Nachdem wir zum dritten Mal das Nordkap mit dem Wohnmobil besuchten, hieß es mal wieder Abschied nehmen. Streng genommen würden nun den Rückweg antreten und in Richtung Süden durch Norwegen fahren. Aber eben nur streng genommen. Der Reiseplan sah dann doch noch etwas anders aus, allein schon weil wir noch jede Menge in Nordnorwegen zu tun hatten. Wie ich schon im ersten Reisebericht schrieb, waren wir zur Recherche für einen Wohnmobilreiseführer in Norwegen unterwegs. Und der erste Teil zum Nordkap war bisher eigentlich nur die Anreise.

Wir verließen das Nordkapplateau und passierten den Parkplatz, auf dem wir schon vor einigen Jahren zur Wanderung zum Knivskjelodden aufbrachen. Anschließend folgten wir der E69 bis zum Abzweig nach Skarsvåg. Denn obwohl wir schon drei Mal auf der Insel Magerøya waren, besuchten wir bisher noch nie den Steinbogen Kirkeporten. Dafür stellten wir das Wohnmobil im kleinen Ort ab und machten uns auf, diese kleine Wanderung zu unternehmen.




Ein sanfter Bergrücken ist zu überqueren, was bei schönerem Wetter deutlich mehr Spaß machen würde. Es war nieselig, dunkel und irgendwie ungemütlich. Aber der Weg war einfach zu gehen und irgendwie passte das Wetter jetzt einfach dazu. Außerdem sorgte es dafür, dass kaum andere Wanderer unterwegs waren. Am Kirkeporten angekommen, wurden wir erstmal Zeuge, wie eine Gruppe Rentiere genau durch den Felsbogen hindurch schritt. Ein schönes Bild gaben sie dabei ab. Wir machten es ihnen anschließend nach und tasteten uns vorsichtig auf dem etwas matschigen und rutschigen Boden zum Wanderziel. Einmal durch den Bogen hindurch und auf der anderen Seite wieder hinaus, schon konnten wir Kirkeporten aus der anderen Perspektive sehen und dabei gleichzeitig noch das Nordkaphorn in der Ferne ausmachen.

Vom Nordkap nach Honningsvåg
Nach dem kurzen Besuch gingen wir über den Bergrücken wieder zurück in den Ort, schmissen den Motor unseres Wohnmobils erneut an und steuerten Honningsvåg an. Dort mussten wir erstmal tanken und nach zwei Tagen Aufenthalt am Nordkap auch unsere Vorräte ein wenig auffüllen. Natürlich spazierten wir auch nochmal durch den Ort, obwohl wir ihn schon ganz gut kannten. Aber so weit oben im Norden lässt man sich das ja nicht entgehen. Zwei Schiffe der Hurtigruten lagen im Hafen und wir wuselten auch durch das Geschehen.



Natürlich besuchten wir die Statue von Hund Bamse, die wir schon früher kannten und schlenderten auch durch die Souvenirläden. Danach hieß es dann wirklich, die Insel Magerøya verlassen zu müssen. Wir durchquerten den Tunnel und folgten der E69 südwärts, wobei wir uns auch wieder an der Landschaft erfreuten. Nur machten die tiefhängenden Wolken einen Strich durch die Rechnung, schöne Bilder machen zu können.

Wir fuhren aber nicht bis Olderfjord an der E6, sondern bogen vorher nach Westen ab. Genauer gesagt lenkten wir das Wohnmobil auf die Straße 889, die auch als Landschaftsroute Havøysund vermarktet wird. Das heißt, sie soll besonders schön sein und davon wollten und mussten wir uns natürlich selber überzeugen. Bei den Norwegischen Landschaftsrouten ist es oftmals so, dass sie nicht nur durch eine tolle Kulisse verlaufen, sondern auch noch mit Rastplätzen bestückt sind, die in den letzten Jahren mit ungewöhnlichen Toilettenhäusern ergänzt wurden.
Mit dem Wohnmobil auf der Landschaftsroute Havøysund
Klingt erstmal selten, aber ich schrieb ja bereits einen Blog-Artikel über die norwegischen Toiletten an den Rastplätzen. Wir waren also schon auf die Toiletten und Rastplätze in Nordnorwegen gespannt und siehe da, sie folgten auch sogleich. Gleich der erste Rastplatz lag recht ruhig, obwohl er sich unmittelbar an der Straße befand. Aber das fiel uns sofort auf, als wir die E69 verließen: Es war plötzlich deutlich ruhiger. Auf den ersten 20 Kilometern kam uns nur ein einziges Wohnmobil entgegen und das gleich zu Beginn. Danach war es plötzlich so, als gäbe es keine Wohnmobile mehr in Norwegen.

Das war schon ein wenig ungewöhnlich. Auf unserer langen Anreise auf der E6, am Nordkap und auch auf der E69 waren laufend Wohnmobile zu sehen. Und plötzlich war einfach nichts mehr los. Irgendwie auch schön. Auch am nächsten Parkplatz, am Lillefjord Wasserfall, standen gerade einmal zwei Wohnmobile. Für norwegische Verhältnisse ist das mittlerweile ja fast nichts mehr. Wir spazierten dort ein wenig den Berg hinauf, kehrten aber nach einiger Zeit um, weil der Weg nicht wirklich gut erkennbar war.



Also fuhren wir weiter auf der Landschaftsroute Havøysund und waren wirklich von diesem Küstenabschnitt beeindruckt. Allerdings ist das in Norwegen ohnehin nicht schwer, es ist ja irgendwie überall in Norwegen schön. So fuhren wir also weiter direkt am Ufer entlang, hielten immer wieder mal an, um Bilder zu machen, die Aussicht zu genießen oder die Drohne steigen zu lassen, bis wir den namensgebenden Ort Havøysund erreichten. Auch diese kleine Ortschaft befindet sich auf einer Insel und unser Ziel war der dortige Wohnmobilstellplatz.

Ankunft im abgelegenen Havøysund
Und siehe da, plötzlich sahen wir mal wieder Wohnmobile. Ganz fünf Stück an der Zahl. Man hat also wirklich gemerkt, wie abgelegen dieser Ort ist. Dass auf der anderen Seite des Sunds, gerade einmal vierhundert Meter vom Stellplatz entfernt, ein weiterer Camper stand und es bevorzugte, dort zu übernachten, war wieder einmal ein Paradestück von Respektlosigkeit. Uns ist es insbesondere auf dieser Reise sehr aufgefallen, wie leer manchmal die Stellplätze und Campingplätze waren, während gewöhnliche Parkplätze von Campern fast schon belagert wurden. In diesem Fall war es nur einer, aber er hätte genauso gut auf der anderen Seite des Sunds stehen können. Aber das hätte ja Geld gekostet, wobei der Stromanschluss auch in diesem Fall inklusive gewesen war.

Wir stellten unser Wohnmobil ab und gingen zum Check-In-Automaten. Es sollte sich aber herausstellen, dass man auf diesem Stellplatz nur mit einer App bezahlen kann. Eine riesige Anleitung hing an dem Automaten, der als defekt ausgeschildert war. Also, App heruntergeladen, Account angelegt, Daten hinterlegt und online die Parzelle und die richtige Steckdose ausgewählt, damit diese auch Strom liefert. Klingt kompliziert, war es aber nicht und dauerte vielleicht fünf Minuten.
Landschaftsroute Havøysund
Anschließend erkundeten wir den Ort und besuchten noch die letzte Sehenswürdigkeit auf der Landschaftsroute. Dabei handelt es sich aber dieses Mal nicht um ein Toilettenhäuschen, sondern um kleines Gebäude auf einem etwas höher gelegenen Felsplateau. In diesem offenen Holzgebäude befinden sich zwei riesige Glaszylinder in verschiedenen Farben. Kunst halt. Muss man nicht immer verstehen, sah aber gut aus. Den Abend verbrachten wir dann wie gewohnt mit Lesen, Spielen und etwas essen, um anschließend eine ruhige Nacht verbringen zu können.


Die Landschaftsroute Havøysund ist eine Sackgasse
Daraus wurde aber nichts. Denn wie schon am Nordlandsporten wurden wir in der Nacht unsanft geweckt. Dieses Mal war es kein Kühllastwagen, sondern ein Fischtrawler, der wohl kurz zuvor in den Hafen einfuhr und seine Ladung maschinell löschte. Irgendeine Art lautes Fließband dröhnte, ratterte und sorgte dafür, dass die Fische von Bord kamen. Vermutlich wurden sie sogar im selben Moment bereits ausgenommen und verpackt. Keine Ahnung, es war auf jeden Fall laut und klang, als hätte eine komplette Fischfabrik neben uns angelegt.

Wie schon bei der Sache mit dem Kühllaster packten wir sofort unsere Sachen und verließen den Stellplatz. Es war taghell, die Straßen waren leer und wir wollten einfach nur irgendwo parken und schlafen. Also brauchten auch wir jetzt irgendwo einen Platz, um den Rest der Nacht verbringen zu können. Wir fanden dann auch schnell einen Parkplatz, den wir für uns ganz alleine hatten. So betrachtet kommt es halt schon mal vor, dass man in Norwegen auch mal frei stehen „muss“. Aber es ist schon noch etwas anderes, wenn man nachts um 2 irgendwo sein Wohnmobil parkt und morgens um acht Uhr wieder weg ist, als schon um 16 Uhr ein Campingverhalten an den Tag zu legen.
Am nächsten Morgen fuhren wir also weiter und damit auf der gesamten Landschaftsroute Havøysund wieder zurück bis zur E69. Bei Olderfjord trafen wir wieder auf zahlreiche Wohnmobile und andere Touristen, die mit dem Bus zu einem großen Souvenirladen gebracht wurden. Auch wir schlenderten einmal durch, spürten aber zumindest für uns, dass es mit Sachen vom Nordkap für uns nicht mehr passte. Wir hatten zumindest bis zu unserer nächsten Nordkapreise nun erstmal damit abgeschlossen. Also bogen wir auf die E6 ab und folgten ihr weiter in Richtung Kirkenes, wo sie enden würde. Aber Kirkenes stand bei uns nicht auf dem Programm.
Durch den Norden Norwegens zur Eismeerstraße
Wir durchquerten Lakselv nach einem kurzen Einkaufsstopp und erreichten nach einiger Zeit Karasjok. Dort warfen wir einen Blick auf den Sápmi Park bevor wir am Ufer des Kárášjohka-Flusses weiter auf der E6 fuhren. Nun lagen rund 180 Kilometer Wald, Fluss und Grenze zu Finnland vor uns. Es passierte einfach nichts. Rechts der Fluss, der gleichzeitig die Grenze zu Finnland bildet und nur ganz selten mal ein Campingplatz oder ähnliches, was den ansonsten stets gleichen Anblick unterbrach. Alle zehn Kilometer kam ein Hinweisschild, wie weit es noch bis zur nächsten Stadt Tana Bru sei. So waren die knapp zwei Stunden Fahrt beinahe wie ein Countdown: 180…170…160…150 und so weiter.

Aber irgendwie vergingen diese doch eher eintönigen 180 Kilometer auch recht schnell und schon standen wir an einem Aussichtspunkt, um die Brücke über den Fluss sehen zu können. Noch einmal schnell durch Tana Bru gefahren, dann die Brücke überquert und weiter ging die Reise ein kurzes Stück bis Varangerbotn, wo die nächste Landschaftsroute beginnt. Ihr Name: Varanger – oder auch gerne als Eismeerstraße bezeichnet.

Sie gefiel uns vom ersten Meter an. Auf der rechten Seite eine Bucht, die zur Barentssee gehört und vor uns die Straße. Zwischendurch immer wieder mal vereinzelte Häuser oder kleinere Wohnsiedlungen. Und auch hier wieder Rastplätze, die mit außergewöhnlichen Toilettenhäusern punkten. So zum Beispiel der Gornitak-Rastplatz, der zum Teil aus einem ehemaligen Waffenlager aus dem Zweiten Weltkrieg stammten. Auch hier oben haben die Deutschen ihre Kriegsspuren hinterlassen.
Die Eismeerstraße ist eigentlich die Landschaftsroute Varanger
Kurze Zeit später folgte der Weiler Nesseby, wo sich die Kirche ziemlich malerisch und einsam zugleich auf einer Halbinsel befindet. Wir fuhren noch weiter bis Vadsø. Dort wollten wir den Ankerturm besichtigen, an dem einst ein Luftschiff andockte. Dieses Luftschiff gehörte Roald Amundsen, der damit über die Arktis weiter nach Nordamerika fuhr. Es soll sich um den einzigen Luftschiffturm in Europa handeln.

Der Turm befindet sich auf einer sehr kleinen Insel, die mit Vadsø über eine Brücke verbunden ist. Gleich hinter der Brücke befindet sich auf der Insel ein kostenloser Wohnmobilstellplatz mit Ver- und Entsorgung. Strom gab es keinen, aber das war egal. Wir freuten uns, dass wir hier offiziell und kostenlos übernachten durften und außerdem, dass wir an diesem Abend noch einen gemütlichen Spaziergang zu dem Luftschiffmast machen konnten. Dabei kamen wir mit einigen finnischen Vogelkundlern ins Gespräch, da irgendwelche Vögel, die uns aber überhaupt nichts sagten, an einem kleinen Teich auf der Insel brüten sollen.

Auch durch den Ort schlenderten wir noch, gingen einkaufen und fuhren am nächsten Morgen gemütlich auf der Landschaftsroute Varanger weiter. Unser nächster Stopp folgte am Domen Aussichtspunkt. Das dortige Schutzhäuschen war mal wieder ganz ungewöhnlich gestaltet. Es war nicht nur verwinkelt und bot dabei mehreren Menschen getrennt Platz, sondern besaß auch eine Feuerstelle und war mit rosafarbenen Glasfronten versehen. Angesichts des tristen Wetters und der eher grauen Küstenlandschaft war das schon ein interessanter Farbklecks.
Besuch am östlichsten Punkt von Norwegen
Von dort aus konnten wir auch schon die Ortschaft Vardø auf der Insel Vardøya erkennen. Sie bildet die östlichste Ortschaft Norwegen und nur noch eine kleine unbewohnte Insel weiter befindet sich auf der östlichste Punkt von Norwegen. Für uns war das schon irgendwie nett, weil wir ja solche Extrempunkte sammeln und bereits den südlichsten und den nördlichsten Punkt Norwegens besucht hatten. Dass wir mangels Fähre nicht auf die unbewohnte Insel kamen, war egal. Aber durch einen Tunnel kamen wir zumindest auf die Insel Vardøya und besichtigten die dortige Kleinstadt.

Dazu zählte zum einen das Hexenmahnmal. Denn auch hier oben im hohen Norden wurden Menschen verfolgt und als Hexen und Zauberer bezeichnet. Wobei Zauberer bei männlichen Personen nicht positiv gemeint war. Viele von ihnen wurden hingerichtet und es entstanden dadurch jede Menge tragische Schicksale. Erst im Jahr 2011 wurde das Hexenmahnmal von der norwegischen Königin eingeweiht. Es besteht aus einer 120 Meter langen Gedenkhalle, die im Inneren sehr düster und bedrückend ist. Am Ende tritt man nach draußen und gelangt zu einem Pavillon, in dem sich ein stets brennender Stuhl befindet. Dieser symbolisiert einen Scheiterhaufen.


Nur ein kurzer Spaziergang ist es am Ortsrand bis zur dortigen Festung, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Heute handelt es sich um ein kleines Museum, das schnell besucht wird. Bezahlt wird auf Vertrauensbasis, was wir gerne taten. Prompt kam aber sowieso eine Mitarbeiterin um die Ecke, die uns noch ganz nebenbei erzählte, dass der Baum in der Mitte der Festung der einzige Baum auf der gesamten Insel sei. Man sei sehr stolz auf ihn, habe ihn 2020 gepflanzt und man hoffe jedes Jahr, dass er die Winter überleben wird. Ja, ansonsten ist es hier oben im Norden komplett baumfrei.

Von Vardø nach Hamningberg auf der Eismeerstraße
Auch zur Kirche gingen wir kurz und besuchten den Parkplatz, von dem aus man zum östlichsten Punkt Norwegens hinüber blickt. Weiter östlich konnten wir also wahrlich nicht gelangen. Die kleine Ortschaft und Insel sind so weit abgelegen und besitzen dennoch einen Wohnmobilstellplatz mitten im Hafen. Das fanden wir auch sehr schön. Allerdings war es für uns noch zu früh, um schon übernachten zu wollen. Daher verließen wir die Insel wieder durch den Tunnel, bei dem es sich übrigens um den ersten Unterwassertunnel Norwegens handelt.



Wieder zurück auf dem Festland fuhren wir aber nicht sofort die Eismeerstraße wieder zurück. Denn die Landschaftsroute Varanger geht noch weiter. Über eine Asphaltstraße gelangt man noch weiter in den Norden und zwar in den Ferienort Hamningberg. Besonders schön dabei ist die Fahrt an sich. Die Straße verläuft nämlich durch eine bizarre und wunderschöne Felslandschaft, die ihresgleichen sucht. Es hatte uns unheimlich gut gefallen, doch wir beschlossen es so zu halten, wie wir das in amerikanischen Nationalparks machen, wenn die Straßen eine Sackgasse sind: Erstmal bis zum Ende durchfahren und dann gemütlich mit zahlreichen Zwischenstopps für Fotos wieder zurück.





In Hamningberg waren wir restlos begeistert. Auf einem kleinen Parkplatz, auf dem man wohl auch übernachten darf und der zu unserem Aufenthaltszeitpunkt sogar noch vergrößert wurde, stellten wir das Wohnmobil ab und gingen die wenigen hundert Meter durch den Weiler. Am Ende des Dorfes gibt es abermals einen Aussichtspunkt bzw. einen Vogelbeobachtungspunkt, zu dem wir gerne hinwanderten. Aufgefallen ist uns dabei, dass am letzten Gebäude große Schilder auf ein Campingverbot hinwiesen.
Im Hintergrund sieht man Vardø
Das Grundstück ist eben privat. Doch wer stellt dort ausgerechnet sein Fahrzeug ab? Wohnmobiltouristen. Zugegeben, es war in diesem Fall kein Campen, aber wenn Camper doch dort schon (zu recht, weil Privatgrundstück) unerwünscht sind, dann parkt man dort doch auch nicht. Schade, dass manche keine Rücksicht kennen und so eine ganze Gruppe in Misskredit bringen.
Mit dem Wohnmobil an der Barentssee
Wir spazierten noch ein wenig hin und her, von Küstenabschnitt zu Küstenabschnitt und machten uns dann auf den gemütlichen Weg zurück. Wir hätten hier wohl übernachten dürfen und das wäre sicherlich auch sehr schön gewesen, doch da gerade Bauarbeiten stattfanden, befürchteten wir, schon früh geweckt zu werden. Außerdem sprachen uns die Bauarbeiter bereits an, dass sie rund eine Stunde später den Parkplatz bräuchten bzw. die Zufahrt für einige Stunden blockieren müssten. Da wollten wir natürlich auch nicht im Weg stehen.




Auf dem Rückweg ließen wir es gemütlich angehen und fuhren praktisch von Parkplatz zu Parkplatz, um nochmal die gesamte Szenerie genießen zu können. Sehr schön war es und wir ließen es uns auch nicht nehmen, an einem einsamen Strand bis zum Wasser der Barentssee zu gehen und mal die Hand in das kalte Wasser zu halten. Immer wieder stoppten wir auch für die vielen Schafe, die ganz entspannt über die Straße trotteten und beschlossen, den Tag wieder auf dem kostenlosen Stellplatz in Vadsø zu beenden. Dieser wäre aus Gründen der Zeit und der zu fahrenden Kilometer am nächsten Tag eine sehr gut Wahl. Daraus folgerte dort natürlich wieder ein gemütlicher Spaziergang am Abend.





Am nächsten Morgen verließen wir schließlich die Eismeerstraße, waren uns aber sehr einig, dass dies nicht unser letzter Aufenthalt auf der Landschaftsroute Varanger sein würde. Abgesehen von dem etwas düsteren Himmel mit seinen dunklen Wolken hat es uns sehr gut gefallen. So kamen wir wieder nach Tana Bru und begannen ein zweites Mal mit einem Countdown: 180…170…160… usw. bis wir schließlich wieder in Karasjok ankamen. Dort machten wir mal wieder Einkäufe in einem etwas größeren Geschäft und verließen die E6 vorläufig. Auf der Straße 92 kamen wir zur E45 und fuhren schon wieder nordwärts bis Alta.

Ankunft in Tromsø – und ein wenig enttäuscht
Die Landschaft entpuppte sich bis dahin als ein wenig unspektakulär, doch das änderte sich, als wir in Alta wieder an der Küste ankamen. Allerdings waren wir hier nun wieder auf der E6 unterwegs und das Aufkommen an Wohnmobilen war wieder deutlich erhöht. Weil wir nicht direkt an der vielbefahrenen Straße übernachten wollten, entschieden wir uns für den Arctic Fjord Camping rund 50 Kilometer westlich von Alta. Dieser bot uns die Ruhe, die er uns versprach. Denn schon bei der Ankunft merkten wir, dass hier nichts und niemand stören würde – außer andere Campinggäste, theoretisch. Taten sie aber nicht, alle wollten ihre Ruhe.

Am nächsten Tag war die Fahrt eher langweilig. Denn an dieser Stelle folgten wir der E6 so wie wir ursprünglich schon gekommen waren. Es hätte zwar zu unserem Ziel nach Tromsø zwei Fährmöglichkeiten gegeben, doch wir entschieden uns für den großen Bogen auf der südwärts verlaufenden Straße, weil die Fähren ein für uns nicht passendes Zeitfenster hatten. So reisten wir über die E8 nach Tromsø und steuerten als erstes die berühmte Eismeerkathedrale an.


Sie kannten wir noch nicht bzw. nur von Bildern. Aber als wir ankamen und unser Wohnmobil auf einem recht engen und schlaglochübersäten Parkplatz abstellten, waren wir doch ein wenig enttäuscht. Möglicherweise hat die Architektur der Kirche etwas Besonderes im Winter, wenn sie angestrahlt wird und am Nachthimmel Polarlichter flackern. Aber an einem halbwegs bewölkten Tag im Sommer fanden wir sie eher gewöhnlich. Kurz gesagt, sie konnte uns nicht begeistern. Daher machten wir in Ruhe unsere Pflichtfotos und wollten von dort in das Stadtzentrum von Tromsø fahren. Doch weit kamen wir nicht.
Unfall in Norwegen
Wir standen an einer Ampel gleich neben der Kirche und wollten rechts abbiegen. Neben uns befand sich eine Linksabbiegerspur, an der die Ampel ebenfalls rot anzeigte. Wir ahnten nichts böses und warteten bloß auf das grüne Licht, als es plötzlich unangenehm laut knirschte und knackte. Im ersten Augenblick wussten wir gar nicht, dass es uns betraf. Erst als ich in den Rückspiegel blickte, erkannte ich, dass ein norwegischer Pkw-Fahrer zu sehr Kontakt mit uns aufnahm und seinen Kotflügel in unsere Seitenwand drückte.

Wir waren entsetzt. Das Wohnmobil ist noch nicht einmal ein Jahr alt und schon fährt uns jemand in die Seite? Moni sprang sofort raus, während ich die Scheibe runterfuhr, um dem Unfallgegner zu signalisieren, er solle warten. Denn er wollte just in dem Moment wieder rückwärts aus unserem Auto raus. Wer weiß, was für weitere Schäden er dabei verursachte. Daher übernahm ich das lieber und trennte die beiden Autos, indem ich die erforderlichen Lenkbewegungen machte. Es stellte sich heraus, dass der 80jährige Fahrer des Pkw seinem Gegenverkehr Platz machen wollte. Das heißt, seine Fahrspur war ihm zu eng und er glaubte, er müsse nach rechts lenken.

Dadurch beschädigte er unsere B-Säulenverkleidung, drückte hinter der Verkleidung eine Aluminiumschiene aus der Verankerung und zerkratzte natürlich noch mit seinem Außenspiegel unsere Seitenwand. So ein Ärger. Und ehrlich gesagt, wussten wir gar nicht so recht, wie wir jetzt vorzugehen hatten. Mussten wir jetzt die Polizei rufen, die Versicherung verständigen, irgendwie alles auf Norwegisch klären? Hinter uns staute sich natürlich der Verkehr, weil wir die Ampelkreuzung blockierten. Zufälligerweise kam gerade ein Polizeiwagen vorbeigefahren. Moni nutzte die Chance und sprang quasi vor das Polizeiauto, damit es anhielt. Die Polizisten darin teilten uns jedoch nur mit, dass sie „busy“ seien und wir das untereinander klären sollten – gleich da vorne an einer Tankstelle, auf die sie mit dem Finger zeigten.

Tromsø hat uns überhaupt nicht gefallen
Na super. Als wir mit dem Wohnmobil dort ankamen, war der Unfallgegner bereits dort und füllte schon einen norwegischen Unfallfragebogen aus. Mit Übersetzer und ein wenig Kontext-Logik bekamen wir das gemeinsam hin, scannten und fotografierten sämtliche Dokumente und trennten uns dann nach einer aufregenden Stunde. Wobei wir auf diese Aufregung wahrlich hätten verzichten können. Im Laufe der weiteren Reise schickten wir bereits Bilder an unsere Werkstatt und verständigten die deutsche Versicherung, die mit der gegnerischen norwegischen Versicherung zusammenarbeitet. Denn mittlerweile hatten wir herausgefunden, dass wir uns nicht mit der norwegischen Versicherung auseinandersetzen müssen, sondern dass es hierfür internationale Kooperationen gibt. In diesem Fall war es die R+V-Versicherung, die mit der norwegischen Gjensidige Forsikring kommuniziert. Das klang eigentlich alles schon mal ganz einfach.

Nach diesem Schreck war uns die Lust auf Tromsø total vergangen. Aber wir hatten natürlich noch einiges zu erledigen. So fuhren wir also trotzdem zum örtlichen Wohnmobilstellplatz, um wenigstens dort zu parken. Übernachten wollten wir in der Stadt sowieso nicht. Wir schlenderten durch die Stadt, besichtigten das Troll-Museum und kamen zu der Ansicht, dass wir uns in dieser Stadt gar nicht so richtig wohl fühlten. Abgesehen von dem Unfall und der uns etwas enttäuschenden Eismeerkathedrale, fanden wir die Stadt auch nicht wirklich anziehend.

So wunderten wir uns zum Beispiel, dass Menschen wenig salonfähig – um es vorsichtig auszudrücken – und mit blutigen Nasen durch das Zentrum gingen. Nur ein paar Schritte entfernt sahen wir einen Sicherheitsdienst vor einem Geschäft. Das war für uns neu – zumindest in Norwegen. Wir kannten das natürlich aus anderen Ländern, fühlten uns aber gerade nach Albuquerque versetzt, wo wir uns ebenfalls unwohl fühlten und die Walmarts auch unter Polizeischutz stehen. So etwas hier in Norwegen zu sehen, fanden wir seltsam. Außerdem hörten wir ständig Polizeisirenen. Zum ersten Mal hörten wir in Norwegen Polizeisirenen und in hier in Tromsø gleich durchgehend. Irgendwas stimmte mit dieser Stadt nicht. Das war zumindest unser Eindruck.
Mit der nächsten Fähre auf die Insel Senja
Daher erledigten wir unseren Job, gingen wieder zum Wohnmobil zurück und verließen Tromsø auf dem schnellsten Weg. Unser weiteres Interesse war vollständig verflogen und so zogen wir auf kleinen Straßen weiter bis Brensholmen. Dort so über das Land zu fahren, gefiel uns wieder gut und versöhnte uns ein wenig mit der Stadt. Hier war es außerdem auch recht leer auf der Straße und wir nahmen an, dass wir die Fähre auf die Insel Senja beinahe für uns alleine hätten. Doch weit gefehlt. In Brensholmen angekommen, sahen wir den Kai überhaupt nicht, weil die Schlange für die Fähre so lang war.

Weiter geht es mit dem Wohnmobil-Reisebericht über Senja, Andøya und den Lofoten.

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.
Ich bin Autor von mehr als 120 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.
Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.
Die Weltenbummler – ältester deutschsprachiger Reiseblog (seit 2000)