Wandern rund um Bonn – Rund um Siegburg

Von romantischen Flussufern hinauf auf den Michaelsberg

Pkw/Parken: Parkplatz an der Neuenhofer Straße, Siegburg
ÖPNV: Ab Siegburg Bahnhof mit der Buslinie 502 bis Haltestelle Feuerwache
Rundweg: Ca. 13 Kilometer/3 Stunden
Streckenprofil: Flache asphaltierte Wege und ein steiler Aufstieg am Ende der Tour
Einkehr: Zum Fass, Luisenstraße 1, 53721 Siegburg, Tel. (0 22 41) 1 47 53 34, www.fass-siegburg.de (Mo geschl.); Steakhaus Zum Heißen Stein, Holzgasse 51, 53721 Siegburg, Tel. (0 22 41) 6 77 81, www.heisser-stein.siegburg.de (Mo geschl.); Taverne Sirtaki, Holzgasse 43, 53721 Siegburg, Tel. (0 22 41) 6 69 50, www.sirtaki-siegburg.de (Mi geschl.)
Am Wegesrand; Trasse der Aggertalbahn; Brückbergkaserne; Agger; Siegburger Mühlengraben; Abtei Michaelsberg, Bergstraße 26, 53721 Siegburg, Tel. (0 22 41) 12 90, www.abtei-michaelsberg.de

Von der oberhalb der Stadt Siegburg gelegenen Abtei ertönt das Läuten der Kirchenglocken in unseren Ohren, während wir auf ruhigen Wegen durch die Flussauen zwischen Sieg und Agger wandern. Dabei erklimmen wir den Hausberg der idyllischen Ortschaft, nähern uns mit federnden Schritten dem Kirchengeläut und genießen von dort die prächtige Aussicht auf die umliegende Landschaft bis zum Siebengebirge, nach Bonn und ins Rheintal.

Wir verlassen den Parkplatz und folgen der Neuenhofer Straße an der Haltestelle Feuerwache vorbei bis zum Kreisverkehr. An diesem nutzen wir geradeaus den kleinen geschotterten Pfad der ehemaligen Trasse der Aggertalbahn.

Die Aggertalbahn war eine Bahnverbindung zwischen Siegburg und dem sauerländischen Olpe. In den 1890er-Jahren galt diese Linie sogar kurzzeitig als rentabelste Bahnstrecke zwischen dem rheinischen Köln und dem hessischen Kassel. Mit der Eröffnung weiterer Zugverbindungen und dem Niedergang einiger Industrieunternehmen entlang der Trasse verlor die Bahnstecke im Laufe des 20. Jahrhunderts jedoch an Bedeutung. Heute kann die fast 74 Kilometer lange Trasse nur noch in kurzen Teilstücken mit der Eisenbahn befahren werden, und auch viele der ehemaligen Bahnhöfe existieren nicht mehr. Einige Abschnitte liegen brach und sind bereits überwachsen, andere wurden teilweise schon bebaut. Im Stadtgebiet von Siegburg wurde die Trasse indes zu einem beliebten Rad- und Fußweg umgebaut. Auch das weiter nördlich gelegene Städtchen Lohmar will diesem Beispiel folgen, sodass man in naher Zukunft auf diesem Weg zwischen beiden Ortschaften mit dem Rad pendeln kann.

Wir überqueren im Verlauf der Bahntrasse die Cecilien– sowie die Kronprinzenstraße, wo noch Überreste der Gleisanlagen zu erkennen sind. Wir bleiben auf der Trasse bis zur Weierstraße, während uns Kinder auf dem Weg in die Schule entgegenkommen und Radler an uns vorbei huschen. Rechter Hand erkennen wir den hoch aufragenden Turm der St. Annokirche. Wir wenden uns nach links und gehen auf das Restaurant Zum Fass zu. Ein Blick nach oben lohnt sich: Unterhalb des Dachturmes befindet sich nämlich an der historischen Fassade eine mannshohe, auf einem Fass sitzende Figur mit einem Bierglas in der Hand und bewirbt bereits seit 1893 das traditionsreiche Restaurant.

Wir wandern links am Restaurant vorbei und bleiben auf dem rechten Bürgersteig der Luisenstraße. Beim Überqueren der Barbarossastraße passieren wir ein herrschaftliches Backsteingebäude mit Fachwerkaufsatz, eine unter Denkmalschutz stehende ehemalige Villa des Direktors eines Feuerwerklaboratoriums. Den Grund für dieses Laboratorium finden wir nur wenig später zu unserer Rechten: die heutige Brückbergkaserne.

Es begann 1892 mit der Errichtung eines Königlich-Preußischen Feuerwerkslaboratoriums, in dem während des Ersten Weltkrieges bis zu 15.000 Menschen beschäftigt waren. Nach Ende des Krieges wurde es für wenige Jahre von den französischen Besatzungstruppen übernommen und in Caserne du Verdun umbenannt. Nach dem Abzug der Truppen, ließ man große Teile der Fabrik abreißen.Ab 1957 wurde das Gelände von der Bundeswehr genutzt und die Brückbergkaserne eingerichtet. Neben einer Transportkompanie der Luftwaffe sind hier das Musikkorps der Bundeswehr sowie zwei Kompanien des Wachbataillons untergebracht, welche repräsentative Aufgaben wie das jährliche Rekrutengelöbnis wahrnehmen.

Wir bleiben weiterhin auf der Luisenstraße, unterqueren die Bundesstraße 56 und verlassen damit den interessanten, innerstädtischen Bereich Siegburgs. Geradeaus erreichen wir den sanft dahinziehenden Fluss Agger.

Mit dem drittgrößten Fluss der Welt, dem über 6.000 Kilometer langen Jangtsekiang, kann es die Agger zwar nicht aufnehmen, dennoch gibt es eine Gemeinsamkeit: Während der Fluss in China für den Dreischluchtenstaudamm berühmt ist, bildet die Agger kurz hinter ihrer Quelle beim sauerländischen Meinerzhagen ebenfalls einen Stausee, der drei Täler flutet – die Ausmaße sind allerdings um ein Vielfaches kleiner. Die Agger windet sich anschließend gemütlich durch Nordrhein-Westfalen, nimmt noch das Wasser zahlreicher kleiner Nebenflüsse auf und mündet nach fast 70 Kilometern beinahe unauffällig in die Sieg, kurz bevor diese wiederum in den Rhein mündet.

Wir überqueren das Flüsschen und biegen gleich hinter der Brücke links in einen gepflasterten Weg, um leicht erhöht auf dem Aggerdeich entlang zu wandern. Wir umgehen das Freibad Aggua, welches namentlich mit den Wörtern Aqua und Agger spielt, und schon folgen wir dem asphaltierten Aggerdeich weiter bis zu einer Schallschutzmauer. Wir unterqueren die Landstraße und halten uns hinter dem Tunnel an der ersten Möglichkeit links. Durch das Naturschutzgebiet Aggeraue wandernd, halten wir Ausschau nach quakenden Fröschen sowie brütenden Enten und treffen an einer rot-weißen Schranke auf die Uferstraße, wo wir uns abermals links halten und ein Aggerwehr passieren. Eine Hinweistafel erklärt uns eine Fischtreppe auf der linken Seite des Flusses, welches den hiesigen Lachsen und Barben ermöglicht, flussaufwärts zu ihren Laichgebieten zu schwimmen.

Kurz darauf erleben wir mit, wie sich das Wasser der Agger mit dem Wasser der Sieg vereint und folgen nun auf unserem Weg durch die grüne Auenlandschaft der etwas breiteren Sieg. An einer Gabelung halten wir uns rechts, gehen den kurzen, steilen Aufstieg hinauf, um den Fluss zu überqueren. Am Ende unserer Brücke, unterhalb einer Autobahnbrücke machen wir eine Kehrtwende nach links und wandern wieder in die duftende Auenlandschaft hinab. Wir folgen der Radwegbeschilderung nach Hennef und bleiben ein weites Stück auf der Asphaltstrecke. In einem Bogen unterqueren wir die Bundesstraße 56 sowie zahlreiche Hochspannungsleitungen, die sich wie ein Spinnennetz über unseren Köpfen entlang ziehen. Gänse ziehen zu unserer Linken schnatternd über das Wasser der Sieg, bis wir hinter einer Eisenbahnunterführung rechts abbiegen, um nach wenigen Metern auf der Bonner Straße (B 56) das Flussufer zu wechseln. Die viel befahrene Straße müssen wir nicht überqueren, sondern wir verlassen am anderen Siegufer die Straße nach links und gehen in einem Linksbogen unter der Straße hindurch.

Bereits mit Blick auf die prächtige Abtei Michaelsberg wandern wir auf einem Asphaltweg durch die grün leuchtenden Auen der Sieg. Graureiher beobachten uns neugierig, während wir durch eine Bahnunterführung hindurch auf die Frankfurter Straße treffen.Wir wenden uns nach links und folgen der Hauptstraße, bis wir in der ersten Linkskurve rechts in die Sackgasse Deichhaus einbiegen. Wir gehen nach links und kommen geradewegs in die Straße An den 6 Bäumchen. An ihrem Ende wandern wir halblinks in die Alfred-Keller-Straße, die uns zur Siegfeldstraße bringt. Wir folgen ihr für wenige Meter nach links und wenden uns nach Überquerung eines alten Bahngleises nach rechts. Kurz darauf überqueren wir den Siegburger Mühlengraben.

Der nur vier Meter breite Siegburger Mühlengraben zweigt im Westen der Stadt von der Sieg ab, fließt etwas mehr als viereinhalb Kilometer, teilweise unterirdisch, durch das Stadtgebiet und trifft östlich der Aggermündung wieder auf die Sieg. Erstmalig erwähnt wurde dieser überwiegend künstlich angelegte Wasserlauf im 12. Jahrhundert. Er trieb damals die fünf Mühlen der Abtei Michaelsberg an. Von ihnen ist heute leider nichts mehr erhalten geblieben, doch wenn man ganz genau hinschaut, sehen wir das Wasser des Grabens ganz langsam unter unseren Füßen in Richtung der ehemaligen Mühlen entlangziehen.

Zunächst wenden wir uns nach links, doch schon nach kurzer Zeit nutzen wir einen der vielen schotterigen und mit Stufen versehenen Aufstiege nach rechts, die uns zur Abtei Michaelsberg auf dem gleichnamigen Berg hinaufbringen.

Die Abtei Michaelsberg liegt auf dem gleichnamigen Hügel, rund 40 Meter oberhalb von Siegburg. Herausragend ist der Schrein in einer Seitenkapelle der Kirche, in dem die Gebeine des heiligen Annos aufbewahrt werden. Anno II. war Erzbischof von Köln und gründete im Jahr 1064 diese Abtei der Benediktiner. Das prächtige und weit sichtbare Kloster ist auch für seinen Abteilikör bekannt, der bereits seit 1504 hergestellt und verkauft wird. Die Zukunft der Abtei sieht jedoch sehr ungewiss aus. Nachdem bereits im Jahr 2010 das Restaurant Abteistuben und die klösterliche Buchhandlung aus finanziellen Gründen aufgegeben werden mussten, ist auch die Aufgabe des Klosters im Gespräch. Inwieweit diese erfolgen wird oder ob demnächst eine andere Ordensgemeinschaft in die Klosteranlage Einzug halten wird, stand zur Drucklegung dieses Buches noch nicht fest.

Nach dem Genuss der Aussicht vom Michaelsberg auf die Stadt Siegburg und ihrer Umgebung bis hin zum Siebengebirge, welches sich schemenhaft am Horizont abzeichnet, verlassen wir die Abtei über die Zufahrtsstraße, nutzen jedoch in der ersten Kurve den abwärts führenden Schotterweg. An seinem Ende wenden wir uns nach links. Vor den Gleisen der uns bereitsbekannten ehemaligen Aggertalbahn besteht die Möglichkeit, ungefähr 200 Meter nach links in die Straße Kleiberg einzuschwenken und somit im Zentrum von Siegburg zum Steakhaus Zum heißen Stein oder zur Taverne Sirtaki zu gelangen, um diese Wanderung mit einer leckeren Speise zu beenden. Mit oder ohne diese verdiente Stärkung überqueren wir jedoch die Gleise und gelangen wieder zu unserem Ausgangspunkt.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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