Das Märchen von dem Schreiberling und seinen Papierschnipseln

Es war einmal vor langer, langer Zeit. Da wohnte in einer großen Stadt ein Schreiberling, der sich oftmals über seltsame Merkwürdigkeiten wunderte. In seiner Nähe gab es ein großes Schloss, zu dem er sich oft begab, um seine geschriebenen Werke an andere Menschen zu verschicken. Hierfür hat er bei freundlichen Leuten im Schloss immer kleine Papierschnipsel gekauft und diese auf seine Briefe geklebt. Doch eines Tages hat der Schlossherr seine Bediensteten rausgeschmissen und sein prunkvolles Gemäuer verriegelt.

Dem Schreiberling gefiel das gar nicht. Denn fortan musste er für diese wichtigen Papierschnipsel zu einem Geschäft, das ihm zwielichtig vorkam, weil man dort giftigen Tabak kaufen und dubiose Wetten abschließen konnte. Außerdem vermisste der Schreiberling die freundlichen Leute aus dem Schloss mit ihrer hübschen Uniform, die in den meisten Fällen sehr kompetent wirkten. Am Anfang ging er, wenn auch ungerne, oft in diesen seltsamen Laden, wo überhaupt keine freundlichen Leute mit Uniform mehr waren, sondern nur noch Frauen arbeiteten, die sich mehr um ihre Tabakwaren und Geldgewinne kümmerten. Von den Papierschnipseln hatten sie nur wenig Ahnung.

Der Schreiberling wandte sich daraufhin der Schwarzen Magie zu. Er begann zu Hause in seiner Hütte zu zaubern und konnte mit einem Furcht erregenden Gerät eigene Papierschnipsel herstellen. Das war auch gar nicht verboten, sondern vom Schlossherr so gewollt, um ebenfalls Papierschnipsel herzustellen. Diese waren zwar nun nicht mehr so hübsch bunt und der Schreiberling musste seine eigene Farbe und sein eigenes Papier benutzen. Aber es war andererseits auch sehr bequem.

Diese Papierschnipsel mussten dennoch bezahlt werden. Doch dafür begab man sich weder zu den uniformierten Schlossangestellten in das ehemalige Schloss, noch zu den Damen in den anrüchigen Geschäften. Es funktionierte alles über dieses Hexenwerk, was der Schreiberling bei sich in seiner bescheidenen Hütte benutzte. Für jeden Papierschnipsel, den er herstellte, verlor er wie aus Zauberhand 55 kleine Silberlinge, die automatisch zu dem Schlossherren wanderten.

Doch eines Tages wollte der Schlossherr mehr als diese 55 Silberlinge haben. Nun sollten es 58 Silberlinge sein. Brav wie der Schreibling war, wollte er dieser Forderung nachkommen. Seine alten Papierschnipsel im Wert von 55 Silberlingen wollte er ergänzen durch Schnipsel, die drei Silberlinge Wert haben. Aber den Zauberspruch, um diesen kleinen Wert herzustellen, kannte er nicht. Deswegen begab er sich auf den gefahrvollen Weg in das Geschäft mit dem Tabak. Dort legte er einen Brief auf den Tisch und drei Silberlinge daneben. Er bat darum, dass man ihm dort einen weiteren passenden Papierschnipsel auf den Brief klebte. Zu seinem Erstaunen wurde ihm dieser Wunsch erfüllt und auf dem Brief waren nun zwei Papierschnipsel, die ingesamt den Wert von 58 Silberlingen hatten.

Nun, der Schreiberling ging fröhlich nach Hause und dachte sich, das wird er dann nun mit seinen anderen alten 55-Silberling-Papierschnipseln genauso machen. Und nur wenige Tage später ging er wieder zu der Frau in dem Tabakgeschäft. Und wieder legte er einen Brief auf den Tisch und drei Silberlinge daneben. Doch an diesem Tag war alles anders. Es war eine andere Frau dort und die sagte ihm, dass das nicht geht. Der Schreiberling, wissensdurstig wie er war, fragte, warum das nicht möglich sei. Drei Tage zuvor hätte er doch genau in diesem Geschäft das gleiche Anliegen gehabt.

Die Frau antwortete aber, dass geht jetzt eben nicht mehr. Man hätte nachgelesen, dass der Schlossherr solche Briefe nicht mehr wünscht. Das würde ein zu großer Aufwand sein. Und die Frau legte ein Heft vor, in dem das zu lesen war.

Dieses Heft brachte bei dem Schreiberling große Verwunderung hervor. Denn es handelte sich nicht um eine direkte Anweisung des Schlossherrn. Es war vielmehr ein Heft, dass nur so Leute wie diese Frauen erhalten und in dem allgemeine Sachen zu der Arbeit dieser Frauen standen. Man nannte solche Hefte auch Zeitschriften und der Schreiberling wunderte sich, dass die Damen ihr Wissen, dass sie für ihre Arbeit brauchen, aus einer solchen Zeitschrift haben und auch anwenden.Ob das für den Schlossherren auch ein zu großer Aufwand ist, seine Bediensteten vernünftig und frühzeitig zu informieren?

Aber neben der Verwunderung über diese Arbeitsweise stand er nun vor dem Problem, dass seine alten Papierschnipsel nicht mehr benutzt werden können. In seiner Hexenküche kann er sie nicht um den erforderlichen Wert erweitern und in dem zwielichtigen Geschäft werden sie ebenfalls nicht erweitert. Er hatte noch fünf Stück davon, die also einen Wert von 275 Silberlingen hatten und die Ergänzung um insgesamt weitere 15 Silberlinge fehlten ihm.

Daher beschloss der Schreiberling, den Schlossherren zu kontaktieren, um ihm sein Problem zu schildern und bat um eine Antwort, wie er sich denn nun verhalten sollte. Und wenn er nicht gestorben ist, so wartet er noch heute.

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