Eichen, Buchen und Fichten – der Lebensraum Wald wird zur Kulisse für eine entspannende Wanderung. Erleben wir zunächst noch tolle Ausblicke, tauchen wir im Laufe der Route tiefer in den Wald hinein und stoßen auf Relikte vergangener Zeiten. Wir werden auf unserer Rundtour feststellen, dass auch schon die Kelten und Römer es verstanden, die Wälder bei Neuwied zu durchstreifen und sich hier wohl zu fühlen.
Pkw/Parken: Parkplatz am Haus am Pilz, Dierdorfer Straße, Neuwied-Gladbach (GPS: 50.472583, 7.525221)
ÖPNV: Mit dem Bus 103 ab Neuwied Bahnhof bis Neuwied, Haus am Pilz (GPS: 50.472341, 7.524979)
Rundweg: Ca. 16 Kilometer/3,5–4 Stunden
Streckenprofil: Breite Waldwege wechseln sich mit schmalen, grasigen Pfaden ab
Einkehr: Haus am Pilz, Dierdorfer Straße 600, 56566 Neuwied, Tel. (0 26 31) 34 34 36, www.haus-am-pilz.de (Mo geschl.) (GPS: 50.472529, 7.5255)
Am Wegesrand: Picknickplatz (GPS:50.46835, 7.53383); Zoo Neuwied, Waldstraße 160, 56566 Neuwied, Tel. (0 26 22) 9 04 60, www.zooneuwied.de (GPS: 50.452832, 7.56062); Turnvater-Jahn-Kreuzung (GPS: 50.454054, 7.571188); Römischer Wachturm (GPS: 50.456684, 7.57211); Keltengräber (GPS: 50.46557, 7.567014); Limes; Picknickplatz (GPS: 50.47782, 7.523648)
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels stammt aus meinem nicht mehr erhältlichen Reiseführer über Wanderungen in und um Koblenz. Die meisten Informationen werden daher veraltet sein und dieser Artikel kann nur als grobe Richtschnur dienen.
Auf dem Schotterparkplatz vor dem Restaurant Haus am Pilz entscheiden wir uns, ob wir zunächst speisen oder erst im Anschluss an unsere Wanderung einkehren möchten. Das traditionsreiche Restaurant verdankt seinen Namen dem überdimensionalen, hölzernen Pilz am Rande des Parkplatzes. Hinter diesem Pilz gehen wir in den Wald hinein und biegen gleich darauf rechts ab, womit wir für einige Zeit auf dem Rheinsteig wandern. Direkt zu Beginn des Weges grüßen wir die schnatternden Enten auf einem kleinen Weiher linker Hand und an der darauffolgenden Gabelung halten wir uns links. Der schmale Weg führt uns stetig bergauf, bis wir auf einen etwas breiteren Schotterweg treffen. Wir wandern geradeaus und erreichen schon bald einen kleinen Picknickplatz, der auch eine tolle Aussicht für uns bereithält. Deutlich können wir im flachen Rheintal Neuwied erkennen und am markanten Kühlturm des einstigen Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich vorbei bis weit in die Eifel hineinschauen. An einem weiteren kleinen Weiher wandern wir links vorbei und halten uns an der folgenden Gabelung abermals links. Im leichten Auf und Ab wandern wir auf dem kurvigen Weg an kräftigen Eichen und Buchen vorbei.
Wir entscheiden uns an einer weiteren Gabelung für den rechten, leicht abschüssigen Weg. Nach wenigen Metern überqueren wir den leise plätschernden Waldbach, in manchen Karten auch Grenzbach getauft, und erreichen die Burghofstraße, an der wir rechts abbiegen. Nur kurz bleiben wir auf der asphaltierten Straße, denn schon vor dem ersten Wohnhaus zur Linken gehen wir nach links und steigen an einem Zaun den steilen Schotterweg hinauf. Oben wandern wir wieder auf einem bequemen Waldweg, halten am Rastplatz Forstberg inne und informieren uns an einer Tafel über die einheimischen Singvögel. Auf dem kurvigen Pfad durch den dichten Forst versuchen wir, die Vogelstimmen zuzuordnen, und kommen an einer Holzschranke vorbei. Dahinter biegen wir an einer Gabelung rechts ab und wandern in einem weiten Bogen bis zum Waldrand hinab. Über einen schmalen Feldweg erreichen wir ein schotteriges Sträßchen, wenden uns nach links und folgen diesem ruhigen Weg durch die grüne Landschaft bis zum Parkplatz des Zoos Neuwied.
Mit weiten Sprüngen bewegen sich Graue Riesenkängurus fort, Schimpansen schwingen sich kreischend von Ast zu Ast und Humboldtpinguine watscheln zum Rand eines Wasserbeckens, in das sie mit einem eleganten Sprung eintauchen. Willkommen im Zoo Neuwied. Im größten Zoo in Rheinland-Pfalz finden wir rund 1.200 Tiere aus 155 Arten. Dabei reicht die Bandbreite des 1970 eröffneten Zoos von heimischen Hasen bis zu pfeilschnellen Geparden, und eine Bienenhütte gibt einem ganzen Bienenvolk Lebensraum. Doch im Zentrum des Tierparks stehen die Kängurus mit der weltweit größten Herde außerhalb ihres Ursprunglandes Australiens.Darüber hinaus bietet der Zoo ein pädagogisches Konzept, welches gern von Lehrern aufgegriffen wird, die mit ihren Schulklassen den Zoo besuchen. Auch ein Baum- und Naturlehrpfad führt durch die Anlage.
Vor dem Eingang des Zoos wandern wir auf einer asphaltierten, kleinen Straße rund 500 Meter weiter bis zum ersten Abzweig, der uns nach links führt. Der Schotterweg bringt uns mit einem weiten Rechtsbogen wieder in einen Wald hinein, wo wir uns an einer Gabelung links halten. Wir überqueren eine weite Wiese und erreichen an einer Kreuzung nicht nur eine Sitzbank, sondern auch einen Gedenkstein, auf dem gerade noch zu erkennen ist, dass er vom Turnverein Weis im Jahr 1920 aufgestellt wurde und an Friedrich Ludwig Jahn erinnert.
Am 11. August 1778 erblickte Friedrich Ludwig Jahn im brandenburgischen Lanz das Licht der Welt. Er initiierte die deutsche Turnbewegung, die ursprünglich dem Ziel diente, die Jugend auf die Rettung Preußens und Deutschlands im Kampf gegen die napoleonische Besatzung vorzubereiten. Jahn war Nationalist und sprach sich für ein Großdeutschland aus, zu denen er die Schweiz, Holland und Dänemark zählte. Auf der Hasenheide im heutigen Berliner Ortsteil Neukölln gründete er im November 1810 mit weiteren Gesinnungsgenossen den Geheimbund Deutscher Bund, mit dem er die Befreiung Deutschlands vorsah. Er unternahm mit den Mitgliedern des Geheimbundes zahlreiche Wanderungen, aus denen die ersten Turnübungen hervorgingen. Schon im darauf folgenden Jahr richtete er auf der Hasenheide den ersten Turnplatz Deutschlands ein. Nach dem Sieg gegen Frankreich hatte Jahn zwar zunächst sein primäres Wunschziel erreicht, doch Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. verbot 1819 das Turnen und Jahn kam sogar für fünf Jahre ins Gefängnis. Noch zwei Jahrzehnte dauerte es, bis Turnen nicht nur wieder erlaubt war, sondern sogar zum Schulfach wurde. Jahn starb rehabilitiert im Jahr 1852. Sein Wahlspruch „Frisch, fromm, fröhlich, frei“ geht auf einen Vers aus dem 16. Jahrhundert zurück und die vier Anfangsbuchstaben bilden bis heute das Turnerkreuz. Nach Turnvater Jahn sind heute mehrere Sporteinrichtungen benannt. An der Hasenheide in Berlin befindet sich ihm zu Ehren ebenfalls ein Denkmal, welches von zahlreichen Turnvereinen mit Ehrentafeln geschmückt wurde.
Mit dem Turnerwahlspruch wollen wir weiter unseres Weges ziehen und folgen auf dem Historischen Römer- und Keltenwanderweg der Ausschilderung in Richtung Heidegraben. Sanft steigt unser Weg an und wird von hohen Fichten gesäumt, bis wir auf erste Spuren des Limes stoßen.
Allgemein bezeichnet man als Limes heute die Nordgrenze des Römischen Reichs. Er verlief von Schottland bis zum Schwarzen Meer und beinhaltete auch den Obergermanisch-Raetischen Limes, der vom Rhein über den Westerwald bis zur Donau führte. Zunächst bestand der Limes aus einem Postenweg, später wurde er durch Palisaden, Gräben und Wälle verstärkt. 900 Wachtürme und rund 120 Kastelle entlang des Obergermanisch-Raetischen Limes dienten möglicherweise der Abschreckung und der Bewachung. Doch neuere Forschungen ergaben, dass mit dem Limes lediglich die wirtschaftliche Grenze des römischen Reiches abgesteckt werden sollte und er einem Angriff unter Umständen gar nicht Stand gehalten hätte. Heute ist der Limes eines der längsten Bodendenkmale der Welt, nur übertroffen von der Chinesischen Mauer, und seit 2005 in der Unesco-Liste der schützenswerten Kulturgüter verzeichnet. Hier im Heimbach-Weiser Wald treffen wir auf die Fundamente eines Wachtpostens, bestehend aus einem vier- und einem sechseckigen Turm, die vermutlich bis zu 12 Meter hoch waren. Sie sind einer von insgesamt 12 Wachtposten im Heimbach-Weiser-Wald.
Am ehemaligen römischen Wachturm wandern wir vorbei und versuchen uns auf dem weiteren Weg vorzustellen, wie der Wald vor rund 2.000 Jahren ausgesehen haben mag, als der Limes hier verlief. An einer Kreuzung wenden wir uns nach links, erreichen einen Parkplatz am Antons Kreuz und biegen rechts auf das asphaltierte Sträßchen ab. Dass die Römer nicht die ersten waren, die sich hier im Wald aufhielten, zeigt uns das wenig später folgende Hügelgräberfeld der Kelten, welches für uns zwar kaum erkennbar ist, aber mit einer Hinweistafel anschaulich erläutert wird. Wir bleiben auf dem Asphaltweg, bis zu unserer Rechten ein Hinweisschild über den Limes informiert und uns auf den schmalen Waldweg nach links lenkt. Mit gelegentlichen Ausblicken auf den benachbarten Golfplatz wandern wir weiter und biegen an der ersten Möglichkeit rechts ab. Leicht bergab verläuft unser Weg zu einem Asphaltsträßchen, in das wir nach links abbiegen. Wir folgen dem Verlauf der Straße an einem hübschen Bildstock vorbei, durch eine weite Linkskurve und treffen auf die Wanderwegmarkierung NR1, die uns nach links weist.
Schon nach kurzer Zeit biegen wir rechts ab und wandern auf wurzeligem Waldboden unter stämmigen Eichen und Buchen. Doch schon nach 400 Metern erreichen wir einen kleinen Parkplatz, an dem wir rechts auf den asphaltierten Weg abbiegen. An der folgenden Kreuzung erinnert uns ein großer Stein mit der Inschrift Limes daran, dass wir weiterhin auf römischen Spuren wandeln. Wir wenden uns nach links und wandern vor der Asphaltstraße links auf dem weichen Waldweg weiter. Einsam und ruhig führt er uns etwa der einstigen römischen Grenze entlang durch den Heimbacher Wald und über eine Asphaltstraße hinweg. Holztafeln mit Zitaten von Franz von Assisi und dem Schriftsteller Ernst Wiechert begleiten uns, bis wir plötzlich vor einer Palisade stehen. Die rekonstruierte Limes-Palisade gibt uns eine gute Vorstellung davon, wie der römische Schutzwall hier im Wald angelegt war.
An der Palisade überqueren wir die kleine Straße und wandern weiter geradeaus. In einem weiten Linksbogen nähern wir uns einer Landstraße, die sich akustisch bemerkbar macht und gelegentlich zwischen den Bäumen zum Vorschein kommt. Unser Weg führt uns sanft bergab, stets im Wechsel eines breiten Waldweges und eines schmalen Pfads zwischen hohem Gras und Farn. An einem Picknickplatz mit einer überdachten Schutzhütte haben wir eine letzte Gelegenheit zu einer kleinen Pause. Denn schon weist uns die Beschilderung auf das nur noch wenige Minuten entfernte Haus am Pilz hin. Wir folgen ihr auf einem grasigen Pfad, der uns abermals in unmittelbarer Nähe zur Landstraße deutlich bergab führt, und erreichen sicher unseren Ausgangspunkt, den Parkplatz vor dem Restaurant Haus am Pilz.
Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
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