Jakobsweg von Perl nach Sierck-les-Bains

Sie hätten zwar jetzt die Möglichkeit direkt von Perl aus in das französische Sierck-les-Bains zu gelangen. Doch schöner und historisch interessanter ist der kleine Umweg durch den südöstlichen Zipfel Luxemburgs. Das heutige Luxemburg ist verhältnismäßig klein und hat eine geringe politische Kraft. Doch der Staat blickt auf eine sehr bewegte Vergangenheit zurück, die bei den Kelten, Römern und Franken begann. Anschließend gehörte Luxemburg zum lotharingischen Reich, zum Herzogtum Lothringen und zum Ostfränkischen Herzogtum.

Die heutige Hauptstadt mit demselben Namen wurde im Jahr 963 erstmals als Lucilinbuhurc erwähnt als Graf Siegfried I. die Burg von der Trierer Reichsabtei St. Maximin abkaufte. Seine Nachfahren bezeichneten sich daraufhin als Grafen von Luxemburg. Der Name der Burg wurde später auf das gesamte Herrschaftsbereich ausgeweitet.

In der Folgezeit gehörte das Land mal zu Burgund, dann war es wieder eine Provinz Hollands und zwischendurch gab es einen luxemburgischen Grafen der sogar auf dem deutschen Königsstuhl Platz nahm. Besetzt wurde es in seiner bewegten Geschichte von den Franzosen, von den Deutschen und auch von den Habsburgern. Die wohl größte Schmach erlitten die Luxemburger wohl, als das Territorium zu einem französischen Département erklärt wurde und den Namen Fôrets erhielt, was schlicht Wald bedeutet. Unabhängigkeit und Neutralität erfuhr das Land erst im Zuge des 19. Jahrhunderts.

Gehen Sie in Perl an der Kirche St. Gervasius und St. Protasius vorbei und biegen Sie an der ersten Möglichkeit rechts ab. Sie passieren die Maimühle und erreichen nach 800 m die Bundesstraße 419 mit dem Namen „Am Dreiländereck“. Der Straßennamen kann nicht passender sein. Würden Sie nun hier links abbiegen, käme nach 500 m die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Frankreich. Gleichzeitig sehen Sie vor sich auf der anderen Moselseite bereits Luxemburg. Benutzen Sie die Moselbrücke um nun den deutschen Pilgerweg zu verlassen. Wenn Sie auf der Brücke den Blick nach links schweifen lassen, dann sehen Sie die kleine Insel im Süden. Diese gehört zu Frankreich, während der Fluss zweigeteilt ist und das deutsche Hoheitsgebiet an der nördlichen Spitze der Insel endet. Am anderen Brückenkopf erreichen Sie nun Luxemburg und den Ort Schengen.

Infos: Château de Schengen, 2 Beim Schlass, L-5444 Schengen, 55 komfortable Zimmer ab € 60.

Am 14. Juni 1985 wurde das kleine luxemburgische Örtchen Schengen in Europa äußerst berühmt. Dort wurde ein Abkommen unterzeichnet, das Ihnen heute ermöglicht ohne Grenzkontrollen von Trier nach Vézelay zu pilgern. In der Ortsmitte befindet sich ein Gedenkstein, der an diesen denkwürdigen Tag erinnert. Doch dabei wurde das Abkommen gar nicht in Schengen sondern auf dem Fahrgastschiff „Princesse Marie-Astrid“ zwischen den Staaten Luxemburg, Belgien, Niederlande, Frankreich und Deutschland unterzeichnet. Die anderen Staaten innerhalb und auch außerhalb der EU (z.B. Norwegen) unterschrieben das Schengener Abkommen erst in der Folgezeit. Die zehn Staaten, die zum 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind (Polen, Tschechien, Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Slowenien, Malta und Zypern) haben das Schengener Abkommen derzeit noch nicht unterschrieben und es ist auch nicht vor dem Ende des Jahres 2007 damit zu rechnen. Dort wo im Sommer 1985 das Schiff anlegte, am Place de l’Accord de Schengen, errichtete man drei mächtige Stahlstelen.

Zu sehen gibt es in Schengen ferner noch das Schloss und die Kirche, deren Haube weithin sichtbar ist. Das Schloss wurde 1812 erbaut, geht jedoch auf eine Burg zurück, die bereits im 13. Jahrhundert existierte. Von dieser ist jedoch nur noch ein 9 m hoher wuchtiger Turm übrig geblieben, der von einem kegelförmigen Schieferdach gekrönt wird. Dieser Turm wurde im Jahr 1871 vom französischen Schriftsteller Victor Hugo gezeichnet. Verwendet wird dieses Bild auf dem Etikett des Weines „Château de Schengen“.

In Schengen bleiben Sie in unmittelbarer Nähe zur Mosel. Rund 700 m dauert es und es führt ein kleiner Weg rechts hinauf auf den Stromberg. Dieser 300 m hohe Hügel ist auf seiner Ostseite mit einigen Weinreben bepflanzt, die Sie nun durchqueren werden. Der Stromberg war im Übrigen auch Lieferant für die Steinquader der Porta Nigra in Trier. Wenn Sie den Weg hinauf gehen, verlassen Sie dabei automatisch das luxemburgische Staatsgebiet und befinden sich nun in Frankreich.

Der Pfad verläuft weiter 1,5 km durch die Weinstöcke oberhalb der Mosel und geht am südlichen Hang des Stromberges wieder leicht hinab in das kleine Örtchen Cont-les-Bains. Dort biegen Sie links ab auf die kleine Uferstraße, machen eine Kehrtwendung und überqueren anschließend die Brücke über die Mosel. Damit befinden Sie sich nun nicht nur in Frankreich, sondern auch in Lothringen.

Die historische Landschaft Lothringen (frz.: Lorraine) liegt am Oberlauf von Maas, Mosel und Saar. Sie umfasst die französischen Départements Meurthe-et-Moselle (54), Meuse (Maas, 55), Moselle (57) und Vosges. Die Zahlen in Klammern entsprechen der französischen Durchnummerierung. Sie finden sich auch Am Ende von französischen Kfz-Kennzeichen. Metz ist die Hauptstadt Lothringens.

Der Name entstand nach der Aufteilung des Fränkischen Reiches, als ein Teil hiervon an Lothar I. fällt und als Lotharii Regnum (Herrschaft zu Lotharingien) bezeichnet wird. Lothar II. erhält später noch das Saarland, Trier und Luxemburg hinzu. Dieses wird als das karolingische Lothringen bezeichnet und reicht sogar bis in das heutige Ruhrgebiet. In den folgenden Jahrhunderten wird Lothringen zu Herzogtum und erlebt eine wechselvolle Geschichte. Nach dem deutsch-französischen Krieg in den Jahren 1870/71 wird der Nordosten Lothringens gemeinsam mit dem Elsass in das Deutsche Reich einverleibt.

Zwei große Kämpfe fanden auf lothringischem Gebiet im Ersten Weltkrieg statt: Die Schlacht in Lothringen von 1914 und die Schlacht um Verdun im Jahr 1916. Durch den Versailler Vertrag nach dem Krieg wird Lothringen wieder ein Teil Frankreichs. Heute leben rund 2,4 Mio Menschen in der Region, von denen einige, meist ältere, Bürger die deutschen Mundarten lothringisch, moselfränkisch oder rheinfränkisch sprechen. Sehr bekannt ist das Lothringer Kreuz, das als Zeichen des Hauses Anjou galt und durch Charles de Gaulle berühmt wurde.

Wer durch Frankreich reist und zahlreiche historische Orte besucht sowie geschichtliche Bauwerke und Denkmäler besichtigt, wird oft auch auf den Zeitraum der Französischen Revolution stoßen. Diese begann am 14. Juli 1789 mit dem so genannten Sturm auf die Bastille. Dabei handelt es sich um das Pariser Stadtgefängnis. Auslöser für den Angriff von Bürgerlichen waren einerseits die Missstände im Land sowie das Zusammenrufen der Generalstände und der Streit über deren Wahlmodus. Seit 1880 ist der 14. Juli Nationalfeiertag. In der Zeit der Revolution, die bis zum Jahr 1799 andauerte vollzog sich der Wechsel von der Monarchie zur Republik.

Berühmtestes Opfer ist der französische König Ludwig XVI. und seine Frau Marie-Antoinette, die im Januar 1793 auf dem heutigen Pariser Place de la Concorde hingerichtet wurden. Doch die Revolution brachte am Anfang nicht die erhoffte Freiheit des Volkes sondern ein Terrorregime unter Maximilien de Robespierre. Dieser wurde jedoch im Juni 1794 hingerichtet. Aus der Revolution ging schließlich die Alleinherrschaft von Napoléon Bonaparte hervor.

Während der Französischen Revolution und der chaotischen Zustände zu dem Zeitpunkt setzte sich bei zahlreichen Parlamentsdebatten der Bretonische Klub durch. Dieser gab sich aber im Laufe der Zeit einen anderen Namen und hieß bald Klub der Jakobiner, benannt nach Apostel Jakob, dem Älteren. Das Ziel des Jakobinerklubs wurde in einer Satzung im Februar 1790 festgehalten: Einheitlichkeit von Wünschen, Grundsätzen und Handeln der Revolution zu vollenden.

Hinter der Brücke geht der Weg durch weniger ansprechende Häuser nach links. Sie überqueren die folgenden Bahngleise und gehen nun parallel zu diesen entlang. Nach wenigen Metern sehen Sie das Ortseingangsschild von Sierck-les-Bains und stellen fest, dass auf dem dort abgebildeten Wappen auch die Pilgermuscheln zu sehen sind. Hinter dem Bahnhof trifft der Weg auf die Landstraße 153, der Sie nun in das Zentrum des Ortes folgen. Die kleine Altstadt liegt auf der rechten Seite unterhalb der Burgmauern. 

Rue du Château, 57480 Sierck-les-Bains, Tel.: 03/82837414, Fax: 03/82832210, Mail: infos(at)otsierck.fr. Infos: Pension Charton, 26 Rue Bellevue, Tel.: 3/82837741, Drei Zimmer, ab € 30. Pension Herfeld, Place de la Grô, Tel.: 03/82837250, € 33.

Sierck-les-Bains wird von der Burg geprägt, die oberhalb der Mosel liegt. Sie stammt aus dem 11. Jahrhundert du ist eine der letzten Burgen in Ostfrankreich, deren Mauern, Gewölbe, Bastionen und Kasematten in einem beeindruckenden Zustand sind. Die massiven Türme sind mit Schießscharten versehen. Die Gebäude im Inneren der Burg sind jedoch seit 1643 zerstört und zeigen sich nur noch als massive Mauerfläche. Rund um die Burg bzw. die herzogliche Residenz stehen zahlreiche alte Häuser an engen und steilen Gassen.

Von der Burg haben Sie aber nicht nur einen wunderbaren Blick auf die Mosel, sondern auch in die beiden Täler Montenach und Apach. Im Rücken der Festung befindet sich der 200 m höhere Altenberg, der guten Schutz bot. Einen Rundgang durch die Festung können Sie auf Bruchstein machen, der aus der Umgebung stammt.

Man vermutet, dass die Burg auf den Ruinen des römischen Kastells „circum castellum“ erbaut wurde. Der Grund für die Errichtung der Festung war aber auch die von Frankreich und Burgund begehrte Lage der Stadt Sierck. Denn Sierck, das 1036 zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde gehörte so wie das Herzogtum Lothringen zu der Zeit zum germanischen Kaiserreich. Vermutlich durch eine Erbschaft gelangte die Burg in den Besitz der Herzöge Lothringens, die diese sogleich zu ihrer Lieblingsresidenz erklärten.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Herren von Sierck sehr einflussreich und spielten eine wichtige Rolle in der Geschichte von Sierck. Der eine war Arnould VI., zugleich Herr von Frauenberg, Mettlach, Meinsberg sowie Forbach und deutscher Reichsgraf. Der andere war sein Sohn Jacob von Sierck. Er wurde später Erzbischof von Trier.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde die Burg von den Truppen Herzogs Karl dem Kühnen besetzt. Später im 17. Jahrhundert geht die Burg in den Besitz des französischen Königs über und Kriegsminister Louvois lässt die Wohngebäude sowie Teile der Türme niederreißen.

Der Festungsbauer Vauban, der auch die Befestigungsanlagen von Toul schuf, ließ die Wallmauern neu befestigen. Doch der Friedensvertrag von Utrecht sieht vor, dass Teile wieder demontiert werden müssen. Das endgültige Aus als Festung kommt im Jahr 1866 als die Feste ausgemustert wird und für einen Betrag von 6000 Francs an die Stadt Sierck verkauft wird. Heute kann die sehenswerte Burg mit seinen zahlreichen Einrichtungen vom Kerker bis zur Burgterrasse besichtigt werden. An manchen Tagen in den Sommermonaten werden zudem Ritterspiele veranstaltet.

Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10:00 bis 19:00, So 10:00 bis 20:00 (Mai bis September).

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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