Wanderung durch den Calmont-Klettersteig

Legendär, spektakulär, unbedingt sehenswert, erlebnisreich – welches Attribut soll man bei einem Wanderweg verwenden, der uns sprachlos macht? Der Calmont-Klettersteig führt uns durch den steilsten Weinberg Europas. Dabei verschafft er uns grandiose Ausblicke auf die Mosel, welche weit unter uns eine Schleife bildet. An Seilsicherungen vorbei und über Leitern hinweg wandern wir Schritt für Schritt von Ediger-Eller nach Bremm. Auf dem Rückweg belohnen wir uns mit einem Spaziergang auf einem bewaldeten Höhenzug, der uns nochmals unglaubliche Aussichten beschert. Die Wanderung ist rundum ein unvergleichliches Erlebnis, welches aber einige Anforderungen an die Kondition stellt.

Der folgende Text stammt aus meinem nicht mehr erhältlichen Reiseführer „Wanderungen an der Mittelmosel“. Daher können die Angaben veraltet sein. Außerdem gibt es mittlerweile eine aktuellere Wanderbeschreibung für den Calmont-Klettersteig.

 

Ausschilderung zum Klettersteig
Ausschilderung zum Klettersteig

Wir beginnen unsere Wanderung zunächst mit einem kurzen Spaziergang vom Parkplatz nach links über die Moselweinstraße. Dafür gehen wir entlang an den gepflegten Häusern von Eller und am Hotel-Café Moselterrasse und dem Mosellandhaus. Wir unterqueren am Dorfende eine Eisenbahnbrücke, wo Zugreisende in die Route einsteigen. Gleich hinter der Brücke am Einstieg zum legendären Calmont-Klettersteig wenden wir uns nach rechts.

Der Calmont ist mit seiner Neigung von 65 Grad die steilste Weinlage Europas. Beim Anblick dieser steilen Felswand ist es kaum vorstellbar, dass ursprünglich 22 Hektar mit Weinbergen bepflanzt waren. Heute sind es noch 13 Hektar, die landwirtschaftlich genutzt werden, denn die Arbeit am Calmont ist nicht nur anstrengend und mühsam, sondern auch kostenintensiv. In der Steillage brennt die Sonne besonders stark – dem Wein aus dieser Lage kommt das zu Gute, der ungeübte Kletterer sollte sich aber an sonnigen Tagen vorsehen, damit es nicht zu Kreislaufproblemen kommt.
Der Calmont-Klettersteig wurde vom Alpenverein angelegt. Wir brauchen, abgesehen vom festen Schuhwerk, keine Sicherheitsausrüstung, dennoch darf er nicht unterschätzt werden, und unerfahrene Wanderer oder Personen mit unzureichender Kondition sollten den Durchstieg vermeiden. Einen tödlichen Unfall wie im Jahr 2006 wollen wir unbedingt vermeiden.

Wanderweg durch den Calmont-Klettersteig
Wanderweg durch den Calmont-Klettersteig

Steilster Weinberg Europas

Dies ist zwar noch nicht der sogenannte Point of no Return, doch wer sich nicht zutraut, den Calmont-Klettersteig zu begehen, der sollte ihn auch besser nicht in Angriff nehmen. Unsere Route führt uns zunächst auf einem schmalen Schotterweg an einem Bildstock vorbei bergauf und ein kurzes Stück den Bahngleisen entlang. Nach den ersten steinernen Stufen wandern wir jedoch in Serpentinen steil hinauf. Mit der Schutzhütte Galgenlay, die wir relativ schnell erreichen, haben wir schon einen schönen Aussichtspunkt erreicht. Hier ist die letzte Möglichkeit umzukehren, denn die Ausschilderung des Rundwegs Todesangst führt uns gleich steil hinauf, teilweise durch seilgesicherte Geländeabschnitte.

Mit jedem Höhenmeter, den wir uns schweißtreibend nach oben tasten, wird die Aussicht spektakulärer. Und es dauert nicht mehr lange, bis wir sogar die Mosel bei St. Aldegund erkennen können. Am alten Betonfundament eines ehemaligen Hochspannungsmastes wandern wir vorbei und halten uns an einer Gabelung links. An dem Warnschild für den Klettersteig gehen wir vorbei und genießen den faszinierenden Blick auf das Tal sowie auf den hervorragenden Felsdorn mit einer Deutschlandfahne.

Aussichtspunkt Todesangst bei Bremm
Aussichtspunkt Todesangst bei Bremm

Wir folgen dem schmalen Weg zur Fahne, beachten aber den Hinweis, sich ihr nicht zu nähern, da diese im Wind durch die Drehbewegung gefährlich werden kann. Wir wandern nun auf dem schmalen Weg im steten Auf und Ab weiter. Zahlreiche steile Weinberge wechseln sich mit Sitzbänken ab, Wegekreuze machen Seilsicherungen Platz, damit wir uns auf den wenige Zentimeter breiten Vorsprüngen durch den Hang bewegen können. Eine erste Verschnaufpause gönnen wir uns an einem kleinen Rondell. An diesem erläutern Hinweistafeln den Weinbergsboden, genauer gesagt den Rigosol, ausführlich.

Spektakuläre Wanderung durch den Calmont-Klettersteig

Am Rondell wandern wir durch ein kleines Metalltor und dann an einer Trockenmauer entlang, an der die Geschichte des Calmonts in Wort und Bild dargestellt wird. Unter den Schienen von Monorailbahnen gehen wir hindurch und queren sogenannte Kaulen, wie die Taleinschnitte im Calmontberg heißen. Steighilfen und fest installierte Leitern, um einen Felsen hinab zu steigen, sind ein weiteres Wagnis auf dem Weg durch den Klettersteig . Immer wieder ändert sich die Umgebung, mal sind es Weinberge, mal Schieferwände mit Strauch- und Baumbewuchs. Ebenso vielfältig ist der Wanderweg selbst. Die nächsten fünf Höhenmeter klettern wir nämlich bergab, selbstverständlich auch hier mit einer Seilsicherung, die unsere Schwindelfreiheit und Trittsicherheit unterstützt.

Der steilste Weinberg Europas
Der steilste Weinberg Europas

Während wir hoch über der Mosel durch die Weinlage Calmont wandern, ahnen wir die schwierige Arbeit der Winzer, die hier ihre Reben pflegen. Es sind Rieslingtrauben die hier auf dem besonderen Boden gedeihen, in der sonnigen Steillage reifen und einen ganz besonderen Wein liefern.
Auch der schwierigste Klettersteig ist (leider) irgendwann zu Ende, und wir steigen einige Stufen hinab auf eine asphaltierte Straße.

Vor uns liegt die kleine Ortschaft Bremm mit ihrer alles überragenden St. Laurentius-Kirche. Doch wir streifen den Ort nur kurz, denn wir wollen doch noch zum Gipfel des Calmonts. Hinter der Kirche wenden wir uns daher gleich in die erste Straße nach rechts und folgen ihr bergauf bis zu einem schotterigen Landwirtschaftsweg. Hier halten wir uns rechts, wandern durch eine weite Linkskurve und nutzen dann einen schmalen Aufstieg zu unserer Linken. Er führt uns in Serpentinen eine Weinbergterrasse höher. Den Sinn dieser durch Trockenmauern geschaffenen Terrassen, die in diesem Teil des Moseltals so typisch sind, erkennen wir hier am Calmontberg besonders gut.

Ediger-Eller an der Mosel
Ediger-Eller an der Mosel

Fantastischer Ausblick am Gipfelkreuz

Wir wenden uns nach rechts, folgen dem ebenen Weg ein gutes Stück und erreichen zur Linken einen weiteren, steilen Schotteraufstieg. Langsam wandern wir Meter für Meter höher und machen an einer Schutzhütte eine kleine Pause. Anschließend erreichen wir, nach einem weiteren kurzen Aufstieg, das langersehnte Gipfelkreuz. Damit haben wir den höchsten Punkt erreicht, genießen eine wohlverdiente Rast und schwelgen in der wunderbaren Aussicht über den spektakulären Moselbogen.

Von nun an machen wir es uns leichter und folgen nach rechts der Ausschilderung nach Eller durch einen kühlen Wald. Nun wandert es sich flott, und wir erreichen schon bald das sogenannte Römische Bergheiligtum. Dabei handelt es sich um einen rekonstruierten Tempel auf den Grundmauern eines im Jahr 2005 entdeckten römischen Heiligtums. Schon wenig später kommen wir zum hölzernen Aussichtspunkt Vier-Seen-Blick: Die Mosel, teilweise verdeckt durch die Bergkuppen, erscheint als vier Seen. Nach einer kurzen Pause wandern wir durch den grünen Wald weiter, bis wir hinter einem weiteren Picknickplatz den Abzweig nach Galgenlay erreichen.

Rechts geht es durch den Klettersteig
Rechts geht es durch den Klettersteig

Wir folgen dem steilen, bereits bekannten Pfad langsam und vorsichtig bergab, mit Blick auf die Eisenbahnbrücke. In der Schutzhütte Galgenlay hinterlassen wir einen Abschiedsgruß im Gästebuch und steigen noch die letzten Serpentinen zu den Gleisen hinab. Mit der Unterquerung der Eisenbahngleise endet unsere aufregende Tour durch den wohl schönsten Klettersteig im Tal der Mittelmosel. Wanderer, die mit der Bahn anreisten, bleiben direkt am Bahnhof Ediger-Eller. Autofahrer gehen über die Moselweinstraße zurück zu ihrem Ausgangspunkt, dem Parkplatz an der Mosel.

Moselschleife am Calmont
Moselschleife am Calmont

3 Kommentare zu „Wanderung durch den Calmont-Klettersteig“

    1. Aber hallo, da geht in der Moselregion noch einiges. Ist zwar natürlich alles nicht alpin, aber bei Zell gibt es zum Beispiel etwas ähnliches. Und dann wäre da noch das Erdener Treppchen oder der Riol-Klettersteig. Das geht alles schon über das normale Wandern hinaus, wie ich finde.

  1. Pingback: 2020 - Mit dem Wohnmobil an die Mosel | Die Weltenbummler

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