Peace Wall in Belfast

Bald ist Bundestagswahl und deswegen geht es im heutigen Beitrag nicht nur geografisch, sondern auch ein wenig politisch zu. Hat aber nichts mit dem Deutschen Bundestag zu tun. Ich war nämlich in Belfast an der sogenannten Peace Wall. Belfast, IRA, Protestanten und Katholiken – das sind Schlagwörter, die mich während meiner Kindheit ständig begleiteten, wenn in den 80er Jahren die Nachrichten im Fernsehen liefen.

Damals konnte ich wenig damit anfangen. Ab und zu explodierte mal eine Bombe – aber warum? Ich habe den Konflikt damals nicht sonderlich verstanden. Tja, und nun war ich in Belfast und schaute mit die sogenannte Peace Wall an. Wer jetzt glaubt, ich hätte den Nordirland-Konflikt besser verstanden, der täuscht sich.

Zugegeben, vielleicht habe ich mittlerweile den Konflikt oder den Auslöser oder die Geschichte einigermaßen verstanden. Aber ich werde wohl nie verstehen, wie die Menschen dort miteinander umgehen. Und ich werde auch nie verstehen, wie die Menschen dort so leben können. Daher halte ich mich mit politischen Äußerungen zu diesem Thema zurück und stelle einfach nur das Bauwerk vor.

Die Peace Wall ist eine Mauer, die mit der einstigen Berliner Mauer auf keinen Fall zu vergleichen ist. Die Berliner Mauer hat eine klare Grenze gesetzt. Und vor allem Dingen war sie eine einzige, gerade Mauer, die nicht überwunden werden konnte. Die Peace Wall besteht hingegen aus mehreren einzelnen Mauern.

Man geht an der Mauer entlang und plötzlich hört sie nämlich auf. Dann guckt man um die Ecke, wechselt die Seite und geht auf der anderen Seite an der Mauer wieder zurück. Drei Straßen weiter findet sich dann wieder ein anderes Stück Mauer und teilt die dortige Nachbarschaft in zwei verfeindete Lager. Zwischendurch gibt es mal Tore, durch die man hindurch gehen oder fahren kann und es ist nicht ganz klar, ob die Tore auch mal geschlossen werden und wenn ja, wer das eigentlich macht. Als Außenstehender ist so vieles nicht zu verstehen. So weiß man zum Beispiel nicht eindeutig, auf welcher Seite der Peace Wall man eigentlich steht. Ist man nun bei den Katholiken oder bei den Protestanten? Vielleicht kann man es an den pro-irischen oder eben an den pro-britischen Graffiti erahnen. Aber die gibt es, ganz im Gegenteil zur Berliner Mauer, eben auf beiden Seiten.

Doch der eklatanteste Unterschied zur Berliner Mauer ist die Höhe. Gegen die Peace Wall ist die Berliner Mauer nur ein kleiner Gartenzaun – zumindest, was die bauliche Höhe angeht. Mancherorts besteht die sogenannte Friedensmauer aus drei Elementen. Unten steht eine Betonwand, darüber kommt ein Bretterzaun und obenauf befindet sich noch ein Gitterzaun. Insgesamt kommt die Peace Wall so auf eine Höhe von bis zu 8 Metern. Übrigens: Im Zentrum von Belfast spürt man nichts von einer Teilung. Dort stehen Peter aus dem Lager der Protestanten und sein Nachbar Marc aus dem Lager der Katholiken zusammen an der Supermarktkasse. Und an den Docks im Nordosten von Belfast besuchen sie beide gleichzeitig die Titanic-Ausstellung.

Lediglich in den Viertel rund um die Peace Wall fühlt man sich nicht wohl. Erst recht nicht, wenn man an rivalisierenden Gruppen vorbei fährt, die stolz die Flaggen terroristischer Vereinigungen wie der Ulster Defence Association schwingen. Wenige Stunden, nachdem diese Bilder entstanden, kam es mal wieder zu Ausschreitungen in Belfast. Mehr Eindrücke und Reiseinformationen gibt es im ausführlichen Reisebericht „Mit dem Wohnmobil nach Irland und Nordirland„.

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