Eine besondere Strategie benötigen wir auf dieser Wanderung nicht, doch strategisch ging es auf dem Bahndamm zu, auf dem wir zu Beginn wandern und dabei einen Kulturpfad kennen lernen. Anschließend folgen weite Felder, die uns zu kleinen und gemütlichen Weilern führen. In Rommerskirchen dann, folgt noch der Gillbach, der mit einem leisen Plätschern auf sich aufmerksam macht.
Pkw/Parken: Parkplatz am Bahnhof Rommerskirchen, Bahnstraße
ÖPNV: Ab Rheydt Bahnhof bzw. ab Grevenbroich Bahnhof mit der Regionalbahn 27 oder dem Regionalexpress 8 bis Rommerskirchen Bahnhof.
Rundweg: Ca. 10,5 Kilometer/2–2,5 Stunden
Streckenprofil: Zunächst auf einem schotterigen Pfad, später Landwirtschaftsweg und abschließend ein kurzer Weg durch die Stadt.
Einkehr: Diverse Einkehrmöglichkeiten in Rommerskirchen
Am Wegesrand: Strategischer Bahndamm/Kulturpfad; Sinsteden; Vanikum; Rommerskirchen; St. Peterkirche; Gillbach
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels stammt aus meinem nicht mehr erhältlichen Reiseführer über Wanderungen in im Rhein-Kreis Neuss. Die meisten Informationen werden daher veraltet sein und dieser Artikel kann nur als grobe Richtschnur dienen.
Den schotterigen Parkplatz am Bahnhof von Rommerskirchen verlassen wir und gehen geradewegs zur Bundesstraße. Dort biegen wir gleich zwei Mal hintereinander nach links ab und überqueren anschließend die Gleise. An der ersten Möglichkeit hinter der Bahnstrecke halten wir uns links und gehen hinauf auf den sogenannten Strategischen Bahndamm, der mittlerweile zu einem Kulturpfad umgewandelt wurde.
Der Name lässt es bereits ahnen, dass ein Strategischer Bahndamm nicht zur Personenbeförderung, sondern zu militärischen Zwecken diente. Strategische Bahnlinien kamen Mitte des 19. Jahrhunderts auf und waren darauf ausgerichtet, die Truppen an den Grenzen eines Gebietes schnell mit Nachschub versorgen zu können. Zu den berühmteren Bahnen gehören die Kanonenbahn zwischen Berlin und Metz, das damals noch zum Deutschen Reich gehörte. Sie führte zu großen Teilen entlang der Mosel, wo heute Personenverkehr stattfindet. Aber auch die Vennbahn entlang der deutsch-belgischen Grenze ist erwähnenswert. Sie ist mittlerweile zurückgebaut und verläuft zwar durch deutsches Staatsgebiet, gehört jedoch komplett zu Belgien, weshalb südlich von Aachen einige nur wenige Meter breiten Exklaven entstanden und bis heute gültig sind. Die hiesige Strecke gehörte zur Ruhr-Mosel-Entlastungslinie. Mit ihrem Bau wurde im Jahr 1904 begonnen, konnte aber auf Grund des Ersten Weltkriegs nicht fertig gestellt werden. Doch es entstand der heutige Bahndamm mit einigen Brückenbauwerken bzw. Unterführungen zwischen Neuss-Holzheim und Rommerskirchen, der nie genutzt werden konnte und heute nicht nur einen Fußweg beherbergt, sondern auch ein Bodendenkmal ist und als Kulturpfad bezeichnet wird.
Von dichten Sträuchern umgeben wandern wir auf dem Kulturpfad entlang und gehen dabei in nördliche Richtung. Wir überqueren dabei den Gillbach und verlassen den Damm kurz darauf mit einer Kehrtwende nach links. Auf dem asphaltierten Landwirtschaftsweg blicken wir weit über die Felder hinweg und sehen vereinzelte Bauernhöfe, die sich scheinbar zwischen den Roggenähren verbergen wollen.
Wir überqueren eine Kreuzung, passieren einen dieser Bauernhöfe sowie ein Wegekreuz und biegen noch vor der Gleisanlage nach rechts ab. Zunächst gehen wir noch an einigen Häusern vorbei, doch schon nach kurzer Zeit weichen diese den zahlreichen Feldern, über die wir weit hinweg blicken können und in der Ferne die Vollrather Höhe erkennen.
Längere Zeit bleiben wir dabei parallel zur Bahnstrecke und erreichen eine T-Kreuzung, an der wir nicht nur nach links abbiegen, sondern zugleich die Bahnlinie passieren und hinter uns lassen. An langen Spargelreihen wandern wir vorbei und durchqueren dabei den kleinen Weiler Sinsteden.
Sinsteden ist mit nicht ganz 600 Einwohnern ein kleiner Ortsteil der Gemeinde Rommerskirchen. Den größten Zuwachs an Einwohnern hatte Sinsteden in seiner mittlerweile fast 900-jährigen Geschichte erst in den 1970er-Jahren als die sogenannte Neue Siedlung fertig gestellt wurde. Sehenswert in Sinsteden ist das Kulturzentrum, in dem zeitgenössische Kunst auf Landwirtschaft trifft. Es besteht aus zwei Ausstellungshallen, in der einerseits Skulpturen des Düsseldorfer Bildhauers Ulrich Rückriem zu sehen sind, aber andererseits auch landwirtschaftliche Geräte gezeigt werden, die den früheren Rüben- und Getreideanbau anschaulich darstellen. Gleich daneben befindet sich ein wissenschaftlicher Geflügelhof, in dem nicht nur Enten, Tauben und Gänse aus unterschiedlichen Rassen betrachtet werden können, sondern sich auch das Kaltblutpferd-Archiv Rheinland befindet. Sehenswert ist aber auch der Sinstedener Hof in der Alten Dorfstraße Nummer 4. Er besteht aus einem vierflügeligen Gebäudekomplex aus Backstein und wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaut.
Auf der anderen Seite der zu überquerenden Bundesstraße 59 wandern wir geradeaus weiter, beschreiben eine weite Linkskurve und verlassen dabei das kleine Sinsteden auch schon wieder. Je nach Jahreszeit leuchten die Felder um uns herum in verschiedenen Farbtönen. Gelber Raps wechselt sich mit grünen Spargelreihen ab und der sich im sanften Wind wiegende braune Weizen macht einen ganz weichen Eindruck. Schnurgerade wandern wir weiter und ignorieren sämtliche Abzweige und Feldwege bis wir vor den ersten Häusern von Vanikum stehen.
Vanikum ist ein kleiner Ortsteil von Rommerskirchen und stark vom Kraftwerk Neurath geprägt, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. Es handelt sich um ein Braunkohlekraftwerk, das seine Kohle aus dem nahe gelegenen Tagebau Garzweiler bezieht. Es wurde im Jahr 1972 in Betrieb genommen und bestand ursprünglich aus fünf Blöcken, die zusammen über 2.200 Megawatt Leistung erbringen. Im Jahr 2006 begann der Betreiber RWE mit dem Bau zwei weiterer Blöcke, die fünf Jahre später ans Netz gehen konnten. In der Zwischenzeit galt die Baustelle als eine der größten in Europa.
An den Wohnhäusern von Vanikum wenden wir uns nach links und wandern auf einem zweispurigen Traktorpfad am Nordrand der kleinen Ortschaft entlang. Es dauert gar nicht lange, bis wir auch Vanikum hinter uns lassen und uns wieder in einem Meer aus Feldern wieder finden. Eine Hochspannungsleitung wird unterquert und wenig später treffen wir auf einen Abzweig, an dem wir rechts über die Bundesstraße 59 hinweg gehen können. Kurz dahinter überqueren wir eine weitere Straße und verabschieden uns von den Feldern rund um Rommerskirchen, betreten dafür wieder städtischen Boden.
Die südlichste Gemeinde des Rhein-Kreis Neuss trägt den Namen Rommerskirchen und grenzt im Süden an den Rhein-Erft Kreis. Er ist ebenfalls sowohl ländlich als auch vom Rheinischen Braunkohlerevier geprägt und besteht aus mehreren kleineren Siedlungen, die über die Fläche von Rommerskirchen verteilt sind. Schon lange vor den Römern war die Landschaft Rommerskirchen besiedelt, wie Funde zeigen, denen ein Alter von bis 7.000 Jahren nachgewiesen werden konnten. Natürlich ließen aber auch die Römer und die folgenden Franken einige Fundstücke, doch namentlich zum ersten Mal erwähnt wurde Rommerskirchen erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts. Die Marktrechte erhielt die Ortschaft in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als sie auch mit einem Wall und einem Graben befestigt wurde. Mehrere Höfe in Rommerskirchen stehen unter Denkmalschutz und wurden für diese Region typischerweise mit Backsteinen erbaut.
Auf der Kirchstraße gehen wir geradeaus, passieren zunächst den kleinen Friedhof von Rommerskirchen und sehen schon wenig später auf der linken Seite die St. Peterkirche.
Schon im 7. Jahrhundert befand sich an der Stelle der heutigen Kirche eine kleine Holzkirche, die zu Beginn des 10. Jahrhunderts abgerissen und durch ein steinernes Gotteshaus ersetzt wurde. Der Turm der St. Peterkirche wurde im 12. Jahrhundert gebaut, während das frühere Kirchenschiff Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen dreischiffigen Neubau im Stil der Neogotik ersetzt wurde. Doch dieses hatte nur bis zum März 1945 Bestand, als es durch einen Bombenangriff komplett zerstört wurde. Das neue Kirchenschiff entstand im Jahr 1951 durch den Düsseldorfer Architekten Josef Lehmbrock, der besonders in seiner Heimatstadt für verschiedene Kirchenbauten im modernen Stil verantwortlich zeichnet.
Hinter dem massiven Gotteshaus gehen wir halblinks in die Eggershovergasse hinein und folgen dieser bis zum Gillbach, den wir schon zu Anfang einmal überquert haben.
Der Gillbach ist zwar ein natürlicher Fluss, doch wird er künstlich mit Wasser gespeist. Sein Quellgebiet bestand ursprünglich im sogenannten Bethlehemer Wald bei Bergheim und wurde im letzten Jahrhundert weggebaggert. Dort befinden sich nun zwei Braunkohletagebaugebiete und sein Wasser besteht aus Kühlwasser des Braunkohlekraftwerks Niederaußem. Dieses ist nicht nur eines der leistungsstärksten Kraftwerke Deutschlands, sondern verfügt übrigens über den höchsten Kühlturm der Welt und gilt daher auch als Sehenswürdigkeit auf der Touristikroute Straße der Energie. Abgesehen vom Kühlwasser des Kraftwerks erhält der Gillbach auch Wasser überwiegend durch Gräben, die Regenwasser von den Feldern ableiten. Nach einer Länge von rund 28 Kilometern durch die landwirtschaftlich geprägte Region des Rhein-Kreis Neuss mündet der Gillbach im südlichen Neusser Stadtteil Weckhoven in die Erft.
Vor dem kleinen Bach wenden wir uns nach links, überqueren die Venloer Straße und gehen geradeaus bis zu einem Teich in der Gillbachaue. Vor dem Teich biegen wir rechts ab, überqueren den Bach und wenden uns wenig später links in die Kastanienallee. Auf dieser gehen wir durch das ruhige Wohnviertel, passieren eine Neuapostolische Kirche und wenden uns am Ende der Allee nach rechts in die Straße Steinbrink. Schon an der nächsten Kreuzung biegen wir links ab und erreichen schon nach rund 200 Metern unseren Ausgangspunkt.
Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
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