Lieber Michael,
dich treffen diese Auswirkungen der Pandemie ja doppelt und ich wünsche dir und alle Selbständigen, allen Künstlern, allen Gastronomen und Hoteliers, dass bald wieder bessere Zeiten kommen. Und die kommen umso eher, je mehr jeder einzelne von uns seinen Verstand benutzt und in bedrohlichen oder unklaren Situationen selbst die Initiative ergreift und die richtigen Entscheidungen trifft. Wir können und sollten uns nicht immer darauf verlassen, dass unsere Mitmenschen dies auch rechtzeitig tun. Letztes Wochenende war eine große Familienfeiner mit rund 70 geladenen Gästen geplant. Es gab einen Doppelgeburtstag mit gleichzeitiger Hochzeit zu feiern. Und ja, ich habe Verständnis dafür, dass man sich nach monatelanger Planung und Vorfreude die Feier nicht von einem Virus verderben lassen will. Aber das Virus hat gerade die besseren Karten. Also haben mein Mann und ich eine Woche vor der Feier selbst abgesagt, nachdem die Gastgeber keinerlei Anstalten unternahmen. Und erst nach uns haben dann auch andere angekündigt, nicht zu kommen. Letztlich haben sie in ganz kleinem Kreis mit den eigenen Kindern und Enkelkindern gefeiert .... und die Welt dreht sich immer noch.
Letzten Dienstag hingegen war ich tatsächlich noch einmal zu einer Lesung einer bekannten Autorin hier in Dresden. Und das aus zweierlei Gründen.
1. Hat mich das Hygiene-Konzept der Bibliothek überzeugt. Die ersten zehn Besucher, die Karten reserviert hatten, bekamen diese auch. Keine einzige mehr. Die Stühle standen einzeln und weit genug auseinander. Wir Besucher hatten die gesamte Zeit unsere Masken auf, die Autorin hat sie nur zum Vorlesen abgesetzt. Alle 20 Minuten wurde eine Lüftungspause gemacht. Und 2. Auch Autoren haben unter diesen Zeiten zu leiden, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. Lesungen sind wichtige Einnahmequellen und auch Werbung für das/ die Buch/Bücher. So gehen die Einkünfte doppelt zurück.
Tja, und was soll ich sagen, es war ein guter Abend. Wir Gäste sind im Anschluss trotzdem sehr gut ins Gespräch gekommen, jeder blieb auf seinem Platz, es ergab sich eine tolle Diskussion.
Was ich damit sagen will: Jeder einzelne von uns ist im Moment gefordert, sich immer wieder neu anzupassen, nötigenfalls eben auch täglich neu. So ist es nun mal. Ich habe vor kurzem mit einer sehr erfahrenen Virologin gesprochen. Sie ist der festen Überzeugung, dass wir das Virus erst dann unter Kontrolle bekommen, wenn es einerseits einen guten Impfstoff für alle (!) gibt, und andererseits gute Schnelltests, die an allen relevanten Stellen und Einrichtungen zum Einsatz kommen. Und beides muss dann gleichzeitig angewandt werden. Erst dann wird es wieder möglich sein, so etwas wie einen Alltag ohne gravierende Einschränkungen zu erleben. Tja, und bis dahin hilft nur selber denken, Abstand halten, Maske auf, Hände waschen.
In diesem Sinne, liebe Leute, lasst uns unser bestes geben. 
liebe Grüße, Dorit