Von Kurköln zu den Deutschherren bei Zeltingen-Rachtig

Langsam bewegt sich der dünne Schatten der Sonnenuhr über das Ziffernblatt in Zeltingen-Rachtig. Es wird Zeit aufzubrechen. Wir wollen noch die Überreste der Rosenburg besichtigen, von dort das Treiben der Staustufe unten an der Mosel beobachten und in einem Sortengarten die Aromen verschiedener Pflanzen genießen. Wir wandern mit Blick auf das Moseltal an einer Rittertafel vorbei und auf einem Kreuzweg zum Kloster Machern und dann am Moselufer wieder zurück. Neugierig? Also dann – Uhrenvergleich und los geht’s.

Der folgende Text stammt aus meinem nicht mehr erhältlichen Reiseführer „Wanderungen an der Mittelmosel“. Die Angaben können daher veraltet sein.

Ein kleiner Springbrunnen und gemütliche Picknickplätze unter einer mächtigen Schwarzerle zwischen der Zeltinger Touristeninformation und dem Ufer der Mosel sind unser Ausgangspunkt für eine Wanderung auf dem Themenweg von Kurköln zu den Deutschherren.

Der Themenwanderweg von Kurköln zu den Deutschherren

Von Kurköln zu den Deutschherren, so lautet das Motto des 7 Kilometer langen Wanderwegs rund um die Doppelgemeinde Zeltingen-Rachtig. Auf mehreren Informationstafeln wird dabei die Geschichte des Ortes und der Alltag der Dorfbewohner während der Zeit des Kurfürstentums Köln erläutert. Kurköln war der weltliche Herrschaftsbereich der Kölner Erzbischöfe und eines der sieben Kurfürstentümer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Der noch heute existierende Deutsche Orden, oder auch Deutschherrenorden, ist hingegen eine geistliche Ordensgemeinschaft.

Blick auf Zeltingen-Rachtig
Blick auf Zeltingen-Rachtig

Auf dem 2006 eingerichteten Wanderweg spazieren wir zunächst nach rechts am Moselufer flussaufwärts in Richtung Stauwehr. Dort können wir uns gleich im Hotelrestaurant Nicolay Zur Post für die bevorstehende Wanderung stärken. Wir wandern mit Blick auf eines der Moselstauwehre aus Zeltingen-Rachtig hinaus. Am Stauwehr, das auch der Energiegewinnung dient, gehen wir vorbei, richten aber wenige Metern danach unseren Blick nach links: Am steilen Hang zeigt uns die Sonnenuhr von Zeltingen-Rachtig die Zeit an.

„Horas non numero nisi serenas“, so steht es oft auf den Zifferblättern von Sonnenuhren. Übersetzt heißt es „Ich zähle die Stunden nicht, wenn sie nicht heiter sind“. Auch die Zeltinger Sonnenuhr zählt nur die heiteren Stunden – und das schon seit 1620. Ein Abt des Klosters Himmerod ließ die Sonnenuhr erbauen und machte sie damit zum Wahrzeichen der kleinen Ortschaft. Ein halbes Dutzend weiterer Sonnenuhren befinden sich zwar in den Weinbergen der Mosel – nur wenige Kilometer entfernt im Nachbarort Ürzig sogar der älteste dieser Zeitmesser –, doch die Zeltinger Sonnenuhr ist die größte unter ihnen.
Übrigens, bei Sonnenuhren ist beim Uhrenvergleich immer die Sommerzeit zu berücksichtigen.
Auch ohne jemals in Zeltingen gewesen zu sein, kann man die Zeltinger Sonnenuhr kennen. Denn sie bezeichnet ebenfalls eine 21 Hektar große Weinlage, die durch ihren Rieslingwein überregional bekannt ist.

Die Sonnenuhr von Zeltingen-Rachtig im Blick

Nachdem wir nun wissen, was die Stunde geschlagen hat, drehen wir wieder um, queren am Wehr die Landstraße und wandern zurück. An den ersten Häusern spazieren wir halbrechts auf der Burgstraße in den Ortsteil Rachtig hinein. Auf der Kopfsteinpflasterstraße erreichen wir eine Kreuzung, wo schöne Fachwerkhäuser malerische einen kleinen Platz umrahmen. Wir wenden uns nach rechts, werfen einen Blick in die Hinterhöfe der Weingüter und erreichen die St. Stephanuskirche mit ihrem sehenswerten Rokokoportal.

Sonnenuhr in den Weinbergen
Sonnenuhr in den Weinbergen

Hinter dem kleinen Friedhof an der Kirche biegen wir rechts in einen Weg ab, der uns zu einer T-Kreuzung führt. Wir wenden uns für einen kurzen Abstecher zur Ruine der Rosenburg nach rechts. Auf dem breiten Weg etwas oberhalb der Mosel wandern wir am Hang über der – von hier aus nicht sichtbaren – Sonnenuhr. Die letzten Meter auf dem lockeren Schiefergeröll zur Ruine hinauf sollten nur mit festem Schuhwerk begangen werden. Die vermutlich gegen Ende des 12. Jahrhunderts erbaute Rosenburg diente vier Jahrhundert lang dem kurkölnischen Amtsmann als Dienstsitz. Sie wird auch Kunibertsburg genannt, denn einer Legende nach soll der hl. Kunibert, der spätere Bischof von Köln, auf der Rosenburg zur Welt gekommen sein – allerdings müsste es sich dabei um eine Vorgängerburg handeln, denn Kunibert lebte rund ein halbes Jahrtausend zuvor.

Wir lassen die wenigen Überreste der Rosenburg hinter uns und wandern zum Abzweig hinter dem Friedhof zurück. Dort wenden wir uns nach rechts und bleiben auf dem asphaltierten Landwirtschaftsweg. Er führt uns sanft aufwärts unter einer Brücke hindurch. Schon nach der ersten Kehre werden die Rebstöcke von einem interessanten Sortengarten abgelöst. Mit einem Spaziergang durch den Sortengarten können wir die Route abkürzen und am oberen Ausgang links abbiegen.

Der Sortengarten von Zeltingen-Rachtig

Nashi, Louquat, Gojibeeren, Akebie und die Indianerbanane sagen Ihnen nichts? Dann hinein in den Sortengarten Zeltingen. Auf drei Flächen, durch Wirtschaftswege voneinander abgetrennt, teilt sich der Garten auf und präsentiert sowohl heimische als auch exotische Nutzpflanzen. Im unteren Bereich am Einstieg befinden sich zwischen Hecken und Spalieren neben einem Rastplatz auch Schalenobstbäume wie die Hasel und die Esskastanie. Im mittleren Abschnitt wandert man die Steillage zwischen mediterranen Kleinbäumen und heimischen Beerensträuchern hinauf bis zum dritten Bereich mit mittlerweile alltäglichen Obstsorten, die ursprünglich jedoch nicht heimisch waren. Auf über verschiedene 50 Obst- und Beerenarten treffen wir im Sortengarten. Er wurde im Jahr 2011 auf einem brachgefallenen Weinberg feierlich eröffnet.

Kirche in Zeltingen
Kirche in Zeltingen

Doch wir gehen am unteren Gartenzugang geradeaus weiter und legen an den Sitzbänken eine kleine Rast mit einer schönen Aussicht ein. An duftenden Lavendelsträuchern und grünen Walnussbäumchen entlang wandern wir weiter und am oberen Zugang des Sortengartens vorbei. Der Weg führt uns in leichtem Auf und Ab zwischen den Weinbergsterrassen gemütlich weiter. Währenddessen beobachten wir die Weinbauern bei ihrer harten Arbeit zwischen den Rebstöcken. Eine Hinweistafel verrät uns, dass wir uns auf einer alten Heerstraße befinden, die bereits von Napoleons Truppen genutzt worden sei.

An dem Schild wenden wir uns nach links, weichen den knatternden Traktoren aus, mit denen die Bauern zu ihren Weinbergen gelangen und erkennen rechter Hand mitten in einem Weinberg das sogenannte römische Heiligenhäuschen. Gleich hinter dieser Kapelle biegen wir an einer Kreuzung rechts ab, folgen dem sanft ansteigenden Weg und entledigen uns unserer Schuhe, um in einem Wassertretbecken die Durchblutung zu fördern. Daneben bietet uns ein überdachter Picknickplatz eine wunderschöne Aussicht auf das Moseltal und das Kloster Machern auf der anderen Flussseite.

Wandern bei Zeltingen-Rachtig

Die Füße wieder fest in den Schuhen, wandern wir hinter dem Aussichtspunkt links den Weg hinab, halten uns auch an einer weiteren Gabelung links und können linker Hand an einer Rittertafel auf dem Königsthron, der durch seine immens hohe Rückenlehne auffällt, Platz nehmen. Ganz königlich wandern wir weiter hinab durch die Weinlage Himmelreich, wo wir auch auf Obstfelder treffen, und lassen uns an Informationstafeln über den Weinbau in der kurkölnischen Zeit aufklären.

An den ersten Gärten von Rachtig biegen wir scharf links ab, und der Kreuzweg Rachtiger Fußfälle führt uns mit einem Linksbogen zu einer Kreuzung und nach links zur letzten Kreuzwegstation. Wir biegen nach rechts ab und sehen zu unserer Rechten die mächtige St. Marienkirche von Rachtig, welche zu Beginn des letzten Jahrhunderts als Ersatz für einen Vorgängerbau errichtet wurde. Lediglich der Turm der alten Kirche ist erhalten geblieben und stammt aus dem Jahr 1725.

Fachwerk in Zeltingen-Rachtig
Fachwerk in Zeltingen-Rachtig

Wir wandern die Pastor-Glesius-Straße hinab und erreichen das Restaurant im Hotel Deutschherrenhof, welches uns zu einer Pause einlädt. Wir haben die Auswahl zwischen der rustikalen, holzvertäfelten Backstube im ehemaligen Gesindelhaus des Hofs und dem herrschaftlichen Rittersaal oder wir können auf der Terrasse Platz nehmen und bei einer Weinverköstigung das Moselleben betrachten.

Zu Besuch am Kloster Machern

Nach einem leckeren Essen spazieren wir weiter hinab, unterqueren die Landstraße und finden uns direkt am Moselufer wieder. Wir wenden uns nach links, beobachten die Kinder beim Fußballspielen auf den Moselwiesen und wandern auf dem asphaltierten Weg geradeaus, ab und an huschen einige Radler an uns vorbei. Wir erreichen einen Campingplatz und queren über die Brücke die Mosel, um am anderen Flussufer das Kloster Machern zu besichtigen oder im Brauhaus Kloster Machern einzukehren.

Bereits im 11. Jahrhundert soll es eine klösterliche Lebensgemeinschaft am Standort des heutigen Klostergebäudes gegeben haben. Doch erst seit 1238 ist das Kloster Machern als Nonnenkloster der Zisterzienserinnen belegt. Das klösterliche Leben befasste sich umfangreich mit dem Weinanbau, weshalb es Ende des 14. Jahrhunderts durch den Bischof von Trier die Genehmigung zum Weinausschank erhielt. Doch die Blütezeit endete mit dem Dreißigjährigen Krieg, als Gebäudeteile stark beschädigt wurden und ein Neubau vonnöten wurde. Dieser wurde zwar im 18. Jahrhundert fertiggestellt, doch bald war das Kloster nur noch von sechs Nonnen bewohnt und verfiel schließlich nach der Säkularisation.
Im Jahr 1969 wurde das Klosterareal von einem lokalen Winzer zu neuem Leben erweckt. 20 Jahre dauerte die Restaurierung, und heute gibt es nicht nur eine Klosterbrauerei, einen Klosterladen, ein Spielzeug- und ein Ikonenmuseum, sondern darüber hinaus zahlreiche Veranstaltungen und Ausstellungen.

Auf dem gleichen Weg kehren wir zum Campingplatz zurück und wandern nach rechts zunächst an den Wohnwagen. Anschließend an einem Minigolfplatz vorbei und letztlich über eine Wiese zu unserem Ausgangspunkt zurück.

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