Vom Neusser Zentrum zum Naturschutzgebiet

Wir erfahren auf dieser Wanderung wie man einfach und bequem vom lebhaften Treiben des innerstädtischen Neuss in ein grünes und herrliches Naturschutzgebiet gelangt. Unterwegs begegnen wir dabei den zahlreichen geschichtlichen Spuren der Stadt und erreichen den Rhein, dem wir bis zu einer Halbinsel namens Ölgangsinsel folgen wollen. Zum Abschluss treffen wir wieder im Neusser Zentrum ein, um dort das prächtige Quirinusmünster zu besichtigen.

Pkw/Parken: Parken im Bereich des Hauptbahnhofs Neuss, Düsseldorfer Straße, kostenpflichtig.
ÖPNV: Zahlreiche Verbindungen ab den Hauptbahnhöfen von Mönchengladbach, Krefeld, Düsseldorf oder Köln.
Rundweg: Ca. 15 Kilometer/4–4,5 Stunden
Streckenprofil: Im Neusser Zentrum an Straßen entlang, später auf schotterigen Pfaden am Rhein.
Einkehr: Diverse Einkehrmöglichkeiten im Zentrum von Neuss
Am Wegesrand: Neuss-Zentrum; Erftmühlengraben; Obertor; Clemens-Sels-Museum, Am Obertor, 41460 Neuss, Tel. (0 21 31) 90 41 42, www.clemens-sels-museum-neuss.de; Rhein; Naturschutzgebiet Ölgangsinsel; Quirinusmünster; Büchel

Im Neusser Hauptbahnhof folgen wir der Beschilderung zum Ausgang ins Zentrum von Neuss und haben nach Verlassen des Bahnhofs mit der Marienkirche gleichzeitig die Neusser Innenstadt vor uns liegen.

Die Geschichte von Neuss würde hier deutlich den Rahmen sprengen. Dabei zählt sie erst seit 1963 zu den deutschen Großstädten, allerdings konnte sie keine zwei Jahrzehnte später schon ihre 2000-Jahr-Feier begehen. Damit zählt sie zu den ältesten Städten Deutschlands. Gerne wird sie auch als DIE älteste Stadt bezeichnet. Doch diesen Titel beanspruchen auch Städte wie Trier, Augsburg oder Koblenz und er wird wohl nie eindeutig vergeben werden können, denn besiedelt waren sie alle schon sehr früh. Die Besiedlung von Neuss begann im Jahr 16 v. Chr. als die Römer an der Mündung der Erft in den Rhein das Legionslager Novaesium errichteten. Zunächst bestand dieses nur aus Holz und Erde, wurde aber bald aus Stein befestigt. Mit dem Lager entstand aber auch eine zivile Siedlung, in der die Familien der Soldaten lebten und in der natürlich auch Handwerker, Wirte und Händler Geschäfte tätigten. Aus dieser Siedlung entstand im Laufe der Jahrhunderte eine Stadt, die diesen Titel zum ersten Mal im Jahr 1190 erhielt. Es folgte eine Stadtmauer mit sechs Toren und nur wenige Jahre darauf begann man mit dem Bau des Quirinus-Münster, das bis heute zu einer der bedeutendsten Kirchen im Stil der Romanik gehört. Nach dem erfolgreichen Widerstand gegen die Belagerung durch Karl den Kühnen wurde Neuss mit dem Titel einer Hansestadt belohnt und wurde sehr wohlhabend. Vom mittelalterlichen Kern ist nach dem Zweiten Weltkrieg leider nicht viel geblieben, dennoch ist ein Gang durch die Stadt, die bis zum Jahr 1968 noch Neuß geschrieben wurde, auch ein Gang durch die Geschichte.

Wir wenden uns nach rechts und biegen an der großen Ampelkreuzung nach links in die Krefelder Straße ein. Auf der verkehrsberuhigten Straße, auf der nur die Straßenbahn verkehren darf, gehen wir an Schaufenstern und schmucken Häusern vorbei und biegen nach einiger Zeit rechts in die Straße Hamtorwall ein. Dort sehen wir den Erftmühlengraben und folgen diesem an seinem Lauf entlang.

Wir flanieren weiter geradeaus unter Eichen und Buchen und genießen das städtische Treiben, kombiniert mit dem Weg an dem kleinen Wasserlauf entlang. Eine Stele weist uns an den Ort eines ehemaligen Zolltores hin und auch der folgende Blutturm zeigt uns, dass Neuss eine bewegte Vergangenheit vorzuweisen hat. Eine Seelöwenskulptur markiert den Eingang zum Neusser Stadtgarten, in dem wir uns links halten und am historischen Windmühlenturm vorbei wandern und zur Linken das Clemens-Sels-Museum erkennen. Gleich dahinter erhebt sich das Obertor.

Das Obertor stammt aus dem 13. Jahrhundert und befindet sich am Südrand der ehemaligen Stadtmauer. Wer früher von Neuss nach Köln aufbrachte, musste dieses Tor durchschreiten. Es war zugleich das größte der sechs Tore in der Stadtmauer und ist heute das letzte verbliebene. Damit hat es bei der Belagerung durch Karl den Kühnen genauso da gestanden wie im Truchsessischen Krieg ein Jahrhundert später und auch bei den zahlreichen nächtlichen Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg. Heute ist es dort deutlich friedvoller und in seinen Räumlichkeiten ist ein Teil des Clemens-Sels-Museum eingerichtet worden.

Wir erreichen wieder den Erftmühlengraben, biegen vor einer kleinen Brücke links ab und wenden uns an der Augustinusstraße nach rechts. Mit der Stadthalle zu unserer Rechten überqueren wir die Vanikumer Straße und biegen links in die Stresemannalle ein. Noch vor der Straßenbrücke überqueren wir jedoch ein Bahngleis, wenden uns nach rechts und gehen auf einem schmalen Fußweg parallel zur Brücke an Bürogebäuden vorbei bis zur breiten Hauptstraße namens Hammfelddamm. Wir biegen rechts ab, unterqueren vor dem Bahngleis den Hammfelddamm und gehen nach rund 100 Metern an einer Gabelung halblinks weiter. Am Scheibendamm unterqueren wir nach kurzer Zeit eine Straßenbrücke und haben damit vorläufig den innerstädtischen Bereich von Neuss verlassen. Vor uns verläuft eine Allee, die uns geradewegs zum Sporthafen am Rhein bringt.

Wanderrast
Wanderrast

Ebenso wie bei der Stadt Neuss kann auch der Rhein mit seiner Geschichte, seinen Legenden und seinen Informationen ganze Bücher füllen – und tut es natürlich auch. Er entspringt in der Schweiz mit seinen zwei Quellflüssen Vorderrhein und Hinterrhein und bildet ein erstes Tal entlang der österreichisch-schweizerischen Grenze bis zum Bodensee. Nach seiner Durchquerung ist er als Hochrhein Grenzfluss bis zum Dreiländereck zwischen Deutschland, der Schweiz und Frankreich. Von dort fließt er als Oberrhein durch eine weite Senke bis Mainz und Wiesbaden, bevor bei Bingen sein wahrscheinlich schönster Abschnitt beginnt. Der dortige Mittelrhein reicht bis in die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn und ist mit seinen zahlreichen Burgen, Felshängen, Weinbergen und der berühmten Loreley seit dem Jahr 2003 auf der Liste der Weltkulturerben der Unesco eingetragen. Am hiesigen Niederrhein prägt er nicht nur die Stadt Köln, sondern trennt Neuss von Düsseldorf und speist bei Duisburg den größten Binnenhafen Europas mit Wasser, bevor er die Niederlande erreicht und dort den Namen Waal trägt.

Vor dem Rhein wenden wir uns nach links, schauen den Schiffen hinterher und wandern gemütlich mit Blick auf das rechtsrheinische Düsseldorf unter den Baumkronen einer Allee entlang auf dem Rheindamm. Die Rheinauen zu unserer Rechten und kleine Felder zu unserer Linken wandern wir bis zur Kardinal-Frings-Brücke, biegen vor ihr ab und gehen zu den Rheinauen hinab, um die Brücke zu unterqueren. Auf einem schmalen Pfad wandern wir nun direkt am Ufer entlang und genießen, wie das Wasser sanft ans Ufer platscht. Auch die folgende Eisenbahnbrücke wird unterquert, die einen Vorgängerbau ersetzt, von dem gleich dahinter noch der Brückenkopf zu sehen ist. Mit einem Blick auf das gegenüberliegende Rheinufer sehen wir dort auch noch den rechtsrheinischen Brückenkopf. Weiter wandern wir auf dem Trampelpfad durch die Rheinauen und erreichen einen Abzweig. Diesen passieren wir zunächst und gehen geradeaus in das Naturschutzgebiet Ölgangsinsel hinein.

Auch wenn das Naturschutzgebiet Ölgangsinsel heute nur noch eine Halbinsel ist und der Name daher irritieren könnte, ist er dennoch richtig. Früher handelte es sich tatsächlich um eine schmale Insel mitten im Rhein. Eine hohe Weiden- und Röhrichtvegetation machen einen Großteil der heutigen Halbinsel aus und bieten mit einem Auenwald einen guten Nistplatz für Graureiher, die sich hier als Kolonie niedergelassen haben. Aber auch der Schwarzmilan wird gelegentlich in den dichten Ästen der Bäume gesehen.

Rund 1.200 Meter gehen wir noch geradeaus, bis wir den nördlichsten Punkt des Naturschutzgebietes erreicht haben, wo sich die Zufahrt für den Neusser Hafen befindet und wir trotz der Nähe zur Industrie die Ruhe und Idylle eines wunderschönen Naturschutzgebiets genießen können. Nach einem Besuch an der Nordspitze der Ölgangsinsel gehen wir zurück zum bereits bekannten Abzweig und wenden uns dort mit einer Verabschiedung vom Rhein nach rechts. Wir gehen geradeaus bis zum Rheindamm, biegen auf diesem nach links ab und wandern geradewegs auf die Eisenbahnbrücke zu, die es wieder zu unterqueren gilt. Direkt hinter der Brücke wenden wir uns nach rechts und erreichen neben den Gleisen die Straße An der Hammer Brücke, auf der wir geradeaus eine Straßenbrücke unterqueren und wenige Meter dahinter links abbiegen. Auf der Königsberger Straße gehen wir bis zu einem Kreisverkehr und wenden uns dort nach rechts. Neben der Hauptverkehrsstraße wandern wir nun durch eine Linkskurve und spüren bereits, dass wir uns wieder der Innenstadt von Neuss nähern. Doch zuvor passieren wir links den Kirmesplatz und den RennbahnPark, auf dem nicht nur Pferde ihre Runden drehen, sondern auch zahlreiche anderen Veranstaltungen wie z. B. Konzerte stattfinden können.  Am RennbahnPark vorbei erreichen wir nach kurzer Zeit eine Ampelkreuzung, an der wir geradeaus direkt in das Zentrum von Neuss hineingehen und auf der rechten Seite als erstes das Quirinusmünster sehen.

Zwei Jahrzehnte dauerte der Bau des Quirinusmünsters, das im Jahr 1230 fertiggestellt wurde und seither eines der bedeutendsten spätromanischen Kirchen am Niederrhein ist. Die Geschichte der Kirche beginnt aber bereits mit der Gründung eines Klosters zwei Jahrhunderte zuvor. In diesem wurden die Gebeine des Stadtpatrons Quirinus aufbewahrt, die von der Neusser Äbtissin Gepa von Rom nach Neuss verbracht wurden und ein bedeutendes Pilgerziel wurden. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Stadt Neuss von dem für damalige Verhältnisse sehr hohen Kirchturm geprägt, der jedoch einem Blitzschlag mit einem anschließenden Brand zum Opfer fiel. Im Jahr 2009 verlieh Papst Benedikt XVI. der Kirche den Titel basilica minor, zu den momentan rund 1.600 Kirchen weltweit zählen.

An dem Münster gehen wir vorbei zum Münsterplatz und biegen auf diesem nach links ab, um durch die schmale Vogteigasse bis zur Einkaufsstraße Büchel zu gelangen.

Halblinks wandern wir in die Neustraße hinein und erreichen an ihrem Ende wieder den bereits bekannten Erftmühlengraben. Wir biegen entweder schon auf der Straße Hamtorwall nach rechts ab oder erst direkt am Graben. Auf beiden Wegen erreichen wir die Haltestelle Hamtorwall, hinter der wir rechts gehen und wenig später links auf die Niederstraße abbiegen. Hier kennen wir uns bereits aus, wandern auf der Krefelder Straße geradeaus und sehen nach einiger Zeit nicht nur eine Eisenbahnbrücke, sondern halbrechts auch wieder den Neusser Hauptbahnhof.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


Die Weltenbummler – ältester deutschsprachiger Reiseblog (seit 2000)

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kleine Rechenaufgabe Die Zeit für die Eingabe ist abgelaufen. Bitte aktivieren Sie das Captcha erneut.