Wandern in Düsseldorf – Wanderung im Oberbusch

Wanderung im Oberbusch
Es war einmal eine märchenhafte Wanderung …

Pkw/Parken: Parkplatz am Freizeitzentrum Blauer See
ÖPNV: ab S-Bahnhof Ratingen-Ost mit der Buslinie 753 bis zur Haltestelle Blauer See
Rundweg: Ca. 14 Kilometer/3–3,5 Stunden
Streckenprofil: Schotterige Wanderwege, für Fahrräder und Kinderwagen geeignet
Einkehr: Café Seeblick, Zum Blauen See 20, 40878 Ratingen,Tel. (01 52) 29 70 71 97 (außerhalb der Ferien Mo geschl.)
Am Wegesrand: Industriemuseum Cromford, Cromforder Allee 24, 40878 Ratingen, www.lvr.de/kultur/museeen/industriemuseum/ratingen.htm; Angertalbahn; Poensgenpark; Bezirkssportanlage Ratingen-Mitte; Hülsenberg; Dickelsbach; CO-Pipeline; Freizeitzentrum Blauer See, Zum Blauen See, 40878 Ratingen, www.blauersee-ratingen.de

Im Norden von Ratingen erleben wir bei einer abwechslungsreichen Waldwanderung interessante Industriegeschichte und grüne Natur. Und für das Entertainment ist in Form von Sportaktivitäten und Open-Air-Bühnenspielen ebenfalls gesorgt. Kinder werden zudem Gefallen an einer abschließenden Bootstour auf dem Blauen See oder an einem der Fahrgeräte am Seeufer finden.

Als Nutzer des ÖPNV biegen wir in die Straße Zum Blauen See, wo unsere Wanderung am Parkplatz des Freizeitzentrums Blauer See beginnt. Wir begeben uns in Richtung Eingang des Freizeitzentrums, überqueren dabei die Gleise, biegen jedoch vor dem Eingang erst einmal links ab. Auf dem asphaltierten Weg wandern wir neben dem Bahngleis. Bevor wir die folgende Straßenbrücke unterqueren, können wir die Gelegenheit für einen Abstecher zum rund 300 Meter entfernten Industriemuseum Cromford nutzen: Hierfür überqueren die Bahngleise nach links und folgen dem kurzen, von Laubbäumen gesäumten Fußweg bis zum Industriemuseum.

1783 wurde die Textilfabrik Cromford vom Wuppertaler Industriellen Johann Gottfried Brügelmann gegründet und war damit die erste Textilfabrik auf dem europäischen Festland. Benannt wurde der Betrieb nach dem mittelenglischen Städtchen Cromford, wo Brügelmann zum ersten Mal mit dem Vorbild seiner Werksanlage in Berührung kam. Schon nach zehn Jahren beschäftigte Brügelmann mehr als 400 Personen, was für damalige Verhältnisse fast unvorstellbar war. Brügelmann kann daher auch als Vorreiter der Industrialisierung bezeichnet werden. Das Unternehmen bestand über seinen Tod hinaus bis in die 1960er-Jahre, bevor es schließlich stillgelegt wurde. Viele Fabrikhallen wurden abgerissen, auf ihrem Gelände befindet sich heute ein Villenviertel. Geblieben ist jedoch das Herrenhaus, in dem Brügelmann lebte und von dem aus er seine Firma leitete. Heute ist in dem Haus ein Teil des Industriemuseum des Landschaftsverbands Rheinland untergebracht, welches über die damalige Textilproduktion informiert. Höhepunkt ist das Wasserrad, welches die nachgebauten Maschinen antreibt.

Wir aber wandern auf der Asphaltstrecke, die schon bald zu einem Schotterweg wird, unter der Brücke hindurch weiter geradeaus, doch wir bleiben weiterhin neben den Gleisen der Angertalbahn und erkennen zu unserer Linken den ehemaligen Abzweig Anger.

Als Abzweig einer Hauptbahnstrecke zwischen Duisburg und Düsseldorf ist die Angertalbahn auch heute noch eine wichtige Eisenbahnverbindung für den Güterverkehr, genauer gesagt für den Abtransport von Kalk aus dem rund 17 Kilometer entfernten Wülfrath (siehe Route 6 S. XX). Der hiesige Abzweig Anger ist für diese Bahnverbindung jedoch mittlerweile bedeutungslos geworden, weshalb das Bahngebäude 1983 aufgegeben wurde und seither privat genutzt wird.

An der folgenden T-Kreuzung wenden wir uns nach links und wandern am Rand eines lichten Waldes entlang, aus dem das Klopfen der Spechte ertönt, bis wir erneut auf die Gleisanlage treffen. Dabei erblicken zu unserer Linken jenseits der Gleise den Poensgenpark.

Den Poensgenpark – im Volksmund auch Cromfordpark – legte der Textilfabrikant Brügelmann seinerzeit als barocken Garten an. An diese Zeit erinnert auch heute noch eine Kastanienallee, die zum bereits erwähnten Herrenhaus, dem heutigen Museumsstandort, führt. Die Erben Brügelmanns ließen den Park nach seinem Tod zu einem Englischen Garten umbauen und importierten hierfür zahlreiche exotische Pflanzen. Einer der Erben, Moritz Brügelmann, verkaufte den Park an Carl Poensgen, Unternehmer eines Eisenhüttenwerkes. Der Park wechselte im Laufe der Zeit noch zur Thyssen AG, zur Vereinigten Stahlwerke AG sowie zu einem Ratinger Bauunternehmer, bevor die Stadt Ratingen die Gartenanlage übernahm. Jeder Eigentümer brachte kleinere Veränderungen in den Park ein, doch der Name blieb: Poensgenpark. Erst seit 1977 ist der Park für die Öffentlichkeit zugänglich. 20 Jahre später wurde er unter Denkmalschutz gestellt und im Jahr 2005 als „exzellenter Park“ in die Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas aufgenommen.

An den Gleisen biegen wir rechts ab und begleiten die Bahnstrecke ein letztes Mal. An der ersten Möglichkeit wenden wir uns nach rechts und passieren schon bald die im Jahr 2011 neu errichtete Bezirkssportanlage Ratingen-Mitte sowie die folgenden Tennisplätze.

Lange dauerte die Planung und Durchführung der Baumaßnahme, immer wieder wurde sie unterbrochen von Beschwerden von Anwohnern und Naturschutzverbänden. Doch seit Ende 2011 ist die Bezirkssportanlage Ratingen-Mitte fertiggestellt und dient Sportlern der Umgebung für ihr Training. Die Anlage besteht aus zwei Fußballfeldern und einem Hockeyfeld, jeweils mit Kunstrasen, einer 1000 Meter langen Finnbahn sowie einem Multifunktionsbereich mit diversen Kinderspieleinrichtungen.

Die folgenden beiden Abzweigungen beachten wir nicht, bleiben auf dem landwirtschaftlichen Weg, bis wir uns an der Kreuzung vor einer Brücke nach rechts wenden. Zwischen den Feldern entlang wandern wir wenig später in den Oberbusch hinein.Dieser Wald, der sich zwischen Ratingen-Mitte und den beiden Vororten Hösel sowie Lintorf erstreckt, ist Teil des Ratinger Stadtwaldes und bietet erholsame und ausgiebige Wandermöglichkeiten.

Wir bleiben geradeaus und haben dabei die Möglichkeit, an einigen Stationen des Fitnessparcours unsere Kondition zu stärken. Unser Weg stößt auf einen asphaltierten Waldweg und wir biegen nach links ein. Für kurze Zeit werden wir nun vom Hinkesforstgraben begleitet, der leise neben uns entlang fließt. Dabei spüren wir auf dem Weg geradeaus das Knacken der Äste, die unter unseren Sohlen zerbrechen und können mit etwas Glück ein scheues Reh sehen, welches vorsichtig zu uns herüber lugt, bis wir vor der Landstraße stehen. Erst dort wenden wir uns nach rechts und wandern nun in Hör- und wenig später auch in Sichtweite der Autobahn 52. Wirpassieren einen Hof mit einem schmucken Fachwerkhaus und kehren wenig später auf einem geschotterten Waldweg in einer scharfen Rechtskurve der Autobahn den Rücken. An der ersten Möglichkeit biegen wir jedoch links ab. Auf dem schnurgeraden Weg unter hohen Kiefern steigen wir leicht an und überqueren einen der zahllosen plätschernden Zuflüsse des Hinkesforstgrabens.

An einer Kreuzung wenden wir uns nach links, überqueren den Hinkesforstgraben und treffen auf einen überdachten Picknickplatz. Die Hälfte der Wanderung liegt bereits hinter uns, so bietet er sich ideal für eine kleine Rast an.

Nach der kurzen Pause gehen wir vor dem Unterstand nach rechts und folgen dem leicht ansteigenden Weg, der uns über den Hülsenberg hinweg führt.

Von einem Berg zu reden ist im Falle des Hülsenbergs stark übertrieben. Dennoch, der Hülsenberg ist die einzige Erhebung in der näheren Umgebung und verursacht daher zumindest den Hauch einer Bergetappe auf dieser ansonsten ebenen Wanderung. Seinen Namen erhielt er von der Pflanze, die vielfach rund um die Bergkuppe anzutreffen ist – die Stechpalme, auch Stechhülse genannt. Der immergrüne Strauch, in manchen Regionen auch als Walddistel bekannt, kann bis zu 300 Jahre alt werden und wird an Palmsonntag gesegnet. Seine rot leuchtenden Früchte sind für den Menschen hochgiftig, man sollte es also nicht den Vögeln nachmachen, denen das Gift nichts ausmacht.

Nach der sanften Kuppe des Hülsberges überqueren wir die Landstraße, die Ratingen mit Mülheim verbindet und wandern an einem Parkplatz vorbei wieder in den Wald hinein. Zu unserer Linken können wir zwischen den Bäumen hindurch ein paar Blicke auf den Dickelsbach werfen.

Der Dickelsbach ist an dieser Stelle noch sehr jung, da er im nahe gelegenen Ratingen-Hösel entspringt. Doch der Lauf des Gewässers bringt es immerhin auf eine Länge von fast 22 Kilometern, bevor er bei Duisburg verrohrt in den Rhein mündet. Doch dem war nicht immer so, es gab Zeiten, in denen der Dickelsbach in die Ruhr mündete, da der Rhein in der Nähe der Duisburger Altstadt teilweise verlandet war. Durch Verrohrung und starke Begradigung kann dies heute kaum mehr geschehen. Doch hier im Ratinger Oberbusch darf sich der Dickelsbach seinen mäanderartigen Wasserlauf noch selbst schaffen.

Nach kurzer Zeit befinden wir uns vor einem Bahndamm. Um auf die andere Seite zu gelangen, wenden wir uns vor den Gleisen nach links und nutzen nach wenigen Metern den Tunnel zu unserer Rechten. Hinter dem Tunnel bleiben wir auf dem kurvigen Waldweg und folgen für ein längeres Stück der Wegmarkierung A 8. Wir überqueren mehrere leise fließende Bäche, von denen laut Karte nur einer einen Namen trägt, der Junkernbuschgraben. Er ist der letzte Bach, bevor wir unmittelbar darauf eine Landstraße unterqueren und am Tunnelausgang geradeaus wandern. Die orangefarbenen Markierungsstangen in der kurz darauf quer verlaufenden Waldschneise kennzeichnet die Trasse einer CO-Pipeline.

Seit Ende 2009 liegt unter unseren Füßen, im Erdboden vergraben, eine stark umstrittene Pipeline. Sie verläuft vom Bayerwerk in Krefeld-Uerdingen bis zum Bayerwerk nach Dormagen und begegnet uns daher auch in anderen Routen dieses Buches. Kurioserweise liegen beide Chemiewerke linksrheinisch, doch fast der gesamte rund 67 Kilometer lange Streckenverlauf der Röhre befindet sich auf der rechten Rheinseite. So läuft sie nicht nur östlich an Düsseldorf vorbei, sondern muss auch zwei Mal den Rhein unterqueren. Bei Drucklegung dieses Buches war noch nicht ersichtlich, wann die Pipeline in Betrieb genommen wird, und es kann auch noch lange Zeit verstreichen, bis dies geschieht – wenn überhaupt. Bürgerinitiativen besorgter Anwohner klagen gegen die Inbetriebnahme der Röhre, da die unterirdische Verbindung zum Transport von Kohlenstoffmonoxid (CO) dienen soll. Kohlenstoffmonoxid ist geschmack-, farb- und geruchlos und darüber hinaus auch giftig. Sollte die Pipeline also an einer Stelle leck schlagen, dann sind die Folgen für Mensch und Tier nicht absehbar. Zu erkennen ist der Trassenverlauf an den Markierungspfählen und an der Tatsache, dass rechts und links der Pipeline in einer definierten Entfernung das Umfeld pflanzenfrei gehalten werden muss.

Noch immer führt uns unser Weg geradeaus und wir wandern stellenweise direkt neben den Bahngleisen der S-Bahnlinie 6 zwischen Köln und Essen entlang. Dabei treffen wir am Ende des Weges auf die BlackSmith-Ranch, einen westernorientierten Pferdehof, vor dem wir nach rechts abbiegen, um nun wieder die Gleise zu überqueren. Automatisch kommen wir geradeaus zu einer größeren Kreuzung, die schon zum Bereich des Freizeitzentrums Blauer See gehört.

Der Blaue See ist rund 100 mal 200 Meter groß und an seiner tiefsten Stelle sind es 10 Meter bis zum Seeboden. Oft ist in anderen Quellen die Angabe von 35 Metern Tiefe zu lesen. Gemeint ist jedoch dann die gesamte Höhe der Grube, denn der See entstand aus einem ehemaligen Kalksteinbruch, welcher mit Grundwasser volllief – gut zu erkennen am steilwandigen Ufer des Sees. Neben einer kleinen Seeumrundung, kann man auf dem Gewässer auch mit Tretbooten fahren oder sich an einem der sonstigen Freizeiteinrichtungen wie der Minigolfanlage oder dem Hochseilgarten vergnügen. Bekannt ist das Freizeitgelände Blauer See aber auch durch die ansässige Naturbühne mit über 1200 überdachten Sitzplätzen, auf der in den Sommermonaten klassische Kindergeschichten (z. B. 2011: Pippi Langstrumpf) gespielt werden.

An der Kreuzung führt ein Weg geradeaus zur Naturbühne, wir jedoch entscheiden uns nach links in Richtung Märchenzoo abzubiegen. Auf dem befestigten Weg wandern wir im Halbrund neben einem Erdwall und passieren den Zugang zum Märchenzoo. Prominente Persönlichkeiten wie Aschenputtel sowie Hänsel und Gretel warten hier auf Besucher. Auch Schneewittchen und die sieben Zwerge präsentieren sich so, wie man sie aus den berühmten Märchenbüchern kennt. Kurz darauf nutzen wir halbrechts den Waldweg, um das Freizeitgelände zu betreten. Dort haben wir die Möglichkeit, rechts zum See hinunter zu gehen, um im Café Seeblick auszuspannen oder uns Richtung Ausgang zu orientieren, wo wir über die Bahngleise zurück zum Parkplatz gelangen.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


Die Weltenbummler – ältester deutschsprachiger Reiseblog (seit 2000)

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kleine Rechenaufgabe Die Zeit für die Eingabe ist abgelaufen. Bitte aktivieren Sie das Captcha erneut.