Wandern und Klettern im Erdener Treppchen

Meter für Meter steigt unser Wanderweg an. Mit jedem Schritt wird unsere Aussicht in das Moseltal fantastischer und reicht irgendwann bis tief in den Hunsrück hinein. Unsere Wanderschuhe bringen den losen Schiefer zum Knirschen und stehen fest auf Klammern, wenn wir durch das Erdener Treppchen den Schieferberg erklimmen. Tolle Aussichtspunkte genießen wir inmitten von Weinbergen, und wir belohnen unseren Aufstieg mit einem unvergleichlichen Moselblick.

Der folgende Text stammt aus meinem nicht mehr erhältlichen Reiseführer „Wanderungen an der Mittelmosel“. Die Angaben können daher veraltet sein.

Seil als Handlauf
Seil als Handlauf

Von dem kleinen Parkplatz am Kreisverkehr begeben wir uns geradewegs zur Moselbrücke. Für einen Moment halten wir jedoch inne und blicken hinter uns auf die Großbaustelle und die neue noch nicht fahrbereite Trasse, die zum geplanten Großprojekt Hochmoselbrücke gehören.

Schon in den 1960er Jahren begann man mit den Planungen, eine Brücke über das Moseltal zwischen Zeltingen und Ürzig zu bauen. Sie soll mehr als eine Brücke werden, die die beiden Moselufer miteinander verbindet, denn mit einer Länge von 1.700 Metern wird sie das gesamte Tal überspannen. Damit ist sie Teil des sogenannten Hochmoselübergangs, welcher die Autobahnen 1 und 60 mit der Autobahn 61 verbinden soll. Hierfür wird die Bundesstraße 50 auf einer Länge von rund 25 Kilometer neu gebaut und über das umstrittene Brückenbauwerk geführt. Wenn die Hochmoselbrücke fertig ist, wird sie eine der höchsten Überführungen in Deutschland sein und das Landschaftsbild bei Ürzig entscheidend verändern. Kein Wunder also, dass viele Anwohner und Winzer dem Vorhaben ablehnend gegenüberstehen.

Kirche in Erden
Kirche in Erden

Spannender Klettersteig namens Erdener Treppchen

Doch wir überqueren zunächst die Mosel. Ein kleiner Wegweiser am gegenüberliegenden Flussufer zeigt uns den Weg in Richtung Klettersteig. Er führt zwischen den Weinbergen hindurch, die Vorfreude auf den Wein aufkommen lassen, den wir uns am Abend in einer der Straußwirtschaften genehmigen werden. Doch erst wandern wir ganz entspannt etwas oberhalb der Mosel den sonnigen Südhang entlang. Zu unserer Rechten wird die Mauer mit jedem Meter, den wir gehen, höher. Linker Hand werden wir weiterhin von Rebstöcken begleitet, die auch gerne von farbenfrohen Stieglitzen besucht werden.

Doch plötzlich endet unser Weg als Sackgasse. Linker Hand der Wein, zur Rechten und vor uns die Wand: Willkommen im Klettersteig Erdener Treppchen, der im Jahr 2008 angelegt wurde und hier seinen Anfang nimmt. Drei unterschiedlich farbige Punkte in Rot, Gelb und Grün kennzeichnen drei Schwierigkeitsstufen der Route. Der gelbe und der grüne Punkt werden uns unterwegs verlassen, da wir entlang des roten Punktes bis auf den Gipfel steigen wollen. Auf dem schmalen Weg geht es nun – natürlich vorsichtig – voran. Zunächst führt uns der Steig noch sehr einfach an einem Geländer entlang. Wir überqueren das Gleis einer Einschienenbahn, der Monorackbahn.

Junge Weintrauben
Junge Weintrauben

Der SkyTrain am Düsseldorfer Flughafen ist eine, der Transrapid in Shanghai auch und die Wuppertaler Schwebebahn sowieso. Die Rede ist von sogenannten Einschienenbahnen. Die erste Einschienenbahn verkehrte ab 1825 in England und diente dem Transport von Ziegeln. Der Vorteil einer Einschienenbahn besteht darin, dass die Streckenverbindung leicht aufgeständert werden kann und die Bahn somit keine anderen Verkehrswege kreuzen muss. Durchsetzen konnte sich die Einschienenbahn gegenüber ihrer Konkurrenz auf zwei Schienen jedoch nicht. Eine Sonderform der Einschienenbahn ist die Monorackbahn. Sie kann zugleich als Zahnradbahn bezeichnet werden und wird besonders in den Steillagen der Moselhänge genutzt. Mit diesem typischen Transportmittel wird den Winzern die beschwerliche Arbeit wesentlich erleichtert.

Durch die Weinberge nach oben

Unser Weg führt uns auf losem Schiefergestein steil aufwärts. Den Rebstöcken sieht man die aufwändige Pflege an, und wir überqueren ein weiteres Mal die Schiene der Monorackbahn. Gleich dahinter heißt es gut festhalten, wenn wir die Sprossen einer metallenen Leiter erklimmen und dann etwas einfacher auf Betonstufen einer Treppe hinaufsteigen. Abermals wandern wir auf Schiefergestein und überwinden weitere Höhenmeter über eine im Fels angebrachte Steigleiter. Doch nach dieser Leiter können wir einmal tief durchatmen. Ein gemütlicher Picknickplatz erwartet uns und erfreut uns mit einem wunderbaren Ausblick auf das Moselörtchen Erden. Einen Blick lohnt aber auch die farbenfrohe Pflanzenwelt vor unseren Füßen, wie die blaue Glockenblume, die sich auf dem Schiefergestein prachtvoll entfaltet.

Aussichtspunkt an der Mosel
Aussichtspunkt an der Mosel

Wir steigen aber schon die nächste Betontreppe hinauf, haben damit eine erste Weinterrasse erobert und stehen abermals vor einer hohen Wand, an der Treppenstufen befestigt sind. Nach Erklimmen der Felswand, wenden wir uns nach links und gehen in einem weiten Rechtsbogen um eine Felsnase herum. Dabei schiebt sich der kleine Ort Ürzig an einer Schleife der Mosel langsam in unser Sichtfeld. Wir aber wandern neben der Schiene der Monorackbahn auf eine steil aufragende Schieferwand zu. Ein am Felsen montiertes Seil dient uns als Geländer. Es hilft uns, in der Wand Schritt für Schritt höher zu gelangen.

So karg der Fels auch zu sein scheint, wer genau hinschaut, wird sehen, dass sich immer wieder kleine Blumen dem Himmel entgegenstrecken. Die in den Fels geschlagenen Stufen werden an einer mit Efeu berankten Felswand wieder von Leitern abgelöst. Wer nun genug von Leitern, Seilgeländern und Kletteraufstiegen hat, kann dem grünen Punkt, der ihn innerhalb kurzer Zeit wieder zum Ausgangspunkt zurück bringt, nach rechts folgen.

Ausflugsschiff Theodor Heuss auf der Mosel
Ausflugsschiff Theodor Heuss auf der Mosel

Aussicht vom Erdener Treppchen

Wem der Aufstieg aber bis hierhin gefallen hat – und sind wir ehrlich, bisher war es doch schön, oder nicht? –, der wendet sich oberhalb der Leitern nach links. Wir nehmen direkt wieder ein Seil in die Hand, das uns sicher an einem Abhang entlang führt. Dann spazieren wir kurze Zeit entspannt oberhalb eines Weinberges und genießen von einer Sitzbank aus die Aussicht in das Tal hinab.

Auf den nächsten Metern ist unser Weg von hohen Sträuchern gesäumt und bringt uns zu einem Aufschluss, der die Formen des im Sonnenlicht rötlich leuchtenden Schiefergesteins erkennen lässt. Unsere Route führt uns vor dem Aufschluss nach links. Wir erreichen eine Felswand, an der Wanderer, die schon vor uns dort waren, ihren Namen in kleine Schieferplatten eingravierten. Wir tun es ihnen gleich und setzen unsere Wanderung fort, gehen an einem Metalltor vorbei, das einsam und verlassen auf dem Weg steht. Auf dem vom grünen Dickicht umgebenden Weg gewinnen wir deutlich an Höhe. An einem Abzweig verabschieden wir uns von dem gelben Rundkurs, der erneut die Möglichkeit bietet, die Wanderung vorzeitig zu beenden.

Ausblick auf das Moseltal
Ausblick auf das Moseltal

Doch wer bis hierhin gewandert ist, der wird den gar nicht mehr so anstrengenden Rest bis zum Gipfel auch noch schaffen. Daher wandern wir geradeaus, überwinden die Höhenmeter über steinige Stufen und eine Metalltreppe. An einer überdachten Sitzbank biegen wir rechts ab und haben damit die Kletterpartien beendet. Nun bringt uns ein schmaler Waldpfad zu einer Gabelung, an der der rote Punkt nach rechts weist.

Am Gipfel des Erdener Treppchen

Nach so vielen Mühen wollen wir aber noch den kleinen Aufstieg bis zum Burgberg vollenden und biegen nach links ab. Wenige Meter steigen wir durch den Wald hoch, bevor wir uns an der hölzernen Schutzhütte auf dem Gipfel eine ausgiebige Pause mit einem wunderbaren Ausblick auf das Tal der Mittelmosel gönnen. Weit unter uns schlängelt sich das Band der Mosel durch die Landschaft. Auf der anderen Flussseite sehen wir die von den bewaldeten Kuppen des Hunsrücks abgelösten Weinberge.

Weinlagen
Weinlagen

Nach unserer Rast gehen wir durch den Wald bis zum Abzweig zurück und folgen jetzt nach links wieder dem roten Punkt. Der Abstieg ist weit weniger anstrengend. Dennoch sollten wir ihn auf dem schmalen und teilweise rutschigen Weg nicht minder vorsichtig angehen. Mit einem sanften Plätschern begrüßt uns von rechts ein schmaler Bach, den wir vorsichtig überqueren. Nur wenige Meter später gibt uns der dichte Wald wieder frei. Und wir blicken auf die Weinterrassen, die den Hang oberhalb von Erden gliedern.

Zum letzten Mal treffen wir auf Stufen, die uns dieses Mal aber hinabbringen. Wir wenden uns nach links. Auf dem breiten Weg zwischen den Weinbergen verlieren wir weiterhin an Höhe und halten uns an einer Gabelung rechts. Damit kommen wir nicht nur an Rebstöcken, sondern auch an kleinen Obstwiesen mit Apfel-, Birn- und sogar Pfirsichbäumen vorbei. Die Wegweiser leiten uns in Serpentinen ins Tal hinunter. Hinweisschilder informieren uns an einem idyllischen Picknickplatz über die Geschichte von Erden und seiner Umgebung.

Das älteste Dorf der Welt

Als das älteste Dorf der Welt bezeichnet sich Erden, denn wie steht es schon im Ersten Buch Mose geschrieben: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde(n). Nach dieser knappen Gründungsgeschichte widmet sich die Bibel anderen Orten zu und Erden wird erst 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung wieder erwähnt. Zwar nicht im berühmtesten Buch der Welt, sondern bei den Kelten, die sich mittlerweile an der Mosel angesiedelt hatten. Arduena nannten sie einen steilen, hohen Berg und spätestens nach der Besteigung des Erdener Treppchens wissen wir auch, welchen Berghang sie meinten.

Wanderweg im Erdener Treppchen
Wanderweg im Erdener Treppchen

Nach den Kelten kamen die Römer und brachten die Weinrebe mit. Sie ließ sich im heutigen Erdener Treppchen schon damals hervorragend anbauen. In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts wurde dann in einer Urkunde der Abtei Echternach zum ersten Mal der Ortsname Ardinigo festgehalten. Heute besticht der kleine Ort gegenüber dem steilen Hang durch denkmalgeschützte Fachwerkhäuser und ist geprägt von seinem Campingplatz. Er liegt idyllisch am Moselufer und bietet einen schönen Blick auf den steilen Hang am Erdener Treppchen.

Am Picknickplatz biegen wir links ab und wenden uns an der nächsten Gabelung nach rechts. Danach gelangen wir wieder zur Brücke, die uns über die Mosel zurück zu unserem Ausgangspunkt bringt.

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