Da wir ja jetzt hier über eine Transatlantikreise reden, beziehe ich das jetzt mal ein wenig auf mich. Zunächst will ich dann aber mal festhalten, dass wir dann nicht von Kreuzfahrt (Cruise) reden, sondern von einer Überfahrt (Crossing). Diesen Unterschied will ich ein wenig hervorheben, weil der einzige Transatlantikliner (Queen Mary 2) sich baulich von einem klassischen Kreuzfahrtschiff unterscheidet und extra für diese Überfahrten gebaut wurde. Es wird an Bord auch nicht verschwiegen, dass es sich eigentlich um eine Fähre handelt. Zwar ohne Fahrzeuge an Bord, aber eben ein Schiff, das überwiegend im Pendelverkehr unterwegs ist. Und daher sehe ich das als reines Transportmittel, so wie du ja auch klar stellst, hin und wieder mit einer Fähre unterwegs zu sein. Im umgekehrten Fall sehe ich persönlich übrigens auch eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn nicht als Erlebnis, sondern als Transportmittel, das mich nach Asien befördert.
Stimmt, so wie auch Züge und Busse fahren, allerdings etwas umweltfreundlicher
Nur komme ich mit einem Zug oder einem Bus nicht von Eurasien runter. Da bleiben also nur die Möglichkeiten Flugzeug oder Schiff.
Kreuzfahrtschiff Hamburg-New York 2.700 kg CO² pro Kopf.
Ich weiß nicht, wo du jetzt diese Zahl her hast. Aber wenn ich deinem obigen Link folge, dann komme ich auf 1.644 kg pro Person für eine Atlantiküberquerung. Sollten deine 1.300 kg für den Flug jedoch richtig sein, dann ist der Unterschied zwischen diesen beiden Transportmitteln nicht ansatzweise so hoch wie angegeben.
Und was bei deiner Gegenüberstellung fehlt, ist der Faktor Zeit. Wenn wir von acht Stunden Flugzeit ausgehen und von einer sechstägigen Überfahrt mit dem Schiff, dann sollten wir fairnesshalber auch den Verbrauch pro Stunde ins Spiel bringen:
Flugdauer: 8 Stunden (1.300 kg / 8 h = 162,5 kg pro Stunde)
Schiffsreise: 144 Stunden (1.644 kg / 144 h = 11,4 kg pro Stunde)
Und in der Schiffsreise ist eben nicht nur der reine Transport enthalten, sondern auch das Leben inkl. Verpflegung.
Was ich damit sagen will, ist, dass man im Vergleich zum Schiff nach dem Flug noch weitere 5 Tage und 16 Stunden Emissionen produziert. Während also Person A sechs Tage auf dem Schiff hockt und nicht mehr als diese 1.644 kg CO² produziert, verursacht Person B nach dem Flug im gleichen Zeitraum weitere Emissionen. Innerhalb New Yorks, um mal bei dem Beispiel zu bleiben, wird das jetzt als Tourist nicht so dramatisch viel sein. Trotzdem muss auch hier etwas addiert werden. Aber nach drei Tagen Aufenthalt in der Stadt reist der Flugpassagier weiter. Eventuell mit dem Mietwagen, weil Züge und Busse in den USA jetzt nicht so der Brüller sind. Möglicherweise aber auch mit dem nächsten Flieger. Ein Inlandsflug nach Miami zum Beispiel und zwar am fünften Tag der gesamten Reise. Da sitzt der Schiffspassagier also immer noch an Deck und produziert seine 11,4 kg pro Stunde, während der Flugpassagier möglicherweise bereits zu seinem zweiten Flug aufgebrochen ist. Da stellt sich also dann die Frage: Was ist jetzt besser?
Ich war in den letzten paar Tagen in Polen unterwegs. Heute morgen habe ich Krakau verlassen und bin jetzt wieder zuhause. Ich bin heute morgen extra etwas früher losgefahren, weil ich auf der Autobahn zwischen Krakau und Katowice den Stau vermeiden wollte. Welchen Stau gibt es dort aktuell? Den zusätzlichen Stau der Delegierten, die an der UN-Klimakonferenz in Katowice teilnehmen. Ich beschreibe mal den Irrsinn: Da sind also Menschen, die an dieser Konferenz zur Umwelt teilnehmen, aber lieber im 80 km entfernten Krakau übernachten. Klar, das Abendprogramm ist in Krakau natürlich interessanter als in Katowice.
Allerdings kriegst du in Krakau mittlerweile ohnehin schon keine Luft mehr. Nächster Irrsinn, gestern Abend an der Weichsel beobachtet: Da stehen an einer viel befahrenen Kreuzung aus Gründen der Sicherheit wegen der Klimakonferenz Polizeifahrzeuge. Es ist kalt und die Polizisten, die dort ihren Dienst tun müssen, lassen hin und wieder den Motor laufen. Wenn sie sich nicht im Auto aufwärmen, sondern draußen vor den Fahrzeugen stehen, tragen sie Smog-Masken, weil der Gestank an der Kreuzung nicht auszuhalten ist. Und gleichzeitig steht in 20 Metern Entfernung ein Mitarbeiter der Straßenreinigung und pustet mit einem benzinbetriebenen Laubpuster das Laub zusammen. Das alles ergab irgendwie ein sehr schiefes Bild.
Unabhängig davon ist Krakau aber ohnehin stark belastet und ich habe mit einigen Menschen gesprochen, die alle das gleiche sagen: Es ist nicht auszuhalten. Den Unterschied zwischen deutscher Luft und polnischer Luft spürst du schon kurz nach dem Grenzübertritt. Du kannst in Polen quasi den Feinstaub sehen. Und das ist nur eines von vielen Ländern, das nicht ansatzweise den Standard hat, den wir aus Deutschland kennen.
Die Kreuzfahrtschiffe blasen Dreck in die Luft, das ist gar keine Frage. Aber die 350-400 Kreuzfahrtschiffe weltweit sind sicherlich nicht das größte Umweltproblem auf diesem Planeten. Zudem die Reedereien ja auch mittlerweile an Verbesserungen arbeiten. Dass das nicht von heute auf morgen geht, dürfte klar sein. Die Umstellung im privaten Bereich (Pkw ohne Kat -> Pkw mit Kat) lief in den 80ern ja auch nicht von jetzt auf gleich.
Ein weiterer aktueller Irrsinn, dieses Mal aus meiner Heimatstadt hier in Essen ist die aktuell und jährlich stattfindende Motor Show. Dabei handelt es sich um die größte Tuningmesse Europas. 365.000 Besucher kamen im letzten Jahr und verstopften mit ihren Autos die Straßen und Autobahnen der Stadt, um eine Messe zum völlig sinnfreien Kfz-Tuning zu besuchen. Ich erinnere nochmal daran: Es ist dieselbe Stadt, in der man im nächsten Jahr nicht mehr mit einem Diesel oder einem älteren Benziner fahren darf. Und genau hier wird Motortuning angepriesen.
Ich sag's mal so:
Solange
- Menschen unsinnigerweise im Kreis fahren (Formel 1, DTM, Motocross, 24-Stunden-Rennen etc.)
- und dafür auch noch jede Woche einen globalen Anreiseweg pro Team in Kauf nehmen,
- befreundete Regierungschefs nicht gemeinsam zu einem G20-Treffen fliegen,
- Privatpersonen auf dem Nürburgring ihre Runden drehen (Tipp: Youtube, Stichwort Touristikfahrten Nürburgring)
- und dabei ihre funktionierenden Autos schrotten, sodass sie ein neues kaufen müssen (Tipp: Youtube, Stichwort Touristikfahrten Nürburgring Crashs)
- fußfaule Menschen ihr Auto zum Brötchenholen benutzen,
- Motorradfahrer zum bloßen Zeitvertreib durch Täler und auf Alpenpässe cruisen,
- bei zukünftigen Fußballweltmeisterschaften ganze Stadien klimatisiert werden,
- Menschen im Kollektiv am Ende des Jahres die frische Luft wegböllern,
- unnötige kilometerlange Fahrten für eine einzelne Zeitung gemacht werden,
werde ich alle Jubeljahre ein Schiff dafür benutzen, um neue Länder kennen zu lernen und zu erreichen, zu denen ich sonst schwimmen müsste.
Und um nochmal hierauf zurückzukommen:
Nun ja, aber die Flugzeuge sind deswegen trotzdem geflogen
Wir verzichten auf Autofahrten und fahren vorzugsweise öffentlich. Das ist eine echte Einsparung.
Ich finde es eigentlich schade, dass du das meinen Verzicht so lapidar abtust. Von Umweltschützern wird immer gefordert, man solle verzichten. Verzichtet man nun (aus welchen Gründen auch immer), dann heißt es also, die Dinger wären sowieso geflogen. Das heiße ich so in der Form nicht gut.