Wanderung zum Kjeragbolten

Es gibt Wanderungen, die macht man gerne auch ein zweites Mal. Zugegeben, nicht direkt am selben Tag, vielleicht auch nicht in der selben Woche. Aber drei Jahre später kann man einen wirklich tollen, aber anstrengenden Wanderweg ruhig noch einmal angehen. So geschehen mit der Wanderung zum Kjeragbolten, die wir auch schon im Jahr 2009 angingen. Und weil sie damals schon so schön war, machten wir uns auch dieses Jahr auf den Weg zu dem wohl spektakulärsten Felsen in Norwegen.

Wir wachten morgens auf einem Schotterparkplatz auf, der sich rund 300 Höhenmeter unterhalb des offiziellen Parkplatzes befand. Letzterer würde aber 100 Norwegische Kronen (rund 13,50 €) kosten, weswegen wir es vorzogen, die gut ausgebaute Serpentinenstraße hinauf zum Parkplatz und dem dortigen Restaurant genauer kennen zu lernen. Das ging sehr schnell, wir waren ja auch noch fit. Doch mit dem Betreten des eigentlichen Wanderwegs ging es dann so richtig los. Auf trockenem Granitgestein kämpften wir uns Höhenmeter für Höhenmeter nach oben, nutzten dabei so oft wie möglich die im Boden verankerten Seilhilfen und ächzten und stöhnten genauso wie die vielen anderen Wanderer auf dem Weg zum Kjeragfelsen.

Es ging zwar steil, aber dafür nur kurz bergauf. Zu unserer Rechten genossen wir bereits fantastische Aussichten auf den Lysefjord, an dessen Nordseite sich übrigens auch der Preikestolen befindet. Die kleine Ortschaft Lysebotn am Ende des Fjords wirkte unheimlich klein und das Schiff, das gerade ablegte, wie ein Spielzeugboot aus dem Überraschungsei. Immerhin – nach Lysebotn geht es beinahe 1.000 Höhenmeter steil hinab.

Als wir den ersten Aufstieg passierten und kurz durchschnauften, schauten wir in eine kleine Senke und unsere Blicke folgten dem schmalen Wanderweg, auf dem sich zahlreiche bunte Punkte wie Lemminge in einer Reihe fortbewegten. Es handelte sich um weit entfernte Wanderer, die bereits den zweiten Aufstieg in Angriff nahmen. Senke? Aufstieg? Ganz genau, es ging erst einmal wieder bergab, bevor wir den nächsten Gipfel angingen. Karges Gestein wechselte sich mit Fjelllandschaft ab und an Seilen ging es runter und eben wieder rauf.

Nach dem zweiten Aufstieg, auf dem man auch mal alle Viere benötigt, sollte man darauf vorbereitet sein, dass der Wanderer von einer weiteren Senke begrüßt wird. Also hinab, einen kleinen Bach überquert und schon stiegen wir ein drittes Mal nach oben. Doch nach all diesen Anstrengungen hatten wir es dann geschafft – wir waren auf dem kargen Kjeragplaetau auf dem der Wind keinen Widerstand hatte. Gelegentliche Eisfelder wurden durchquert und dabei folgten wir der Beschilderung eines kleinen roten T, das auf zahlreichen Steinen und Felsen aufgezeichnet war. Allerdings – es war so voll auf dem Plateau, dass ein Verlaufen schier unmöglich war.

Witzig war, dass alle in einem Abstand von 20-30 Metern hintereinander herliefen und die kleinen Wandergrüppchen in tiefe Gespräche verwickelt waren. So folgten die Gruppen automatisch den Personen vor ihnen, ohne dass sie auf den Weg achteten. Und so konnten wir Zeuge eines unbeabsichtigten Experiments werden. Denn ausgerechnet wir kamen ein wenig vom Weg ab und liefen rund 50 Meter neben der Ausschilderung. Das macht dort oben auf diesem Plateau überhaupt nichts und fällt auch kaum auf. Allerdings gingen wir eben nicht an der Markierung entlang. Als uns das auffiel und wir fast einen 90°-Knick machten, um zur Markierung und dort weiter geradeaus zu gehen, blickten wir nach hinten und stellten fest, dass die gesamte Kolonne hinter uns genau den selben Weg lief und ebenfalls einen 90°-Knick beschrieb. Wir hätten also im Zickzack marschieren können und alle hinter uns hätten das nachgemacht – interessant.

Ohne Zickzack erreichten wir aber dann schließlich nach etwas über sieben Kilometern unser Ziel, setzten uns an den Abhang und schauten rund 1.000 Metern geradewegs in die Tiefe. Auf den Kjeragbolten positionierte ich mich dieses Mal nicht. Ehrlich gesagt war es mir dieses Mal definitiv zu voll und dann muss ich auch zugeben, dass ich mich dieses Mal fragte, wer oder was mich eigentlich dazu getrieben hatte, drei Jahre zuvor den Felsen zu betreten (das Foto unten, auf dem ich heldenhaft auf dem Stein stehe, ist von der damaligen Reise). Immerhin hat er nur eine Grundfläche von rund einem Quadratmeter und klemmt zwischen zwei steilen Felswänden fest, die 1.000 Meter gerade runter gehen. Ein falscher Schritt und die Wanderung endet mit einem Absturz in den Lysefjord – und nicht nur die.

Nach einer genussvollen Pause mit den tollen Aussichten machten wir uns langsam wieder auf den Rückweg, der dementsprechend mit drei Ab- und zwei Aufstiegen zu machen war. Nach insgesamt 14,6 Kilometern und 1.700 Höhenmetern kamen wir wieder erschöpft aber glücklich am Auto an. Prädikat des Kjeragboltens: Unbedingt empfehlenswert – jedoch besser zu einer noch früheren oder sogar einer späteren Uhrzeit. Beim Wandern vor drei Jahren gingen wir erst gegen 15 Uhr los, so dass uns damals die meisten Menschen entgegen kamen und wir auf dem Rückweg fast alleine waren. Und hier ist der Track für die Wanderung zum Kjeragbolten zum Download.

Hier geht es zum gesamten Bericht der Reise mit dem Wohnmobil zum Nordkap.

13 Kommentare zu „Wanderung zum Kjeragbolten“

  1. Pingback: Mit dem Wohnmobil zum Nordkapp - Teil 1 | molls-reiseblog.de

  2. Pingback: Sicherheit auf Wanderwegen | molls-reiseblog.de

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  4. Hallo, ich bin ein Junger Vlogger, der mit seinem Team gerne zum Kjerag oder auf den Kjerag möchten. Ein gutes Video soll dabei auch rum kommen, sowie ein Tolles erlebnis. Wir sind wie erwähnt sehr Jung alle und recht unerfahren was das Reisen angeht und im Internet, bekommt man nur werbung für komische Angebote. Da dachte ich mir vielleicht kannst du mir erzählen wir ihr dort hingekommen seid, und was es noch schönes auf der reise zu sehen Gab. Wo habt ihr zum Beischebiel übernachtet? Und Wie war die Reise allgemein ? Wenn du etwas Zeit hast wäre es super wenn du mir diese Fragen schnell beantworten kannst 😀

    Mfg Tbias Sieker

    1. Hallo Tobias,

      ich weiß jetzt nicht so recht, was ich dir da antworten kann. Wir reisen mit einem Wohnmobil, damit hat sich die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit für uns erledigt. Was es sonst noch so schönes auf unserer Reise gab, kannst du alles auf meiner Website nachlesen. Ich schreibe jeden Reisebericht eigentlich sehr detailliert und hebe so manches Highlight noch als eigenständigen Blogbeitrag hervor. So wie dieser Beitrag ein Höhepunkt auf unseren Norwegenreisen war. Damit ist dann eigentlich auch die Frage wie ich die Reise allgemein fand, beantwortet.
      Um ehrlich zu sein, finde ich jede meiner Reise ziemlich genial. Sonst würde ich sie nicht machen.
      Viele Grüße
      Michael

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    1. Oh ja, das sind echt üble Bilder. Meine Güte, wo hattet ihr die Motivation her, überhaupt loszugehen? Und war es an den Ketten nicht ziemlich glatt?

      Viele Grüße
      Michael

  8. Pingback: Wandern zum Preikestolen in Norwegen

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