Mit dem Wohnmobil zum Nordkapp – Teil 2

Voll wird es am Nordkapp sein, dort tummeln sich alle – so wurde es uns von mehreren Leuten angekündigt. Doch wie ich schon im ersten Teil der Nordkappreise beschrieb: Der Parkplatz war nicht bedeutend voller als an einer mittelgroßen Sehenswürdigkeit. Ich habe deutlich mehr Wohnmobile und Reisende erwartet. Am legendären Globus konnte man problemlos Fotos schießen, ohne dass andere Touristen abgebildet waren. Und wenn doch, dann hat ein Jeder höflich gewartet, bis der andere mit seinem Bild fertig war. So ging es den ganzen Tag, doch dann kam der Abend und alles wurde anders..

Nachdem wir mehr als einmal die Aussicht von der steilen Felskante auf das Polarmeer genossen, schlenderten wir durch die Nordkapphalle. Wir beäugten die Andenken im Souvenirshop und ließen – zugegebenermaßen – auch Geld dort. Wir begaben uns in das Untergeschoss, wo sich eine Dokumentation über die Schlacht des Zweiten Weltkriegs im Polarmeer befand. Außerdem schauten wir uns den wirklich sehr schönen Film über das Nordkapp im kleinen Kino an. Und wir genossen die kleine halbdunkle Kapelle, in der mystische Musik leise aus den Lautsprechern ertönte. Ich sag’s ja, es wirkte wir ein Pilgerort.

Alle ankommenden Reisenden sind froh und glücklich, ihr Ziel erreicht zu haben. Was das Cap Finisterre bei Santiago de Compostel für den Jakobspilger ist, ist für den Nordlandfahrer das Nordkapp – nur eben ohne den religiösen Aspekt. Abends tauchte denn plötzlich ein Reisebus auf. Und ein zweiter. Und ein Dritter. Und es wurde voll, sowohl in der Nordkapphalle als auch am Globus. Es handelte sich um Passagiere der MS Deutschland, die im nahe gelegenen Honningsvåg vor Anker lag, und die mit Reisebussen hergebracht wurden. Es erinnerte mich sehr an den Aufenthalt im Geirangerfjord, aber es war eine so schöne entspannte Stimmung.

Touristen liefen mit einer Elchmütze auf dem Kopf über den Platz und bei einem älteren, irgendwie niedlich wirkendem Pärchen versuchte der Ehegatte seine Holde vor dem Globus abzulichten. Mir tat es irgendwie leid anzusehen, wie er von seiner Frau ein Foto von dem Höhepunkt ihrer Reise macht, aber von sich keines haben würde. Also bin ich zu ihm hin, nahm ihm die Kamera aus der Hand und stellte den älteren Herrn neben seine Gattin. Beide waren so glücklich darüber, dass es mir auch eine Freude war, das gemacht zu haben.

Kurz nach Mitternacht wurde es wieder ruhiger. Die Passagiere wurden nach zwei Stunden Aufenthalt wieder zu ihrem Schiff gebracht und die wenigen anderen Touristen waren wieder unter sich. Die meisten von ihnen lagen schon in ihrem Wohnmobil, denn eine Mitternachtssonne gab es an dem Tag nicht mehr. Hell war es allerdings trotzdem. Die Sonne ist ja gerade erst untergegangen und wird in wenigen Minuten wieder über dem Horizont erscheinen.

Und dann kam endlich meine große Stunde. Ich kontaktierte bereits vor der Reise die Nordkapphalle, weil ich als Reisebuchautor ein Foto von einem Wohnmobil neben dem Globus benötigte. Dieses wurde mir erlaubt, allerdings erst, wenn die Nordkapphalle ihre Pforten schließt. Und das macht sie des Nachts um 1. Während also fast alle Menschen in ihren Autos schliefen, startete ich den Motor, fuhr zur Schranke und legte meine Erlaubnis vor. Die Schranke wurde geöffnet und ich genoss eines der wenigen Privilegien, die man in meinem Job hat.

Einige Nachteulen, die noch wach waren, schauten zwar etwas seltsam und ich hörte beim Vorbeifahren auch Sätze wie: „Hat der sich mit dem Parkplatz vertan?“. Aber ich platzierte den Wagen vor der aufgehenden Sonne direkt neben dem Globus. Und jetzt, das muss man sich mal vorstellen, steht der Wagen keine fünf Minuten dort, da stellt sich tatsächlich eine Frau drei Zentimeter vor die Motorhaube und schaut stur auf das Auto. Als ob das Auto nun vor ihrem bösen Blick zurückweichen würde. Währenddessen stand ich da mit meinem Stativ und der Kamera und wartete höflich, bis die Dame sich aus dem Bild bewegte. Plötzlich fing sie an zu schreien und zu schimpfen und ich befürchtete schon, dass sie den Dreieinhalbtonner gleich die Klippe herunterschubsen würde. Also versuchte ich ihr klar zu machen, dass ich eine Erlaubnis habe, mit dem Auto jetzt und hier stehen zu dürfen. Doch sie war weiterhin aufgebracht und schimpfte, dass sie so gerne den Globus sehen wollte. Mein Einwand, dass sie das in zwei Minuten wieder machen kann und dass sie das schon seit Stunden hätte machen können, ließ sie zwar nicht gelten, ging aber endlich aus dem Bild.

Schon verrückt, da glaubt man den ganzen Tag, dass es dort oben so friedlich ist und das Nordkapp eine gewisse Ruhe ausstrahlt und dann steht man nachts um viertel nach 1 am Rande von Europa und muss sich von einer fremden Frau anschreien lassen. Das sind dann die Momente, in denen ich mich frage, warum ich immer wieder in solche Situationen gerate 😉

Wie auch immer, das Foto wurde gemacht und später habe ich im Archiv der Nordkapphallen-Webcam gesehen, dass dort meine Fahrt zurück zum Parkplatz auch fotografiert wurde. Was gibt es noch zum Nordkapp zu sagen? Ach ja, das Nordkapp ist natürlich nicht der nördlichste Punkt Europas, den man erreichen kann. Doch um diesen zu erreichen, muss man ein wenig wandern. Dazu aber mehr im dritten und letzten Teil.

Hier geht es zum gesamten Bericht der Reise mit dem Wohnmobil zum Nordkap.

1 Kommentar zu „Mit dem Wohnmobil zum Nordkapp – Teil 2“

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