Grand Canyon auf dem Tonto Trail

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  • Nachdem ich mich nun ein paar Tage wieder einleben konnte und das Nötigste von dem, was liegen geblieben ist, geschafft habe, will ich jetzt endlich so langsam die ersten Bilder und Berichte posten. Beginnen wir doch einfach mal mit meiner zweiten Grand Canyon-Durchquerung. Die war der Hammer und es war echt grenzwertig, was wir da abgeliefert haben.

    Zur Erinnerung: 2019 wanderten wir von der Nordseite an einem Tag bis zur Südseite. Abstieg war damals der North Kaibab Trail und der Aufstieg erfolgte auf dem Bright Angel Trail. Schon damals sagten wir, dass wir den South Kaibab Trail auch mal gerne kennen lernen würden.

    Unsere Ausgangslage war nun die, dass wir auf der Südseite übernachteten, aber dieses Mal nicht so schön praktisch direkt am Canyon. Da schon alle Zimmer belegt waren, mussten wir in die nächste Ortschaft, nach Tusayan ausweichen. Das sind rund 15 Minuten An- bzw. Abfahrt.

    Da wir nun nicht einfach nur runter und wieder raufgehen wollten, sondern lieber eine Art Rundkurs bevorzugten, mussten wir uns eine Strategie überlegen. Denn wir wollten den uns unbekannten South Kaibab Trail hinunter und auf dem uns bekannten Bright Angel Trail wieder hinauf. Die Ein- und Ausstiege sind jedoch an der Canyon-Kante mehrere Kilometer voneinander entfernt. Egal, wo man also parkt, muss man oben noch viele Kilometer an der Kante entlang wandern. Das sahen wir so ein bisschen als Zeitverschwendung und so hofften wir, dass wir das mit dem Shuttle-Bus zeitlich noch hinbekommen würden.

    Im Morgengrauen standen wir also am Einstieg in den South Kaibab Trail und sahen dort eine Gruppe von Amish-People, die wir in ihrer klassischen traditionellen Kleidung für Tagesbesucher hielten. Doch weit gefehlt. Kurz nachdem wir die ersten Höhenmeter hinter uns hatten, kam die Gruppe hinter uns her. Neun Amish liefen ganz ohne Ausrüstung und nur mit alten Wasserkannen ausgestattet den Trail hinab.

    South Kaibab Trail von oben. Eigentlich sehr einfach zu begehen. Verlaufen ausgeschlossen.

    Der erste Punkt, an dem man einen tollen Blick in den Canyon erhält, ist der Ooh Aah Point. Der Name ist Programm.

    Die Amish waren nicht zu bremsen. Kurz hinter diesem Zwischenstopp überholten sie uns.


    Unterdessen warfen wir einen Blick auf das, was da noch kommen würde. Die hellbraune Fläche würden wir durchqueren, um zum Bright Angel Trail zu gelangen. Denn wir hatten am Abend vor der Wanderung beschlossen, unsere Pläne zu ändern. Der Colorado River käme dieses Mal in Frage. Die Wettervorhersage sprach einfach dagegen. 115° Fahrenheit (46° Celsius) im Inneren des Canyon waren einfach zu gewagt.

    Daher entschieden wir uns spontan für den Tonto Trail. Dieser verläuft zwischen dem unteren Canyon (rechts im Bild) und dem oberen Teil des Grand Canyon relativ flach als Verbindungsstrecke zwischen South Kaibab und Bright Angel Trail. Nachteil: Er ist auf seinen rund sieben Kilometern Länge fast komplett schattenlos.

    Die Amish lassen uns am Skeleton Point zurück. Wir wunderten uns. Denn der Skeleton Point ist der Punkt, an dem man als Tagesausflügler wenden sollte. Die Nationalparkverwaltung empfiehlt, den kompletten Ab- und Aufstieg nicht an einem Tag zu machen. Vielmehr solle man am Skeleton Point umdrehen, wenn man auf dem South Kaibab Trail unterwegs ist. Doch die Amish gingen weiter. Wir hinterher.

    Am Punkt "Tip Off" machten wir zum ersten Mal eine längere Pause. Dort war der Abstieg für uns beendet und der South Kaibab Trail kreuzt den Tonto Trail. Sieben Kilometer hatten wir an dieser Stelle hinter uns. Sieben auf dem Tonto Trail vor uns bis zum Indian Garden und dann würden weitere knappe sieben Kilometer Aufstieg noch auf uns warten.

    Der Shelter war absolut angenehm. Obwohl er mitten in der Sonne stand, war es darin sehr, sehr kühl. Es muss wohl an diesen löchrigen Metallgittern gelegen haben. Hier konnte man es sehr gut aushalten.

    Nach einer ausgiebigen Pause begann dann die vermeintlich einfache Wanderung auf dem Tonto Trail. Ganz so eben war der Weg nicht. Es ging immer wieder leicht bergauf und bergab, doch die größte Anstrengung war die Hitze. Auf den letzten zwei Kilometern habe ich mich nur noch gequält und ich hatte angenommen, dass ich es nicht schaffen würde. Zwei Mal habe ich mich einfach auf den Weg gelegt, um meinen Kopf in den Schatten zu bringen, wenn es denn welchen durch die Sträucher, Kakteen oder kleinere Felsen gab. Meine Frau war schon recht besorgt um mich, weil ich wirklich fix und fertig war. Und durch meinen Kopf schwirrte immer der Gedanke, dass wir ja auch noch wieder rauf müssten. Das war für mich kaum vorstellbar.

    Völlig erschöpft kamen wir am Indian Garden an, eine Art Oase mit einer Rangerstation, einem Campingplatz, Bäumen und einem sehr kleinen Bach. Eine Rangerin gab uns den Tipp, uns in den Bach zu legen. Einfach so, wie wir waren. Ja, und das tat ich auch. Handy weg, Kamera weg, Schuhe aus und dann ab ins Wasser. Ich habe mich in den Bach gelegt und war einfach nur noch glücklich. Das Wasser war gerade mal wenige Zentimeter hoch, aber es tat sehr gut. Fotos davon werde ich nicht zeigen, denn ich sah wirklich aus wie eine Leiche. Zwischendurch bin ich auch eingeschlafen. Wer weiß, vielleicht war ich sogar bewusstlos. Keine Ahnung. Auf jeden Fall lag ich zwei Stunden in diesem schmalen Wasserlauf und kühlte meinen Körper runter. Ich war so fertig, wie ich es noch nie war und ich befürchte, ich stand kurz vor einem Hitzschlag oder so was in der Art. Aber das kühlende Wasser half. Mir war in diesem Moment völlig egal, welche Spinnen, Skorpione oder sonstige Tiere über mich und in meine Kleidung krabbelten. Ich wollte einfach nur daliegen.

    Der Abstieg und das Verbindungsstück Tonto Trail waren geschafft. Jetzt folgte zum Abschluss noch der Aufstieg mit seinen knapp 1000 Höhenmetern auf sieben Kilometern. Doch dieser lag mittlerweile im Schatten, was an diesem Tag eigentlich schon Voraussetzung sein musste, um das überhaupt zu schaffen.

    Also nochmal die Wasserflaschen aufgefüllt. Man kann hier, glaube ich, ganz gut erkennen, dass die Hose noch komplett nass ist. Ich kam gerade frisch aus dem Bachbett. Eine halbe Stunde später war die Kleidung komplett trocken.

    An dieser Stelle geschah dann etwas, womit wir nicht mehr gerechnet hatten: Unten aus dem Tal kamen die Amish. Sie waren bis zur Phantom Ranch am Colorado River gegangen und waren schon beim Aufstieg. Das war die Strecke, die wir eigentlich machen wollten, aber sicherheitshalber mit dem Tonto Trail abkürzten. Wir staunten nicht schlecht. Drei Personen blieben jedoch für diese Nacht unten am Indian Garden. Sie schafften es einfach nicht mehr und würden eine Nacht an der Rangerstation verbringen, um dann am nächsten Tag den Aufstieg zu absolvieren.

  • Der Aufstieg war dann eigentlich auch kaum der Rede wert. Der Weg ist gut ausgebaut und war uns bekannt. Wir wussten, was da kommen würde. Aber trotzdem war es natürlich anstrengend. Doch mit der langen Pause am Indian Garden waren wir dann mittlerweile wieder gut erholt.

    Links die grüne Fläche ist der Indian Garden. Und dann geht es den Weg hoch, hier zum Beispiel am 3-Mile-Resthouse vorbei.

    Geschafft. Kurz vor dem Ziel. Völlig verdreckt, aus der Puste, verstaubt und gleichzeitig doch wieder verschwitzt. Wenige Minuten nach diesem Bild machten wir noch ein letztes Mal eine kleine Pause gemeinsam mit den Amish, die dann letztendlich fünf Minuten vor uns am Ziel ankamen. Im Shuttle-Bus, den wir zum Glück noch erreichten, sahen wir sie dann zum letzten Mal.

    Anders als bei der 2019er-Tour fiel der Satz "beim nächsten Mal..." schon nach drei Tagen und nicht erst nach einem halben Jahr. Es wird nicht unsere letzte Tour gewesen sein. Doch beim nächsten Mal werden wir deutlich weniger Gepäck mitnehmen. Keine Kameras mehr (Handy muss reichen) und nur noch ein ganz leichter Rucksack für Wasser. Sonst nichts. Ihr seht mich hier auch mit zwei T-Shirts und einem Hemd. Zu viel. Es muss mit weniger gehen. Viel zu viel Gewicht.

    Aber schön war's.

  • Herzlichen Glückwunsch und wieder mal großen Respekt für die Leistung! Beim Lesen der Überschrift habe ich mir schon gedacht: "Tonto" ist das spanische Wort für "dumm". Also scheint es wohl wirklich eine Dummheit zu sein, diesen Weg für einfacher zu halten. Keine Ahnung, wie viele Höhenmeter ihr euch mit dieser "Abkürzung" gespart habt und wie viel Schatten es unten am Fluss hätte geben können.

    Aber gut - wer noch nie dort war, hat natürlich gut reden. Und ihr habt es ja am Ende doch geschafft, auch wenn es zwischendurch nicht danach aussah. Dann bin ich schon mal gespannt auf den nächsten Bericht aus dem Canyon :) .

  • Danke für die Glückwünsche.

    Dumm war es sicher nicht, diesen Weg zu gehen. Man könnte auch die Übersetzung "täuschen" für Tonto heranziehen, denn getäuscht hat er in der Tat. So ganz flach ist der Weg nämlich nicht. Es gibt es ein ständiges Auf und Ab, wobei es sich immer nur um wenige Höhenmeter handelt. Und das hat ziemlich mürbe gemacht. Aber ich kenne ja nun auch nur diese sieben Kilometer der Strecke. Der Tonto Trail misst auf seiner gesamten Länge 110 km.

    Die bessere Wahl war es an diesem Tag dennoch. Zur besseren Einordung:

    Sowohl der South Kaibab Trail (unser Abstieg) als auch der Bright Angel Trail (unser Aufstieg) treffen sich am Colorado River, wobei man dann noch ein kleines Stück zur Phantom Ranch weiter geht. Wenn man einmal da unten ist, macht man dort auch Pause und kehrt man dort ein. Das ist DER Anlaufpunkt, vergleichbar mit einer Berghütte auf einem Gipfel.

    Der Tonto Trail verbindet den Rastplatz Tipoff (1180 Hm, South Kaibab Trail) mit dem Indian Garden (1160 Hm, Bright Angel Trail) auf den besagten sieben Kilometern.

    Die Phantom Ranch liegt auf einer Höhe von 776 Metern. Das heißt, es wären jeweils noch rund 400 Höhenmeter Abstieg bzw. Aufstieg gewesen. Allerdings spielt hier auch noch die Weglänge mit rein. Vom Tipoff bis zur Phantom Ranch sind es fast 5 km und der Aufstieg von der Phantom Ranch zum Indian Garden erstreckt sich über eine Länge von etwas mehr als 8 km. Die Tour wäre also 13 km lang und damit sechs Kilometer länger als die Abkürzung auf dem Tonto Trail.

    So haben wir also ingesamt 400 Höhenmeter und sechs Kilometer Strecke eingespart. Und nicht zu vergessen: Je weiter man hinab steigt, umso mehr staut sich die Wärme in dem immer enger werdenden Tal.

    Wie viel Schatten auf dem unteren Abschnitt des South Kaibab Trails zu finden ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Das hängt ja auch von der Uhrzeit ab. Der Bright Angel Trail ist im unteren Bereich natürlich schattiger als auf dem Tonto Trail, aber halt auch nicht durchgehend.

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