Vergleich zwischen Großstadt und Dorfleben

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  • Ich wollte euch nach einem Dreivierteljahr mal einen Erfahrungsbericht hinterlassen, wie ich mich mittlerweile in Nordkirchen eingelebt habe. Zuletzt hatte ich im Thread "Der Admin macht Pause" ein wenig erzählt, wie es mit dem Umzug und meinem damaligen Unfall gelaufen ist. Der Thread hat jetzt keine Bedeutung mehr, die Pause ist ja schon länger vorbei. Der Finger ist übrigens mittlerweile relativ gut verheilt. Es fehlt weniger als ursprünglich befürchtet. Aber es fehlt halt etwas. Trotzdem, es gibt einen Fingernagel, der zwar etwas anders wächst, aber ich kann wieder alles machen. Es ist zwar immer noch ein seltsames Gefühl, vor allen Dingen beim Tippen und vorhin habe ich mir den Finger eigentlich relativ harmlos gestoßen, tat aber sauweh.

    Egal, ich wollte über meine Erfahrungen über den Umzug von der Stadt aufs Land berichten:

    Schon sehr früh waren wir hier wirklich happy und fühlten uns sofort gut aufgehoben. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu unseren einzigen Nachbarn, die gleichzeitig unsere Vermieter sind. Und wir können von unserer Dachterrasse ausnahmslos nur ins Grüne schauen. Gut, in der Ferne sehen wir einen Bauernhof. Das war es aber auch schon. Na gut, 200 Meter sind es. Habe gerade mal bei Googlemaps gemessen. Aber ansonsten nur Felder und Wälder.

    Schon im letzten Sommer haben wir gemerkt, dass wir dadurch nun mit einer ganz neuen Besonderheit leben müssen: Fliegen. Es dauerte nur zwei Tage und wir hatten Fliegengitter an allen Fenstern. Das waren wir aus der Stadt nicht gewohnt.

    Eine andere Besonderheit ist das Geschehen vor dem Fenster. In der Stadt hat man immer wieder etwas zu sehen gehabt, obwohl es sich nur um eine kleine Seitenstraße handelte. Hier blicken wir voller Interesse auf die riesigen Landmaschinen. Ist schon was anderes als der Smart vom Nachbarn in der Stadt ;) Im Februar mussten wir schmunzeln, als ein paar Männer mit Traktoren vor auf dem Feld vor unserem Fenster damit begannen, Strohballen aufzustellen. Daraus wurde ein Feuerwehrmann aus Strohballen, weil der Nachbar im Haus nebenan als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Geburtstag feierte. Solche Strohfiguren haben wir natürlich schon oft irgendwo gesehen. Aber wir wurden noch nie Zeuge davon, wie die Dinger aufgebaut werden. War eine neue und interessante Erfahrung.

    Mittlerweile sind wir hier soweit angekommen, dass wir aufhorchen, wenn irgendwo ein Rettungsfahrzeug zu hören ist. In Essen war das normal. Quasi im Stundentakt hat man Polizei oder Rettungswagen gehört und zum Teil gar nicht wahrgenommen. Hier ist das anders und da fällt es auf, wenn so ein Fahrzeug sich nähert.

    Überhaupt ist der Verkehr ein riesiger Unterschied. Das ist natürlich nichts Neues, aber wenn man es so deutlich erlebt, dann ist das schon eine sehr erfreuliche Sache (zumindest für uns). Denn einerseits ist es logischerweise viel ruhiger, aber auch die Strecken sind deutlich angenehmer zu fahren. Ich lege hier Strecken zum Einkaufen, zum Wertstoffhof, zum Stellplatz oder sonstwohin und habe keine einzige Ampel unterwegs. Die Strecken sind meist viel länger als in der Stadt oder zumindest vergleichbar lang. Aber dennoch bin ich viel früher und auch entspannter am Zielort. Mir war es nicht bewusst, wie sehr mich rote Ampeln nerven und wie viel Zeit sie rauben. Alleine dass die Ampeln weitgehend weggefallen sind, ist schon ein enormer Gewinn an Lebensqualität.

    Aber seit dem letzten Wochenende haben wir nun auch einen Fahrradständer vor dem Haus und es ist jetzt eine Sache von wenigen Sekunden, aufs Rad zu steigen und direkt auf Radwegen und landwirtschaftlichen Nutzwegen durch die Landschaft zu radeln. Ein Traum. In Essen war ich immer auf dem Radschnellweg unterwegs oder an der Ruhr. Nett, aber eben auch eintönig. Und das war dann Radeln zum Spaß. Hier kann ich jetzt radeln und dabei Dinge erledigen. Genau 14 Minuten brauche ich zum Beispiel von Zuhause bis zum Stellplatz. Ebenfalls 14 Minuten sind es bis zu meinen Eltern. In Essen bin ich ein einziges Mal zu meinen Eltern geradelt. Bin ja nicht lebensmüde. Hier kann ich das jetzt mehrmals am Tag machen und habe mit dem Autoverkehr absolut nichts am Hut.

    Es sind nicht viele überraschende Sachen, die ich hier erzähle. Aber wenn man das so über die Monate spürt und selber feststellt, dann ist das schon irgendwie etwas Besonderes. Wir bereuen also absolut nichts und es zieht uns definitiv nicht mehr in die Großstadt, egal in welche (okay, Manhattan würde mir wohl gefallen. Aber das ist dann eben das andere Extrem).

    In diesem Jahr musste ich zwei Mal in Essen etwas erledigen und ich war heilfroh, als ich von dort wieder weg konnte. Jetzt sieht man alles mit ganz anderen Augen.

    Aber das Schönste ist halt eben, dass ich jetzt radeln kann, wann immer ich will. Gleich nachdem der Fahrradständer stand, sind wir mal eben zum Schloss Westerwinkel geradelt, dass wir bis dato aus zeitlichen Gründen nicht besucht hatten. Sonntag, Montag und gestern fuhren wir dann mit dem Rad zum Stellplatz und es war einfach nur schön, das machen zu können. Heute hatte ich Sachen zu transportieren, aber morgen werde ich wieder zum Platz radeln. :)

  • Moin Michael —

    und da ist noch etwas, was uns bei und nach unserem Umzug von Dortmund in eine nordfriesische Kleinstadt verwunderte: Alle Termine, die wir bei irgendwelchen Ämtern brauchten, bot uns die Online-Reservierung spätestens am übernächsten Arbeitstag an. Als jetzt mein Personalausweis ablief, konnte ich den Termin für die Beantragung eines neuen am Freitagmorgen schon für den dann folgenden Montag buchen. Und wenn man dann kam, kam man ohne Wartezeit sofort dran — und es war auch noch etwas Zeit zum Plaudern ("Ach, sie sind kürzlich erst zugezogen? Wie gefällte es denn Ihnen hier? Kennen Sie eigentlich …" usw. usf.)

    Schöne Grüße aus der Provinz

    Jürgen

  • @Michael und Schimmelrieder:

    ich habe es genau anders herum gemacht- vom Dorf in die Stadt :) .

    Den überwiegenden Teil meines Lebens verbrachte ich auf dem Dorf , zunächst im Köln/Bonner Raum, dann in der Lüneburger Heide. Wobei "dörflich" im Rheinland etwas ganz anderes ist als in Niedersachsen ...Zonenrandgebiet damals .......

    Nachdem die Kinder gross waren genoss ich den Umzug in die zweitgrösste Stadt Niedersachsens- die Wege zu Kunst und Kultur waren so herrlich nah, der Weg zum Arbeitsplatz ebenso. Durch veränderte Lebensumstände verschlug es mich dann in eine nette Kleinstadt zwischen Hamburg und Hannover:

    gute Infrastruktur, ruhig ,da direkt an einem grossen Waldgebiet mit kl. See gelegen. Mit dem Rad brauche ich 12 Minuten bis in die Innenstadt,


    Inzwischen pensioniert geniesse ich nun die Vorzüge der Stadt und des Landlebens- ideal!

    Vaette…….. liten och grå , smyger in din vrå

  • Alle Termine, die wir bei irgendwelchen Ämtern brauchten

    Oh ja, und auch der Dienstweg auf dem Land scheint oftmals sehr viel kürzer zu sein. Ein weiterer Aspekt, den ich sehr zu schätzen weiß.

    die Wege zu Kunst und Kultur waren so herrlich nah,

    Solche Dinge flossen in unsere Überlegung über den Umzug natürlich auch mit ein.

    Das Ergebnis war:

    - Die Innenstadt besuchten wir das letzte Mal lange vor Corona (es fehlt ihr ohnehin mittlerweile deutlich an Attraktivität). Einkäufe werden ohnehin fast nur noch online getätigt.

    - Kinobesuche kamen zuletzt alle zwei bis drei Jahre mal vor. Wenn der Bedarf besteht, wäre es aber nicht weit zum nächsten Kino.

    - Restaurantbesuche ebenfalls sehr selten. Interessanterweise waren wir hier schon öfter essen als in der Großstadt.

    - die Kultur bzw. Veranstaltungen in Essen und Umgebung kannten wir (auch wegen meiner Arbeit) in- und auswendig. Und daran mangelt es hier auch nicht. Am vergangenen Wochenende fand hier der Hollandmarkt statt. Meine Frau und meine Mutter waren bereits bei einer Theatervorführung und ab übernächster Woche sind bis Oktober die Alltagsmenschen in Nordkirchen.

    Herausgekommen ist dann ein "was würden wir eigentlich in Essen vermissen"? Und da blieb nicht wirklich viel. Eigentlich nichts...

  • Michael Moll und alle Mitschreiber

    so erging es mir vor 15 Jahren auch als ich in die Berge zog und erlebe es sehr ähnlich wie Du seit dem.

    Ausser das Radfahren ist hier sehr anstrengend Bergauf und auch nicht ganz ungefählich vor allem Bergab und mache es nicht so oft.

    Vorher habe ich in einem Dorf in Stadtnähe und Flughafen Zürich gewohnt und mein Sohn wohnt heute in dieser Wohnung und so kann ich gut vergleichen was den Lärmpegel betrifft und da ist es am Tag schon sehr unruhig. In der Nacht ist es auch sehr ruhig und wir hatten noch den Greifensee vor der Nase und mit dem Rad, Inlinern oder Nordicwalken Ideal gelegen.

    Was die Lebensqualität betrifft hatte ich die letzten 50ig Jahre immer schöne Orte zum Leben und bin jeden Tag dankbar dafür :)

    Wenn ich Kultur und Soziale Kontakte pflegen will bin ich schnell überall und fahre gerne wieder nach Hause und es fehlt mir an nichts.

    Ich habe diese Saison (Dezember bis jetzt) meinen 45. Tag am Berg mit Skifahren und Höhenwandern verbracht und bald geht die Womosaison los und werden unterwegs sein.

  • Ich bin in Hannover geboren und bis auf die zeitweilige Auswanderung in die USA, habe ich immer hier in der Region gewohnt. Mal in der Stadt, mal in einer Kleinstadt (15.000 Einwohner südwestlich), mal nördlich in einem Vorort.

    Vor einiger Zeit stand die Überlegung an, auf ein Dorf (1.400 Einwohner) nahe Duderstadt zu ziehen.

    Mein Schwager war verstorben und wir dachten zur Schwägerin in das Zwei-Familien-Haus zu ziehen. Aus Kostengründen hauptsächlich, weil wir ja jetzt als Rentner sehr viel mit dem Wohnmobil unterwegs sein wollen.

    Aber dann bekamen wir mit, wie das so auf einem Dorf laufen kann.

    Mein Schwager war noch nicht beerdigt, da standen schon die ersten Aussagen im Raum

    • kann die sich das große Haus überhaupt noch leisten?
    • Angebote zum Kauf des Hauses wurden unterbreitet
    • und weitere, sehr unsensible Aussagen gab es auch

    Das muss man mögen und aushalten, wenn man dort wohnt.

    Nein Danke, da ziehe ich die Anonymität der Großstadt vor.

    Wir haben hier im Haus zwölf Parteien und zu zweien davon einen sehr guten Kontakt. Während unserer Anwesenheiten wird die Wohnung betreut, die Post entgegengenommen und im Fall der Fälle werden wir informiert.

    Wir sind wohl doch eher echte Stadtmenschen!

    Gruß
    Michael und Britta

    Touristen wissen nicht, wo sie waren, Reisende wissen nicht, wohin sie gehen. - Paul Theroux

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