueren die Bundesstraße 59 und biegen nach einer Rechtskurve rechts zur St. Matthäuskirche ab.

Bereits im Jahr 1177 wurde die katholische St. Matthäuskirche von Allrath urkundlich erwähnt als sie vom Kölner Erzbischof geweiht wurde. Allrath selbst gehörte über viele Jahrhunderte hinweg zu Grevenbroich. Mal war es das Amt Grevenbroich, zwischendurch der Kreis, während der napoleonischen Besetzung zum Mairie Grevenbroich und aktuell zur Stadt.

Am Gotteshaus rechts vorbei wandern wir über die August-Münker-Straße bis zur Kirchhofstraße und wenden uns auf dieser nach links. Am Allrather Friedhof überqueren wir eine schmale Straße und biegen gleich darauf nach links ab, um nun den angekündigten Aufstieg auf die Halde vorzunehmen.

Der höchste Punkt des Rhein-Kreis Neuss ist die Vollrather Höhe, gelegentlich auch Allrather Höhe genannt. Sie ist in der sonst sehr flachen Landschaft eine weithin sichtbare Landmarke und entstand durch Abraum des Braunkohletagebaus Frimmersdorf-West, heute besser bekannt als Tagebau Garzweiler. 13 Jahre lang wurde sie bis 1968 aufgeschüttet und wurde fünf Jahre später für den Besucherverkehr freigegeben. An der Stelle der Halde stand bis zum Jahr 1953 das Gut Vollrath aus dem 13. Jahrhundert, das abgerissen und unter der Halde begraben wurde. Nur noch ein Gedenkstein auf der Vollrather Höhe erinnert noch daran. Die Höhe des Plateaus bietet seit vielen Jahren bereits die Möglichkeit für einen Windpark, bestehend aus mehreren Windkraftanlagen.

Ganz sanft steigt unser Weg an, während rechts und links unseres Weges die Bäume zeigen, wie die Natur auch eine Halde erobert. An einem Abzweig nach links gehen wir vorbei und haben nach einer Rechtskurve mit Blick auf die Windkrafträder den Höhepunkt der Halde erreicht. Eine Aussicht können wir wegen der hohen Bäume leider nicht genießen, dafür aber die Weite auf diesem Hochplateau, auf dem wir direkt an der ersten Möglichkeit, hinter einer Informationstafel links abbiegen. Wir tauchen wieder in den Wald ein, der sich einmal um das Hochplateau zieht und gehen auf dem Hauptweg deutlich bergab und durch eine Haarnadelkurve.

Am Fuße der Vollrather Höhe erreichen wir mit einem weiteren kleinen Friedhof den Ortsrand von Neuenhausen. Am Friedhof biegen wir links ab, sehen das kleine Wäldchen des sogenannten Welchenbergs und gehen auf einem schmalen Pfad in ihn hinein. An einer Gabelung gehen wir links, beschreiben eine weite Rechtskurve, um nach Überquerung dieser kleinen Kuppe hinab zum Wanderparkplatz zu gehen. Dort überqueren wir die breite Landstraße, gehen halblinks wieder in einen Wald hinein und halten uns scharf rechts. Auf dem schnurgeraden Weg wandern wir durch das Wäldchen, das am rechten Ufer der Erft in Höhe ragt und Ruhe verspricht. Eine Kreuzung wird überquert und alle Abzweige lassen wir an der Seite liegen. Wir unterqueren schnell eine Autobahnbrücke, biegen gleich dahinter nach links ab und erreichen wenig später wieder die Erft, die wir daraufhin überqueren wollen. Am anderen Flussufer wenden wir uns nach rechts und wandern nun geradeaus an einem Tiergehege vorbei durch den Wald.

Muffelwild, Damwild, Heidschnucken und Kamerunschafe sind nur einige der Tierarten, die im Tiergehege Grevenbroich besucht werden können. Zusammen mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hat die Stadt Grevenbroich in den 1970er-Jahren dieses Freigehege eingerichtet, welches besonders an die kleinen Besucher gerichtet ist. Neben einem Streichelzoo dürfen sämtliche Tiere auch aus der Hand gefüttert werden. Zur Freude der Besucher ist das Gehege das ganze Jahr über geöffnet und kann kostenlos besucht werden.

Wir bleiben geradeaus auf der Pappelallee bis zu einer T-Kreuzung, biegen rechts ab, unterqueren am Erftufer eine Eisenbahnbrücke, um gleich darauf eine Wehranlage des Flusses zu passieren. Wir bleiben am Ufer des Flutgrabens der Erft und hätten an der ersten Brücke die Möglichkeit nach rechts zum nahe gelegenen Alten Schloss Grevenbroich zu gehen, welches gleichzeitig mit einer angenehmen Gastronomie gleichen Namens aufwartet.

Schon im frühen Mittelalter befand sich eine Wasserburg in Grevenbroich. Diese wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch einen dreiflügeligen Neubau ersetzt, von dem aber heute nur noch der Palas erhalten geblieben ist. Besichtigt werden kann das Alte Schloss Grevenbroich jedoch nur bei Veranstaltungen und Versammlungen, die in den Räumen des Schlossgebäudes stattfinden.

Ob mit oder ohne Einkehr wandern wir am Flutgraben weiter, überqueren diesen an der zweiten Brücke, wenden uns sofort nach links und gehen weiter an dem Wasserlauf bis zur Montzstraße. Wir biegen links ab, überqueren den Fluss ein letztes Mal, halten uns rechts und sehen schon vor uns den bekannten Kreisverkehr. An diesem brauchen wir nur noch halblinks hinter dem Kriegerdenkmal abzubiegen und erreichen auf der Bahnstraße unseren Ausgangspunkt, den Bahnhof von Grevenbroich.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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