Moin,
ich war gerade mit meinen Teenager-Jungs ein paar Tage in Shanghai - mit dem Gaotie 高铁, dem chinesischen Superschnellzug. Mit bis zu 350 Sachen sind wir die 1200 Kilometer nach Süden gesaust - hat sich auf den bequemen, verstellbaren Sitzen in der 2. Klasse aber nicht so angefühlt. Günstiger und schneller als ICE, pünktlich, sauber, funktionierende Klimaanlage, Speisewagen plus Speisetrolley. Und: in Nanjing gab es Häagen-Dasz, wenn auch für 30 RMB das kleine Becherchen... Zwei Zwischenhalte: in Jinan und in Nanjing. Um 9 Uhr Abfahrt in Peking-Süd, Ankunft in Shanghai-Hongqiao um 13:28.
Auch wenn es in den Bahnhofshallen sehr wuselig und sehr voll ist: China setzt auf Sicherheit. Das beginnt mit Sicherheitschecks schon beim Betreten des Bahnhofs, sämtliche Taschen und Koffer werden durchleuchtet, jeder muss durch den Scanner. Und bevor es dann in die eigentliche Bahnhofshalle geht, werden Tickets und Pass/ID-Card kontrolliert.
Auf der zentralen riesigen Anzeigetafel wird nicht ein einziger Zug als verspätet angezeigt.
Man muss oben in der Halle warten, die Treppen hinunter zu den Bahnsteigen sind geschlossen - bis es Zeit für das Boarding ist. Tickets und ID-Cards/Pässe werden kontrolliert. Unten steht der Zug schon abfahrtsbereit (ok, das wird an den Durchgangsstationen möglicherweise anders sein). Auf den Fahrkarten sind Wagennummer und Sitzplatz vermerkt (man kauft ein Ticket, nicht Fahrkarte plus Platzreservierung), auf dem Bahnsteig ist alles gut ausgeschildert, so dass man schnell seinen Wagen finden kann.
Zweite Klasse Wagen im Gaotie sind Großraumwagen. 5 Sitze in einer Reihe, A, B, C auf der einen Seite vom breiten Mittelgang, D und E auf der anderen. Alle (!) in Fahrtrichtung. Die Sitze sind zwar fast so schmal wie im Flugzeug, aber der Abstand nach vorne ist größer. Auch kann man die Rückenlehne etwas weiter nach hinten stellen. An jeder Rückenlehne der vorderen Reihe ist ein Klapptisch angebracht. Kein Anschnallen nötig und auch nicht möglich.
Durch den Zug wuselt viel Personal: 2 Putzfrauen, die abwechseln feudeln und Müll einsammeln kommen. Die Toiletten sind bis zur Endstation sauber und haben sogar ausreichend Klopapier (in China durchaus bemerkenswert).
Ein Trolley mit Getränken und kleinen Snacks. Mittags und abends gibt es auch zwei warme Gerichte zur Auswahl. Die Preise sind ok. Wer will, kann aber auch zum Speisewagen gehen. Wenn man besser chinesisch lesen kann als ich, könnte man auch über die gängigen chinesischen Apps Essen zum nächsten Bahnhof bestellen – man muss nur Wagennummer und Sitzplatz angeben. Kurz nachdem der Zug den Bahnhof verlassen hat, kommt wieder Zugpersonal durch den Wagen und bringt das bestellte Essen. Vielleicht hat man sich aber auch vorher am Bahnhof an den zahlreich vorhandenen Shops und Restaurants schon mit Proviant eingedeckt.
Sämtliche Durchsagen werden zunächst auf Chinesisch, dann auf Englisch gemacht. Eine Anzeigetafel informiert darüber, wie schnell der Zug aktuell fährt. An der Decke hängen mehrere Monitore, die chinesische Unterhaltungsfilmchen und Werbung bringen. Zwischen den Sitzen gibt es USB- und Stromanschlüsse.
Und draußen, da saust China an einem vorbei. Vergeblich halte ich nach der Marco-Polo-Brücke Ausschau, man kann von der Brücke zwar die Bahnlinie sehen, aber umgekehrt ist mir das nicht gelungen – vielleicht haben wir auch auf der falschen Seite gesessen.
Nach wenigem Minuten wird es ländlicher, der Zug wird schneller und erreicht das erste Mal die 340 km/h. 350 km/h fahren wir erst ab Nanjing bis wir die ersten Ausläufer von Shanghai erreichen.
Hinter Peking ist es erstmal recht flach und eintönig. Ab und zu rasen wir an den typischen chinesischen Hochhaussiedlungen mitten im Nirgendwo vorbei. Von jetzt auf gleich sind wir in den Bergen, durchfahren viele Tunnel. Auf den Bergen Pagoden. Jetzt sieht es wirklich sehr chinesisch aus. Die Berge sind mal höher, mal niedriger. Bei Nanjing überqueren wir den Yangtse – ich finde das schon sehr beeindruckend. Jetzt ist es flach, höchstens leicht hügelig. Schon lange ist die Landschaft viel grüner als bei Peking, es ist deutlich zu sehen, dass es hier feuchter ist – nicht nur die Flüsse, Seen, sondern auch das Klima selbst.
Wir bremsen ab, fahren durch eine Kurve – sind da in der Ferne die Skyscraper Pudongs zu erkennen? Schon fahren wir in den Bahnhof ein und sind da.
Die Rückfahrt verläuft fast genauso. Alles was für den Bahnhof Beijing Nan (Süd) gilt, gilt ebenso für Shanghai Hongqiao - von den Sicherheitskontrollen, über die große Anzeigetafel, das Boarding, die vielen Shops. Nur: Hongqiao ist noch größer!
Wer mehr über unseren Shanghaiaufenthalt lesen will und ein paar mehr Bilder gucken mag: https://ombidombi.de/zu-besuch-in-shanghai/
Von der Zugfahrt habe ich nur zwei brauchbare kümmerliche Handyfotos, Bahnhof Shanghai Hongqiao und im G4 von Shanghai nach Peking:
LG Lin