Moin,
ich durfte letzte Woche solo eine Auszeit von Familie und langem, kalten Peking-Winter nehmen und bin nach Siem Reap gereist. Ich bin immer noch total geflasht und tief beeindruckt! Tagsüber war ich auf Achse, vor allem im Angkor Archaeological Park - das berühmte Angkor Wat ist nur ein Tempel von vielen!
Mein Kopf schwirrt noch! Uralte Geschichte (Tempel(-ruinen), neuere Geschichte (Minenfelder, Amputierte...), bitterste Armut, dazwischen Luxushotels, Hitze, quirlige Stadt, ruhigeres Land... - 1000 Eindrücke wirbeln noch wild durcheinander. Landschaftlich größtenteils eher langweilig (eher flach), unglaublich viel Müll überall. Wobei die Wälder, Verzeihung, der Dschungel überall anders ist. Mal ein lichter Wald, mal undurchdringliches, düsteres Dickicht. Außer Tempeln habe ich ein "floating village" gesehen, das derzeit - Trockenzeit - aber nicht "floated", sondern die Hütten sind auf bis zu 10 m hohen Pfählen. Eine Schule für Waisen und extrem arme Kinder. Totenschädel und Knochen in einem (aktiven) Tempel. Ein Schmetterlingsgarten. Mangrovenurwald. Einen der Drehorte von Tomb Raider/Lara Croft (für mich jetzt nachvollziehbar, dass Angelina Jolie gerade genau damals nach den Dreharbeiten in Kambodscha mit ihrem sozialen Engagement begonnen hat). Ein privates Landminenmuseum, dessen Gründer eine sehr bewegte Geschichte hat (Kämpfer auf unterschiedlichen Seiten, selber Minen gelegt, zuletzt auf der Seite Vietnams und danach dann Minenräumer, an das Museum angeschlossen ist eine Schule. Ein verfallener, überwucherter Tempel im Dschungel, wo man zunächst an einem (teilweise) geräumten Minenfeld vorbei musste. So schönes und so bedrückendes so eng beieinander. Emotional war das wirklich nicht immer einfach, ich war froh, dass ich spätnachmittags zurück im klitzekleinen, familiengeführten Hotel war, wo ich am Pool relaxen konnte (sofern mich nicht meine Moskito-Dengue-Hysterie gepackt hat), abschalten und lesen. Die KambodschanerInnen, die ich kennengelernt habe, waren allesamt freundlich bis herzlich, zugewandt und offen. Auch die bettelnden Kinder und Händler waren zwar hartnäckig, aber freundlich und höflich, nicht so unangenehm "pushy", wie ich das in Teilen Chinas erlebt habe.
Teilweise hat es sich bei den Tempeln dann "fast wie zuhause" angefühlt: dank der vorwiegend chinesischen Touristenmassen. Ich war aber auch ganz allein an einigen kleineren Tempeln, das war großartig.
Das Ärgerlichste, was ich gesehen hab, war eine westliche Instagram-Tussi, die Verbote und Kleidungsvorschriften missachtend in einem abgesperrten Bereich in Angkor Wat herumposiert und sich selbst geknipst hat. Sowas finde ich respektlos.
Direkt nach der Rückkehr nach Peking habe ich (fast) als erstes die Bilder von der Kamera auf Laptop und externe Festplatte importiert, und anschließend in meine Cloud hochgeladen. Ich hatte noch nie zuvor solche Angst, dass ich meine Fotos "verliere". Sicher, die Gefühle, Eindrücke habe ich im Kopf, aber als Gedächtnisstütze sind Fotos doch extrem hilfreich, mal abgesehen vom Illustrieren von Erzählungen.
Mücken gab es zum Glück nicht viele, trotzdem war ich tagsüber permanent angespannt, habe flaschenweise Mückenspray verbraucht und bin zum Glück wohl auch nicht gestochen worden. Richtig aufatmen werde ich Ende der Woche, wenn die potentielle Inkubationszeit rum ist... (Ich hatte vor anderthalb Jahren Denguefieber, ein zweites Mal wäre gefährlich. Blöderweise hat mich mein Hausarzt kurz vor der Reise verunsichert, mein Tropendoc war eigentlich ziemlich entspannt und gegen Panikmache. Doof nur, dass ich zuletzt halt beim Hausarzt war.)
Wenn wieder mal eine Reise ansteht, guck ich vorher, ob es ein Denguegebiet ist - das würde ich erstmal doch meiden.
Ich muss ja sagen, die 30 + Grade gefallen mir besser als die Pekinger Minusgrade. Hätte ich nie gedacht, dass ich mit solcher Hitze mal so gut zurechtkomme. Zum Glück ist wenigstens der Smog trotz erstem Orange Alert diesen Winter nicht so schlimm wie befürchtet.
Achja, der Flug. Ich werde nie gern fliegen, aber ich bin tatsächlich meine Flugangst los, keine nackte Panik, keine Schweißausbrüche, kein Herzrasen mehr. Die erste Etappe des Hinflugs von Peking nach Guangzhou in Südchina führte offensichtlich über eine schlaglochübersäte Schotterpiste, der Flieger plumpste von einem Luftloch ins nächste, das war nicht schön, aber ich konnte es gut aushalten. Vor drei Jahren hätte ich vermutlich noch geheult und auch gekreischt. :buh: Keine Ahnung, wie aufwendig es ist, auf dem Land- oder Seeweg nach Kambodscha zu kommen, aber es wäre absolut jede Mühe wert!
Heute habe ich angefangen, auf meinem Blog von der Reise zu erzählen, das werde ich im Laufe der Woche noch fortsetzen.
Wer schauen mag:
http://ombidombi.de/angkor-grand-circuit-tour/
http://ombidombi.de/angkor-wat-sonnenaufgang-gewitter/
LG Lin