Teil 6: Bolivien, Paraguay und Misiones (ARG)

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  • Bolivien und Paraguay

    Vierzehn Tage haben wir gekurt - in den Thermen von „Caimancito“. Mit den Betreiber der Therme hatten wir einen guten Kontakt, und lernten dort viele nette Leute kennen (unter anderem einen Münchner, der seit über 25 Jahren halbjährlich Südamerika bereist und mir die Navigationssoftware überspielte, die mir durch den breakdown meines alten Computers verloren gegangen war. Außerdem bekam ich von ihm die GPS-Punkte für die Chaco-Durchquerung in Paraguay, mit der Information, dass mittlerweile alles asphaltiert ist, bis auf 30 Km ripio in Bolivien).

    Marion backte zusammen mit Maria (der 30 jährigen Seele der Therme) in der Restaurantküche einen Kuchen. Natürlich wurde der Kuchen unter der Belegschaft verteilt. Maria backte im Gegenzug an verschiedenen Tagen eine Tarte und brachte uns Suppe und eine Falsche Rotwein ans Mobil. Wir waren bestens versorgt. Toni sagte uns, dass es noch nie so heiß um diese Jahreszeit gewesen sei: am Tag über 30°, nachts nur noch 22°.....und dann ab in die 40 Grad heiße Thermen. Lästig waren nur die „blackflies“, die schmerzhaft zubissen. Vor Moskitos konnten wir uns gut schützen, glauben wir auf jeden Fall.

    Am Tag bevor wir weiterfuhren, hat es dann auch wirklich kräftig geregnet. Na, ja, bis wir in den Chaco kommen, werden die Pisten wohl abgetrocknet sein. Denn von den Schlammpisten im Chaco hat jeder Autor in seinem Reisebericht gewarnt. Dann war es mal wieder Zeit, Abschied zu nehmen. Was auch dieses Mal, besonders Marion, schwer fiel, denn sie hatte in Maria eine liebe Freundin gefunden.

    Auf der Strecke zur Bolivianischen Grenze ging es wieder an Zuckerrohrfeldern vorbei. Die „Behausungen“ der Menschen erinnern immer mehr an das arme Afrika. Wir übernachteten nochmals in Argentinien, in „Tartagal“, um zu tanken, einzukaufen, Geld zu „ziehen“ und in ein Internetcafé zu gehen.....ach so, Empanadas waren hier, die wir noch essen...köstlich!
    In „Tartagal“ sah es „schrecklich“ aus. Wir sehen hier noch die Verwüstungen, die der große Regen Ende März angerichtet hat. Meterhoch liegen Baumstämme regelrecht einzementiert in brauner Erde.

    Irgendwo in den „Yungas“ gab es einen riesigen Erdrutsch und die Lawine aus Schlamm, Geröll und Baumstämmen wurde in einem Flussbett kanalisiert, bis … ja bis der Ort „Tartagal“ und seine Brücke zum Hindernis für die Lawine wurden. Alles staute sich höher und höher und überschwemmte letztendlich das Städtchen komplett mit der braunen Schlammbrühe. In den letzten zwei Tagen hat der Regen in dieser Stadt nochmal alles in Schlamm verwandelt, und bei der zu erwartenden Trockenheit kriegt man hier wohl eine Staublunge. Viele Geschäfte sind noch geschlossen und an den Eingängen mit Sandsäcken zugestopft.

    An der Tankstelle haben wir unseren Wassertank gefüllt und haben dort auch übernachtet. Tags drauf sehen wir auf den nächsten 75 Km welch riesiges Ausmaß diese Überschwemmung hatte. Der Fluss ist auf der gesamten Länge über das östliche Ufer getreten und hat das tiefer gelegene Umland überschwemmt, einschließlich der Hauptverkehrsstraße.

    Vor dem Grenzübergang nach Bolivien, in „Yaquiba“ ging wieder die alte Touristenabzocke los. Wir sollten für die Straßenbenutzung des Ortes 65 Pesos zahlen (also ca. 15 €). Erstens kann man das, was dieser Ort hat, nicht gerade Straße bezeichnen. Eine Ausschilderung zur Grenze gab es auch nicht, so dass wir uns zweimal verfahren haben. Wir maulten und blockierten wie immer die Straße. Aber alles nützte nichts, und wir zahlten unter Protest, denn anders war es nicht möglich zur Grenzstation zu gelangen. Wir schimpften über die Argentinische Ausländerdiskriminierung, denn Inländer brauchen nur 2 Pesos zu zahlen. Wieder ein Fall für den Argentinischen Botschafter.

    Und dann diese Grenze - schlimmstes Afrika - Marokko ist dagegen ein wohlorganisierter Grenzübergang. Erst dachten wir, es wäre toll, dass der Argentinische und der Bolivianische Zoll im selben Gebäude seien. Doch man wurde von einem Schalter zum anderen geschickt. Endlich waren wir dann beim Bolivianischen Zollbeamten. Nie im Leben zuvor habe ich einen Menschen gesehen, der die Langsamkeit der Langsamkeit um Längen schlägt. Sein unermüdliches Kreisen mit dem Finger über der Computertastatur erinnerte mich an das friedliche Dahingleiten des Kondors in Patagonien..... an „Hinunterstürzen“, sprich tippen, war nicht zu denken. Was hatten wir für ein Glück, dass in Bolivien die Uhren um eine Stunde zurückgestellt werden! Ich glaube, dieser Zöllner wollte uns diese Stunde wieder „ausgleichen“!
    Er war übrigens der erste Zollbeamte, der unsere Südamerikanische Autoversicherung sehen wollte! Irgendwie haben wir es dann doch geschafft und konnten zur Schranke fahren. Doch die wollte sich nicht öffnen, denn unser „schneller“ Zöllner wollte noch das Innere des Autos inspizieren. Natürlich öffnete er alle Stauklappen, hob die Matratzen hoch und wollte wissen, was im Raum unter dem Bett sei. Froh war ich, dass er sich mit der Aussage „Agua“ zufrieden gab, denn den großen Staukasten wollte ich nicht auch noch ausräumen. Gelogen habe ich natürlich nicht, wie immer, denn der Wassertank befindet sich wirklich in diesem Staukasten! In seinem Schlepp waren noch zwei Argentinische Zöllner, die sich das Auto auch mal von innen ansehen wollten. Ihr könnt Euch Marions Freude vorstellen, denn von dem Schlamm, der natürlich auch an ihren Schuhen hing, habe ich oben schon geschrieben, und so wild ist sie aufs Putzen nun auch nicht.
    Danach hatten wir es fast geschafft, denn der Schlagbaum ging hoch. Doch ca. 80 Meter weiter, mitten im Gewühl der geschäftigen Händler, in dieser schmalen Straße, war die Polizei, bei der wir uns auch noch einen Stempel für das Zollpapier des LKWs abholen mussten. Und hier wieder etwas Neues: 5 Bolivianos (so heißen diese alten, lapprigen und total verdreckten Papierstücke, die die Geld nennen) mussten wir für diesen Stempel zahlen. Natürlich war gegenüber eine Wechselstube, damit wir uns mit dieser Währung versorgen konnten. Bei der ganzen Aktion hatten wir natürlich diese Ortsdurchfahrt blockiert, doch das Gehupe der LKWs stört hier Niemanden und uns erst recht nicht, denn mittlerweile sind wir auch schon „südamerikanisiert“.


    Unsere erste Station in Bolivien ist „Villa Montes“. Direkt vor dieser „Erdölstadt“ hatte eine Schlammlawine vor Jahren den einzigen Zugang, eine Brücke, weggerissen. Die Pfeiler der neuen Brücke stehen schon, verlassen, im Fluss. Aber so etwas dauert in Bolivien, wie man uns versichert hat - wir glauben das sofort. Kurzerhand wird der gesamte Verkehr einspurig über eine Eisenbahnbrücke geleitet. Auf die Eisenbahnschwellen wurden Bohlen gelegt und ab geht’s. Die Bohlen wackeln wohl und sind auch nicht mehr ganz frisch, aber für 40 Tonner sollte es wohl reichen. Und hinter der Brücke? - Natürlich Wegezoll, ohne Schlagbaum, ist zu teuer, ein einfaches Seil tut’s auch.

    Wir haben in dieser Stadt wieder das Internetcafé besucht, denn zuhause ist viel los, was geklärt werden muss. Neben einem, sagen wir mal „Restaurant“, haben wir uns für die Nacht hingestellt und dort zwei, viel zu große, aber herrlich schmeckende Fische gegessen. Den Preis will ich nicht nennen, sonst bekomme ich noch die Schamröte ins Gesicht. Geschlafen haben wir schlecht, es war zu laut. Morgens ging es deshalb schon früh los Richtung „Ibibobo“ ins „Bolivianische Grand Chaco“. Tolle neue Asphaltstraße, autobahnmäßig, wie uns Ludwig aus München in den Thermen versprochen hatte. Doch nach 100 Km war Schluss! Hat sich der große Südamerikakenner Ludwig „versprochen“? Plötzlich war nur noch eine Schotterstrecke zu sehen. Wir dachten, das sind die besagten 30 Km. Wie froh wären wir gewesen, wenn der Rest auch noch Schotter gewesen wäre.

    Beim ersten Mal, als Bäume quer über der Schotterpiste lagen, kurvten wir drumherum und dachten; die meinen uns nicht. Marion befürchtete natürlich wieder, dass jetzt irgendwo Banditen und Wegelagerer aus dem Wald springen und uns überfallen würden. Dabei sind die Wegelagerer in Südamerika beim Staat angestellt - ähnlich wie bei uns (Finanzamt etc.). Dann waren große Sandhaufen auf die Schotterpiste geschüttet. Wir kurvten etwas in den Dschungel und waren wieder auf der Piste. Doch dann war Schluss. Ein Wagen der Straßenbaufirma hielt uns an, und der Fahrer meinte, dass wir hier nicht mehr weiter fahren dürfen, denn wir wären auf der Bautrasse einer neuen Straße. Wir sollen umkehren und ihm folgen, denn er wollte uns, netterweise, auf den richtigen Weg geleiten.


    Es ging von der Piste ab, direkt in den tiefsten Chaco. Toll, ich war begeistert. Marion nicht so sehr. Da hatte ich doch schon befürchtet mir würde das Chaco-Abenteuer durch Asphalt verwehrt werden. Nein!!!.....Off-Road der feinsten Art. Tolle Passagen, aber leicht beherrschbar, denn es war trocken. Bei den Spuren, Senken und Löcher konnte man sich wahrhaftig vorstellen was hier los ist, wenn es regnet. Der Himmel war wohl total mit Wolken bedeckt, aber es sah nicht nach Regen aus. Deshalb staubte es wie die S... Unser „Dicker“ sah aus!!! Marion heulte: „Wie sieht das Auto aus!!!“ Und das ging dann so an die 100 Km - Ludwig leidest Du an Gedächtnisschwund? Natürlich schlugen auch einige Äste an den Wagen, wie schon so oft, doch den einen steckte der rechte Außenspiegel nicht mehr weg und zerbrach.

    Ich will den Leser nicht langweilen mit der Aufzählung von Militär- und Polizeiposten, die unsere Daten in ein dickes Buch eintragen (Wer liest das? Was soll das?) Und dann irgendwo ca. 30 Km vor der Grenze nach Paraguay stand eine Bretterbude neben einem Militärgelände mit zwei Tourenmotorrädern davor. Hier muss was sein, dachten wir und stiegen aus.
    Das war die Immigration. Wir erledigten unsere Ausreise, unterhielten uns mit den Motorradfahrern, die in Indien und England wohnen, danach ging es wieder im „Windschatten“ von vielen LKWs sowie in deren Staubwolke weiter.

    Trotz der Proteste der Beifahrerin startete ich einige Überholmanöver, die bei der Leistung unseres „Dicken“ unkritisch waren - meine Meinung!
    Dann plötzlich war die bescheidene Piste zu Ende und eine tolle, neue Asphaltstraße zu Ende begann, direkt an der Grenze. Der dortige Posten war für Paraguay zuständig und schickte uns eine Bretterbude weiter zu seinem Bolivianischen Kollegen. Dort war abgeschlossen, am frühen Mittag. Aufs Klopfen regte sich nichts. Dann hörte ich Wassergeräusche - der duscht, meinte ich. Dann erschien ein junger Mann mit Badetuch um die Hüften und meinte dass sein Paraguayischer Kollege das doch erledigen sollte.

    Wir wussten genauso wenig wie dieser, was zu tun ist. Er erklärte uns, dass hier nur die Ausreiseformalitäten erledigt werden. Wir gaben ihm den Zettel für unser Auto, diesen wollte er dann seinem Kollegen geben. Die Einreiseformalitäten müssten wir in „Mariscal Estigarribioa“ erledigen. Wir fuhren los, merkten aber bald, dass dieser Ort bereits ca. 200 Km in „Paraguay“ liegt. Wir waren schon verunsichert, denn wir hatten gehört, dass man bei der Ausreise ohne Einreisestempel pro Person 60 Dollar zahlen muss. Wir sahen in unseren Bücher nach, aber wie immer steht da alles anders drin.

    Auf der Weiterfahrt haben wir Tukane, Gürteltiere und auch eine Schlange gesehen. Die dickbauchigen z.Zt. blühenden Bäume (Flaschenbäume) gefallen uns besonders gut. Als wir die „alte“ Teerstraße erreichten, wünschten wir uns eigentlich wieder auf ripio zu fahren, denn sie war übersät mit Schlaglöchern. Aber nicht solche, die wir aus Europa kennen, denen man im Slalomkurs ausweichen kann. Nein, diese Löcher hatten eine solche Größe und Tiefe, dass ein VW-Polo bis zu den Fenstern darin verschwinden könnte. Wenn es der Randstreifen zuließ, versuchten wir, ihn zu Hilfe zu nehmen, um auszuweichen. Ansonsten mussten wir mit 10 Km/h durch diese Löcher rollen. Wir kamen nur sehr, sehr langsam vorwärts, aber ohne Schaden.

    In „Mariscal“ angekommen, fanden wir auch gleich neben einer großen Tankstelle (bei der wir dann übernachteten) den Zoll und die Immigration. Nördlich von Chile und Argentinien ist alles anders. Die Immigration war schnell erledigt, doch beim Zoll gab es Schwierigkeiten. Der Mann wollte sich mit unserer Spanischen Autozulassung nicht zufrieden geben und wolle zusätzliche Papieren, denn unsere seien nur für Europa.


    Gott sei Dank kannte er das Wort „Carnet de Passage“ nicht, denn das war es, was er wollte. Und das war das, was wir nicht hatten. Ich erklärte ihm in schlechtestem Spanisch, dass man mit unserer Zulassung weltweit ein Jahr fahren darf, und dass wir in ganz Südamerika keine solchen Probleme gehabt hätten. Weitere Zöllner griffen in das Gespräch ein, einer sprach sogar Englisch, kannte aber das Zauberwort auch nicht. Wir verstanden immer weniger, die wurden immer ungeduldiger. Uns Deutschen, hier im „Chaco“, waren sie natürlich wohlgesonnen. Bis ein junger Mann die Initiative ergriff und das Formular für das Auto ausfüllte, und gut war es.

    Auf unserem Übernachtungsplatz baute ich gerade den Außenkocher auf, denn es hatte im Wagen fast 30 Grad und damit zu heiß, um drinnen zu kochen, da öffnete der Himmel seine Schleusen. Es goss die ganze Nacht durch wie aus Kübeln. Aus irgendeinem Grund standen wir auf der einzig trocknen Stelle, denn rund um uns herum war ein großer See. Die Temperatur stürzte von 34 auf 22 Grad. Am Morgen, als die LKW neben uns in den Zollhof fahren wollten, wühlten sie sich nur mit Mühe durch den Schlamm. Ein Tag länger in der Therme, und wir hätten im „Chaco“ das erlebt, vor dem wir so viel Horror hatten; eine Schlammschlacht. Glück gehabt!!!

    80 Km weiter in „Filadelfia“ angekommen, haben wir erfahren, dass es hier noch nie so heiß um diese Jahreszeit gewesen sei. Und man hätte schon seit Wochen keinen Regen mehr gehabt. Verrückter „Chaco“.

    „Filadelfia“ zeigt sich uns typisch Deutsch! Alles sauber, kein Müll, blonde Menschen, allerdings auch viele Paraguayaner dunkler Natur, die in der Landwirtschaft tätig sind. Nichts mehr zu sehen von Frauen mit Hauben und langen Röcken. Alles ganz modern, Bankkauffrauen, Verkäuferinnen usw. Der Deutsche Dialekt gleicht dem unserer Russlanddeutschen.

    Die Männer hier haben das Gehabe von Großgrundbesitzer, die sich um den reibungslosen Ablauf der Arbeiten auf den Hazienda`s oder im Supermarkt kümmern. Die Jungen sind modern angezogen, fahren Geländemaschinen und Roller. Also nichts mehr mit Althergebrachtem.


    Auf den Feldern sieht man modernste Landmaschinentechnik. Was steht in unseren Reisebücher wiedermal ein Quatsch? Waren diese Reisenden (2004 mit Unimog in Filadelfia) wirklich hier? Wenn Ja, was haben die hier gemacht, wenn sie schreiben, das die Einwanderer von „Paraguay“ das Land im „Chaco“ nur dann bekommen hätten, wenn sie es urbar gemacht haben und daß es hier kein Grundwasser gab? Wo kommt das denn jetzt her? Es gibt in „Filadelfia“ einen gut sortierten, modernen Buchhandel. Wir haben uns das Lehrbuch der 6.Schulklasse gekauft, in dem alles über die Einwanderung der „Monnoiten“ steht. Außerdem erstanden wir noch weitere drei Bücher, die uns ein umfassendes Bild über die Geschichte der Mennoiten geben. Nichts mit Technikverweigerung (das waren die, die aus Mexiko nach Bolivien eingewandert sind), nichts mit „Verkleidung“. Und es gab natürlich Grundwasser, was einem selbst bei einem flüchtigen Besuch des örtlichen Museums auffallen müßte.

    Kurze Info: Die „Mennoiten“ hier sind von Rußland aus eingewandert. Haben das Land von einer privaten Gesellschaft gekauft. Als sie ankamen, war noch nichts vermessen. Sie haben eine Schneiße in die Wildniss geschlagen, damit die Vermesser kommen konnten. Wenn man dann daran denkt, wie man unseren Rußlanddeutschen nach der Grenzöffnung Zucker in den selbigen geblasen hat, billige Kredite zur Verfügung gestellt hat und was haben diese Rußlandauswander daraus gemacht? Verkehrte Welt.


    Wir treffen hier in „Filadelphia“ auf eine saubere, weiträumige und toll durchorganisierte Stadt. Wir fanden einen etwas abseits gelegenen Stellplatz für die Nacht. Es gab keine frei rumlaufenden Hunde, die Autos hatten intakte Auspuffanlagen und Niemand fuhr mit offenem Fenster und lauter Radiomusik. Also die beste Voraussetzung gut schlafen zu können. Doch die Hitze, tagsüber 34° und nachts im Wohnmobil 28° - und das im Winter. Im Sommer soll es hier über 42° tagsüber und nachts soll es nur wenig abkühlen. 100 Meter von uns entfernt gab, es eine Veranstaltung, die aber um 22 Uhr, typisch Deutsch, zu Ende war. Und von den vielen wegfahrenden Autos merkten wir kaum etwas.

    Dann erlebten wir es wirklich, den hellsten Mond den es auf der Welt gibt - er soll nur hier im „Chaco“ scheinen. Als Zugabe leuchte hell das Kreuz des Südens über uns.

    Tags drauf fuhren wir nach „Neuland“, der zweiten von drei Chaco-Siedlungen. Hier kamen zwei Deutsche zu unserem Auto.
    Horst Martens, Mennonit und Journalist aus Herne/Westfalen, der im „Chaco“ geboren wurde und sein Fotograf. Gemeinsam erstellen sie ein Buch über die „Mennoniten“ im „Paraguayischen Chaco“. Auf ihrer Webseite: http://parguay-2009.blogspot.com führen sie ein Tagebuch über ihre Arbeit. Sollte man sich mal ansehen. Sie wollen uns informieren, wenn das Buch erschienen ist, denn wir wollen es natürlich lesen.

    Als wir am Abend, für die Nacht, uns auf dieser Wiese umstellen wollten, kamen aus dem Haus gegenüber Herr Barg nebst Schwiegervater. Wir erzählten von uns und wie sehr wir an der Geschichte der Einwanderung der „Mennoniten“ interessiert seien, und von dem was wir bereits in den gekauften Büchern gelesen hatten. Sie sprachen untereinander einen norddeutschen Dialekt mit Kastillanisch vermischt, und natürlich auch hochdeutsch. Man lud uns zum Abendessen, ein und wir saßen mit der gesamten Familie auf der Veranda. Nach dem Tischgebet wurden Empanadas und Kuchen gereicht - unter anderem einen Bienenstich, anstatt mit Mandeln, mit Erdnüssen, aus eigenem Anbau. Für die Tochter, die tags darauf ihren 18. Geburtstag hatte, war eine Schwarzwälder Kirschtorte gebacken worden; aber ohne Kirschen. In Ermangelung der Kirschen, backt man im „Chaco“ diese Torte mit den roten Früchten des Sauerampfers. Mir hat der Bienenstich mit den Erdnüssen toll geschmeckt.

    Der 71 jährige Schwiegervater hat dann von den schweren Anfängen im Chaco erzählt, die er als Junge noch hautnah miterlebt hatte. Außerdem erzählte er uns von der Flucht seiner Eltern aus Russland, wie er sie von ihnen erzählt bekommen hat. Wir erfuhren, dass man heute Erdnüsse anbaut und Fleischwirtschaft betreibt. Das beste Rindfleisch ergäbe eine Kreuzung des Indischen Höckerrindes mit unserem Deutschen Rind. Diese braunen Tiere hätten ein fabelhaft schmeckendes Fleisch. Die Rinder werden nach „Asunción“ transportiert, dort im eigenen Schlachthof der Cooperative weiterverarbeitet und dann vermarktet. Die Viehtransporter, den Schlachthof und die Supermarktkette der „Neuländer“ (ist einer ihrer Markennamen) haben wir auf dem Wege dorthin und in „Asuncion“ selber gesehen. Die „Mennoniten“ im Zentrum des „Chacos“ haben eine gewaltige Kooperative, verarbeiten und vermarkten alles, was sie produzieren, selber. Dieser Flecken ist mit keinem anderen Ort in Südamerika vergleichbar und total untypisch für diesen Kontinent. Ein kleiner, eigener „deutscher“ Mikrokosmos.

    In den letzten Jahrzehnten sind aus allen Himmelsrichtungen Indianer zu den „Mennoniten“ Kolonien gezogen und dort zum Teil sesshaft geworden. Die Eingeborenen arbeiten sehr gerne für diese „Deutschen“, da sie fair, sauber und zuverlässig im bezahlen sind. Herr Barg war gerade dabei, für neu ankommende Indianer einen Flecken Land frei zu schieben und wieder Häuser für sie zu bauen (er baut für seine Indianer immer Wohnhäuser im freien Land). Familie Barg hat ihre Estancia im weiten „Chaco“ und wohnt aber meistens in „Neuland“ in ihrem großen Haus. Die Indianer arbeiten auf dem Land in der Viehzucht, und die indianischen Frauen in den Kooperativen, z.B. beim Aussortieren von Erdnüssen. Die Integration der Indianer ist noch nicht abgeschlossen, es ziehen immer noch, die bisher frei als Nomaden lebende Indianer, in die Kolonien. Erst in den 70er Jahren wurden die Indianer als Bürger von „Paraguay“ anerkannt, und erst in den 90er Jahren wurde ihr Recht auf eine eigene Kultur und Erhaltung ihrer Gemeinschaft in einem Gesetz festgeschrieben.
    In den Wasserlöchern fürs Vieh hält man Fische, die sehr wohlschmeckend sind. Diese ziehen natürlich die kleinen Krokodile an, deren Schwänze man beim Asado grillt. Sie sollen sehr gut schmecken. Es gibt sie aber nicht in Restaurants, nur privat. Deshalb konnten wir sie nicht probieren. Wir wären gerne länger dort geblieben, doch Marion hatte Probleme mit der Hitze. Seit Dezember hat es im „Chaco“ nicht mehr geregnet, und viele Wasserlöcher sind schon ausgetrocknet.

    Am Morgen unserer Abfahrt wollte sich Frau Barg unser Mobil ansehen. Die 30 jährige Sabine kam beim morgendlichen Joggen auf einen Besuch an unserem Auto vorbei, das sie am Abend zuvor schon bemerkt hatte, wir aber nicht da waren. Sie kommt aus dem Schwarzwald und ist nun schon seit 6 Monaten im „Chaco“. Ihren Man hat sie in Deutschland bei der Arbeit kennen gelernt. Er ist „Mennonit“ und stammt aus dem „Chaco“. Nun wollen sie hier leben und haben das Labor im Krankenhaus von dem Vater ihres Mannes übernommen. Wo einen die Liebe so hin verschlägt. Viel Glück, Sabine!
    Dann ging es 400 Km durch den wüstenartigen Grand Chaco. Selten im Leben bin ich eine Strecke gefahren, die 100 Km geradeaus ging, dann ein leichter Bogen machte und wieder weitere 100 Km schnurstracks geradeaus ging.

    Wir fuhren durch eine Buschlandschaft mit vereinzelt höheren Bäumen, wie z.B. dem Flaschenbaum, den es hier überall gibt. Überrascht waren wir, als die ersten Fächerpalmen auftauchten, die Gegend wüstenartig wurde und uns an Westafrika erinnerte. Dann begleiteten uns kilometerweit Palmenhaine. Wir waren aus dem Siedlungsgebiet der „Mennoniten“ heraus. Überall sahen wir ausgetrocknete Wasserlöcher, verbrannte Büsche und Palmen.

    Und viele Schwelbrände neben der Straße, entweder aus Unachtsamkeit entstanden oder auch von den Indianern entzündete Feuer, um Platz zum Aufbau ihrer Zelte und Hütten zu schaffen.

    Neben der Trans-Chaco-Strecke befindet sich auf jeder Seite ein Streifen von 30-40 Meter, dann kommen Zäune, denn das Land ist Privatbesitz. In diesen „Randstreifen“ bauen die Indianer ihre „Bretterverschläge“ oder Zelte auf. Meistens in Nähe eines Wasserloches, welches aber auf dem Privatgelände hinter dem Zaun liegt. Hier beackern die Ureinwohner ein kleines Feld und ebenen ein paar Stück Vieh - alles im Randstreifen der Transitstraße - und verkaufen selbst hergestellte Korbwaren.

    Bei einem Zwischenstopp stellte ich fest, warum wir in der letzten Zeit wenig Strom hatten. Zuerst glaubte ich, es läge nur daran, dass wir zu oft unter Bäumen gestanden hätten und somit die Solarpanele nicht laden konnten. Doch das hätte sich dann an Fahrtagen auf langen Strecken eigentlich ändern müssen. Trotzdem reichte der Strom immer, obwohl der Kühlschrank bei diesen Temperaturen auf Hochtouren lief, wir uns sehr oft kalt abduschten, der Ventilator am Bett lange lief und der Laptop täglich im Einsatz war. Die Ursache, dass der zusätzliche Strom beim Fahren fehlte war: Die zweite, die 12 Volt Lichtmachine, hatte sich losgerüttelt und der Keilriemen flatterte ohne Kontakt lose herum. Eine Stunde Arbeit bei 35°, und das Problem war gelöst.

    In „Villa Hayes“ übernachteten wir in einer Nebenstraße. Leider hat die Fußballnationalmannschaft ein wichtiges Qualifikationsspiel zur WM 2010 gewonnen, das die Jugend, fast auf der Straße sitzend, am Fernseher in den Trinkbuden verfolgte. Das Ergebnis wurde bis spät in die Nacht mit Moped-Korso und Feuerwerk gefeiert. Paraguay führt die Südamerikaliste an, vor Bolivien und Brasilien. Mal sehen, wie es zum Schluss aussieht und wer die ersten 5 Plätze belegt, denn der darf nach Südafrika fahren.

    Über die Brücke des „Rio Paraguay“ kamen wir am nächsten Morgen schon um 7 Uhr, zur Rushhour, nach „Asunción“ rein. Enge, unmarkierte und schlaglochübersäte „Hauptstraßen“ voll mit Bussen, deren Fahrer wohl alle als Formel 1 Fahrer entdeckt werden wollen. „Do it in Rome, like the romans do!“...gemäß dieser Weisheit fuhr ich wie ein Selbstmörder. Bei Marion stellten sich die Nackenhaare, sie war total nervös. Über und in der Stadt sah man nur Smog, vom Umweltschutz ist man sehr weit entfernt. Bei so einer Luft, würde man in Deutschland die gesamte Stadt sperren. Parkmöglichkeit für uns - negativ. Wir bleiben einfach stehen und fotografierten die Kathedrale. Beim Präsidentenpalast machten wir das Gleiche, obwohl es dort nur so wimmelte von Polizei und Militär. Freundlich fragten wir diese Staatsdiener nach dem Weg und konnten fotografieren, ohne dass man uns wegschickte. Sehr interessant ist, dass direkt hinter dem Präsidentenpalast der Hang, runter zum „Rio Paraguay“, total vollgebaut ist mit den Hütten der Armen. Wohl das einzige Armenviertel der Welt, das sich direkt hinter dem Regierungsgebäude eines Präsidenten befindet.

    Der Weg aus der Hauptstadt war wirklich schwer zu finden, denn eine Beschilderung gab es nicht, und jede Hauptstraße sah aus wie eine normale Nebenstraße. Mit unserem Boots-GPS (eine Kompassnadel zeigt den Weg zum Zielpunkt), war es auch nicht viel einfacher. Zweimal mussten wir mitten im Verkehr stehen bleiben und uns durchfragen.

    Wir fuhren Richtung „Encarnación“ bis „San Martin“. Dort gibt es preiswerte Webereiwaren aus eigener Produktion. Wir haben zwei Hängematten und für Marion einen gehäkelten Pulli gekauft. Direkt neben den Verkaufsstellen übernachten wir und planen mal wieder die Reiseroute um, denn ich will nicht über die beiden großen Städte „Encarnación“ und „Posadas“ nach Argentinien einreisen. Auf unserer Karte erkenne ich einen kleinen Umweg über eine Stelle des „Rio Paraná“, die einen See bildet. Vielleicht können wir dort etwas „Strandurlaub“ machen und leckeren Fisch essen. Außerdem würden wir dann direkt am nördlichen Ende des NP „Esteros del Iberá“ in Argentinien ankommen. Dieser NP ist mit dem Brasilianischen „Paranal“ vergleichbar, mit gleicher Fauna und Flora. Mal sehen, ob es klappt.

    Unverhofft kommt oft. So auch heute. Während ich an diesem Bericht schrieb, hat Marion mit einem 73 jährigen Gaucho (zu erkennen an der breiten, bunten Bauchschärpe mit einem Halfter und 2 Messer) gesprochen und gefragt, ob es Ok sei, dass wir hier in der Nebenstraße stehen. Er ging seine Frau holen, die wesentlich besser Castiliano spricht als er und lädt uns ein, auf ihrem Campo für die Nacht zu stehen. Wir nahmen an und luden ihn auf seinem Hof auf ein Bier ein. Das Ehepaar stellte uns zwei Stühle und einen Tisch vors Wohnmobil, weil das komfortabler sei. Dann zeigten sie uns ihr „Haus“ und boten uns an, dort zu duschen, denn sie hätten eine Dusche. Wir waren sehr verlegen, weil wir nicht wussten wie sie sich unser Leben im Wohnmobil vorstellen. Sie leben wirklich unter sehr ärmlichen Verhältnissen.
    Der Mann spricht fast nur Guarani, die Sprache der Indianer und Ureinwohner, dadurch gestaltete sich die Unterhaltung etwas schwierig. Wir boten ihnen an, sich das Wohnmobil morgen anzusehen. Eigentlich wäre es besser, es ihnen nicht zu zeigen, denn es wird ein Kulturschock für sie. Wir wissen nicht so richtig, wie wir uns verhalten sollen. Jedenfalls können wir heute Abend alle Läden und Fenster offen stehen lassen, auch die Eingangstür. Nur die Moskitonetze müssen wir vor lassen, denn auch hier besteht Dengue-Gefahr. Auf jeden Fall stehen wir heute Abend sicher, es wird leise sein und wir können mal wieder gut schlafen....

    .....und so war es auch. Wir standen früh auf, denn wir wollten weiter. Unsere Gastgeberin sah sich das Mobil an, und es gab den erwarteten Kulturschock. Sie war im wahren Sinne des Wortes „sprachlos“. Wir verabschiedeten uns mit einem Gastgeschenk und die Dame des Hauses sagte, wir sollen doch wieder kommen.

    Es ging zum „Rio Paraná" durch eine Landschaft, die an den Oberrhein und an die Deutsche Mittelgebirgslandschaft erinnert, Felder, Weiden, Wald - alles sehr sauber und ordentlich. Wir suchten uns „Ayolas“, am „Rio Paraná“ gelegen und Grenzstation zu Argentinien, zum Übernachten aus. Natürlich zog uns das Restaurant mit dem Hinweis „Pescado“ magisch an. Dort gab es einen leckeren Fisch. Eine riesengroße Menge, die wir nicht ganz schafften.

    Das Klima ist hier milder, tagsüber um die 28° und nachts 14°. Die Gegend östlich von „Asunción“ bis zum „Rio Paraná“ wird auch in Paraguay „Misiones“ genannt, denn auch hier waren im 17. Jahrhundert die Mönche des Jesuitenordens und haben ihre Reduktionen aufgebaut. Morgen werden wir nach Argentinien, in die „Provinz Misiones“ einreisen, und eine der bekanntesten und best erhaltendsten Jesuiten-Reduktion besichtigen, die die UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt hat: „San Ignacio Mini“.

    Wir haben in „Ayolas am Rio Paraná“, der beherrscht wird von der Betreibergesellschaft des Staudammes und der Stromerzeugung „Yacyreta Hydroelectric Projekt“, ruhig und gut geschlafen. Als wir heute Morgen über den Staudamm nach Argentinien fahren wollten, kamen wir an eine Schranke. Hier ist alles wie in einem Hochsicherheitstrakt. Durchfahren dürfen wir nur mit einer Sondergenehmigung der Betreibergesellschaft, die ein großes Verwaltungsanwesend in „Ayoles“ besitzt. Wir fuhren dorthin, und Marion lief die einzelnen Stationen in dieser Anlage ab. In einem Sicherheitsbüro, das nach ihren Aussagen vollgespickt mit Waffen war, gab es nur ein NEIN. Also nichts mit direktem Weg nach Argentinien. Aber die 80 Km Umweg zurück Richtung „Asunción“, wollte ich nicht auf mich nehmen, zumal ich auf der Karte eine Piste, direkt am „Rio Paraná“ entlang Richtung „Encarnación“ entdeckte. Die Strecke war wahllos mit dicken Steinen gepflastert und sehr holperig, aber mit 40 Km/h zu bewältigen. Durch zwei weitere Kontrollen dieses Elektroversorgers ging es ohne Beanstandungen zurück auf die Routa 1. Die Grenzabfertigung war kein Problem, und wir waren in Argentinien.

    Als Nachtrag zu Paraguay: Uns hat dieses südamerikanische Land, von allen besuchten, bisher am besten gefallen. Es ist sauber, es liegt kein Müll herum, es ist organisiert, und die Menschen sind nicht aufdringlich, aber freundlich, höflich, hilfsbereit und gehen abends schlafen. Unsere Nr. 1 bisher.

    Argentinien: Misiones – Puerto Iguazú[size=large][/size]

    Wir ließen uns von den einschlägigen Führern auf dem Weg zu den Iguazú-Wasserfällen leiten und planten, in „Misiones/Argentinien“ die Jesuiten-Reduktion „San Ignazio Mini“ zu besuchen. In unserem Reiseführer stand, dass sich zwei weitere, vom Urwald überwucherte Reduktionen der Jesuiten an der Straße nach „San Ignazio Mini“ befinden. Sie sollen sich in „Santa Ana“ nur 1 Km von der Straße entfernt befinden. Von wegen „Urwald überwuchert!“
    Es führte eine Teerstraße zu der Anlage, an deren Eingang sich ein Verwaltungstrakt befindet, der sicher schon 5 Jahre dort steht. Für diese Anlage, die gleiche (überwucherte) in „Loreto“ und für „San Ignazio Mini“ können wir hier einen gemeinsamen Eintrittsgutschein erwerben, der 15 Tage Gültigkeit hat. Wir entschieden uns morgen diese Anlage zu besuchen und bekamen die Erlaubnis auf dem Parkplatz davor zu übernachten. Auch die Toiletten und die Dusche hat man uns angeboten, worauf wir aber nicht zurückgreifen müssen.

    Als Marion unsere Betten für die Nacht vorbereiten wollte, gab es helle Aufregung. Ein ca. 2 cm langer Käfer hatte es sich dort gemütlich gemacht. Das war nicht ganz ungefährlich, denn es handelte sich um die Spezies, die einen gefährlichen Virus überträgt. Bei der Jagd hat er sich unter den Lattenrost verdrückt, und wir mussten das gesamte Bett abbauen. Aber gegen die Chemokeule, einem Glas und Papier hatte er keine Chance.

    Am nächsten Morgen besichtigen wir die Jesuitenreduktion „Santa Ana“, die noch nicht restauriert ist. Rodrigo, der passabel Deutsch spricht (Großmutter und –Vater stammen aus Deutschland), erklärt uns viel über das Leben der Jesuiten. Die Jesuiten haben die Guarani-Indianer „bekehrt“. Hier in „Santa Ana“ lebten 3600 Indianer und nur 3 Jesuiten. Da diese Missionare die Indianerhäuptlinge in die Organisation eingebunden hatten, war die straff organisierte Mission gut zu führen. Es gab im 17. Jh. 30 Missionen in Paraguay, Argentinien und Brasilien mit über 140.000 Indianer. Alle Siedlungen (Reduktionen) sind gleich im Aufbau: Häuser der Indianer um einen großen Platz angeordnet, eine große zentrale Kirche, daneben der Friedhof, dahinter der Gemüsegarten, daneben Schule und Handwerkerhof. Es gibt heute noch 6 Reduktionen in diesen Ländern zu besichtigen. Die am besten erhaltene ist „San Ignacio Mini“.

    6 Km weiter lag die Reduktion „Loreto“, wo 7500 Indianer und 2-3 Jesuiten nach dem gleichen organisatorischen Aufbau lebten. Die Reduktionen lagen immer ca. 10 Km vom „Rio Paraná“ entfernt, denn man brachte die Erzeugnisse dort in die Häfen zum Verkauf und Weitertransport nach Europa. Man produzierte Leder, betrieb Ackerbau und Viehzucht. In „Loreto“ gab es die erste Druckereimaschine Amerikas, und man produzierte Glas, Porzellan und Keramik. Es ist leicht einzusehen, dass 140.000 organisierte Indianer, die nach christlichem Glauben erzogen wurden, eine politische und militärische Macht darstellen. Erst recht, wenn man bedenkt, dass damals „Buenos Aires“ nur 20.000 Einwohner hatte. Das schien auch dem Papst und dem spanischen König nicht geheuer, und man rief die Jesuiten zurück. Warum die dem Ruf gefolgt sind, ist ungeklärt. Wo all die Aufzeichnungen und die Bücher der Jesuiten geblieben sind, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Sie hatten alles, was die Indianer vor ihrer Bekehrung getan haben, beobachtet und penibel aufgezeichnet. Eine Kopie davon ging zum spanischen König, eine zum Papst und eine blieb bei den Jesuiten in Südamerika.

    Als Abtrünnige wurden die Jesuiten dann in Europa ermordet. Alles ein Mysterium. Im Vatikan werden sicher auch diese Aufzeichnungen liegen, wie so Vieles was für die Weltöffentlichkeit nicht bestimmt ist.

    In „Loreto“ hatten wir einen Führer, der sehr viel über die Pflanzen des Dschungels wusste. Er zeigte uns die Frucht des Philodendrons. Dass der Früchte trägt, war uns neu. Die sehen aus wie riesige Tannenzapfen, sind erst grün und in reifem Zustand gelb, sind zuckersüß, saftig und in Geschmack und Geruch eine Mischung aus Ananas und Banane. Wir sahen den Mate Baum sowie den Baum, aus denen die Indianer ihre Kanus fertigten.

    Die Blätter dieses Baums wurden von ihnen zerstoßen und mit Wasser vermischt. Das wurde dann in den Fluss geworfen, was die Fische für einige Minuten bewegungsunfähig werden ließ und an die Oberfläche trieb. So konnten die Guaranis die Fische leicht einsammeln.

    Auch eine andere Kletterpflanze, deren Wurzeln man kaute, wenn man von einer Schlange gebissen wurde, zeigte er uns. Sicher wurde von diesem alten Wissen vieles in den Berichten der Jesuiten aufgezeichnet. Leider ist auch dieses „Teufelszeug“ der Menschheit verloren gegangen.

    Für die alten Indios war es ganz normal, sich der unerschöpflichen Apotheke „Mutter Natur“ zu bedienen – allerdings ohne Nebenwirkungen. Welch ein Verlust für uns alle ist es, dass dieses alte Wissen unwiderruflich ausgelöscht wurde und welch ein Frevel an der Menschheit.


    Von hier aus fuhren wir nach „San Ignacius“, füllten unsere Lebensmittelvorräte auf und durch den Urwald ging es weiter zum „Rio Paraná“. Dort liegt mitten im Dschungel ein kleiner Campingplatz mit einem Sandstrand. Im Fluss badete ich, und wir hatten mal wieder große Wäsche. Marion hat sich eine Angina gefangen und behandelt sie mit Antibiotika. Ich kam mit einer leichten Erkältung davon. Es war bei uns beiden definitiv kein Dengue. Wir wollen uns ein paar Tage akklimatisieren, denn wir haben in den letzten Tagen große Strecken zurückgelegt und sind von einer Gegenden mit Tages-/Nachttemperaturen 35/28° in das hiesige Klima mit Temperaturen von 25/12°gekommen.

    Am Sonntag, den 3. Mai feierte ich meinen 62. Geburtstag, so wie ich noch nie einen Geburtstag gefeiert hatte. Da wir auf dem Campingplatz genügend Wasser hatten, legten wir einen Arbeitstag ein. Frischwasser wurde aufgefüllt, Abwassertanks entleert, WC-Tank gereinigt und Staukästen ausgewischt. Als Krönung haben wir das gesamte Auto gewaschen. Nicht nur die Wohnkabine, nein auch das Fahrgestell, auf dem sich eine ca. 2 cm dicke, ausgehärtete Schlammschicht befand. Mein selbstgebauter Hochdruckreiniger war lange im Einsatz. Die Arbeit hat sich gelohnt.

    Dann die Entdeckung des Tages; der von Ormocar im letzten Jahr neu eingebauten Balg zwischen Fahrerkabine und Aufbau war erneut auf der Beifahrerseite abgerissen. Man hat die Aluschiene, mit der dieser Teil des Balgs befestigt war, mit nur 4 Nieten am Führerhaus befestigt. Gut, dass wir damals darauf bestanden haben, auch innen einen Balg anzubringen, sonst wären jetzt das Fahrerhaus einseitig offen, und das auf diesen staubigen Straßen, ganz zu schweigen von der Dengue- und Malaria-Gefahr. Wie ich dieses Teil wieder anbringen kann, ist mir noch nicht klar, denn der Raum zwischen Kabine und Führerhaus ist zum Arbeiten nicht gerade üppig bemessen.


    Wir sind am Nachmittag zur Jesuiten-Reduktion gefahren, um zuerst bei Tageslicht, dann ab 19 Uhr die Anlage beleuchtet anzusehen. Es war schon eindrucksvoll, eine solche Anlage in einem etwas besser restaurierten Zustand zu sehen, als die beiden, die wir bisher gesehen hatten. Da nicht so viel und nicht sehr Detailliertes über diese Zeit bekannt ist oder bekannt gegeben wird, bleibt viel Raum zu spekulieren. Was war die eigentliche Aufgabe der Jesuiten? Wieso sind sie plötzlich verschwunden und wohin? Da gibt es verschiedene Aussagen, mit dem jeweils gleichen Ergebnis - sie sind getötet worden! Warum? Wie konnten sie angeblich mit 2-3 Missionaren 6000 Indianer „führen“?

    Die Guaranis waren mit ihren Familien in Langhäusern untergebracht und hatten einen geregelten Tagesablauf. Auch Kinder mussten mitarbeiten!!!! Frühchristliche Kindesarbeit??? Die Schule durften nur die Söhne der Häuptlinge besuchen. Auf Glockenschlag, und nur 4-mal im Jahr, durften die Guaranis Kinder zeugen, damit alle Geburten in die gleiche Zeit fielen. Das war für den Arbeitsausfall besser und die Jungen konnten immer in gleichen Klassen militärisch ausgebildet werden.

    Mir kam der Bauplan der Jesuitenanlagen gleich bekannt vor. Ich hatte mal Dachau besucht! Jetzt weiß ich wo Adolf, der Österreicher, seinen Bau- und Organisationsplan her hatte. Jetzt will ich mich aber nicht mehr über diesen Teil der Südamerikanischen Geschichte auslassen, sonst werde ich von Rom noch exkommuniziert.

    Am Abend beendete ich meinen ereignisreichen Geburtstag zusammen mit der Flasche Argentinischen Rotwein, den uns Maria in den Thermen von „Caimancito“ geschenkt hatte. Da Marion Antibiotika nimmt, musste ich die Flasche alleine ausleeren.......war aber kein Problem! In einer Seitenstraße, bei dem Ausgang der Anlage übernachteten wir. Es war sehr ruhig, was uns wunderte. „Misiones“ ist anders als das übrige Argentinien. Das liegt entweder daran, dass es bis nach dem großen Krieg 1860 zu „Paraguay“ gehörte oder daran, dass hier viele ehemalige Einwanderer aus Deutschland und der Schweiz wohnen.

    Wir haben immer gehört: „Reisen entwickelt sich!“ So auch bei uns. Seit wir die Touristenrouten verlassen haben, uns mehr auf Land und Leute einließen und der Tour einen“ touch“ Bildungsreise gegeben haben, fühlen wir uns viel wohler. Natürlich gibt es bestimmte „big points“, die man sehen muss. Aber dazwischen ist viel Platz für individuelles Erleben. Bei Marion hat sich auch dadurch die Einstellung nicht geändert, dass sie nicht mehr so lange am Stück reisen will, max. 2-4 Monate. Ich dagegen könnte jetzt so weiter reisen, denn ich fühle mich wirklich wohl dabei. Na, ja, mal sehen was die Zukunft bringt.

    Die „Routa 15“, eine gutgeteerte Berg- und Talstraße, führt nach „Ignaz“. Links und rechts der Straße sieht man wie stark der Urwald abgeholzt wurde und Kiefern als Nutzholz angebaut wird.
    Die vielen, überbeladenen Holz-LKWs haben tiefe Spurrillen in die Straße gedrückt. Die fahren wie die Teufel und werden nur noch „getoppt „durch die Selbstmordfahrer der Touristenbusse. Doch wir kamen heil in „Puerto Ignaz“ an.

    Wir gingen auf den „Campingplatz Americano“, ein toller Platz mit Pool und dem höchsten Preis, den wir je in Südamerika auf einem Campingplatz bezahlt haben. Doch wir wollen unser Auto sicher abgestellt wissen, wenn wir unsere Besichtigungstouren mit dem Colectivo machen.

    Den gesamten ersten Tag hat sich Marion reserviert, um in die Steueroase „Ciudad del Este“ (Paraguay) zum Shoppen zu fahren. Wir hatten in vielen Reisebücher und Internetberichten gelesen, dass das die Einkaufsstadt schlechthin sei. In den dortigen Geschäften würden sich die Waren, Markenartikel ebenso wie Fälschungen türmen. Markenartikel seien enorm billig, da hier keine Steuer erhoben werden. Darum nennt man sie auch die Schmugglerhauptstadt Südamerikas.

    Die Schmuggler würden über die „Brücke der Freundschaft“ die Billigwaren nach Brasilien transportieren, und wenn sie von Zöllner angehalten werden, würden sie die Pakete (die in schwarzes Plastik eingepackt seien) über die Brücke in den Fluss werfen, wo sie von Helfern aufgelesen und ans Brasilianische Ufer gebracht werden!!!

    Wer denkt sich denn immer diese Räubergeschichten aus? Die Brücke ist ca. 50 Meter hoch. Wie werden wohl elektronische Geräte nach dem Aufschlagen auf die Wasseroberfläche aussehen? Wir sahen auf der Brasilianischen Seite der Brücke hohe Zäune! Will man das Werfen der Pakete unterbinden? Wie will ein Schmuggler an dem Zoll vorbeikommen, denn das Brasilianische Zollgebäude ist am Ende der Brücke? Na Ja! Wir werden es erfahren.


    Vom Campingplatz aus fuhren wir mit dem Colectivo nach „Puerto Ignaz“ (Argentinien), stiegen um in einen anderen Colectivo nach „Foz de Ignaz“ (Brasilien). Stiegen dort wieder um in einen weiteren Colectivo und fuhren nach „Ciudad Del Este“ (Paraguay). Nur bei der Ausreise aus Argentinien mussten wir uns einen Stempel in den Pass abholen, die anderen Grenzübergänge gingen ohne Formalitäten ab. Die Fahrt dauerte 2 Stunden. Was macht man nicht alles, wenn die Ehefrau mit einem langen Einkaufszettel bewaffnet shoppen gehen will?
    Die Angst vor der Mexikanischen Schweinegrippe ist nun auch hier angekommen. Die Brasilianischen und Paraguayanischen Zollbeamte trugen Mundschutz. Das Rote Kreuz von Paraguay übergab Flugblätter mit Verhaltensregeln; natürlich mit Mundschutz.

    Dann waren wir endlich im „Einkaufsparadies“. Direkt hinter der Grenze eine vierspurige Straße, daneben in allen Häusern Geschäftsläden, dazwischen 3-spurig Verkaufsbuden. Die Geschäfte voll mit Elektronikartikeln, die nicht auf unserer Liste standen (wegen Echtheit und Garantieleistung). Die Straßen waren proppenvoll. Alle 5 Sekunden wurde man von einem Verkäufer/in angerempelt bzw. angequatscht, die einem einen Bartrasierer oder Socken verkaufen wollten. Die Buden waren voll mit Sportschuhen, Fußballtrikos, Blousons mit Formel 1 Logos etc. Also derselbe Kitsch, den man in der Türkei und auch in Spanien auf den Märkten kaufen kann. Natürlich auch die gleiche miese Qualität - alles „Made in China“. Stand auf den Kartons, die man aufgeklappt als Sonnenschutz benutzte. Wir verglichen die Preise - genau die gleichen wie in Spanien auf den Märkten. T-Shirts-Markenartikel suchten wir vergebens; weder La Coste, Nike, Adidas etc. - Fehlanzeige! Sportschuhe nur in Plastik, keine Markenlogos. Die No-Name-Produkte waren bei uns vor 5-10 Jahren modern. Hier haben die Chinesen die Altware verkauft. Dann, welch ein Glück, Marion hat endlich die Kosmetik-Markenware gefunden, mit der sie sich reichlich eindecken will!!! Preisvergleich: Preise wie in Deutschland!
    Fehlanzeige! Nach einer Stunde verzweifelten Suchens nach etwas Kaufbarem traten wir den Rückweg an. Da sah ich wieder die hohen Zäune auf der Brücke und schlagartig wurde mir klar warum diese da sind: Um die Menschen zu schützen, die sich nach dem Besuch von „Ciudad del Este“ ins Wasser stürzen wollen!!!

    Ich will den „Schreibern“ der anderen Reiseberichte und Reisebücher zugutehalten, dass sich die Situation vor Ort seit 2004 wohl geändert haben mag!
    Damit der Tag nicht ganz verloren war, sind wir in „Foz de Iguazú“ (Brasilien) nicht in den Bus nach Argentinien gestiegen, sondern sind gleich zu den Wasserfällen auf der Brasilianischen Grenze gefahren.

    Wie erwartet führt der „Rio Ignaz“ um diese Jahreszeit weniger Wasser als ein halbes Jahr früher. Uns hat es auch so sehr gut gefallen, zumal wir jetzt den Vorteil hatten, dass nicht die großen „Touri- Menschenmassen“ die Aussicht auf das Wasser versperren. Wir haben unser erstes Stück Kuchen in Brasilien gegessen...lecker und einen richtigen Café con leche getrunken...so toll wie in Spanien, und nicht teurer.
    Brasilien scheint auf den ersten Augenblick, wesentlich weiter entwickelt und fortschrittlicher als Argentinien zu sein. Wir haben auch den Eindruck, dass es Brasilien wirtschaftlich besser geht als Argentinien, Chile, Bolivien und Paraguay.
    Wir werden es erleben, denn in zwei Tagen wollen wir nach Brasilien einreisen. Der erste Eindruck des heutigen Tags, hat Lust auf mehr gemacht.


    Am darauffolgenden Tag sind wir schon sehr früh gestartet, um die Wasserfälle von Argentinien aus zu „erwandern“.

    Marion schreibt über diesen Tag:

    Unser frühes Aufstehen lohnte sich, und der heutige Eindruck toppt den gestrigen noch. Man kann nur andächtig staunen, wenn man vor diesem Naturschauspiel steht. Kein Bild und keine Filmaufnahmen vermögen dieses Donnern und Tosen, diese Naturgewalt und Schönheit zu vermitteln, man muss es erleben!

    Den folgenden Tag bleiben wir noch auf dem Campingplatz. Ich reinige die Luftansaugung und blase mit Luftdruck die Luftfilter durch - stelle erschreckt fest, dass sich darin die halbe „Atacama“ befindet. Dann wechsle ich die beiden Dieselfilter und den Vorfilter - ersetze bei dem rechten Außenspiegel die Befestigungsschrauben, sie waren von einem Ast locker geschlagen worden.
    Marion wäscht noch ein paar Kleidungsstücke, und wir bereiten uns an unserem letzten Tag in Argentinien ein Asado.

    PS: Wie gehabt....Fotos auf der homepage!!!

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