Ich arbeite und ich bin nicht im Urlaub

Ich glaube, es ist mal an der Zeit, mit einem Vorurteil aufzuräumen. Denn immer wieder begegnen mir Menschen, die es gut mit mir meinen und mir einen schönen Urlaub wünschen, wenn ich zu einer Reise aufbreche. Oder ich werde gefragt, wie mein Urlaub gewesen sei, wenn ich die Reise beendet habe.

Selbst Personen, die meine Anfänge als Reisebuchautor mitbekommen haben, zählen zu diesem Personenkreis und nehmen an, ich würde mir unterwegs eine schöne Zeit machen. Der Höhepunkt dieser Dialoge gipfelte aber in den letzten Tagen in der Aussage, dass ich mir da ein schönes Hobby ausgesucht hätte. Hobby?!?!

Ich habe in den letzten fast zwei Jahrzehnten über 90 Bücher geschrieben, Vorträge in dreistelliger Anzahl gehalten und einen Wohnmobilstellplatz gebaut, auf dem über 20 Wohnmobile Platz finden. Mit diesen drei Bausteinen finanziere ich meinen Lebensunterhalt. Das ist definitiv kein Urlaub und schon gar kein Hobby. Es ist Arbeit. Eine Arbeit wie jede andere auch. Mit Höhen und mit Tiefen. Ich lasse Schweiß und Blut für diese Arbeit fließen. Zuletzt verlor ich dafür sogar ein Teil meines Körpers. Ein Hobby sieht für mich anders aus.

Reisebuchautor ist ein eher ungewöhnlicher Beruf

Aber ich weiß auch, dass man sich nur schwer ein Bild davon machen kann, wie meine Arbeit aussieht. So vielen Autoren, die hauptberuflich Reiseführer schreiben, begegnet man ja im Normalfall nicht. Und wenn, dann sieht man nur die Fassade dieser Arbeit. Die sieht nämlich so aus, dass ich üblicherweise mit einem Wohnmobil, also einem sogenannten Freizeitfahrzeug in bestimmte Urlaubsregionen fahre. Das ist natürlich Teil des Jobs. Ich verfasse keine Bücher über Industrie- und Gewerbegebiete, sondern ich schreibe Reiseführer und die handeln eben über Urlaubsregionen.

Übrigens, so manche Urlaubsregion, in die ich fahre, würde ich privat vielleicht gar nicht so gerne besuchen wollen. Auch ich bin nur ein Mensch und habe Vorlieben und Abneigungen. Wenn ich also in Region XY unterwegs bin, um für das nächste Buch zu recherchieren, wünsche ich mir privat vielleicht lieber im selben Augenblick einen Aufenthalt (oder gar Urlaub) in Region YZ.

Stau und Regen gleichzeitig sind dann irgendwann zu viel
Stau UND Regen gleichzeitig sind dann irgendwann zu viel

Für die Bücher erstelle ich zudem das Bildmaterial und wenn es sich um einen Wohnmobilreiseführer handelt, wird das mitgeführte Freizeitfahrzeug natürlich auch zum Fotomotiv. Einen Wohnmobilreiseführer zu schreiben, in dem kein Wohnmobil abgebildet ist, ist in etwa so, als würde man in ein Restaurant gehen und den ganzen Abend nur ein Glas Wasser nippen. Kann man machen, ist aber nicht Sinn und Zweck der Sache.  Wenn es sich bei meinen Aufträgen dann aber mal um eine andere Art von Buch handelt, zum Beispiel ein Regionalführer oder ein Wanderführer, dann bin ich meist dennoch mit dem Wohnmobil unterwegs. Ganz einfach, weil es sich um eine sehr praktische und zugleich günstige Übernachtungsmöglichkeit handelt. Oftmals ist es so, dass ich innerhalb einer Region an mehreren Stellen recherchieren und fotografieren muss. Da trifft es sich dann gut, wenn man sein rollendes Heim dabei hat.

Ein Einblick in den Job eines Reisebuchautors

Um also mal, wie eingangs erwähnt, mit dem Vorurteil, ich wäre im Urlaub aufzuräumen, will ich mit diesem Beitrag einen Einblick in meine Arbeit als Autor von Reiseführern ermöglichen.

Zunächst sei erwähnt, dass die Arbeit als Reisebuchautor zweigeteilt ist. Zum Einen besteht sie aus den hierfür notwendigen Reisen. Zum Anderen ist da aber auch die ganz normale Schreibtischarbeit. Beginnen wir damit:

Die Arbeit im heimischen Büro ist zugegebenermaßen sehr angenehm. Während viele Menschen erst während der Coronakrise das Home-Office kennengelernt haben, war das für mich schon damals normaler Alltag. Mir macht es Spaß, die Arbeit so einteilen zu können, wie ich es will. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass ich keinen Chef habe, der mich überprüft. Ganz im Gegenteil, ich habe in gewisser Weise sogar mehrere Chefs. Denn jeder einzelne Verlag bzw. Lektor, für den ich tätig bin, wünscht sich natürlich eine zuverlässige, pünktliche Abgabe guter Arbeit. Insofern habe ich also Deadlines, die ich zwingend einhalten muss. Aber der tägliche Ablauf, wie ich meine Arbeit gestalte, bleibt zum Glück komplett mir überlassen.

Die Arbeit ist aufgeteilt in Büro und Dienstreise

Das sieht daher so aus, dass ich im Büro am Schreibtisch sitze und Mailkontakt zu Verlagen, Lektoren, Touristenbüros, Betreibern von Campingplätzen, Hotels und dergleichen pflege. Da ich nie nur an einem Buch arbeite, sondern in der Regel an mehreren Werken gleichzeitig, schreibe ich eventuell eine Mail an den Verlag für Buch 1, während meine zweite Mail an einen Campingplatzbesitzer geht, der in Buch 2 vorkommt. Und für Buch Nummer 3 bearbeite ich wenig später womöglich noch ein paar Bilder von einer kürzlichen Reise. Anstatt von Mails kann es auch schon mal das Telefon sein.

Wetterlage an den Oberitalienischen Seen
Wetterlage an den Oberitalienischen Seen

So oder so – ich maile, ich telefoniere, ich bearbeite Bilder, korrigiere Landkartenentwürfe und verfasse ganz nebenbei noch die Texte für die Bücher. Die reine Schreiberei ist im Büro eigentlich nur ein kleiner Teil der Arbeit. Ganz entscheidend ist aber auch die Art des Schreibens. Denn einen Text wie diesen hier, schreibt man mal eben schnell herunter. Man lässt den Gedanken freien Lauf, tippt das in die Tastatur und korrigiert hier mal was und ändert dort mal etwas. Aber der Text für einen Reiseführer lässt sich nicht so einfach schreiben. Denn zwischendurch werden Adressen, Telefonnummern, umständliche GPS-Angaben, Kilometerangaben und andere Fakten eingefügt, die ja selber erstmal recherchiert werden müssen.

Nur mal zum Vergleich: Dieser Text ist bis hierhin rund 5.500 Zeichen lang. Man kann auch sagen, dass es bisher rund 900 Wörter sind. Der Zeitaufwand betrug bisher gut eine halbe Stunde. Bei einem Text für einen Reiseführer mit vergleichbarer Länge muss man hierfür einen halben Arbeitstag einplanen.

Recherchereisen sind definitiv kein Urlaub

So viel zur eigentlichen Büroarbeit, die die meiste Zeit für ein Buch in Anspruch nimmt. Kommen wir endlich zu den eigentlichen Reisen, die ich oft als Recherchereise bezeichnet habe. Mittlerweile gehe ich aber dazu über, sie als Dienstreise zu titulieren. Denn nichts anderes sind sie. Am Anfang einer Dienstreise steht natürlich auch hier wieder die Büroarbeit. Denn die Reise muss organisiert werden. Ich habe bestimmte Motive vor Augen, die unbedingt fotografiert werden müssen. Diese wollen natürlich in eine logische und kostengünstige Reihenfolge gebracht werden. Ich habe Termine mit Interviewpartnern zu planen. Dazu gehören Mitarbeiter in Tourismusbüros, Betreiber von Campingplätzen, Wirte von ganz speziellen Restaurants, Angestellte von Museen usw.

Trostloser Reschensee im Regen
Trostloser Reschensee im Regen

Und nicht zuletzt will ich ja selber am Abend irgendwo nächtigen und muss auch hier schauen, dass ich einen geeigneten Übernachtungsplatz vorfinde, ohne ihn vor Ort lange suchen zu müssen. Denn eines ist klar: Die Zeit auf einer Dienstreise ist sehr knapp. Ich kann es mir weder leisten, gemütlich durch eine Altstadt zu schlendern, lange Zeit auf besseres Wetter für Bildmaterial zu warten oder mir ewig lange einen Übernachtungsplatz zu suchen. Die nächste Dienstreise oder Büroarbeit wartet nämlich schon.

Der Arbeitstag beginnt

Nehmen wir also einfach mal irgendeinen Tag auf irgendeiner Reise ohne konkrete Ziele und Orte zu nennen:

Der Wecker klingelt irgendwann vor sieben Uhr. Egal, ob Montag, Donnerstag oder Sonntag. Ich mache mich fertig und esse zwei oder drei Brötchen und vielleicht noch ein Schokoriegel. Natürlich esse ich im Wohnmobil. Einen Campingtisch oder Campingstühle besitze ich nicht. Genauso wenig eine Markise. Wofür auch? Ich habe keine Zeit, mich gemütlich in die Sonne zu setzen.

Tortur für das Fahrzeug
Tortur für das Fahrzeug

Üblicherweise ist das Wohnmobil nicht am Landstrom angeschlossen. Denn da ich täglich unterwegs bin, reichen die hauseigenen Batterien am Abend vollkommen aus. Das heißt also, ich muss am Morgen nichts reinräumen und auch nichts abklemmen. Ich kann einfach so losstarten. Wäre ich auf einem Wohnmobilstellplatz, würde ich mich nun verdächtig machen. Denn ich komme üblicherweise spät am Abend an und fahre früh morgens wieder los. Aus vielen Gesprächen mit anderen Wohnmobilisten weiß ich, dass dieses Verhalten so gewertet wird, dass man die Übernachtung nicht bezahlen wolle. Dem ist natürlich nicht so, denn selbstverständlich habe ich bezahlt. Nur war ich eben sehr leise zu Fuß zum Ticketautomaten bzw. zur Anmeldung unterwegs. Übrigens bezahlen auch spät ankommende Gäste auf unserem Wohnmobilstellplatz in Nordkirchen. Daher weiß ich, dass es sich bei der Aussage oft um ein haltloses Vorurteil handelt. Aber das ist ein anderes Thema.

So etwas kostet Zeit und Geld
So etwas kostet Zeit und Geld

Ich verlasse also den Campingplatz oder Wohnmobilstellplatz. Bevorzugt übernachte ich auf Wohnmobilstellplätzen. Einerseits sind sie günstiger und andererseits unkomplizierter, insbesondere wenn man spät an- und früh wieder abreist. Campingplätze, die ich erst ab 8 Uhr verlassen darf oder kann, meide ich. Denn das ist schon viel zu spät für mich. Eine lange Tabelle, die ich natürlich auch schon vor der Reise angefertigt habe, muss abgearbeitet werden.

Schlecht ist es, wenn man aufgehalten wird

Schlecht wenn man für einen Wanderführer recherchiert

Schlecht wenn man für einen Wanderführer recherchiertUm 8 Uhr habe ich vielleicht schon 20, 30 oder 40 Kilometer Fahrt hinter mir und stehe vor dem ersten Fotomotiv des Tages. Jetzt kommt es darauf an. Wie ist eigentlich das Wetter? Bewölkter Himmel ist unschön, ist im Einzelfall aber machbar. Regen ist ganz schlecht. Nicht nur für das Motiv, sondern auch für die Kamera. Blauer Himmel wäre schön. Doch zu dieser frühen Uhrzeit kann es dazu führen, dass die tief stehende Sonne noch blendet oder das eigentliche Motiv noch im Schatten liegt. Aber es lässt sich halt nicht ändern. Ich kann weder abwarten, bis der Regen verschwindet noch den Tag mit Rumstehen vergeuden, damit das Licht besser wird.

Regen auf dem Oberalppass
Regen auf dem Oberalppass

Aber es gibt auch Fälle, in denen alles passt. Dann leuchtet die noch rötliche Sonne das Motiv an und bietet ein tolles Farbenschauspiel. So oder so, weiter geht’s. Das nächste Ziel wartet. Ich steuere das Wohnmobil wieder auf die Landstraße, folge den Navi-Anweisungen und muss mich durch eine kleine, enge Straße kämpfen, die mit Kopfstein gepflastert ist und in der rechts und links die Äste der Sträucher am Lack kratzen. Eine Tortur für das dreieinhalb Tonnen schwere Fahrzeug. Zwischendrin noch ein Schlagloch, das sich mit einem herben Ruck bemerkbar macht. Und nein, ich beschreibe keine Ausnahmezustände. Solche Straßen gibt es zuhauf auch in Deutschland.

Flamingos im Po-Delta bei diesigem Wetter
Flamingos im Po-Delta bei diesigem Wetter

Zum Job gehört es auch, wandern zu MÜSSEN – egal bei welchem Wetter

Ich steuere das sechs Meter lange Wohnmobil auf einen Wanderparkplatz in einem Wald. Der Parkplatz ist leer, es ist ja noch früh. Aber das nächste Fotomotiv ist rund drei Kilometer Fußweg entfernt und liegt außerdem 300 Meter höher. Es ist toll dort oben und man hat einen prächtigen Blick über die Landschaft. Dieses Motiv muss ich einfach haben. Das gehört definitiv mit in das Buch. So schnappe ich mir also meinen Rucksack und stapfe auf einem schmalen Pfad durch den Wald, bis der Weg ansteigt. Über Felsen geht es in die Höhe und noch ist zu dieser Uhrzeit wenig los. Oben angekommen nutze ich sofort die Gelegenheit und fotografiere die Aussicht in alle Richtungen und mit verschiedenen Kameras. Panoramabilder, Weitwinkel, Teleobjektiv – alles, was halt gerade passend ist.

Eingerüstete Kirche in Ratzeburg
Eingerüstete Kirche in Ratzeburg

Wären die Aufnahmen für einen Wohnmobilreiseführer, dann hätte ich natürlich gerne mein Wohnmobil in der Landschaft aufgenommen. Aber das geht nicht, denn das Fahrzeug steht ja weit entfernt auf dem Parkplatz im Wald. Es ist nicht zu sehen. Schade. Aber man ist schon froh, wenn das Wetter mitspielt. An einem Regentag hätte ich noch nicht einmal die Landschaftsbilder machen können.

Nach den Aufnahmen geht es wieder hinab zurück zum Wohnmobil. Dort angekommen ist es knapp elf Uhr. Der Parkplatz hat sich deutlich gefüllt und ich bin froh, dass man mein großes Fahrzeug nicht komplett zugeparkt hat. Auf dem Programm steht nun eine kleine Altstadt. Hier wären Bilder von der Kirche schön. Aber ein ganz bestimmtes Haus in der Altstadt ist sehr bedeutend. Das muss ich auf jeden Fall gesehen und vor allen Dingen fotografiert haben.

Die Rakotzbrücke bei der Restaurierung
Die Rakotzbrücke bei der Restaurierung

Fahren, parken, wandern, fahren, parken, wandern…

Also fahre ich in diese Stadt, gute 25 Kilometer entfernt. Die Parkplatzsuche gestaltet sich als sehr schwierig. Einen Wohnmobilstellplatz gibt es zwar, doch kann man nicht stundenweise parken. Entweder zahle ich für den kurzen Aufenthalt zehn Euro Tagesgebühr oder ich suche weiter nach einem Parkplatz für mein sechs Meter langes Mobil. Wieder packe ich mir den Rucksack auf den Rücken und bin gut 30 Minuten unterwegs, um vor dem besagten Haus zu stehen. Leider steht gerade ein Lkw genau vor der Fassade, weil nebenan ein Ladenlokal beliefert wird. Sieht auf dem Foto unschön aus und so bleibt mir nur, ein paar Detailfotos vom Gebäude zu machen. Nett, aber nicht das, was ich mir für das Buch gewünscht habe.

Die Kathedrale wird restauriert
Die Kathedrale wird restauriert

Dafür befindet sich gleich um die Ecke die Kirche. Tja, was soll man sagen? Der Kirchturm wird gerade restauriert und ist komplett eingerüstet. Ist das Pech? Nein, Pech wäre es, wenn es aus tief hängenden Wolken in Strömen regnen würde und ich gar keine Chance für Bilder hätte. So kann ich zumindest das ebenfalls schöne und reich verzierte Portal fotografieren. Danach geht es dann auch gleich für mich weiter.

Ich muss zurück zum Wohnmobil, denn im fünf Kilometer entfernten Nachbarort gibt es ein Museum, das in der Region sehr bekannt ist. Es wäre ein Frevel, es nicht besucht zu haben. Sagen wir mal, es handele sich um ein Museum über Bilderrahmen. Gezeigt wird eine Sammlung von 100 Bilderrahmen aus verschiedenen Epochen. Das Highlight sei ein Holzrahmen, der im 17. Jahrhundert in Hinterwaldenwinkel an der Wand eines örtlichen Künstlers hing. Das mag manche Menschen interessieren und vor allen Dingen in der Bilderrahmen-Szene quasi ein Pilgerort sein. Doch mich persönlich interessiert das Thema aber vielleicht gar nicht. Egal, ich muss trotzdem hin.  Das gehört zum Job.

Die Auffahrt hätte man sich sparen können
Die Auffahrt hätte man sich sparen können

Zum Job gehört es auch, das Museum zu betreten und mir den Hinterwaldenwinkeler Holzbildrahmen anzuschauen. Entweder zahle ich weitere 8 Euro Eintritt oder es wird mein Presseausweis akzeptiert, damit ich mir einen Eindruck von dem Museum machen kann. Letzteres kommt nicht immer vor, so dass ich also Eintritt für ein Museum bezahle, dass ich unter Zeitdruck und mit wenig persönlichem Interesse durchquere.

Privilegen sind nett, halten aber manchmal von der eigentlichen Arbeit ab

Manchmal kommt es aber auch vor, dass ich dann spontan zu einem Gespräch eingeladen werde. Das ist immer sehr nett und aufmerksam. So erfahre ich natürlich alles, wirklich alles über das Museum und über jeden einzelnen Bilderrahmen. Doch der Platz im Reiseführer ist beschränkt und ich kann leider nur eine Zusammenfassung schreiben. Und die Kehrseite dieses wirklich informativen und netten Gesprächs ist, dass mir die Zeit davon rennt. Mittlerweile ist es halb zwei und ich muss weiter.

Das Mittelmeer gibt es bestimmt auch in schön
Das Mittelmeer gibt es bestimmt auch in schön

Gleich neben dem Bilderrahmen-Museum ist ein Bäckerei, in der ich schnell ein paar Brötchen für den Abend und für den nächsten Morgen einkaufe. Die nächsten drei Stopps sind eigentlich schnell gemacht. Geplant war es, die Landschaft auf Bildern festzuhalten. Dafür hatte ich im Vorfeld einen Stopp an einem Fluss, an einer kleinen Kapelle und an einem netten Aussichtspunkt ausgesucht. Doch während meines Besuchs im Bilderrahmen-Museum zog sich der Himmel leider mit dicken grauen Wolken zu. Das Licht ist weg und der Fluss wirkt leider farblos. An der Kapelle fängt es an zu tropfen und spätestens beim Aussichtspunkt brauche ich die Kamera gar nicht mehr aus dem Rucksack zu holen. Die zehn Kilometer Fahrt zwischen Kapelle und Aussichtspunkt waren definitiv umsonst. Ganz im Gegenteil, sie kosteten mich Zeit und Geld.

Gutes Wetter ist so wichtig

Auf dem Programm steht als nächstes ein Campingplatz. Er bietet etwas ganz Besonderes und darüber brauche ich ein paar Informationen aus erster Hand sowie ein aussagekräftiges Bild. Dummerweise liegt er nicht direkt an meiner Strecke, sondern erfordert einen 25 Kilometer langen Umweg. Es ist 16 Uhr, als ich dort ankomme und den Platzbetreiber sprechen kann. Ich muss auf ihn warten, weil er gerade mit seinen Gästen spricht. Ich habe vollstes Verständnis, bin aber trotzdem unruhig. Denn das Wetter wird wieder besser und ich könnte noch woanders ein paar Bilder machen.

Aufstieg in den Nebel - Aussicht gleich Null
Aufstieg in den Nebel – Aussicht gleich Null

Der Platzchef nimmt mich gerne mit auf sein Gelände und führt mich ausgiebig herum. Er meint es gut und zeigt mir so ziemlich alles, was der Platz zu bieten hat. Ich kann das ja verstehen, aber trotzdem muss ich das Hauptaugenmerk auf die Besonderheit des Platzes richten. Außerdem muss ich ihn enttäuschen. Denn ich werde heute kein zahlender Gast bei ihm sein. Um kurz nach halb fünf habe ich noch Zeit, meine Tabelle ein Stück weit abzuarbeiten.

Der Arbeitstag zieht sich bis weit in den Abend hinein

Um 17.30 Uhr erreiche ich noch einen Aussichtsturm, den ich schnell erklimme und der mir ein paar schöne Aufnahmen ermöglicht und gegen 18 Uhr schaue ich mir noch ein Denkmal an, dass an die glorreiche Zeit der Region erinnert, als Bilderrahmen-Künstler sich gegen die Herrschaft aus dem heutigen Nachbarland auflehnten. Zu sehen ist eine zwei Meter hohe Steinskulptur in Form eines runden Pfeils. Den Zusammenhang mit dem Aufstand und mit den Bilderrahmen verstehe ich gerade nicht. Aber diese Skulptur sei für die Region von großer Bedeutung. So sagte man es mir im Bilderrahmen-Museum. Also folgte ich diesem Hinweis und wundere mich nun über die Wichtigkeit. Die ach so wichtige Skulptur ist mit Graffiti verschmiert und von Müll im hohen, ungepflegten Gras umgeben. Den Abstecher hätte ich mir, mal wieder, sparen können.

Und abends findet man keinen Platz
Und abends findet man keinen Platz

Es wird Zeit, an eine Übernachtung zu denken. Der Idealfall wäre ein Wohnmobilstellplatz auf dem Weg zum nächsten Fotostopp. In diesem Fall handelt es sich wieder um eine kleine Altstadt und siehe da, es gibt sogar einen Stellplatz. Bei der Ankunft gegen 18.30 Uhr stellt sich aber heraus, dass der Platz komplett belegt ist. Schade. Doch es gibt einen weiteren Platz, nur zwei Kilometer Fußweg von der Altstadt entfernt, am anderen Ende der Stadt. Um 19 Uhr steht das Wohnmobil auf einer Parzelle und da die Abendsonne doch noch ihr Antlitz zeigt, schnappe ich mir wieder meinen Rucksack und starte zum gut zwanzigminütigen Fußmarsch in das kleine Städtchen. Um 21 Uhr bin ich wieder zurück am Fahrzeug und habe Feierabend. Fast. Denn während ich jetzt endlich meine Brötchen esse, beantworte ich noch E-Mails und schaue mir an, was mich am nächsten Tag an Wetterprognose und Fotostopps erwartet.

Völlig durchnässt für ein schlechtes Foto
Völlig durchnässt für ein schlechtes Foto

Es war ein ganz normaler Reisetag, der ganz im Zeichen meiner Arbeit stand. Ich habe Orte besichtigt, die mich nicht interessieren. Ich habe Fotos gemacht, von denen ein Teil unbrauchbar ist und ich habe Kosten gehabt, von denen ich noch gar nicht weiß, ob sie sich rentieren. Außerdem habe ich an so einem durchschnittlichen Tag 200 bis 300 km mit dem Wohnmobil zurückgelegt und war zu Fuß knapp 18 km (ca. 25.000 Schritte) unterwegs. Für den einen oder anderen mag das Jammern auf hohem Niveau sein. Denn es gibt Arbeiten, die definitiv schlimmer sind. Aber darum geht es in diesem Beitrag ja nicht. Es geht schlicht um das Grundsätzliche: Dass es überhaupt eine Arbeit ist. Es ist kein Urlaub.

 

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