Wandern auf der Horchheimer Höhe

Diese wunderschöne Wanderung vermittelt den Eindruck von unberührter Natur. Unberührt ist der ehemalige Truppenübungsplatz natürlich nicht, doch wo sich einst Panzerketten durch das Gelände pflügten, scharren heute die Hufe von Heckrindern und Konikpferden in der Halboffenlandschaft. Wir wandern durch eine intakte Natur und genießen nicht nur die Ruhe, die von ihr ausgeht, sondern auch den Anblick der stolzen Tiere.

Pkw/Parken: Wanderparkplatz an der Panzerwaschstraße, Alte Heerstraße, Koblenz-Horchheim (GPS: 50.334539, 7.638339)
ÖPNV: Leider keine Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr
Rundweg: Ca. 8 Kilometer/2–2,5 Stunden
Streckenprofil: Schotter-, Asphalt- und breite Graswege wechseln sich ab, Hundebesitzer folgen einem etwas weiteren Rundweg
Einkehr: leider keine Einkehrmöglichkeit
Am Wegesrand: Schmidtenhöhe (GPS: 50.334176, 7.63953); Aussichtsturm (GPS: 50.338764, 7.655815); Heckrinder und Konikpferde; Durchgang zur Weide (GPS: 50.341708, 7.667896); Ausgang der Weide (GPS: 50.348487, 7.660514); Aussichtsturm (GPS: 50.340558, 7.653948)

Vom Wanderparkplatz am Gelände der Bundeswehr gehen wir ein kurzes Stück auf den Betonplatten bis zur rot-weißen Schranke. Wir werfen einen Blick auf die Karte, die die Nutzungsmöglichkeiten des Standortübungsplatzes Schmidtenhöhe aufzeigen.

Der Zusammenfluss von Mosel und Rhein war schon immer ein strategisch wichtiger Ort. Das erkannten bereits die Römer mit ihrem Castellum apud confluentes, dem heutigen Koblenz. Davor hatten am gegenüberliegenden Ufer schon die Kelten eine Fliehburg und später die Erzbischöfe von Trier ihre Festung Ehrenbreitstein, die wiederum von den Preußen zum Zentrum der Festung Koblenz ausgebaut wurde. So ist es wenig verwunderlich, dass in dieser Region auch die Bundeswehr mit einem großen Truppenübungsplatz präsent war. Auf der rechtsrheinischen Horchheimer Höhe erhielt das Militär 1937 die über 700 Hektar große sogenannte Schmidtenhöhe. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Areal ab 1956 von der Bundeswehr genutzt, überwiegend zur Ausbildung von Panzerfahrern. Bis zum Jahr 1992 fuhren die schweren Fahrzeuge durch das Gelände und veränderten es massiv. Aber seit den 1990-er Jahren ist auch bekannt, dass gerade diese „zerstörerische“ Nutzung eine Eigendynamik entwickelt, die zum Erhalt vieler Biotope beiträgt. Kleingewässer bieten idealen Lebensraum für Kröten, Frösche und Libellen. Seltene Orchideen teilen ihren Lebensraum mit zahlreichen anderen Pflanzenarten, die von den ungedüngten Wiesen profitieren. Damit diese Landschaft mit ihrer besonderen Flora und Fauna erhalten bleibt, muss dafür gesorgt werden, dass sie nicht verbuscht.

Wir wandern auf einem Schotterweg etwas oberhalb der Alten Heerstraße und schauen den zahlreichen Hundebesitzern zu, die diesen abgelegenen Platz gern für den Auslauf ihrer Hunde benutzen. An Abzweigen, die nach rechts in den Wald führen, bleiben wir geradeaus und wandern weiter am Waldrand entlang. Wir folgen dem Weg, der uns einen weiten Blick über das ehemalige Truppenübungsgelände bietet, durch eine Linkskurve. Eine Gruppe von drei Bäumen auf der Wiese zu unserer Linken ist uns Signal, vor den Bäumen auf einen gut erkennbaren Trampelpfad abzubiegen, der uns zur Betonpiste der einstigen Panzerstrecke führt.

Hinweistafeln erläutern uns die Geschichte der Schmidtenhöhe und den Wandel eines Panzerübungsplatzes hin zu einem wertvollen Naturschutzgebiet, das gern auch als Koblenzer Serengeti bezeichnet wird. Auf den Betonplatten wandern wir nach rechts und lassen uns von einem Picknickplatz zu einer Pause überreden. Nur wenige Meter dahinter ermöglicht uns ein Holzturm einen tollen Überblick auf das eingezäunte Gelände, auf dem heute mächtige Heckrinder und graue Koniks grasen.

Heckrinder und Konikpferde sorgen dafür, dass Gehölze nicht überhand gewinnen und die Fläche eine halboffene Weidelandschaft bleibt. Das Taurusrind ist eine Züchtung, die dem einst wild lebenden Auerochsen, auch Ur genannt, sehr nahe kommt. Der seit fast 400 Jahren ausgestorbene Auerochse diente den Zoodirektoren Heinz und Lutz Heck als Vorbild für ihre Züchtungsversuche, daher ist das Taurusrind auch als Heckrind bekannt. Konikpferde leben heute noch in freier Wildbahn – in Polen, wo übrigens auch die letzten Auerochsen zu Hause waren. Der Name dieser kleinwüchsigen Pferderasse stammt aus dem Polnischen und bedeutet schlicht Pferdchen. Taurusrind und Konik besitzen eine hohe Widerstandsfähigkeit und gelten als genügsam. Daher sind die beiden Tierarten ideale Weidebewohner auf der Schmidtenhöhe, selbstverständlich das ganze Jahr über.

Wir wandern weiter auf der alten Bundeswehrpiste und beobachten fasziniert, wie die mächtigen Rinder zwischen den Bäumen ihres Weges ziehen. Informationstafeln erläutern uns aber auch die unauffälligeren Tierarten auf dem ehemaligen Gelände wie z. B. den Laubfrosch, den Kammmolch oder auch den Schwalbenschwanz. Interessant ist auch der Hinweis auf das Übersehene Knabenkraut, eine Orchideenart, die in ganz Rheinland-Pfalz nur noch an zwei Orten wächst. Unvorstellbar, dass der eine davon ein Platz ist, an dem früher Maschinen, die der Zerstörung dienen, getestet wurden.

Mit einer weiten Rechtskurve erreichen wir einen Wald und kommen zu einem Durchgang im Zaun, der es uns nun ermöglicht, nach links die halboffene Weidelandschaft zu durchwandern. Das Betreten ist jedoch für Hunde strikt verboten, weshalb Hundebesitzer dem rund 800 Meter längeren, größeren Bogen der Betonstrecke folgen und um das Gelände herum gehen. Wir aber schauen vorsichtig nach rechts und links und halten Ausschau nach den Rindern, bevor wir durch das Tor schreiten. Nach wenigen Metern trennt uns ein kleiner Elektrozaun von der Weidelandschaft, und wir wandern auf einem Schotterpfad. Ein weiterer Aussichtsturm lädt uns ein, nach den Heckrindern und Koniks Ausschau zu halten. Sitzbänke säumen unseren Weg quer über das Weidegelände. An einem Zaun weisen uns Warnschilder darauf hin, dass wir uns für die nächsten einhundert Meter hinter dem Zaun nur innerhalb der gelben Markierung aufhalten dürfen. Wir gehen erst los, wenn keine Rinder in Sichtweite sind, denn wir sind uns bewusst, dass diese mächtigen Tiere in uns eine Gefahr sehen können. Besonders dann, wenn sie ihre Kälber bei sich haben, die sie gegen jede Gefahr zu verteidigen haben.

Schnellen, aber ruhigen Schrittes überqueren wir daher die halboffene Weide bis zum Zaundurchgang. An der T-Kreuzung treffen wir wieder auf die Hundebesitzer, die nun von rechts herankommen, und wandern nach links weiter. Der breite Schotterweg führt uns sanft bergab, während wir unseren Blick über die wellige Halboffenlandschaft der Schmidtenhöhe streifen lassen. Dabei beobachten wir den orange-braunen Neuntöter, der seine Beute auf den Dornen von Sträuchern aufspießt und hier wieder einen attraktiven Lebensraum gefunden hat. An einer T-Kreuzung wenden wir uns nach links, biegen aber an der folgenden Informationstafel nach rechts ab. Wir folgen dem Auf und Ab der betonierten Strecke entlang der Weidefläche. Von einem weiteren, hölzernen Aussichtspunkt schauen wir nochmals auf die von Rind und Pferd offen gehaltene Landschaft; Schlehen, Brombeerbüsche und Gehölze bilden die Winterreserven der Tiere.

Sanft steigt unser Weg nun an, an der nächsten T-Kreuzung wenden wir uns nach links und erreichen die bereits bekannte Hinweistafel über die Geschichte der Schmidtenhöhe. Geradeaus gehen wir über den Trampelpfad in Richtung Wald, schwenken vor ihm nach rechts und wandern parallel zur alten Heerstraße gemütlich zurück, bis wir an der rot-weißen Schranke unsere schöne Naturwanderung durch die Koblenzer Serengeti am Wanderparkplatz beenden.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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